Eben so entsteht die Mannbarkeit: wenn nun das untere Glied eben so völlig, als das obere ausgebildet, und vollkommen ausgewachsen ist, und wenn die Knochen- ansäzze, und die Knorpelschalen zu ihrer äussersten Zart- heit gebracht worden, so wachsen die festeren Gliedmaas- sen gar nicht mehr, oder doch sehr wenig.
Es wendet sich nemlich alsdenn das Blut von der äussern Bekkenschlagader, welche einen grössern Wider- stand thut, weg; und fällt auf die innere, deren weniger entwikkelte Eingeweide noch weich sind, weil der gerade äussere Ast fast allen Vorrat des Blutes bisher für sich allein weggenommen. Vermittelst dieses neuen Ablau- fes des Blutes entwikkelt sich die Gebärmutter, es fliesset die monatliche Reinigung, es entstehet der Saame, und es wächst die männliche Ruthe (c) grösser.
Ein anderes Exempel glaube ich an einem bebrüteten Hühnchen zu finden. Das Blut desselben verwandelt sich leichtlich in die Dottermembran, und in die andere Aderhaut des Eyes, indessen daß ein grosses Stükk die- ser Bekleidung keine sichtbare Blutgefässe hat, und folg- lich weicher und fertig ist, das herbeiströmende Blut in sich aufzunehmen. Solchergestalt wächst die Dotter- membran früher und schnell, und nach dieser erst die Na- belhaut. Folglich drükkt das Blut der Aorte haufen- weise gegen diese Theile, als gegen eine Stelle, welche leichtlich nachgiebt.
Wenn sich aber der Kreis des Dotters gegen die Grenzen des Eyweisses, und gegen die äusserste En- den des Dotters verlängert hat (d), wenn auch die Adermembran bereits das ganze Ey eingenommen (e), und das Blutnezz überall diejenige Grösse hat, daß sie schwerlich grösser wachsen kann; alsdenn werden diese Membranen zu einem Stükke, welches schon einen
grös-
(c)[Spaltenumbruch]L. XXVIII. p. 121. 164. 165.
(d) Fast den siebenden Tag Form. du poulet. II. p. 33.
(e)[Spaltenumbruch]
Den neunten Tag nach den neuen Versuchen, vielleicht auch früher.
Die Frucht. XXIX. B.
Eben ſo entſteht die Mannbarkeit: wenn nun das untere Glied eben ſo voͤllig, als das obere ausgebildet, und vollkommen ausgewachſen iſt, und wenn die Knochen- anſaͤzze, und die Knorpelſchalen zu ihrer aͤuſſerſten Zart- heit gebracht worden, ſo wachſen die feſteren Gliedmaaſ- ſen gar nicht mehr, oder doch ſehr wenig.
Es wendet ſich nemlich alsdenn das Blut von der aͤuſſern Bekkenſchlagader, welche einen groͤſſern Wider- ſtand thut, weg; und faͤllt auf die innere, deren weniger entwikkelte Eingeweide noch weich ſind, weil der gerade aͤuſſere Aſt faſt allen Vorrat des Blutes bisher fuͤr ſich allein weggenommen. Vermittelſt dieſes neuen Ablau- fes des Blutes entwikkelt ſich die Gebaͤrmutter, es flieſſet die monatliche Reinigung, es entſtehet der Saame, und es waͤchſt die maͤnnliche Ruthe (c) groͤſſer.
Ein anderes Exempel glaube ich an einem bebruͤteten Huͤhnchen zu finden. Das Blut deſſelben verwandelt ſich leichtlich in die Dottermembran, und in die andere Aderhaut des Eyes, indeſſen daß ein groſſes Stuͤkk die- ſer Bekleidung keine ſichtbare Blutgefaͤſſe hat, und folg- lich weicher und fertig iſt, das herbeiſtroͤmende Blut in ſich aufzunehmen. Solchergeſtalt waͤchſt die Dotter- membran fruͤher und ſchnell, und nach dieſer erſt die Na- belhaut. Folglich druͤkkt das Blut der Aorte haufen- weiſe gegen dieſe Theile, als gegen eine Stelle, welche leichtlich nachgiebt.
Wenn ſich aber der Kreis des Dotters gegen die Grenzen des Eyweiſſes, und gegen die aͤuſſerſte En- den des Dotters verlaͤngert hat (d), wenn auch die Adermembran bereits das ganze Ey eingenommen (e), und das Blutnezz uͤberall diejenige Groͤſſe hat, daß ſie ſchwerlich groͤſſer wachſen kann; alsdenn werden dieſe Membranen zu einem Stuͤkke, welches ſchon einen
groͤſ-
(c)[Spaltenumbruch]L. XXVIII. p. 121. 164. 165.
(d) Faſt den ſiebenden Tag Form. du poulet. II. p. 33.
(e)[Spaltenumbruch]
Den neunten Tag nach den neuen Verſuchen, vielleicht auch fruͤher.
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[510[512]/0564]
Die Frucht. XXIX. B.
Eben ſo entſteht die Mannbarkeit: wenn nun das
untere Glied eben ſo voͤllig, als das obere ausgebildet, und
vollkommen ausgewachſen iſt, und wenn die Knochen-
anſaͤzze, und die Knorpelſchalen zu ihrer aͤuſſerſten Zart-
heit gebracht worden, ſo wachſen die feſteren Gliedmaaſ-
ſen gar nicht mehr, oder doch ſehr wenig.
Es wendet ſich nemlich alsdenn das Blut von der
aͤuſſern Bekkenſchlagader, welche einen groͤſſern Wider-
ſtand thut, weg; und faͤllt auf die innere, deren weniger
entwikkelte Eingeweide noch weich ſind, weil der gerade
aͤuſſere Aſt faſt allen Vorrat des Blutes bisher fuͤr ſich
allein weggenommen. Vermittelſt dieſes neuen Ablau-
fes des Blutes entwikkelt ſich die Gebaͤrmutter, es flieſſet
die monatliche Reinigung, es entſtehet der Saame, und
es waͤchſt die maͤnnliche Ruthe (c) groͤſſer.
Ein anderes Exempel glaube ich an einem bebruͤteten
Huͤhnchen zu finden. Das Blut deſſelben verwandelt
ſich leichtlich in die Dottermembran, und in die andere
Aderhaut des Eyes, indeſſen daß ein groſſes Stuͤkk die-
ſer Bekleidung keine ſichtbare Blutgefaͤſſe hat, und folg-
lich weicher und fertig iſt, das herbeiſtroͤmende Blut in
ſich aufzunehmen. Solchergeſtalt waͤchſt die Dotter-
membran fruͤher und ſchnell, und nach dieſer erſt die Na-
belhaut. Folglich druͤkkt das Blut der Aorte haufen-
weiſe gegen dieſe Theile, als gegen eine Stelle, welche
leichtlich nachgiebt.
Wenn ſich aber der Kreis des Dotters gegen die
Grenzen des Eyweiſſes, und gegen die aͤuſſerſte En-
den des Dotters verlaͤngert hat (d), wenn auch die
Adermembran bereits das ganze Ey eingenommen (e),
und das Blutnezz uͤberall diejenige Groͤſſe hat, daß ſie
ſchwerlich groͤſſer wachſen kann; alsdenn werden dieſe
Membranen zu einem Stuͤkke, welches ſchon einen
groͤſ-
(c)
L. XXVIII. p. 121. 164. 165.
(d) Faſt den ſiebenden Tag Form.
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(e)
Den neunten Tag nach den
neuen Verſuchen, vielleicht auch
fruͤher.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 510[512]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/564>, abgerufen am 22.11.2024.
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