Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Begräbniß-Gedichte. Als JCh weiß nicht, Seeligster! ob ich zu tadeln bin,TIT. Herr A. S. von Hohberg an. 1687 zu Franckf. an einer tödli- chen wunde blieb. W. A. von Stosch. Daß ich mehr thränen itzt, als dinte muß vergießen; Denn dein verscharrter leib reißt meine geister hin, Und läst mir nichts als blut in meine feder fließen. Dein muth, dein ernster fleiß, und deine freundligkeit Stehn als drey Gratien noch stets vor meinen augen, Und lassen, ob man dich mit sande gleich bestreut, Mich doch die liebe noch aus deinem grabe saugen. Ach daß doch wind und sturm auch hohe berge trifft! Jch baut' auf deinen grund schon tausend freuden-säulen; Nun seh' ich, wie der tod uns die gesetze stifft, Und wie die gipffel selbst zu dem verderben eilen. Doch dis wird, Seeligster! dir nur zuwider seyn, Und du must selbst vielleicht uns dieses trost-mahl reichen: Schenckt uns des himmels zorn gleich gall und wermuth ein; So soll sie die vernunfft mit zucker doch bestreichen. Wohlan! Jch gönne dir der seelen süße ruh: Jch lasse deinen geist im hohen himmel schweben, Und ruffe dir zuletzt nur diese worte zu: Kanst du nicht irdisch seyn, so will ich himmlisch leben. Auf eben desselben absterben. SO, wie ein donner-keil durch hohe cedern fährt,L. Hertel. Wenn der gepreßte knall den grünen wald erschüttert, So hat des himmels krafft auch meinen geist verzehrt, Da sie, Betrübteste! vor seinem donner zittert. Mein Hofm. w. V. Th. L
Begraͤbniß-Gedichte. Als JCh weiß nicht, Seeligſter! ob ich zu tadeln bin,TIT. Herr A. S. von Hohberg an. 1687 zu Franckf. an einer toͤdli- chen wunde blieb. W. A. von Stoſch. Daß ich mehr thraͤnen itzt, als dinte muß vergießen; Denn dein verſcharrter leib reißt meine geiſter hin, Und laͤſt mir nichts als blut in meine feder fließen. Dein muth, dein ernſter fleiß, und deine freundligkeit Stehn als drey Gratien noch ſtets vor meinen augen, Und laſſen, ob man dich mit ſande gleich beſtreut, Mich doch die liebe noch aus deinem grabe ſaugen. Ach daß doch wind und ſturm auch hohe berge trifft! Jch baut’ auf deinen grund ſchon tauſend freuden-ſaͤulen; Nun ſeh’ ich, wie der tod uns die geſetze ſtifft, Und wie die gipffel ſelbſt zu dem verderben eilen. Doch dis wird, Seeligſter! dir nur zuwider ſeyn, Und du muſt ſelbſt vielleicht uns dieſes troſt-mahl reichen: Schenckt uns des himmels zorn gleich gall und wermuth ein; So ſoll ſie die vernunfft mit zucker doch beſtreichen. Wohlan! Jch goͤnne dir der ſeelen ſuͤße ruh: Jch laſſe deinen geiſt im hohen himmel ſchweben, Und ruffe dir zuletzt nur dieſe worte zu: Kanſt du nicht irdiſch ſeyn, ſo will ich himmliſch leben. Auf eben deſſelben abſterben. SO, wie ein donner-keil durch hohe cedern faͤhrt,L. Hertel. Wenn der gepreßte knall den gruͤnen wald erſchuͤttert, So hat des himmels krafft auch meinen geiſt verzehrt, Da ſie, Betruͤbteſte! vor ſeinem donner zittert. Mein Hofm. w. V. Th. L
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Begraͤbniß-Gedichte.
Als
TIT. Herr A. S. von Hohberg
an. 1687 zu Franckf. an einer toͤdli-
chen wunde blieb.
W. A. von Stoſch.
JCh weiß nicht, Seeligſter! ob ich zu tadeln bin,
Daß ich mehr thraͤnen itzt, als dinte muß vergießen;
Denn dein verſcharrter leib reißt meine geiſter hin,
Und laͤſt mir nichts als blut in meine feder fließen.
Dein muth, dein ernſter fleiß, und deine freundligkeit
Stehn als drey Gratien noch ſtets vor meinen augen,
Und laſſen, ob man dich mit ſande gleich beſtreut,
Mich doch die liebe noch aus deinem grabe ſaugen.
Ach daß doch wind und ſturm auch hohe berge trifft!
Jch baut’ auf deinen grund ſchon tauſend freuden-ſaͤulen;
Nun ſeh’ ich, wie der tod uns die geſetze ſtifft,
Und wie die gipffel ſelbſt zu dem verderben eilen.
Doch dis wird, Seeligſter! dir nur zuwider ſeyn,
Und du muſt ſelbſt vielleicht uns dieſes troſt-mahl reichen:
Schenckt uns des himmels zorn gleich gall und wermuth ein;
So ſoll ſie die vernunfft mit zucker doch beſtreichen.
Wohlan! Jch goͤnne dir der ſeelen ſuͤße ruh:
Jch laſſe deinen geiſt im hohen himmel ſchweben,
Und ruffe dir zuletzt nur dieſe worte zu:
Kanſt du nicht irdiſch ſeyn, ſo will ich himmliſch leben.
Auf eben deſſelben abſterben.
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SO, wie ein donner-keil durch hohe cedern faͤhrt,
Wenn der gepreßte knall den gruͤnen wald erſchuͤttert,
So hat des himmels krafft auch meinen geiſt verzehrt,
Da ſie, Betruͤbteſte! vor ſeinem donner zittert.
Mein
Hofm. w. V. Th. L
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