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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Verliebte und Galante Gedichte.
Die fessel, so mein blick Florinden angeleget,
Sind dem papiere nur, nicht dir und mir bewust.
Ja weil mein auge nichts von herrschsucht in sich heget,
So nenn' ich deine band' ein spielwerck deiner lust.
Ein so galanter kopff kan leichtlich was ersinnen,
Das dichten steht ohndem den besten dichtern frey.
Trüg' ich den lorbeer-crantz, ich wolt' es auch beginnen,
Jch schriebe, daß mein hertz wie deines, brünstig sey.
So aber, weil mich noch Apollo nicht gecrönet,
So setz' ich weiter nichts, als was die wahrheit ist.
Jch weiß es ohnedem, daß mich Florindo höhnet,
Weil man in meiner nacht gantz keinen glantz erkiest.
Wie kan des himmels krafft in meinen augen stecken?
Legt eine göttin sich auch kranck, wie ich, dahin?
Mein glaube weiß sich nicht so weit hinaus zu strecken,
So leichtlich als ich sonst des glaubens fähig bin.
Ein geist, wie deiner ist, der alles kan verachten,
Der aus den perlen sand, und gold zu kothe macht,
Wird wol ein weibes-bild nicht zu vergöttern trachten,
Der selbst der Schöpffer nur das dienen zugedacht.
Drum sage mir nicht vor: daß ich dir was befohlen;
Das bitten kommt uns zwar, doch kein befehlen zu.
Dein liebes-feuer ist ein feuer kalter kohlen,
Und deine leidenschafft läst dich in guter ruh.
Jndessen kan ich es vor keine kühnheit schelten,
Daß mir Florindens hand so nette verse schickt;
Ja kan mein bitten was bey deiner Muse gelten,
So werd' ich künfftig mehr durch ihren schertz erqvickt.


Madrigal.
WAer ich die nachtigall, die Florabelle liebt,
Und der sie nichts als küß' und zucker giebt;
So wären ihr auch meine liebes-lieder
Vielleichte richt zuwider.
Drum, Amor! der du einst den Jupiter zum schwan
Und weiß nicht, was gemacht, schau meine sehnsucht an,
Die
R 2
Verliebte und Galante Gedichte.
Die feſſel, ſo mein blick Florinden angeleget,
Sind dem papiere nur, nicht dir und mir bewuſt.
Ja weil mein auge nichts von herrſchſucht in ſich heget,
So nenn’ ich deine band’ ein ſpielwerck deiner luſt.
Ein ſo galanter kopff kan leichtlich was erſinnen,
Das dichten ſteht ohndem den beſten dichtern frey.
Truͤg’ ich den lorbeer-crantz, ich wolt’ es auch beginnen,
Jch ſchriebe, daß mein hertz wie deines, bruͤnſtig ſey.
So aber, weil mich noch Apollo nicht gecroͤnet,
So ſetz’ ich weiter nichts, als was die wahrheit iſt.
Jch weiß es ohnedem, daß mich Florindo hoͤhnet,
Weil man in meiner nacht gantz keinen glantz erkieſt.
Wie kan des himmels krafft in meinen augen ſtecken?
Legt eine goͤttin ſich auch kranck, wie ich, dahin?
Mein glaube weiß ſich nicht ſo weit hinaus zu ſtrecken,
So leichtlich als ich ſonſt des glaubens faͤhig bin.
Ein geiſt, wie deiner iſt, der alles kan verachten,
Der aus den perlen ſand, und gold zu kothe macht,
Wird wol ein weibes-bild nicht zu vergoͤttern trachten,
Der ſelbſt der Schoͤpffer nur das dienen zugedacht.
Drum ſage mir nicht vor: daß ich dir was befohlen;
Das bitten kommt uns zwar, doch kein befehlen zu.
Dein liebes-feuer iſt ein feuer kalter kohlen,
Und deine leidenſchafft laͤſt dich in guter ruh.
Jndeſſen kan ich es vor keine kuͤhnheit ſchelten,
Daß mir Florindens hand ſo nette verſe ſchickt;
Ja kan mein bitten was bey deiner Muſe gelten,
So werd’ ich kuͤnfftig mehr durch ihren ſchertz erqvickt.


Madrigal.
WAer ich die nachtigall, die Florabelle liebt,
Und der ſie nichts als kuͤß’ und zucker giebt;
So waͤren ihr auch meine liebes-lieder
Vielleichte richt zuwider.
Drum, Amor! der du einſt den Jupiter zum ſchwan
Und weiß nicht, was gemacht, ſchau meine ſehnſucht an,
Die
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[259/0261] Verliebte und Galante Gedichte. Die feſſel, ſo mein blick Florinden angeleget, Sind dem papiere nur, nicht dir und mir bewuſt. Ja weil mein auge nichts von herrſchſucht in ſich heget, So nenn’ ich deine band’ ein ſpielwerck deiner luſt. Ein ſo galanter kopff kan leichtlich was erſinnen, Das dichten ſteht ohndem den beſten dichtern frey. Truͤg’ ich den lorbeer-crantz, ich wolt’ es auch beginnen, Jch ſchriebe, daß mein hertz wie deines, bruͤnſtig ſey. So aber, weil mich noch Apollo nicht gecroͤnet, So ſetz’ ich weiter nichts, als was die wahrheit iſt. Jch weiß es ohnedem, daß mich Florindo hoͤhnet, Weil man in meiner nacht gantz keinen glantz erkieſt. Wie kan des himmels krafft in meinen augen ſtecken? Legt eine goͤttin ſich auch kranck, wie ich, dahin? Mein glaube weiß ſich nicht ſo weit hinaus zu ſtrecken, So leichtlich als ich ſonſt des glaubens faͤhig bin. Ein geiſt, wie deiner iſt, der alles kan verachten, Der aus den perlen ſand, und gold zu kothe macht, Wird wol ein weibes-bild nicht zu vergoͤttern trachten, Der ſelbſt der Schoͤpffer nur das dienen zugedacht. Drum ſage mir nicht vor: daß ich dir was befohlen; Das bitten kommt uns zwar, doch kein befehlen zu. Dein liebes-feuer iſt ein feuer kalter kohlen, Und deine leidenſchafft laͤſt dich in guter ruh. Jndeſſen kan ich es vor keine kuͤhnheit ſchelten, Daß mir Florindens hand ſo nette verſe ſchickt; Ja kan mein bitten was bey deiner Muſe gelten, So werd’ ich kuͤnfftig mehr durch ihren ſchertz erqvickt. Madrigal. WAer ich die nachtigall, die Florabelle liebt, Und der ſie nichts als kuͤß’ und zucker giebt; So waͤren ihr auch meine liebes-lieder Vielleichte richt zuwider. Drum, Amor! der du einſt den Jupiter zum ſchwan Und weiß nicht, was gemacht, ſchau meine ſehnſucht an, Die R 2

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/261>, abgerufen am 12.05.2024.