Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Begräbniß-Gedichte. Und ewig strahlen soll. Genung, mein Schurtzfleisch lebt!Mein Schurtzsleisch, den der ruff aus asch und moder hebt. Es wird sein hohes lob, auch nach dem tode steigen. Europa denckt darauf, drum will ich gerne schweigen. Auf das absterben DEr ungeheure frost, den unsre welt empfunden,Herrn Ernst Heinrich Wedels, Med. Doct. und Prof. Publ. Extraord. zu Jena etc. den 17. Apr. 1709. Jm namen seiner tisch-compagnie. G. S. War zu gemeinem heyl und troste kaum verschwunden, Als der geschmoltzne schnee von berg und felsen flos Und nebst dem mürben eiß sich in ein meer ergos, Das thäler, wiesen, feld und äcker überschwemmet. Nun hat der frohe lentz die fluten zwar getämmet, Und theils schon abgeführt: Der landmann ist erfreut, Die stadt verspricht ihr selbst nicht schlechte nutzbarkeit Aus der verlohrnen flut: Die theurung scheint zu fallen, Die täglich steigen wolt; Allein was vor ein knallen Bricht aus der wolcken-nacht auf des Parnassus höh? Wo unsrer Musen witz auch unter kalten schnee Der weisheit blumen pflantzt. Was hat der blitz getroffen? Wir schauen unverhofft Hygeens tempel offen. Der eine pfeiler liegt zerdrümmert und entzwey: Der Meditrine mund bricht in ein angst-geschrey Und herbes seuffzen aus: So muß mein Wedel sterben? So nimmt des todes macht des großen Vaters Erben, Sein kluges Ebenbild auf einen schlag dahin. Was hilfft dich deine kunst? betrübte Meditrin! So klagt Hygeens mund. Sie muß auch freylich klagen, Nachdem er so erwünscht dem Vater nachgeschlagen, Dem
Begraͤbniß-Gedichte. Und ewig ſtrahlen ſoll. Genung, mein Schurtzfleiſch lebt!Mein Schurtzſleiſch, den der ruff aus aſch und moder hebt. Es wird ſein hohes lob, auch nach dem tode ſteigen. Europa denckt darauf, drum will ich gerne ſchweigen. Auf das abſterben DEr ungeheure froſt, den unſre welt empfunden,Herrn Ernſt Heinrich Wedels, Med. Doct. und Prof. Publ. Extraord. zu Jena ꝛc. den 17. Apr. 1709. Jm namen ſeiner tiſch-compagnie. G. S. War zu gemeinem heyl und troſte kaum verſchwunden, Als der geſchmoltzne ſchnee von berg und felſen flos Und nebſt dem muͤrben eiß ſich in ein meer ergos, Das thaͤler, wieſen, feld und aͤcker uͤberſchwemmet. Nun hat der frohe lentz die fluten zwar getaͤmmet, Und theils ſchon abgefuͤhrt: Der landmann iſt erfreut, Die ſtadt verſpricht ihr ſelbſt nicht ſchlechte nutzbarkeit Aus der verlohrnen flut: Die theurung ſcheint zu fallen, Die taͤglich ſteigen wolt; Allein was vor ein knallen Bricht aus der wolcken-nacht auf des Parnaſſus hoͤh? Wo unſrer Muſen witz auch unter kalten ſchnee Der weisheit blumen pflantzt. Was hat der blitz getroffen? Wir ſchauen unverhofft Hygeens tempel offen. Der eine pfeiler liegt zerdruͤmmert und entzwey: Der Meditrine mund bricht in ein angſt-geſchrey Und herbes ſeuffzen aus: So muß mein Wedel ſterben? So nimmt des todes macht des großen Vaters Erben, Sein kluges Ebenbild auf einen ſchlag dahin. Was hilfft dich deine kunſt? betruͤbte Meditrin! So klagt Hygeens mund. Sie muß auch freylich klagen, Nachdem er ſo erwuͤnſcht dem Vater nachgeſchlagen, Dem
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Begraͤbniß-Gedichte.
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Mein Schurtzſleiſch, den der ruff aus aſch und moder hebt.
Es wird ſein hohes lob, auch nach dem tode ſteigen.
Europa denckt darauf, drum will ich gerne ſchweigen.
Auf das abſterben
Herrn Ernſt Heinrich Wedels,
Med. Doct. und Prof. Publ. Extraord. zu
Jena ꝛc. den 17. Apr. 1709.
Jm namen ſeiner tiſch-compagnie.
G. S.
DEr ungeheure froſt, den unſre welt empfunden,
War zu gemeinem heyl und troſte kaum verſchwunden,
Als der geſchmoltzne ſchnee von berg und felſen flos
Und nebſt dem muͤrben eiß ſich in ein meer ergos,
Das thaͤler, wieſen, feld und aͤcker uͤberſchwemmet.
Nun hat der frohe lentz die fluten zwar getaͤmmet,
Und theils ſchon abgefuͤhrt: Der landmann iſt erfreut,
Die ſtadt verſpricht ihr ſelbſt nicht ſchlechte nutzbarkeit
Aus der verlohrnen flut: Die theurung ſcheint zu fallen,
Die taͤglich ſteigen wolt; Allein was vor ein knallen
Bricht aus der wolcken-nacht auf des Parnaſſus hoͤh?
Wo unſrer Muſen witz auch unter kalten ſchnee
Der weisheit blumen pflantzt. Was hat der blitz getroffen?
Wir ſchauen unverhofft Hygeens tempel offen.
Der eine pfeiler liegt zerdruͤmmert und entzwey:
Der Meditrine mund bricht in ein angſt-geſchrey
Und herbes ſeuffzen aus: So muß mein Wedel ſterben?
So nimmt des todes macht des großen Vaters Erben,
Sein kluges Ebenbild auf einen ſchlag dahin.
Was hilfft dich deine kunſt? betruͤbte Meditrin!
So klagt Hygeens mund. Sie muß auch freylich klagen,
Nachdem er ſo erwuͤnſcht dem Vater nachgeſchlagen,
Dem
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