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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Hochzeit-Gedichte.
Das verliebte vogel-schießen,
Bey dem L. und M. hochzeit-festin.

C. E. St. L. und S. H.
WJe kommt es doch, daß sich das vogel-schießen-fest
Mit einer hochzeit-lust so wohl vergleichen läst?
Jst vogel und geschütz denn irgend beym vermählen?
Es muß ja allerdings also beschaffen seyn,
Denn sonsten stimmte nicht so that als namen ein;
Die that, die würdig hier mit kurtzem zu erzehlen:
Wenn der Johannis-tag nun vor der thüre steht,
Und die bekante lust des schießens vor sich geht,
So schauet man zu erst, wie um die vogel-stange
Man tieffe gruben gräbt, in welchen bier und wein;
Und wurst, und was man hat, kan frey und sicher seyn;
Wann uns der sonnen-gluth will machen allzu bange.
Doch wird vorhero auch der vogel aufgesetzt,
An welchem sich hernach so mancher schütz ergetzt,
Und da offt schärffer als bey seiner liebsten schießet:
Nach diesem werden dann die hütten aufgebaut,
Darinn das frauen-volck dieselbe lust anschaut,
Und durch ihr gegenseyn der männer müh versüßet.
Geht denn hernach, wenns zeit, die kirmeß völlig an,
So wandert da hinaus, was offt kaum kriechen kan,
Die mägdgen gehn zuerst, hernach die meisten frauen,
Und diese führen offt die vögel bey der hand,
Die ihnen hat ihr schütz' in liebe zugewandt,
Wenn er hat seine kunst im schießen lassen schauen.
Da ist kein junger mensch, und wer er immer sey,
Wenn ihn ein mägdgen kennt, vom zeichen-lösen frey,
(Wiewol die frauen auch sich dieser lust nicht schämen)
Wofern er anders sie und seiner liebe ziel
Nicht durch ein grobes nein im buy verkehren will,
Und wie zuvor die kost von ihren lippen nehmen.
Wird dann manch scharffer pfeil dem vogel zugestellt;
Und trifft sichs, daß ein span von solchem runter fällt;
Da
Hofm. w. V. Th. F
Hochzeit-Gedichte.
Das verliebte vogel-ſchießen,
Bey dem L. und M. hochzeit-feſtin.

C. E. St. L. und S. H.
WJe kommt es doch, daß ſich das vogel-ſchießen-feſt
Mit einer hochzeit-luſt ſo wohl vergleichen laͤſt?
Jſt vogel und geſchuͤtz denn irgend beym vermaͤhlen?
Es muß ja allerdings alſo beſchaffen ſeyn,
Denn ſonſten ſtimmte nicht ſo that als namen ein;
Die that, die wuͤrdig hier mit kurtzem zu erzehlen:
Wenn der Johannis-tag nun vor der thuͤre ſteht,
Und die bekante luſt des ſchießens vor ſich geht,
So ſchauet man zu erſt, wie um die vogel-ſtange
Man tieffe gruben graͤbt, in welchen bier und wein;
Und wurſt, und was man hat, kan frey und ſicher ſeyn;
Wann uns der ſonnen-gluth will machen allzu bange.
Doch wird vorhero auch der vogel aufgeſetzt,
An welchem ſich hernach ſo mancher ſchuͤtz ergetzt,
Und da offt ſchaͤrffer als bey ſeiner liebſten ſchießet:
Nach dieſem werden dann die huͤtten aufgebaut,
Darinn das frauen-volck dieſelbe luſt anſchaut,
Und durch ihr gegenſeyn der maͤnner muͤh verſuͤßet.
Geht denn hernach, wenns zeit, die kirmeß voͤllig an,
So wandert da hinaus, was offt kaum kriechen kan,
Die maͤgdgen gehn zuerſt, hernach die meiſten frauen,
Und dieſe fuͤhren offt die voͤgel bey der hand,
Die ihnen hat ihr ſchuͤtz’ in liebe zugewandt,
Wenn er hat ſeine kunſt im ſchießen laſſen ſchauen.
Da iſt kein junger menſch, und wer er immer ſey,
Wenn ihn ein maͤgdgen kennt, vom zeichen-loͤſen frey,
(Wiewol die frauen auch ſich dieſer luſt nicht ſchaͤmen)
Wofern er anders ſie und ſeiner liebe ziel
Nicht durch ein grobes nein im buy verkehren will,
Und wie zuvor die koſt von ihren lippen nehmen.
Wird dann manch ſcharffer pfeil dem vogel zugeſtellt;
Und trifft ſichs, daß ein ſpan von ſolchem runter faͤllt;
Da
Hofm. w. V. Th. F
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[81/0083] Hochzeit-Gedichte. Das verliebte vogel-ſchießen, Bey dem L. und M. hochzeit-feſtin. C. E. St. L. und S. H. WJe kommt es doch, daß ſich das vogel-ſchießen-feſt Mit einer hochzeit-luſt ſo wohl vergleichen laͤſt? Jſt vogel und geſchuͤtz denn irgend beym vermaͤhlen? Es muß ja allerdings alſo beſchaffen ſeyn, Denn ſonſten ſtimmte nicht ſo that als namen ein; Die that, die wuͤrdig hier mit kurtzem zu erzehlen: Wenn der Johannis-tag nun vor der thuͤre ſteht, Und die bekante luſt des ſchießens vor ſich geht, So ſchauet man zu erſt, wie um die vogel-ſtange Man tieffe gruben graͤbt, in welchen bier und wein; Und wurſt, und was man hat, kan frey und ſicher ſeyn; Wann uns der ſonnen-gluth will machen allzu bange. Doch wird vorhero auch der vogel aufgeſetzt, An welchem ſich hernach ſo mancher ſchuͤtz ergetzt, Und da offt ſchaͤrffer als bey ſeiner liebſten ſchießet: Nach dieſem werden dann die huͤtten aufgebaut, Darinn das frauen-volck dieſelbe luſt anſchaut, Und durch ihr gegenſeyn der maͤnner muͤh verſuͤßet. Geht denn hernach, wenns zeit, die kirmeß voͤllig an, So wandert da hinaus, was offt kaum kriechen kan, Die maͤgdgen gehn zuerſt, hernach die meiſten frauen, Und dieſe fuͤhren offt die voͤgel bey der hand, Die ihnen hat ihr ſchuͤtz’ in liebe zugewandt, Wenn er hat ſeine kunſt im ſchießen laſſen ſchauen. Da iſt kein junger menſch, und wer er immer ſey, Wenn ihn ein maͤgdgen kennt, vom zeichen-loͤſen frey, (Wiewol die frauen auch ſich dieſer luſt nicht ſchaͤmen) Wofern er anders ſie und ſeiner liebe ziel Nicht durch ein grobes nein im buy verkehren will, Und wie zuvor die koſt von ihren lippen nehmen. Wird dann manch ſcharffer pfeil dem vogel zugeſtellt; Und trifft ſichs, daß ein ſpan von ſolchem runter faͤllt; Da Hofm. w. V. Th. F

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/83>, abgerufen am 04.05.2024.