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Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

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Zukünftigen in Furcht und Zweiffel läst. (quaest.
28.) Das muß denn freylich in vielen Seelen
traurige Folgen haben. Es finden sich viele
Blöde/ Furchtsame/ Angefochtene/ in Noht und
Todt Kämpffende/ die gefährliche Entschlies-
sungen fassen und gar verzweiflen würden/ wenn
nicht in dem Begriff von der in Christo kund ge-
wordenen Gnade/ Trost-Gründe an die Hand ge-
geben würden/ dergleichen Seelen aufzurichten.
Wer an solchen in dergleichen Fällen gearbeitet
hat/ weiß aus der Erfahrung/ daß es kein abge-
schmackter Trost sey/ der hieraus geschöpfft wird.
Die da Leyde tragen/ können auf keine Art ge-
tröstet werden. Ausser diesem Begriff wäre dieß
auch eine vergebliche Verheissung. Matth. V. 4.
Die Apostel nehmen aus demselben ihre Trost-
Gründe. Act. X. 43. 2 Cor. V. 19. Col. II. 13, 14.
1 Pet. II. 24. 1 Joh. II. 1, 2, 12. 1 Thess. V.
14.

Aber auch die Gottseligkeit kan bey dem
Verlust der Erkänntnüß von der Gnade GOT-
TES nicht bestehen. Seelen/ welche durch
Vorstellung von der unermeßlichen Liebe und Er-
barmung Gottes/ welche er in Christo JEsu hat
lassen kund werden und die lediglich auf das ewi-
ge Wohl der Menschen abzielet/ nicht gerühret
und erwärmet werden/ werden ewig kalt und von
göttlicher Liebe leer bleiben. Man siehet hieraus/
was das menschliche Geschlecht mit dem Verlust
des Begriffs von der Gnade Gottes vor einen
unsäglichen Schaden leidet.

LXXIX.
N 5



Zukuͤnftigen in Furcht und Zweiffel laͤſt. (quæſt.
28.) Das muß denn freylich in vielen Seelen
traurige Folgen haben. Es finden ſich viele
Bloͤde/ Furchtſame/ Angefochtene/ in Noht und
Todt Kaͤmpffende/ die gefaͤhrliche Entſchlieſ-
ſungen faſſen und gar verzweiflen wuͤrden/ wenn
nicht in dem Begriff von der in Chriſto kund ge-
wordenen Gnade/ Troſt-Gruͤnde an die Hand ge-
geben wuͤrden/ dergleichen Seelen aufzurichten.
Wer an ſolchen in dergleichen Faͤllen gearbeitet
hat/ weiß aus der Erfahrung/ daß es kein abge-
ſchmackter Troſt ſey/ der hieraus geſchoͤpfft wird.
Die da Leyde tragen/ koͤnnen auf keine Art ge-
troͤſtet werden. Auſſer dieſem Begriff waͤre dieß
auch eine vergebliche Verheiſſung. Matth. V. 4.
Die Apoſtel nehmen aus demſelben ihre Troſt-
Gruͤnde. Act. X. 43. 2 Cor. V. 19. Col. II. 13, 14.
1 Pet. II. 24. 1 Joh. II. 1, 2, 12. 1 Theſſ. V.
14.

Aber auch die Gottſeligkeit kan bey dem
Verluſt der Erkaͤnntnuͤß von der Gnade GOT-
TES nicht beſtehen. Seelen/ welche durch
Vorſtellung von der unermeßlichen Liebe und Er-
barmung Gottes/ welche er in Chriſto JEſu hat
laſſen kund werden und die lediglich auf das ewi-
ge Wohl der Menſchen abzielet/ nicht geruͤhret
und erwaͤrmet werden/ werden ewig kalt und von
goͤttlicher Liebe leer bleiben. Man ſiehet hieraus/
was das menſchliche Geſchlecht mit dem Verluſt
des Begriffs von der Gnade Gottes vor einen
unſaͤglichen Schaden leidet.

LXXIX.
N 5
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[201/0253] Zukuͤnftigen in Furcht und Zweiffel laͤſt. (quæſt. 28.) Das muß denn freylich in vielen Seelen traurige Folgen haben. Es finden ſich viele Bloͤde/ Furchtſame/ Angefochtene/ in Noht und Todt Kaͤmpffende/ die gefaͤhrliche Entſchlieſ- ſungen faſſen und gar verzweiflen wuͤrden/ wenn nicht in dem Begriff von der in Chriſto kund ge- wordenen Gnade/ Troſt-Gruͤnde an die Hand ge- geben wuͤrden/ dergleichen Seelen aufzurichten. Wer an ſolchen in dergleichen Faͤllen gearbeitet hat/ weiß aus der Erfahrung/ daß es kein abge- ſchmackter Troſt ſey/ der hieraus geſchoͤpfft wird. Die da Leyde tragen/ koͤnnen auf keine Art ge- troͤſtet werden. Auſſer dieſem Begriff waͤre dieß auch eine vergebliche Verheiſſung. Matth. V. 4. Die Apoſtel nehmen aus demſelben ihre Troſt- Gruͤnde. Act. X. 43. 2 Cor. V. 19. Col. II. 13, 14. 1 Pet. II. 24. 1 Joh. II. 1, 2, 12. 1 Theſſ. V. 14. Aber auch die Gottſeligkeit kan bey dem Verluſt der Erkaͤnntnuͤß von der Gnade GOT- TES nicht beſtehen. Seelen/ welche durch Vorſtellung von der unermeßlichen Liebe und Er- barmung Gottes/ welche er in Chriſto JEſu hat laſſen kund werden und die lediglich auf das ewi- ge Wohl der Menſchen abzielet/ nicht geruͤhret und erwaͤrmet werden/ werden ewig kalt und von goͤttlicher Liebe leer bleiben. Man ſiehet hieraus/ was das menſchliche Geſchlecht mit dem Verluſt des Begriffs von der Gnade Gottes vor einen unſaͤglichen Schaden leidet. LXXIX. N 5

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Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/253>, abgerufen am 21.11.2024.