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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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verliebte Gedichte.
Was ist? daß sie itzund so sehr verändern kan?
Daß sie vor rosen-schmuck will sonnen-zier erhandeln.
Die lilien sind weg, die rosen sind dahin,
Der purpur, der vorher die lippen kostbar machte,
Weicht vor des goldes pracht und läst ihm den gewinn,
Den ihm vorher der ort und vieler lobspruch brachte.
Die wange, so vorher der anmuth wohnung war,
Verändert itzt die art, und wird von golde trübe,
Die erste schönheit liegt bereits auf ihrer bahr,
Und, wo ichs sagen darff, auch selber meine liebe.
Doch nein, ich irre mich, ich liebe ja den geist,
Mit nichten aber nur die äusserliche zierde,
Die uns zwar offters auch mit zarter freude speist,
Doch überwand bey mir der tugend ehr-begierde.
Nein, nein, Chlorinde nein, ich bin noch so gesinnt,
Dein gold, das wird mich nicht an meiner treu verletzen;
Und wo das glücke mir nur mein vergnügen spinnt,
So werd ich mich an dir, auch da du gold, ergötzen.
Von allen menschen wird das gold ja sehr geliebt,
Warum solt ich denn auch nicht dessen werth erheben,
Wer weiß warum dich itzt der himmel so betrübt,
Vielleichte zeigt er mir mit dir ein goldnes leben.
Das gold verbrennet nicht, so soll auch meine treu,
Die ich dir zugesagt, kein ungemach zerstreuen,
Gedencke, daß ich noch itzt, wie vor diesem, sey,
Der, welcher sich gedenckt an deiner zier zu freuen.
Laß alles grämen seyn, weint doch die sonne nicht,
Ob sie gleich eben muß dergleichen farbe tragen,
Was dir vielleicht itzund an deiner zier gebricht,
Das wird in kurtzem denn dein aug und mund erjagen.
Mich deucht, es ändert sich bereits die gelbe haut,
Die rosen lassen sich schon, wie von weitem, schauen,
Die anmuth, die ihr vor bey dir ein schloß gebaut,
Die wird dir ihren schatz bald wiederum vertrauen.
Kommt, kommt ihr lilien! ihr rosen sänmt euch nicht!
Der purpur müsse sich auch bald zum lippen legen!
Es eile diß, was itzt Chlorinden noch gebricht,
So kan ihr auge mich, so, wie vor dem, bewegen.
Fahr
A 5
verliebte Gedichte.
Was iſt? daß ſie itzund ſo ſehr veraͤndern kan?
Daß ſie vor roſen-ſchmuck will ſonnen-zier erhandeln.
Die lilien ſind weg, die roſen ſind dahin,
Der purpur, der vorher die lippen koſtbar machte,
Weicht vor des goldes pracht und laͤſt ihm den gewinn,
Den ihm vorher der ort und vieler lobſpruch brachte.
Die wange, ſo vorher der anmuth wohnung war,
Veraͤndert itzt die art, und wird von golde truͤbe,
Die erſte ſchoͤnheit liegt bereits auf ihrer bahr,
Und, wo ichs ſagen darff, auch ſelber meine liebe.
Doch nein, ich irre mich, ich liebe ja den geiſt,
Mit nichten aber nur die aͤuſſerliche zierde,
Die uns zwar offters auch mit zarter freude ſpeiſt,
Doch uͤberwand bey mir der tugend ehr-begierde.
Nein, nein, Chlorinde nein, ich bin noch ſo geſinnt,
Dein gold, das wird mich nicht an meiner treu verletzen;
Und wo das gluͤcke mir nur mein vergnuͤgen ſpinnt,
So werd ich mich an dir, auch da du gold, ergoͤtzen.
Von allen menſchen wird das gold ja ſehr geliebt,
Warum ſolt ich denn auch nicht deſſen werth erheben,
Wer weiß warum dich itzt der himmel ſo betruͤbt,
Vielleichte zeigt er mir mit dir ein goldnes leben.
Das gold verbrennet nicht, ſo ſoll auch meine treu,
Die ich dir zugeſagt, kein ungemach zerſtreuen,
Gedencke, daß ich noch itzt, wie vor dieſem, ſey,
Der, welcher ſich gedenckt an deiner zier zu freuen.
Laß alles graͤmen ſeyn, weint doch die ſonne nicht,
Ob ſie gleich eben muß dergleichen farbe tragen,
Was dir vielleicht itzund an deiner zier gebricht,
Das wird in kurtzem denn dein aug und mund erjagen.
Mich deucht, es aͤndert ſich bereits die gelbe haut,
Die roſen laſſen ſich ſchon, wie von weitem, ſchauen,
Die anmuth, die ihr vor bey dir ein ſchloß gebaut,
Die wird dir ihren ſchatz bald wiederum vertrauen.
Kommt, kommt ihr lilien! ihr roſen ſaͤnmt euch nicht!
Der purpur muͤſſe ſich auch bald zum lippen legen!
Es eile diß, was itzt Chlorinden noch gebricht,
So kan ihr auge mich, ſo, wie vor dem, bewegen.
Fahr
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[9/0011] verliebte Gedichte. Was iſt? daß ſie itzund ſo ſehr veraͤndern kan? Daß ſie vor roſen-ſchmuck will ſonnen-zier erhandeln. Die lilien ſind weg, die roſen ſind dahin, Der purpur, der vorher die lippen koſtbar machte, Weicht vor des goldes pracht und laͤſt ihm den gewinn, Den ihm vorher der ort und vieler lobſpruch brachte. Die wange, ſo vorher der anmuth wohnung war, Veraͤndert itzt die art, und wird von golde truͤbe, Die erſte ſchoͤnheit liegt bereits auf ihrer bahr, Und, wo ichs ſagen darff, auch ſelber meine liebe. Doch nein, ich irre mich, ich liebe ja den geiſt, Mit nichten aber nur die aͤuſſerliche zierde, Die uns zwar offters auch mit zarter freude ſpeiſt, Doch uͤberwand bey mir der tugend ehr-begierde. Nein, nein, Chlorinde nein, ich bin noch ſo geſinnt, Dein gold, das wird mich nicht an meiner treu verletzen; Und wo das gluͤcke mir nur mein vergnuͤgen ſpinnt, So werd ich mich an dir, auch da du gold, ergoͤtzen. Von allen menſchen wird das gold ja ſehr geliebt, Warum ſolt ich denn auch nicht deſſen werth erheben, Wer weiß warum dich itzt der himmel ſo betruͤbt, Vielleichte zeigt er mir mit dir ein goldnes leben. Das gold verbrennet nicht, ſo ſoll auch meine treu, Die ich dir zugeſagt, kein ungemach zerſtreuen, Gedencke, daß ich noch itzt, wie vor dieſem, ſey, Der, welcher ſich gedenckt an deiner zier zu freuen. Laß alles graͤmen ſeyn, weint doch die ſonne nicht, Ob ſie gleich eben muß dergleichen farbe tragen, Was dir vielleicht itzund an deiner zier gebricht, Das wird in kurtzem denn dein aug und mund erjagen. Mich deucht, es aͤndert ſich bereits die gelbe haut, Die roſen laſſen ſich ſchon, wie von weitem, ſchauen, Die anmuth, die ihr vor bey dir ein ſchloß gebaut, Die wird dir ihren ſchatz bald wiederum vertrauen. Kommt, kommt ihr lilien! ihr roſen ſaͤnmt euch nicht! Der purpur muͤſſe ſich auch bald zum lippen legen! Es eile diß, was itzt Chlorinden noch gebricht, So kan ihr auge mich, ſo, wie vor dem, bewegen. Fahr A 5

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/11>, abgerufen am 29.03.2024.