deutsche Postwagen; für Männer eine sehr beque- me, höchst wohlfeile Art zu reisen. Man steigt in die Fenster ein, hat Bänke, Tische und Raum genug, wenn es leer ist. Im dritten Ruef, der auf dem Schiffsschnabel sich öffnet, treiben die Schiffer ihr Wesen, und die namenlosen Weltbür- ger, eine mehr wie gemischte Gesellschaft. Diese Schuits segeln und rudern, und werden von Pfer- den gezogen, je nachdem Strom, Wind und Fluth es nöthig macht. Die Kosten der Passagiere, selbst für den ersten Ruef, sind sehr gering. Bei einer einzelnen Tagereise nehmen die Reisenden kalte Küche mit sich, Kaffee und Thee macht der Schif- fer -- ja ich wüßte nicht warum sie nicht mehrere Tage, ohne ein Wirthshaus zu betreten, fortrei- sen könnten, wenn der Brodkorb auslangt? Des Nachts geht man ans Land, oder besteigt die Nachtschuit, denn auf den Hauptstraßen gehen Tag und Nacht Postschuiten, und die Gasthöfe sind vortrefflich! Wenige Menschen, die sich lieb hätten, könnten nun mit Büchern, Schreibzeug und Handarbeit in so einem Ruef eine höchst an- genehme Reise machen, so lange sie das Wetter begünstigte, aber in diesem Falle wird die bewe- gungsloje Enge sehr lästig, -- und diese Bewe-
deutſche Poſtwagen; fuͤr Maͤnner eine ſehr beque- me, hoͤchſt wohlfeile Art zu reiſen. Man ſteigt in die Fenſter ein, hat Baͤnke, Tiſche und Raum genug, wenn es leer iſt. Im dritten Ruef, der auf dem Schiffsſchnabel ſich oͤffnet, treiben die Schiffer ihr Weſen, und die namenloſen Weltbuͤr- ger, eine mehr wie gemiſchte Geſellſchaft. Dieſe Schuits ſegeln und rudern, und werden von Pfer- den gezogen, je nachdem Strom, Wind und Fluth es noͤthig macht. Die Koſten der Paſſagiere, ſelbſt fuͤr den erſten Ruef, ſind ſehr gering. Bei einer einzelnen Tagereiſe nehmen die Reiſenden kalte Kuͤche mit ſich, Kaffee und Thee macht der Schif- fer — ja ich wuͤßte nicht warum ſie nicht mehrere Tage, ohne ein Wirthshaus zu betreten, fortrei- ſen koͤnnten, wenn der Brodkorb auslangt? Des Nachts geht man ans Land, oder beſteigt die Nachtſchuit, denn auf den Hauptſtraßen gehen Tag und Nacht Poſtſchuiten, und die Gaſthoͤfe ſind vortrefflich! Wenige Menſchen, die ſich lieb haͤtten, koͤnnten nun mit Buͤchern, Schreibzeug und Handarbeit in ſo einem Ruef eine hoͤchſt an- genehme Reiſe machen, ſo lange ſie das Wetter beguͤnſtigte, aber in dieſem Falle wird die bewe- gungsloje Enge ſehr laͤſtig, — und dieſe Bewe-
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deutſche Poſtwagen; fuͤr Maͤnner eine ſehr beque-
me, hoͤchſt wohlfeile Art zu reiſen. Man ſteigt
in die Fenſter ein, hat Baͤnke, Tiſche und Raum
genug, wenn es leer iſt. Im dritten Ruef, der
auf dem Schiffsſchnabel ſich oͤffnet, treiben die
Schiffer ihr Weſen, und die namenloſen Weltbuͤr-
ger, eine mehr wie gemiſchte Geſellſchaft. Dieſe
Schuits ſegeln und rudern, und werden von Pfer-
den gezogen, je nachdem Strom, Wind und Fluth
es noͤthig macht. Die Koſten der Paſſagiere, ſelbſt
fuͤr den erſten Ruef, ſind ſehr gering. Bei einer
einzelnen Tagereiſe nehmen die Reiſenden kalte
Kuͤche mit ſich, Kaffee und Thee macht der Schif-
fer — ja ich wuͤßte nicht warum ſie nicht mehrere
Tage, ohne ein Wirthshaus zu betreten, fortrei-
ſen koͤnnten, wenn der Brodkorb auslangt? Des
Nachts geht man ans Land, oder beſteigt die
Nachtſchuit, denn auf den Hauptſtraßen gehen
Tag und Nacht Poſtſchuiten, und die Gaſthoͤfe
ſind vortrefflich! Wenige Menſchen, die ſich lieb
haͤtten, koͤnnten nun mit Buͤchern, Schreibzeug
und Handarbeit in ſo einem Ruef eine hoͤchſt an-
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beguͤnſtigte, aber in dieſem Falle wird die bewe-
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/259>, abgerufen am 24.11.2024.
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