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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Hochzeit-Gedichte.
Die rathschlagende und wohlschliessende Eusebie
Bey der
Frieß- und Seligmannischen
Verbindung.

D. M. B.
JCh solte, Werthes Paar! auch auf dein hochzeit-fest
Etwas mit netter hand von deinem wohl entwerffen;
Ach aber! wer wird mir die stumpffe feder schärffen?
Die zeit und einfalt noch gar wenig schreiben läst.
Du weist es selber wohl, wie meine laute klinget,
Und was der schwache mund vor schlechte lieder singet.
Doch weil mauch kluger kopff auch offt im schlafe denckt,
Wenn er, ich weiß nicht wie, mit süßen träumen spielet,
Daß sein entzückter geist die beste regung fühlet,
Die ihm die Castalis aus ihren quellen schenckt,
So will ich es getrost mit meinen versen wagen,
Und diß, was aug und ohr gemercket hat, vortragen.
Jch ward durch einen freund ins cabinet gebracht,
Wo die Eusebie bey ihren büchern saße,
Und gleich mit allem fleiß in dem Menzero lase,
Was er von glück und heyl der heyrath hat erdacht:
Wie man das erstere gar leichte könt' erlangen,
Wenn nur das letztere mit GOtt wär angefangen.
So viel als mir davon noch in die augen fiel,
War, daß man auch den rath der menschen müste wissen,
Wenn man das gantze werck bedächtig wolte schlüssen,
Und der träff allererst, dem schützen gleich, das ziel,
Wer ihre meynung noch auf eine wage brächte,
Und denn durch kluge wahl den ausschlag recht bedächte.
Jch hätte gern noch mehr in dieser schrifft ersehn;
Allein, die göttin gab das buch aus ihren händen,
Und sprach: wo soll ich mich bey dieser zeit hinwenden?
Wie wird mir zweiffelnder im kummer doch geschehn?
Die klugheit pfleget offt in ihrer kunst zu fehlen,
Wenn sie aus zweyen will das allerbeste wehlen.
Hilff
Hochzeit-Gedichte.
Die rathſchlagende und wohlſchlieſſende Euſebie
Bey der
Frieß- und Seligmanniſchen
Verbindung.

D. M. B.
JCh ſolte, Werthes Paar! auch auf dein hochzeit-feſt
Etwas mit netter hand von deinem wohl entwerffen;
Ach aber! wer wird mir die ſtumpffe feder ſchaͤrffen?
Die zeit und einfalt noch gar wenig ſchreiben laͤſt.
Du weiſt es ſelber wohl, wie meine laute klinget,
Und was der ſchwache mund vor ſchlechte lieder ſinget.
Doch weil mauch kluger kopff auch offt im ſchlafe denckt,
Wenn er, ich weiß nicht wie, mit ſuͤßen traͤumen ſpielet,
Daß ſein entzuͤckter geiſt die beſte regung fuͤhlet,
Die ihm die Caſtalis aus ihren quellen ſchenckt,
So will ich es getroſt mit meinen verſen wagen,
Und diß, was aug und ohr gemercket hat, vortragen.
Jch ward durch einen freund ins cabinet gebracht,
Wo die Euſebie bey ihren buͤchern ſaße,
Und gleich mit allem fleiß in dem Menzero laſe,
Was er von gluͤck und heyl der heyrath hat erdacht:
Wie man das erſtere gar leichte koͤnt’ erlangen,
Wenn nur das letztere mit GOtt waͤr angefangen.
So viel als mir davon noch in die augen fiel,
War, daß man auch den rath der menſchen muͤſte wiſſen,
Wenn man das gantze werck bedaͤchtig wolte ſchluͤſſen,
Und der traͤff allererſt, dem ſchuͤtzen gleich, das ziel,
Wer ihre meynung noch auf eine wage braͤchte,
Und denn durch kluge wahl den ausſchlag recht bedaͤchte.
Jch haͤtte gern noch mehr in dieſer ſchrifft erſehn;
Allein, die goͤttin gab das buch aus ihren haͤnden,
Und ſprach: wo ſoll ich mich bey dieſer zeit hinwenden?
Wie wird mir zweiffelnder im kummer doch geſchehn?
Die klugheit pfleget offt in ihrer kunſt zu fehlen,
Wenn ſie aus zweyen will das allerbeſte wehlen.
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[68/0070] Hochzeit-Gedichte. Die rathſchlagende und wohlſchlieſſende Euſebie Bey der Frieß- und Seligmanniſchen Verbindung. D. M. B. JCh ſolte, Werthes Paar! auch auf dein hochzeit-feſt Etwas mit netter hand von deinem wohl entwerffen; Ach aber! wer wird mir die ſtumpffe feder ſchaͤrffen? Die zeit und einfalt noch gar wenig ſchreiben laͤſt. Du weiſt es ſelber wohl, wie meine laute klinget, Und was der ſchwache mund vor ſchlechte lieder ſinget. Doch weil mauch kluger kopff auch offt im ſchlafe denckt, Wenn er, ich weiß nicht wie, mit ſuͤßen traͤumen ſpielet, Daß ſein entzuͤckter geiſt die beſte regung fuͤhlet, Die ihm die Caſtalis aus ihren quellen ſchenckt, So will ich es getroſt mit meinen verſen wagen, Und diß, was aug und ohr gemercket hat, vortragen. Jch ward durch einen freund ins cabinet gebracht, Wo die Euſebie bey ihren buͤchern ſaße, Und gleich mit allem fleiß in dem Menzero laſe, Was er von gluͤck und heyl der heyrath hat erdacht: Wie man das erſtere gar leichte koͤnt’ erlangen, Wenn nur das letztere mit GOtt waͤr angefangen. So viel als mir davon noch in die augen fiel, War, daß man auch den rath der menſchen muͤſte wiſſen, Wenn man das gantze werck bedaͤchtig wolte ſchluͤſſen, Und der traͤff allererſt, dem ſchuͤtzen gleich, das ziel, Wer ihre meynung noch auf eine wage braͤchte, Und denn durch kluge wahl den ausſchlag recht bedaͤchte. Jch haͤtte gern noch mehr in dieſer ſchrifft erſehn; Allein, die goͤttin gab das buch aus ihren haͤnden, Und ſprach: wo ſoll ich mich bey dieſer zeit hinwenden? Wie wird mir zweiffelnder im kummer doch geſchehn? Die klugheit pfleget offt in ihrer kunſt zu fehlen, Wenn ſie aus zweyen will das allerbeſte wehlen. Hilff

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/70>, abgerufen am 04.05.2024.