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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Hochzeit-Gedichte.
Euch wird der zeit ihr wechsel nicht beschweren,
Nur dieses muß zu mehrer lust geschehn,
Eh noch der lentz wird einmal wiederkehren,
Wird euch der herbst schon zweyfach fruchtbar sehn.


Das vertheidigte frauenzimmer,
Bey der Schröer- und Löscherischen
verbindung.

C. G. B.
SO offt als uns die lust zu fremden schrifften treibt,
Jn denen man von thun der-alten weisen schreibt,
So dencken wir, weil sie auf lieb und weiber schmehlen:
Es muß den weisen hier wol an verstande fehlen.
Wir stutzen, wann ihr spruch die liebe so veracht.
Und das galante volck den teuffeln ähnlich macht,
Wann sie den liebes-trieb ein tolles wesen nennen,
Wann sie die weiber gar vor menschen nicht erkennen,
Von denen sie doch selbst zur welt geboren seyn;
Sie bilden beyde sich als ungeheuer ein,
Und meynen: liebe kan nicht bey der weisheit stehen;
Die weiber nimmer sich mit musen wohlbegehen,
Und dennoch bauen sie der liebe gar ein hauß,
Und schmücken Musen so, als wie die weiber aus.
Warum? Jhr sanffter sinn, ihr angenehmes wesen,
Steht Musen besser an, als wann sie sich erlesen,
Der männer allzufrech- und kriegerischen muth;
Ein sanfftes wesen ist allein zur weisheit gut.
Gewiß, wofern wir uns hier sollen recht erklären:
Wann keine liebe mehr und keine weiber wären,
Wo würde welt und mensch in wenig jahren seyn?
Die liebe flößt uns ja das leben selber ein;
Sie ist der geist der welt; sie hält durch ihre flammen
Den wunder-vollen bau noch immerdar zusammen;
Der ist ein halber mensch, der ohne liebe lebt;
Die liebe tröstet uns, wann erd und himmel bebt;
Die
Hochzeit-Gedichte.
Euch wird der zeit ihr wechſel nicht beſchweren,
Nur dieſes muß zu mehrer luſt geſchehn,
Eh noch der lentz wird einmal wiederkehren,
Wird euch der herbſt ſchon zweyfach fruchtbar ſehn.


Das vertheidigte frauenzimmer,
Bey der Schroͤer- und Loͤſcheriſchen
verbindung.

C. G. B.
SO offt als uns die luſt zu fremden ſchrifften treibt,
Jn denen man von thun der-alten weiſen ſchreibt,
So dencken wir, weil ſie auf lieb und weiber ſchmehlen:
Es muß den weiſen hier wol an verſtande fehlen.
Wir ſtutzen, wann ihr ſpruch die liebe ſo veracht.
Und das galante volck den teuffeln aͤhnlich macht,
Wann ſie den liebes-trieb ein tolles weſen nennen,
Wann ſie die weiber gar vor menſchen nicht erkennen,
Von denen ſie doch ſelbſt zur welt geboren ſeyn;
Sie bilden beyde ſich als ungeheuer ein,
Und meynen: liebe kan nicht bey der weisheit ſtehen;
Die weiber nimmer ſich mit muſen wohlbegehen,
Und dennoch bauen ſie der liebe gar ein hauß,
Und ſchmuͤcken Muſen ſo, als wie die weiber aus.
Warum? Jhr ſanffter ſinn, ihr angenehmes weſen,
Steht Muſen beſſer an, als wann ſie ſich erleſen,
Der maͤnner allzufrech- und kriegeriſchen muth;
Ein ſanfftes weſen iſt allein zur weisheit gut.
Gewiß, wofern wir uns hier ſollen recht erklaͤren:
Wann keine liebe mehr und keine weiber waͤren,
Wo wuͤrde welt und menſch in wenig jahren ſeyn?
Die liebe floͤßt uns ja das leben ſelber ein;
Sie iſt der geiſt der welt; ſie haͤlt durch ihre flammen
Den wunder-vollen bau noch immerdar zuſammen;
Der iſt ein halber menſch, der ohne liebe lebt;
Die liebe troͤſtet uns, wann erd und himmel bebt;
Die
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[76/0078] Hochzeit-Gedichte. Euch wird der zeit ihr wechſel nicht beſchweren, Nur dieſes muß zu mehrer luſt geſchehn, Eh noch der lentz wird einmal wiederkehren, Wird euch der herbſt ſchon zweyfach fruchtbar ſehn. Das vertheidigte frauenzimmer, Bey der Schroͤer- und Loͤſcheriſchen verbindung. C. G. B. SO offt als uns die luſt zu fremden ſchrifften treibt, Jn denen man von thun der-alten weiſen ſchreibt, So dencken wir, weil ſie auf lieb und weiber ſchmehlen: Es muß den weiſen hier wol an verſtande fehlen. Wir ſtutzen, wann ihr ſpruch die liebe ſo veracht. Und das galante volck den teuffeln aͤhnlich macht, Wann ſie den liebes-trieb ein tolles weſen nennen, Wann ſie die weiber gar vor menſchen nicht erkennen, Von denen ſie doch ſelbſt zur welt geboren ſeyn; Sie bilden beyde ſich als ungeheuer ein, Und meynen: liebe kan nicht bey der weisheit ſtehen; Die weiber nimmer ſich mit muſen wohlbegehen, Und dennoch bauen ſie der liebe gar ein hauß, Und ſchmuͤcken Muſen ſo, als wie die weiber aus. Warum? Jhr ſanffter ſinn, ihr angenehmes weſen, Steht Muſen beſſer an, als wann ſie ſich erleſen, Der maͤnner allzufrech- und kriegeriſchen muth; Ein ſanfftes weſen iſt allein zur weisheit gut. Gewiß, wofern wir uns hier ſollen recht erklaͤren: Wann keine liebe mehr und keine weiber waͤren, Wo wuͤrde welt und menſch in wenig jahren ſeyn? Die liebe floͤßt uns ja das leben ſelber ein; Sie iſt der geiſt der welt; ſie haͤlt durch ihre flammen Den wunder-vollen bau noch immerdar zuſammen; Der iſt ein halber menſch, der ohne liebe lebt; Die liebe troͤſtet uns, wann erd und himmel bebt; Die

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/78>, abgerufen am 03.05.2024.