bige lassen wolten. Sie lehrten also, der Saame bekom- me schon vorlängst von der Mutter Luft, und die Frucht erhalte dieselbe von der Mutter ebenfalls vermittelst des Nabels, daher werde selbige, wenn man die Nabelschnur drükke, strangulirt (c).
Wenn von einer unelastischen Luft die Rede ist (d), welche in der That auch im Blute der Mutter mit her- umgeführt wird, so will ich nicht in Abrede seyn; wol- len sie aber, daß eine andere schon entwikkelte, und ela- stische Luft in die Frucht kommen soll, so bin ich zu wis- sen begierig, was für Ursachen diese Luft aus dem Blute losmachen.
Nicht wenige Schriftsteller schreiben der Nachgeburt das Amt der Lunge zu (e), da in der Nabelblutader das Blut eine blühende Röthe hat, wenn man es mit dem Blute ihrer Nebenschlagader in Vergleichung sezzet. Meine Erfahrungen bestätigen diesen Versuch nicht. Es ist nemlich am Hühnchen die Schlagader fast karminroth, und die Blutader violetfarben (f). Jch habe niemals an einer menschlichen Frucht ein blühendrothes Blut ge- sehen; und ich sehe es nicht ein, wie ein Kuchen, wor- innen sich doch auf das zuverläßigste keine veränderliche Luftbläschen zeigen, die Stelle einer Lunge vertreten könne.
Andere stellen sich vor, daß sich dieser chylus hier mit dem Blute (g) vermische, oder davon im Kuchen (h) wieder trenne. Die Nahrungsmilch vermischt sich frei-
lich
[Spaltenumbruch]
in einem besondern Werkchen DU- VERNEY Mem. de l' Acad. ann. 1699. p. 258. BERTIER physyque des corps animes p. 224. ZELLER pulm. substit. VALISNERI Giorn de letter. Supplem. III. p. 216. CHESELDEN &c.
(c)MERY problem. p. 24. de la circulation p. 55. Anc. Mem. X. p. 273.
(d)MERY ibid. L. VIII. p. 181. u. s. f.
(e)[Spaltenumbruch]HERISSANT & BEDAUT in thes. ann. 1743. BOERHAAVE JAMBERT fetum. respirationis usu non carere.
(f)Form. du poulet. II. p. 38.
(g)NEEDHAM p. 47. J. HOF- MAN med. system. p. 348.
(h)ARANTIUS. RIOLAN p. 373.
D d 4
III. Abſ. Die Nachgeburt.
bige laſſen wolten. Sie lehrten alſo, der Saame bekom- me ſchon vorlaͤngſt von der Mutter Luft, und die Frucht erhalte dieſelbe von der Mutter ebenfalls vermittelſt des Nabels, daher werde ſelbige, wenn man die Nabelſchnur druͤkke, ſtrangulirt (c).
Wenn von einer unelaſtiſchen Luft die Rede iſt (d), welche in der That auch im Blute der Mutter mit her- umgefuͤhrt wird, ſo will ich nicht in Abrede ſeyn; wol- len ſie aber, daß eine andere ſchon entwikkelte, und ela- ſtiſche Luft in die Frucht kommen ſoll, ſo bin ich zu wiſ- ſen begierig, was fuͤr Urſachen dieſe Luft aus dem Blute losmachen.
Nicht wenige Schriftſteller ſchreiben der Nachgeburt das Amt der Lunge zu (e), da in der Nabelblutader das Blut eine bluͤhende Roͤthe hat, wenn man es mit dem Blute ihrer Nebenſchlagader in Vergleichung ſezzet. Meine Erfahrungen beſtaͤtigen dieſen Verſuch nicht. Es iſt nemlich am Huͤhnchen die Schlagader faſt karminroth, und die Blutader violetfarben (f). Jch habe niemals an einer menſchlichen Frucht ein bluͤhendrothes Blut ge- ſehen; und ich ſehe es nicht ein, wie ein Kuchen, wor- innen ſich doch auf das zuverlaͤßigſte keine veraͤnderliche Luftblaͤschen zeigen, die Stelle einer Lunge vertreten koͤnne.
Andere ſtellen ſich vor, daß ſich dieſer chylus hier mit dem Blute (g) vermiſche, oder davon im Kuchen (h) wieder trenne. Die Nahrungsmilch vermiſcht ſich frei-
lich
[Spaltenumbruch]
in einem beſondern Werkchen DU- VERNEY Mem. de l’ Acad. ann. 1699. p. 258. BERTIER phyſyque des corps animes p. 224. ZELLER pulm. ſubſtit. VALISNERI Giorn de letter. Supplem. III. p. 216. CHESELDEN &c.
(c)MERY problem. p. 24. de la circulation p. 55. Anc. Mem. X. p. 273.
(d)MERY ibid. L. VIII. p. 181. u. ſ. f.
(e)[Spaltenumbruch]HERISSANT & BEDAUT in theſ. ann. 1743. BOERHAAVE JAMBERT fetum. reſpirationis uſu non carere.
(f)Form. du poulet. II. p. 38.
(g)NEEDHAM p. 47. J. HOF- MAN med. ſyſtem. p. 348.
(h)ARANTIUS. RIOLAN p. 373.
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[421[423]/0475]
III. Abſ. Die Nachgeburt.
bige laſſen wolten. Sie lehrten alſo, der Saame bekom-
me ſchon vorlaͤngſt von der Mutter Luft, und die Frucht
erhalte dieſelbe von der Mutter ebenfalls vermittelſt des
Nabels, daher werde ſelbige, wenn man die Nabelſchnur
druͤkke, ſtrangulirt (c).
Wenn von einer unelaſtiſchen Luft die Rede iſt (d),
welche in der That auch im Blute der Mutter mit her-
umgefuͤhrt wird, ſo will ich nicht in Abrede ſeyn; wol-
len ſie aber, daß eine andere ſchon entwikkelte, und ela-
ſtiſche Luft in die Frucht kommen ſoll, ſo bin ich zu wiſ-
ſen begierig, was fuͤr Urſachen dieſe Luft aus dem Blute
losmachen.
Nicht wenige Schriftſteller ſchreiben der Nachgeburt
das Amt der Lunge zu (e), da in der Nabelblutader das
Blut eine bluͤhende Roͤthe hat, wenn man es mit dem
Blute ihrer Nebenſchlagader in Vergleichung ſezzet.
Meine Erfahrungen beſtaͤtigen dieſen Verſuch nicht. Es
iſt nemlich am Huͤhnchen die Schlagader faſt karminroth,
und die Blutader violetfarben (f). Jch habe niemals
an einer menſchlichen Frucht ein bluͤhendrothes Blut ge-
ſehen; und ich ſehe es nicht ein, wie ein Kuchen, wor-
innen ſich doch auf das zuverlaͤßigſte keine veraͤnderliche
Luftblaͤschen zeigen, die Stelle einer Lunge vertreten koͤnne.
Andere ſtellen ſich vor, daß ſich dieſer chylus hier
mit dem Blute (g) vermiſche, oder davon im Kuchen (h)
wieder trenne. Die Nahrungsmilch vermiſcht ſich frei-
lich
(b)
(c) MERY problem. p. 24.
de la circulation p. 55. Anc. Mem.
X. p. 273.
(d) MERY ibid. L. VIII. p. 181.
u. ſ. f.
(e)
HERISSANT & BEDAUT
in theſ. ann. 1743. BOERHAAVE
JAMBERT fetum. reſpirationis
uſu non carere.
(f) Form. du poulet. II. p. 38.
(g) NEEDHAM p. 47. J. HOF-
MAN med. ſyſtem. p. 348.
(h) ARANTIUS. RIOLAN
p. 373.
(b)
in einem beſondern Werkchen DU-
VERNEY Mem. de l’ Acad. ann.
1699. p. 258. BERTIER phyſyque
des corps animes p. 224. ZELLER
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 421[423]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/475>, abgerufen am 23.11.2024.
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