Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Vermischte Gedichte. Ein wohlerwogner spruch kan großen nutzen geben,Und ein gelindes wort legt manches übel bey. Daß man die zunge nicht so, wie man soll, bewahret, Und manchmal über sie bis in die hölle fällt; Das thut die sicherheit, daß man sich nichts befahret, Ob gleich der feind sein garn uns vor den augen stellt. Drum siehe dich wohl vor! und schweigst du schon zu zeiten, So laß doch deinen mund nicht unaufhörlich ruhn; Weil geistliche gespräch und reden unter leuten, Die gleiches sinnes sind, viel zur erbauung thun. Das eilffte capitel. WJlst du dein schwaches hertz in wahrem friede stärcken;So überwirff dich nicht mit andrer leute wercken. Denn was ein fremder thut, geht dich ohndem nicht an. Wer seinen vorwitz nicht im zaume halten kan, Und sich in sorgen mischt, die sinn und geist zerstreuen, Wie soll der himmel den mit langer ruh erfreuen, An die er wenig denckt? Es bleibet wol dabey: Daß niemand seliger, als ein gemüthe sey, Das vor der stoltzen welt zwar tief verborgen lieget, Doch in der stille sich mit seinem GOtt vergnüget, Und in der einfalt bleibt. O einfalt! theurer schatz! Wo du das hertze füllst, da nimmt der friede platz. Was hat den heiligen in finstren wüsteneyen, Wo keine reitzungen den äusern sinn erfreuen, Das ungemeine licht geheimer ding' entdeckt? Nichts, als der ernste fleiß, den sie daran gestreckt, Sich aller lüsternheit des fleisches zu entschlagen, Und der begierden schwarm aus ihrer brust zu jagen, Der allen frieden stört. Verwundrungs-werther fleiß! Von dem man in der welt itzt, leyder! wenig weiß! Jndem wir allzuviel nach fremden dingen gaffen, So eitel sie auch sind. Wer ist, der sich rechtschaffen Zur besserung entschleust, und unabläßig kämpfft, Bis er die schlangen-zucht der wilden lüste dämpfft? Es Hofm. w. V. Th. T
Vermiſchte Gedichte. Ein wohlerwogner ſpruch kan großen nutzen geben,Und ein gelindes wort legt manches uͤbel bey. Daß man die zunge nicht ſo, wie man ſoll, bewahret, Und manchmal uͤber ſie bis in die hoͤlle faͤllt; Das thut die ſicherheit, daß man ſich nichts befahret, Ob gleich der feind ſein garn uns vor den augen ſtellt. Drum ſiehe dich wohl vor! und ſchweigſt du ſchon zu zeiten, So laß doch deinen mund nicht unaufhoͤrlich ruhn; Weil geiſtliche geſpraͤch und reden unter leuten, Die gleiches ſinnes ſind, viel zur erbauung thun. Das eilffte capitel. WJlſt du dein ſchwaches hertz in wahrem friede ſtaͤrcken;So uͤberwirff dich nicht mit andrer leute wercken. Denn was ein fremder thut, geht dich ohndem nicht an. Wer ſeinen vorwitz nicht im zaume halten kan, Und ſich in ſorgen miſcht, die ſinn und geiſt zerſtreuen, Wie ſoll der himmel den mit langer ruh erfreuen, An die er wenig denckt? Es bleibet wol dabey: Daß niemand ſeliger, als ein gemuͤthe ſey, Das vor der ſtoltzen welt zwar tief verborgen lieget, Doch in der ſtille ſich mit ſeinem GOtt vergnuͤget, Und in der einfalt bleibt. O einfalt! theurer ſchatz! Wo du das hertze fuͤllſt, da nimmt der friede platz. Was hat den heiligen in finſtren wuͤſteneyen, Wo keine reitzungen den aͤuſern ſinn erfreuen, Das ungemeine licht geheimer ding’ entdeckt? Nichts, als der ernſte fleiß, den ſie daran geſtreckt, Sich aller luͤſternheit des fleiſches zu entſchlagen, Und der begierden ſchwarm aus ihrer bruſt zu jagen, Der allen frieden ſtoͤrt. Verwundrungs-werther fleiß! Von dem man in der welt itzt, leyder! wenig weiß! Jndem wir allzuviel nach fremden dingen gaffen, So eitel ſie auch ſind. Wer iſt, der ſich rechtſchaffen Zur beſſerung entſchleuſt, und unablaͤßig kaͤmpfft, Bis er die ſchlangen-zucht der wilden luͤſte daͤmpfft? Es Hofm. w. V. Th. T
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Vermiſchte Gedichte.
Ein wohlerwogner ſpruch kan großen nutzen geben,
Und ein gelindes wort legt manches uͤbel bey.
Daß man die zunge nicht ſo, wie man ſoll, bewahret,
Und manchmal uͤber ſie bis in die hoͤlle faͤllt;
Das thut die ſicherheit, daß man ſich nichts befahret,
Ob gleich der feind ſein garn uns vor den augen ſtellt.
Drum ſiehe dich wohl vor! und ſchweigſt du ſchon zu zeiten,
So laß doch deinen mund nicht unaufhoͤrlich ruhn;
Weil geiſtliche geſpraͤch und reden unter leuten,
Die gleiches ſinnes ſind, viel zur erbauung thun.
Das eilffte capitel.
WJlſt du dein ſchwaches hertz in wahrem friede ſtaͤrcken;
So uͤberwirff dich nicht mit andrer leute wercken.
Denn was ein fremder thut, geht dich ohndem nicht an.
Wer ſeinen vorwitz nicht im zaume halten kan,
Und ſich in ſorgen miſcht, die ſinn und geiſt zerſtreuen,
Wie ſoll der himmel den mit langer ruh erfreuen,
An die er wenig denckt? Es bleibet wol dabey:
Daß niemand ſeliger, als ein gemuͤthe ſey,
Das vor der ſtoltzen welt zwar tief verborgen lieget,
Doch in der ſtille ſich mit ſeinem GOtt vergnuͤget,
Und in der einfalt bleibt. O einfalt! theurer ſchatz!
Wo du das hertze fuͤllſt, da nimmt der friede platz.
Was hat den heiligen in finſtren wuͤſteneyen,
Wo keine reitzungen den aͤuſern ſinn erfreuen,
Das ungemeine licht geheimer ding’ entdeckt?
Nichts, als der ernſte fleiß, den ſie daran geſtreckt,
Sich aller luͤſternheit des fleiſches zu entſchlagen,
Und der begierden ſchwarm aus ihrer bruſt zu jagen,
Der allen frieden ſtoͤrt. Verwundrungs-werther fleiß!
Von dem man in der welt itzt, leyder! wenig weiß!
Jndem wir allzuviel nach fremden dingen gaffen,
So eitel ſie auch ſind. Wer iſt, der ſich rechtſchaffen
Zur beſſerung entſchleuſt, und unablaͤßig kaͤmpfft,
Bis er die ſchlangen-zucht der wilden luͤſte daͤmpfft?
Es
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