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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Hochzeit-Gedichte.
O schöne zeit! die lauter balsam haucht,
Die ambra streut durch die gelinde lüffte,
Jn der jesmin von allen blättern raucht,
Und bisam dringt durch rauhe felsen klüffte,
Wo nectar aus gemeinen steinen schwitzt,
Und iedes feld trägt tausend panaceen,
Wo Chloris selbst vergnügt in blumen sitzt;
Gleichwie ihr fuß nur will auf rosen gehen.
Daß deine gunst nicht will beständig währen,
Daß nicht das jahr soll zweymal frühling seyn,
Ja, daß die welt nicht früchte kan gebähren,
Die blumen statt der schaalen schliessen ein;
Nein, nein, es ist diß, was der himmel liebet,
Was iedes jahr ihm wie aufs neu antraut,
Da er indeß bekante küße giebet,
Nur eine welt, ein frühling, eine braut.
Heut aber weist ein ungemeines band,
Das zweiffels ohn im himmel ist gebunden,
Doch auf der welt auch als des glückes pfand,
Den letzten zug und beyfall hat gefunden.
Heut weist ein schluß, der ewig feste hält,
Dasjenige, was selbst der lauff der zeiten,
Nicht in den umgang seines wechsels stellt,
Jm frühlinge zwey frühling an zwey bräuten.
Die jugend ist der frühling unser jahre;
So wie der lentz des jahres jugend heißt;
Der jugend feld trägt angenehme waare,
Denn die man vor des frühlings kinder preist,
Das blum-werck, so die frische jugend treibet,
Wird schöner, als des frühlings glantz und lust:
Wer dieses nicht wie einen rechts-spruch gläubet,
Der küsse nur der liebsten mund und brust.
Weil anmuth nun zu frühlings töchtern macht
Ein schönes paar der angenehmsten schwestern,
Aus denen recht die muntre jugend lacht,
An denen selbst die scheelsucht nichts kan lästern.
Weil lilg und ros' erhöhen ihre haut,
Der hyacint will auf schnee-ballen prangen,
So
Hochzeit-Gedichte.
O ſchoͤne zeit! die lauter balſam haucht,
Die ambra ſtreut durch die gelinde luͤffte,
Jn der jeſmin von allen blaͤttern raucht,
Und biſam dringt durch rauhe felſen kluͤffte,
Wo nectar aus gemeinen ſteinen ſchwitzt,
Und iedes feld traͤgt tauſend panaceen,
Wo Chloris ſelbſt vergnuͤgt in blumen ſitzt;
Gleichwie ihr fuß nur will auf roſen gehen.
Daß deine gunſt nicht will beſtaͤndig waͤhren,
Daß nicht das jahr ſoll zweymal fruͤhling ſeyn,
Ja, daß die welt nicht fruͤchte kan gebaͤhren,
Die blumen ſtatt der ſchaalen ſchlieſſen ein;
Nein, nein, es iſt diß, was der himmel liebet,
Was iedes jahr ihm wie aufs neu antraut,
Da er indeß bekante kuͤße giebet,
Nur eine welt, ein fruͤhling, eine braut.
Heut aber weiſt ein ungemeines band,
Das zweiffels ohn im himmel iſt gebunden,
Doch auf der welt auch als des gluͤckes pfand,
Den letzten zug und beyfall hat gefunden.
Heut weiſt ein ſchluß, der ewig feſte haͤlt,
Dasjenige, was ſelbſt der lauff der zeiten,
Nicht in den umgang ſeines wechſels ſtellt,
Jm fruͤhlinge zwey fruͤhling an zwey braͤuten.
Die jugend iſt der fruͤhling unſer jahre;
So wie der lentz des jahres jugend heißt;
Der jugend feld traͤgt angenehme waare,
Denn die man vor des fruͤhlings kinder preiſt,
Das blum-werck, ſo die friſche jugend treibet,
Wird ſchoͤner, als des fruͤhlings glantz und luſt:
Wer dieſes nicht wie einen rechts-ſpruch glaͤubet,
Der kuͤſſe nur der liebſten mund und bruſt.
Weil anmuth nun zu fruͤhlings toͤchtern macht
Ein ſchoͤnes paar der angenehmſten ſchweſtern,
Aus denen recht die muntre jugend lacht,
An denen ſelbſt die ſcheelſucht nichts kan laͤſtern.
Weil lilg und roſ’ erhoͤhen ihre haut,
Der hyacint will auf ſchnee-ballen prangen,
So
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[74/0076] Hochzeit-Gedichte. O ſchoͤne zeit! die lauter balſam haucht, Die ambra ſtreut durch die gelinde luͤffte, Jn der jeſmin von allen blaͤttern raucht, Und biſam dringt durch rauhe felſen kluͤffte, Wo nectar aus gemeinen ſteinen ſchwitzt, Und iedes feld traͤgt tauſend panaceen, Wo Chloris ſelbſt vergnuͤgt in blumen ſitzt; Gleichwie ihr fuß nur will auf roſen gehen. Daß deine gunſt nicht will beſtaͤndig waͤhren, Daß nicht das jahr ſoll zweymal fruͤhling ſeyn, Ja, daß die welt nicht fruͤchte kan gebaͤhren, Die blumen ſtatt der ſchaalen ſchlieſſen ein; Nein, nein, es iſt diß, was der himmel liebet, Was iedes jahr ihm wie aufs neu antraut, Da er indeß bekante kuͤße giebet, Nur eine welt, ein fruͤhling, eine braut. Heut aber weiſt ein ungemeines band, Das zweiffels ohn im himmel iſt gebunden, Doch auf der welt auch als des gluͤckes pfand, Den letzten zug und beyfall hat gefunden. Heut weiſt ein ſchluß, der ewig feſte haͤlt, Dasjenige, was ſelbſt der lauff der zeiten, Nicht in den umgang ſeines wechſels ſtellt, Jm fruͤhlinge zwey fruͤhling an zwey braͤuten. Die jugend iſt der fruͤhling unſer jahre; So wie der lentz des jahres jugend heißt; Der jugend feld traͤgt angenehme waare, Denn die man vor des fruͤhlings kinder preiſt, Das blum-werck, ſo die friſche jugend treibet, Wird ſchoͤner, als des fruͤhlings glantz und luſt: Wer dieſes nicht wie einen rechts-ſpruch glaͤubet, Der kuͤſſe nur der liebſten mund und bruſt. Weil anmuth nun zu fruͤhlings toͤchtern macht Ein ſchoͤnes paar der angenehmſten ſchweſtern, Aus denen recht die muntre jugend lacht, An denen ſelbſt die ſcheelſucht nichts kan laͤſtern. Weil lilg und roſ’ erhoͤhen ihre haut, Der hyacint will auf ſchnee-ballen prangen, So

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/76>, abgerufen am 03.05.2024.