Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Pfeifft vor ein maas verdorbnes bier
Der welt verwegne poffen für.
Geht ohngefehr dem dorff ein richter ab,
Wie foltert ihr den kopff durch tieffes sinnen,
Und seyd bemüht bey dessen grab
Durch einen reim ein tag-lohn zu gewinnen.
Vor kleines geld verkaufft man große lügen,
Die stein und eisen überwiegen.
Schlaf aus, du träumender poet!
Suchst du die todten aufzuwecken,
So must du selbst nach geist und leben schmecken.


Auf den im vorigen seculo der Chri-
stenheit von den Türcken angedroh-
ten untergang.
G. L.
SChlag muthig los, du flammen-reiche lufft!
Wilst du der wuth verwegner hunde schonen?
Schmeiß diesen schwarm in eine finstre klufft,
Wo drachen-brut und basilisken wohnen.
Zerschmettre doch sein scharffes mord-gewehr,
Daß von dem blut erschlagner Christen schäumet!
Es ist ja sonst dem donner nicht zu schwer,
Daß er die welt mit seinem brüllen zäumet.
Bewegt dich nicht ein banges angst-geschrey,
Das unser mund mit schrecken von sich bläset?
Jndem der feind aus grimm und raferey
Das feste schwerd uns in die seite stöset.
Ach siehe doch der waffen tollheit an!
Jhr kuhner stich ist wie ein biß der schlangen.
Was furien und tieger nicht gethan,
Das haben sie auf einen tag begangen.
Versluchtes bley! das der canonen krafft
Mit lichtem dampff bis an die wolcken spielet.
Ver-
Vermiſchte Gedichte.
Pfeifft vor ein maas verdorbnes bier
Der welt verwegne poffen fuͤr.
Geht ohngefehr dem dorff ein richter ab,
Wie foltert ihr den kopff durch tieffes ſinnen,
Und ſeyd bemuͤht bey deſſen grab
Durch einen reim ein tag-lohn zu gewinnen.
Vor kleines geld verkaufft man große luͤgen,
Die ſtein und eiſen uͤberwiegen.
Schlaf aus, du traͤumender poet!
Suchſt du die todten aufzuwecken,
So muſt du ſelbſt nach geiſt und leben ſchmecken.


Auf den im vorigen ſeculo der Chri-
ſtenheit von den Tuͤrcken angedroh-
ten untergang.
G. L.
SChlag muthig los, du flammen-reiche lufft!
Wilſt du der wuth verwegner hunde ſchonen?
Schmeiß dieſen ſchwarm in eine finſtre klufft,
Wo drachen-brut und baſiliſken wohnen.
Zerſchmettre doch ſein ſcharffes mord-gewehr,
Daß von dem blut erſchlagner Chriſten ſchaͤumet!
Es iſt ja ſonſt dem donner nicht zu ſchwer,
Daß er die welt mit ſeinem bruͤllen zaͤumet.
Bewegt dich nicht ein banges angſt-geſchrey,
Das unſer mund mit ſchrecken von ſich blaͤſet?
Jndem der feind aus grimm und raferey
Das feſte ſchwerd uns in die ſeite ſtoͤſet.
Ach ſiehe doch der waffen tollheit an!
Jhr kuhner ſtich iſt wie ein biß der ſchlangen.
Was furien und tieger nicht gethan,
Das haben ſie auf einen tag begangen.
Verſluchtes bley! das der canonen krafft
Mit lichtem dampff bis an die wolcken ſpielet.
Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0216" n="214"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>Pfeifft vor ein maas verdorbnes bier</l><lb/>
          <l>Der welt verwegne poffen fu&#x0364;r.</l><lb/>
          <l>Geht ohngefehr dem dorff ein richter ab,</l><lb/>
          <l>Wie foltert ihr den kopff durch tieffes &#x017F;innen,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;eyd bemu&#x0364;ht bey de&#x017F;&#x017F;en grab</l><lb/>
          <l>Durch einen reim ein tag-lohn zu gewinnen.</l><lb/>
          <l>Vor kleines geld verkaufft man große lu&#x0364;gen,</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;tein und ei&#x017F;en u&#x0364;berwiegen.</l><lb/>
          <l>Schlaf aus, du tra&#x0364;umender poet!</l><lb/>
          <l>Such&#x017F;t du die todten aufzuwecken,</l><lb/>
          <l>So mu&#x017F;t du &#x017F;elb&#x017F;t nach gei&#x017F;t und leben &#x017F;chmecken.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#c">Auf den im vorigen &#x017F;eculo der Chri-<lb/>
&#x017F;tenheit von den Tu&#x0364;rcken angedroh-<lb/>
ten untergang.<lb/>
G. L.</hi> </head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">S</hi>Chlag muthig los, du flammen-reiche lufft!</l><lb/>
          <l>Wil&#x017F;t du der wuth verwegner hunde &#x017F;chonen?</l><lb/>
          <l>Schmeiß die&#x017F;en &#x017F;chwarm in eine fin&#x017F;tre klufft,</l><lb/>
          <l>Wo drachen-brut und ba&#x017F;ili&#x017F;ken wohnen.</l><lb/>
          <l>Zer&#x017F;chmettre doch &#x017F;ein &#x017F;charffes mord-gewehr,</l><lb/>
          <l>Daß von dem blut er&#x017F;chlagner Chri&#x017F;ten &#x017F;cha&#x0364;umet!</l><lb/>
          <l>Es i&#x017F;t ja &#x017F;on&#x017F;t dem donner nicht zu &#x017F;chwer,</l><lb/>
          <l>Daß er die welt mit &#x017F;einem bru&#x0364;llen za&#x0364;umet.</l><lb/>
          <l>Bewegt dich nicht ein banges ang&#x017F;t-ge&#x017F;chrey,</l><lb/>
          <l>Das un&#x017F;er mund mit &#x017F;chrecken von &#x017F;ich bla&#x0364;&#x017F;et?</l><lb/>
          <l>Jndem der feind aus grimm und raferey</l><lb/>
          <l>Das fe&#x017F;te &#x017F;chwerd uns in die &#x017F;eite &#x017F;to&#x0364;&#x017F;et.</l><lb/>
          <l>Ach &#x017F;iehe doch der waffen tollheit an!</l><lb/>
          <l>Jhr kuhner &#x017F;tich i&#x017F;t wie ein biß der &#x017F;chlangen.</l><lb/>
          <l>Was furien und tieger nicht gethan,</l><lb/>
          <l>Das haben &#x017F;ie auf einen tag begangen.</l><lb/>
          <l>Ver&#x017F;luchtes bley! das der canonen krafft</l><lb/>
          <l>Mit lichtem dampff bis an die wolcken &#x017F;pielet.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0216] Vermiſchte Gedichte. Pfeifft vor ein maas verdorbnes bier Der welt verwegne poffen fuͤr. Geht ohngefehr dem dorff ein richter ab, Wie foltert ihr den kopff durch tieffes ſinnen, Und ſeyd bemuͤht bey deſſen grab Durch einen reim ein tag-lohn zu gewinnen. Vor kleines geld verkaufft man große luͤgen, Die ſtein und eiſen uͤberwiegen. Schlaf aus, du traͤumender poet! Suchſt du die todten aufzuwecken, So muſt du ſelbſt nach geiſt und leben ſchmecken. Auf den im vorigen ſeculo der Chri- ſtenheit von den Tuͤrcken angedroh- ten untergang. G. L. SChlag muthig los, du flammen-reiche lufft! Wilſt du der wuth verwegner hunde ſchonen? Schmeiß dieſen ſchwarm in eine finſtre klufft, Wo drachen-brut und baſiliſken wohnen. Zerſchmettre doch ſein ſcharffes mord-gewehr, Daß von dem blut erſchlagner Chriſten ſchaͤumet! Es iſt ja ſonſt dem donner nicht zu ſchwer, Daß er die welt mit ſeinem bruͤllen zaͤumet. Bewegt dich nicht ein banges angſt-geſchrey, Das unſer mund mit ſchrecken von ſich blaͤſet? Jndem der feind aus grimm und raferey Das feſte ſchwerd uns in die ſeite ſtoͤſet. Ach ſiehe doch der waffen tollheit an! Jhr kuhner ſtich iſt wie ein biß der ſchlangen. Was furien und tieger nicht gethan, Das haben ſie auf einen tag begangen. Verſluchtes bley! das der canonen krafft Mit lichtem dampff bis an die wolcken ſpielet. Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/216
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/216>, abgerufen am 05.05.2024.