Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschn. Empfängnis.
sche den Weibchen nachgehen sollten, und daß bei den
Männchen das Ansprizzen des Saamens an die Eyer
eine grössere Wollust seyn könnte, als die Ausleerung eben
dieses Saamens von dem Reiben an allerlei andere Kör-
per hervorbringen würde. Endlich so halten sich die Fi-
sche genau an ihr Geschlecht, sie begleiten nicht die Weib-
chen einer andern Art, folglich scheinen sie ihre Weibchen,
und nicht die Eyer zu erkennen und aufzusuchen, die im
Wasser von so vielerlei Fischarten ausgeleert werden, und
sich schwerlich von einander unterscheiden lassen. Die
Fischer berichten mir aber, daß sie die Weibchen so hizzig
begleiten, daß sich ein jeder zu seiner Geliebten drengt,
und ihr vor andern näher zu kommen sucht (m). Ein
Fisch, der Meerhase, Scholle (lumpus) genannt, trägt
an der Brust einen besondern Körper, mit dessen Hülfe
er sich an sein Weibchen anhängt (n).

Ein berühmter Mann macht die Anmerkung, daß
die Eyer wirklich, aber von den Männchen, sowohl, als
von den Weibchen, mehr zur Speise, als zum Beweise
der Liebe verschlukkt werden (o).

§. 10.
Erscheinungen bei der Begattung der Thiere.

Selbst die Zwitter unter den Schaalenthieren (a) (b)
beobachten die allgemeine Gewohnheiten bei der Paa-
rung. So strekken die Schnekken die männliche Ru-
the aus einer eigenen Spalte hervor (c), und flechten sie
wie zwo Peitschen um die männliche Ruthe einer andern

Schnek-
(m) [Spaltenumbruch] Conf. p. 15.
(n) Phil. trans. n. 144.
(o) Nov. Comm Petrop. l. c.
(a) Der Meerhaase p. 5. RE-
AUMUR. Mem. de l'Acad. 1715.
p.
11.
(b) Miesmuschel Swenk. wensk.
Acad. handl. ann. 1759. n.
2. die
[Spaltenumbruch] Ursache von dieser Liebe kenne ich
nicht.
(c) Conf. SWAMMERDAM. in
ic. diss. de respirat. REDI anim.
viv. tab. XI. f. 1. Hist. de l'Acad.
1708. p. 49. 50. 51. DUVERNEY.
T. II. p.
397.

I. Abſchn. Empfaͤngnis.
ſche den Weibchen nachgehen ſollten, und daß bei den
Maͤnnchen das Anſprizzen des Saamens an die Eyer
eine groͤſſere Wolluſt ſeyn koͤnnte, als die Ausleerung eben
dieſes Saamens von dem Reiben an allerlei andere Koͤr-
per hervorbringen wuͤrde. Endlich ſo halten ſich die Fi-
ſche genau an ihr Geſchlecht, ſie begleiten nicht die Weib-
chen einer andern Art, folglich ſcheinen ſie ihre Weibchen,
und nicht die Eyer zu erkennen und aufzuſuchen, die im
Waſſer von ſo vielerlei Fiſcharten ausgeleert werden, und
ſich ſchwerlich von einander unterſcheiden laſſen. Die
Fiſcher berichten mir aber, daß ſie die Weibchen ſo hizzig
begleiten, daß ſich ein jeder zu ſeiner Geliebten drengt,
und ihr vor andern naͤher zu kommen ſucht (m). Ein
Fiſch, der Meerhaſe, Scholle (lumpus) genannt, traͤgt
an der Bruſt einen beſondern Koͤrper, mit deſſen Huͤlfe
er ſich an ſein Weibchen anhaͤngt (n).

Ein beruͤhmter Mann macht die Anmerkung, daß
die Eyer wirklich, aber von den Maͤnnchen, ſowohl, als
von den Weibchen, mehr zur Speiſe, als zum Beweiſe
der Liebe verſchlukkt werden (o).

§. 10.
Erſcheinungen bei der Begattung der Thiere.

Selbſt die Zwitter unter den Schaalenthieren (a) (b)
beobachten die allgemeine Gewohnheiten bei der Paa-
rung. So ſtrekken die Schnekken die maͤnnliche Ru-
the aus einer eigenen Spalte hervor (c), und flechten ſie
wie zwo Peitſchen um die maͤnnliche Ruthe einer andern

Schnek-
(m) [Spaltenumbruch] Conf. p. 15.
(n) Phil. tranſ. n. 144.
(o) Nov. Comm Petrop. l. c.
(a) Der Meerhaaſe p. 5. RE-
AUMUR. Mém. de l’Acad. 1715.
p.
11.
(b) Miesmuſchel Swenk. wensk.
Acad. handl. ann. 1759. n.
2. die
[Spaltenumbruch] Urſache von dieſer Liebe kenne ich
nicht.
(c) Conf. SWAMMERDAM. in
ic. diſſ. de reſpirat. REDI anim.
viv. tab. XI. f. 1. Hiſt. de l’Acad.
1708. p. 49. 50. 51. DUVERNEY.
T. II. p.
397.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0081" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chn. Empfa&#x0364;ngnis.</hi></fw><lb/>
&#x017F;che den Weibchen nachgehen &#x017F;ollten, und daß bei den<lb/>
Ma&#x0364;nnchen das An&#x017F;prizzen des Saamens an die Eyer<lb/>
eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Wollu&#x017F;t &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte, als die Ausleerung eben<lb/>
die&#x017F;es Saamens von dem Reiben an allerlei andere Ko&#x0364;r-<lb/>
per hervorbringen wu&#x0364;rde. Endlich &#x017F;o halten &#x017F;ich die Fi-<lb/>
&#x017F;che genau an ihr Ge&#x017F;chlecht, &#x017F;ie begleiten nicht die Weib-<lb/>
chen einer andern Art, folglich &#x017F;cheinen &#x017F;ie ihre Weibchen,<lb/>
und nicht die Eyer zu erkennen und aufzu&#x017F;uchen, die im<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er von &#x017F;o vielerlei Fi&#x017F;charten ausgeleert werden, und<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chwerlich von einander unter&#x017F;cheiden la&#x017F;&#x017F;en. Die<lb/>
Fi&#x017F;cher berichten mir aber, daß &#x017F;ie die Weibchen &#x017F;o hizzig<lb/>
begleiten, daß &#x017F;ich ein jeder zu &#x017F;einer Geliebten drengt,<lb/>
und ihr vor andern na&#x0364;her zu kommen &#x017F;ucht <note place="foot" n="(m)"><cb/><hi rendition="#aq">Conf. p.</hi> 15.</note>. Ein<lb/>
Fi&#x017F;ch, der Meerha&#x017F;e, Scholle (<hi rendition="#aq">lumpus</hi>) genannt, tra&#x0364;gt<lb/>
an der Bru&#x017F;t einen be&#x017F;ondern Ko&#x0364;rper, mit de&#x017F;&#x017F;en Hu&#x0364;lfe<lb/>
er &#x017F;ich an &#x017F;ein Weibchen anha&#x0364;ngt <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">Phil. tran&#x017F;. n.</hi> 144.</note>.</p><lb/>
              <p>Ein beru&#x0364;hmter Mann macht die Anmerkung, daß<lb/>
die Eyer wirklich, aber von den Ma&#x0364;nnchen, &#x017F;owohl, als<lb/>
von den Weibchen, mehr zur Spei&#x017F;e, als zum Bewei&#x017F;e<lb/>
der Liebe ver&#x017F;chlukkt werden <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">Nov. Comm Petrop. l. c.</hi></note>.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 10.<lb/><hi rendition="#b">Er&#x017F;cheinungen bei der Begattung der Thiere.</hi></head><lb/>
              <p>Selb&#x017F;t die Zwitter unter den Schaalenthieren <note place="foot" n="(a)">Der Meerhaa&#x017F;e <hi rendition="#aq">p. 5. RE-<lb/>
AUMUR. Mém. de l&#x2019;Acad. 1715.<lb/>
p.</hi> 11.</note> <note place="foot" n="(b)">Miesmu&#x017F;chel <hi rendition="#aq">Swenk. wensk.<lb/>
Acad. handl. ann. 1759. n.</hi> 2. die<lb/><cb/>
Ur&#x017F;ache von die&#x017F;er Liebe kenne ich<lb/>
nicht.</note><lb/>
beobachten die allgemeine Gewohnheiten bei der Paa-<lb/>
rung. So &#x017F;trekken die Schnekken die ma&#x0364;nnliche Ru-<lb/>
the aus einer eigenen Spalte hervor <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Conf. SWAMMERDAM. in<lb/>
ic. di&#x017F;&#x017F;. de re&#x017F;pirat. REDI anim.<lb/>
viv. tab. XI. f. 1. Hi&#x017F;t. de l&#x2019;Acad.<lb/>
1708. p. 49. 50. 51. DUVERNEY.<lb/>
T. II. p.</hi> 397.</note>, und flechten &#x017F;ie<lb/>
wie zwo Peit&#x017F;chen um die ma&#x0364;nnliche Ruthe einer andern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Schnek-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0081] I. Abſchn. Empfaͤngnis. ſche den Weibchen nachgehen ſollten, und daß bei den Maͤnnchen das Anſprizzen des Saamens an die Eyer eine groͤſſere Wolluſt ſeyn koͤnnte, als die Ausleerung eben dieſes Saamens von dem Reiben an allerlei andere Koͤr- per hervorbringen wuͤrde. Endlich ſo halten ſich die Fi- ſche genau an ihr Geſchlecht, ſie begleiten nicht die Weib- chen einer andern Art, folglich ſcheinen ſie ihre Weibchen, und nicht die Eyer zu erkennen und aufzuſuchen, die im Waſſer von ſo vielerlei Fiſcharten ausgeleert werden, und ſich ſchwerlich von einander unterſcheiden laſſen. Die Fiſcher berichten mir aber, daß ſie die Weibchen ſo hizzig begleiten, daß ſich ein jeder zu ſeiner Geliebten drengt, und ihr vor andern naͤher zu kommen ſucht (m). Ein Fiſch, der Meerhaſe, Scholle (lumpus) genannt, traͤgt an der Bruſt einen beſondern Koͤrper, mit deſſen Huͤlfe er ſich an ſein Weibchen anhaͤngt (n). Ein beruͤhmter Mann macht die Anmerkung, daß die Eyer wirklich, aber von den Maͤnnchen, ſowohl, als von den Weibchen, mehr zur Speiſe, als zum Beweiſe der Liebe verſchlukkt werden (o). §. 10. Erſcheinungen bei der Begattung der Thiere. Selbſt die Zwitter unter den Schaalenthieren (a) (b) beobachten die allgemeine Gewohnheiten bei der Paa- rung. So ſtrekken die Schnekken die maͤnnliche Ru- the aus einer eigenen Spalte hervor (c), und flechten ſie wie zwo Peitſchen um die maͤnnliche Ruthe einer andern Schnek- (m) Conf. p. 15. (n) Phil. tranſ. n. 144. (o) Nov. Comm Petrop. l. c. (a) Der Meerhaaſe p. 5. RE- AUMUR. Mém. de l’Acad. 1715. p. 11. (b) Miesmuſchel Swenk. wensk. Acad. handl. ann. 1759. n. 2. die Urſache von dieſer Liebe kenne ich nicht. (c) Conf. SWAMMERDAM. in ic. diſſ. de reſpirat. REDI anim. viv. tab. XI. f. 1. Hiſt. de l’Acad. 1708. p. 49. 50. 51. DUVERNEY. T. II. p. 397.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/81
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/81>, abgerufen am 25.11.2024.