Diese Thierchen, sagte nun unser Delfter (m), wel- cher vordem ein Brillenschleifer war, sind die ersten An- fänge der Thiere. Sein Sistem brachte der berühmte Garden zur Vollkommenheit (n). Es ist völlig of- fenbar, sagte dieser berühmte Mann, daß ein Ey, dem die männliche Kraft nicht mitgetheilt worden, in eben der Wärme, welche eine brütende Henne von sich giebt, zu einer höchst ekelhaften und unordentlichen Flüßigkeit werde. Begeistert sich aber dieses Ey von der schnellen Wirkung des verliebten Hahnes, so wird dieses Ey nicht faul, sondern es bilde sich darinnen erst ein unförmliches, und endlich ein mit einem Kopfe versehenes Würmchen, und daraus entstehe ein lebendiges Hühnchen, so dem Vater ähnlich sey.
Nun komme von dem Manne nichts, als etwas Zä- hes, worinnen Würmchen schwimmen, in die Frau; und man könne nicht recht zuverläßig sagen, ob diese leimartige Masse in die Gebärmutter, oder in den Eyer- stokk komme. Es sind aber diejenige Thierchen, welche im Saamen des Hahnes schwimmen, dem in dem Eye zuerst wachsenden Thierchen vollkommen gleich. Es sind die Saamenthierchen des Menschen dem Menschen nicht gleich (o), wie von Jemanden fast im Scherze gesagt worden. Das Würmchen, welches Harvey Galba nannte (p), habe die Aehnlichkeit mit den ersten Grund- zügen, des im Eye wachsenden Hahnes, und mit den Grundzügen aller andern Thieren (q). Bei der Mutter
finde
(m)[Spaltenumbruch]Exerc. & Contempl. p. 27. 28.
(n)Phil. trans. n. 192. BOER- HAAVE praelect. T. V. P. I. p. 369. 376.
(o) Jm Kupfer DALEMPA- TH Nouvelles de la Republique des Lettres ann. 1699 Conf. L. XXVII. p. 537 widerlegte LEEU- WENHOECK. anat. contempl. II. p. 276. Ein Thierchen mit einem [Spaltenumbruch]
Menschengesichte in einer Pflanzen- infusion JOBLOTUS.
(p)Exerc. 17. GARDEN. Phil. trans. l. c. MALPIGH. ov. incub. T I. p. 1. 4. 5. Carinam nannte es FABRICIUS form. p. 43.
(q)MONRO Ess. of Soc. at Edimb Phil. trans. n. 193. vergli- chen mit den Kupfern von den Fröschen SWAMMERDAM. ROE- SELLI.
Die Frucht. XXIX. B.
Dieſe Thierchen, ſagte nun unſer Delfter (m), wel- cher vordem ein Brillenſchleifer war, ſind die erſten An- faͤnge der Thiere. Sein Siſtem brachte der beruͤhmte Garden zur Vollkommenheit (n). Es iſt voͤllig of- fenbar, ſagte dieſer beruͤhmte Mann, daß ein Ey, dem die maͤnnliche Kraft nicht mitgetheilt worden, in eben der Waͤrme, welche eine bruͤtende Henne von ſich giebt, zu einer hoͤchſt ekelhaften und unordentlichen Fluͤßigkeit werde. Begeiſtert ſich aber dieſes Ey von der ſchnellen Wirkung des verliebten Hahnes, ſo wird dieſes Ey nicht faul, ſondern es bilde ſich darinnen erſt ein unfoͤrmliches, und endlich ein mit einem Kopfe verſehenes Wuͤrmchen, und daraus entſtehe ein lebendiges Huͤhnchen, ſo dem Vater aͤhnlich ſey.
Nun komme von dem Manne nichts, als etwas Zaͤ- hes, worinnen Wuͤrmchen ſchwimmen, in die Frau; und man koͤnne nicht recht zuverlaͤßig ſagen, ob dieſe leimartige Maſſe in die Gebaͤrmutter, oder in den Eyer- ſtokk komme. Es ſind aber diejenige Thierchen, welche im Saamen des Hahnes ſchwimmen, dem in dem Eye zuerſt wachſenden Thierchen vollkommen gleich. Es ſind die Saamenthierchen des Menſchen dem Menſchen nicht gleich (o), wie von Jemanden faſt im Scherze geſagt worden. Das Wuͤrmchen, welches Harvey Galba nannte (p), habe die Aehnlichkeit mit den erſten Grund- zuͤgen, des im Eye wachſenden Hahnes, und mit den Grundzuͤgen aller andern Thieren (q). Bei der Mutter
finde
(m)[Spaltenumbruch]Exerc. & Contempl. p. 27. 28.
(n)Phil. tranſ. n. 192. BOER- HAAVE prælect. T. V. P. I. p. 369. 376.
(o) Jm Kupfer DALEMPA- TH Nouvelles de la République des Lettres ann. 1699 Conf. L. XXVII. p. 537 widerlegte LEEU- WENHOECK. anat. contempl. II. p. 276. Ein Thierchen mit einem [Spaltenumbruch]
Menſchengeſichte in einer Pflanzen- infuſion JOBLOTUS.
(p)Exerc. 17. GARDEN. Phil. tranſ. l. c. MALPIGH. ov. incub. T I. p. 1. 4. 5. Carinam nannte es FABRICIUS form. p. 43.
(q)MONRO Eſſ. of Soc. at Edimb Phil. tranſ. n. 193. vergli- chen mit den Kupfern von den Froͤſchen SWAMMERDAM. ROE- SELLI.
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Die Frucht. XXIX. B.
Dieſe Thierchen, ſagte nun unſer Delfter (m), wel-
cher vordem ein Brillenſchleifer war, ſind die erſten An-
faͤnge der Thiere. Sein Siſtem brachte der beruͤhmte
Garden zur Vollkommenheit (n). Es iſt voͤllig of-
fenbar, ſagte dieſer beruͤhmte Mann, daß ein Ey, dem
die maͤnnliche Kraft nicht mitgetheilt worden, in eben
der Waͤrme, welche eine bruͤtende Henne von ſich giebt,
zu einer hoͤchſt ekelhaften und unordentlichen Fluͤßigkeit
werde. Begeiſtert ſich aber dieſes Ey von der ſchnellen
Wirkung des verliebten Hahnes, ſo wird dieſes Ey nicht
faul, ſondern es bilde ſich darinnen erſt ein unfoͤrmliches,
und endlich ein mit einem Kopfe verſehenes Wuͤrmchen,
und daraus entſtehe ein lebendiges Huͤhnchen, ſo dem
Vater aͤhnlich ſey.
Nun komme von dem Manne nichts, als etwas Zaͤ-
hes, worinnen Wuͤrmchen ſchwimmen, in die Frau;
und man koͤnne nicht recht zuverlaͤßig ſagen, ob dieſe
leimartige Maſſe in die Gebaͤrmutter, oder in den Eyer-
ſtokk komme. Es ſind aber diejenige Thierchen, welche
im Saamen des Hahnes ſchwimmen, dem in dem Eye
zuerſt wachſenden Thierchen vollkommen gleich. Es ſind
die Saamenthierchen des Menſchen dem Menſchen nicht
gleich (o), wie von Jemanden faſt im Scherze geſagt
worden. Das Wuͤrmchen, welches Harvey Galba
nannte (p), habe die Aehnlichkeit mit den erſten Grund-
zuͤgen, des im Eye wachſenden Hahnes, und mit den
Grundzuͤgen aller andern Thieren (q). Bei der Mutter
finde
(m)
Exerc. & Contempl. p.
27. 28.
(n) Phil. tranſ. n. 192. BOER-
HAAVE prælect. T. V. P. I. p.
369. 376.
(o) Jm Kupfer DALEMPA-
TH Nouvelles de la République
des Lettres ann. 1699 Conf. L.
XXVII. p. 537 widerlegte LEEU-
WENHOECK. anat. contempl. II.
p. 276. Ein Thierchen mit einem
Menſchengeſichte in einer Pflanzen-
infuſion JOBLOTUS.
(p) Exerc. 17. GARDEN. Phil.
tranſ. l. c. MALPIGH. ov. incub.
T I. p. 1. 4. 5. Carinam nannte es
FABRICIUS form. p. 43.
(q) MONRO Eſſ. of Soc. at
Edimb Phil. tranſ. n. 193. vergli-
chen mit den Kupfern von den
Froͤſchen SWAMMERDAM. ROE-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/192>, abgerufen am 05.12.2024.
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