[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.An Gleim.
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Der verkennet den Scherz, hat von den Grazien Keine Mine belauscht, der es nicht fassen kann, Daß der Liebling der Freude Nur mit Sokrates Freunden lacht. Du verkennest ihn nicht, wenn du dem Abendstern, Nach den Pflichten des Tags, schnellere Flügel giebst, Und dem Ernste der Weisheit Deine Blumen entgegen streust. Laß den Lacher, o Gleim, lauter dein Lied entweihn! Deine Freunde verstehns. Wenige kennest du; Und manch lesbisches Mädchen Straft des Liedes Entweihungen! Lacht dem Jünglinge nicht, welcher den Flatterer Zu buchstäblich erklärt! weiß es, wie schön sie ist! Zürnt ihn weiser, und lehrt ihn, Wie ihr Lächeln, dein Lied verstehn! Nun versteht ers; sie mehr. Aber so schön sie ist, So empört auch ihr Herz deinem Gesange schlägt: O so kennt sie doch Gleimen, Und sein feuriges Herz nicht ganz! Sei- H 5
An Gleim.
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Der verkennet den Scherz, hat von den Grazien Keine Mine belauſcht, der es nicht faſſen kann, Daß der Liebling der Freude Nur mit Sokrates Freunden lacht. Du verkenneſt ihn nicht, wenn du dem Abendſtern, Nach den Pflichten des Tags, ſchnellere Fluͤgel giebſt, Und dem Ernſte der Weisheit Deine Blumen entgegen ſtreuſt. Laß den Lacher, o Gleim, lauter dein Lied entweihn! Deine Freunde verſtehns. Wenige kenneſt du; Und manch lesbiſches Maͤdchen Straft des Liedes Entweihungen! Lacht dem Juͤnglinge nicht, welcher den Flatterer Zu buchſtaͤblich erklaͤrt! weiß es, wie ſchoͤn ſie iſt! Zuͤrnt ihn weiſer, und lehrt ihn, Wie ihr Laͤcheln, dein Lied verſtehn! Nun verſteht ers; ſie mehr. Aber ſo ſchoͤn ſie iſt, So empoͤrt auch ihr Herz deinem Geſange ſchlaͤgt: O ſo kennt ſie doch Gleimen, Und ſein feuriges Herz nicht ganz! Sei- H 5
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An Gleim.
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Der verkennet den Scherz, hat von den Grazien
Keine Mine belauſcht, der es nicht faſſen kann,
Daß der Liebling der Freude
Nur mit Sokrates Freunden lacht.
Du verkenneſt ihn nicht, wenn du dem Abendſtern,
Nach den Pflichten des Tags, ſchnellere Fluͤgel giebſt,
Und dem Ernſte der Weisheit
Deine Blumen entgegen ſtreuſt.
Laß den Lacher, o Gleim, lauter dein Lied entweihn!
Deine Freunde verſtehns. Wenige kenneſt du;
Und manch lesbiſches Maͤdchen
Straft des Liedes Entweihungen!
Lacht dem Juͤnglinge nicht, welcher den Flatterer
Zu buchſtaͤblich erklaͤrt! weiß es, wie ſchoͤn ſie iſt!
Zuͤrnt ihn weiſer, und lehrt ihn,
Wie ihr Laͤcheln, dein Lied verſtehn!
Nun verſteht ers; ſie mehr. Aber ſo ſchoͤn ſie iſt,
So empoͤrt auch ihr Herz deinem Geſange ſchlaͤgt:
O ſo kennt ſie doch Gleimen,
Und ſein feuriges Herz nicht ganz!
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