Nach diesem Maasse habe ich die Beobachtungen berühmter Männer in Anschlag gebracht. Man ersie- het aber leichtlich, daß ich so wenig eine völlige Gewis- heit versprechen kann, als schon an sich bei dieser Sache selbst statt findet. Wenigstens habe ich das Minder- wahrscheinliche aus dem Wege zu räumen gesucht; in- dem meine Erfahrungen an gesunden Thieren, und über bestimmte Tage angestellt sind, und in ihrer richtigen Ordnung durch vergleichende Grade des Wachsthums fortgehen.
Jch finde hin und wieder, daß an den gar zu klei- nen Früchten, welche wegen irgend einer Krankheit kraft- los gewesen zu seyn scheinen, die Schriftsteller einen ge- genseitigen Fehler begangen haben. So scheinet die Ruyschische Frucht, welche man mit dem Saamen des Salates verglichen, für ihr Ey viel zu klein gewesen zu seyn (b); so wenig als eine andre dreimonatliche, welche dieser berühmte Mann an einem andern Orte mit einem Gerstenkorne (c) vergleicht, richtig seyn kann. Eben so wenig läßt sich eine Frucht, von der Grösse ei- ner Fliege, mit dem Kuchen einer dreimonatlichen Frucht zusammen bringen (d). Jch erinnere mich einer un- förmlichen Frucht, die so gros, als Ruyschens seine war, und welche ich in einem Ey fand, so grösser war, als ein Hünerey ist; ich halte selbige für abgestorben, oder wenigstens für kränklich.
So glaube ich, daß die Frucht des Mauricaei, welche nach einigen Wochen (e) so groß, wie ein Hirse- korn, oder im andern Monate nicht grösser als ein Ger- stenkorn war (f); eine, von funfzig Tagen, nicht grösser, als ein Hanfkorn (g), oder als ein Weizenkorn (h), oder
eine
(b)[Spaltenumbruch]Thes. VI. t. 2. f. 1.
(c)Advers. II. n. 10. p. 29.
(d)Thes. VI. t. 2. f. 3. n. 49.
(e)Obs. 141.
(f)[Spaltenumbruch]Obs. 314.
(g)Obs. 681.
(h)Obs. 596.
H 2
I. Abſ. Empfaͤngnis.
Nach dieſem Maaſſe habe ich die Beobachtungen beruͤhmter Maͤnner in Anſchlag gebracht. Man erſie- het aber leichtlich, daß ich ſo wenig eine voͤllige Gewis- heit verſprechen kann, als ſchon an ſich bei dieſer Sache ſelbſt ſtatt findet. Wenigſtens habe ich das Minder- wahrſcheinliche aus dem Wege zu raͤumen geſucht; in- dem meine Erfahrungen an geſunden Thieren, und uͤber beſtimmte Tage angeſtellt ſind, und in ihrer richtigen Ordnung durch vergleichende Grade des Wachsthums fortgehen.
Jch finde hin und wieder, daß an den gar zu klei- nen Fruͤchten, welche wegen irgend einer Krankheit kraft- los geweſen zu ſeyn ſcheinen, die Schriftſteller einen ge- genſeitigen Fehler begangen haben. So ſcheinet die Ruyſchiſche Frucht, welche man mit dem Saamen des Salates verglichen, fuͤr ihr Ey viel zu klein geweſen zu ſeyn (b); ſo wenig als eine andre dreimonatliche, welche dieſer beruͤhmte Mann an einem andern Orte mit einem Gerſtenkorne (c) vergleicht, richtig ſeyn kann. Eben ſo wenig laͤßt ſich eine Frucht, von der Groͤſſe ei- ner Fliege, mit dem Kuchen einer dreimonatlichen Frucht zuſammen bringen (d). Jch erinnere mich einer un- foͤrmlichen Frucht, die ſo gros, als Ruyſchens ſeine war, und welche ich in einem Ey fand, ſo groͤſſer war, als ein Huͤnerey iſt; ich halte ſelbige fuͤr abgeſtorben, oder wenigſtens fuͤr kraͤnklich.
So glaube ich, daß die Frucht des Mauricaei, welche nach einigen Wochen (e) ſo groß, wie ein Hirſe- korn, oder im andern Monate nicht groͤſſer als ein Ger- ſtenkorn war (f); eine, von funfzig Tagen, nicht groͤſſer, als ein Hanfkorn (g), oder als ein Weizenkorn (h), oder
eine
(b)[Spaltenumbruch]Theſ. VI. t. 2. f. 1.
(c)Adverſ. II. n. 10. p. 29.
(d)Theſ. VI. t. 2. f. 3. n. 49.
(e)Obſ. 141.
(f)[Spaltenumbruch]Obſ. 314.
(g)Obſ. 681.
(h)Obſ. 596.
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I. Abſ. Empfaͤngnis.
Nach dieſem Maaſſe habe ich die Beobachtungen
beruͤhmter Maͤnner in Anſchlag gebracht. Man erſie-
het aber leichtlich, daß ich ſo wenig eine voͤllige Gewis-
heit verſprechen kann, als ſchon an ſich bei dieſer Sache
ſelbſt ſtatt findet. Wenigſtens habe ich das Minder-
wahrſcheinliche aus dem Wege zu raͤumen geſucht; in-
dem meine Erfahrungen an geſunden Thieren, und uͤber
beſtimmte Tage angeſtellt ſind, und in ihrer richtigen
Ordnung durch vergleichende Grade des Wachsthums
fortgehen.
Jch finde hin und wieder, daß an den gar zu klei-
nen Fruͤchten, welche wegen irgend einer Krankheit kraft-
los geweſen zu ſeyn ſcheinen, die Schriftſteller einen ge-
genſeitigen Fehler begangen haben. So ſcheinet die
Ruyſchiſche Frucht, welche man mit dem Saamen
des Salates verglichen, fuͤr ihr Ey viel zu klein geweſen
zu ſeyn (b); ſo wenig als eine andre dreimonatliche,
welche dieſer beruͤhmte Mann an einem andern Orte mit
einem Gerſtenkorne (c) vergleicht, richtig ſeyn kann.
Eben ſo wenig laͤßt ſich eine Frucht, von der Groͤſſe ei-
ner Fliege, mit dem Kuchen einer dreimonatlichen Frucht
zuſammen bringen (d). Jch erinnere mich einer un-
foͤrmlichen Frucht, die ſo gros, als Ruyſchens ſeine
war, und welche ich in einem Ey fand, ſo groͤſſer war,
als ein Huͤnerey iſt; ich halte ſelbige fuͤr abgeſtorben,
oder wenigſtens fuͤr kraͤnklich.
So glaube ich, daß die Frucht des Mauricaei,
welche nach einigen Wochen (e) ſo groß, wie ein Hirſe-
korn, oder im andern Monate nicht groͤſſer als ein Ger-
ſtenkorn war (f); eine, von funfzig Tagen, nicht groͤſſer,
als ein Hanfkorn (g), oder als ein Weizenkorn (h), oder
eine
(b)
Theſ. VI. t. 2. f. 1.
(c) Adverſ. II. n. 10. p. 29.
(d) Theſ. VI. t. 2. f. 3. n. 49.
(e) Obſ. 141.
(f)
Obſ. 314.
(g) Obſ. 681.
(h) Obſ. 596.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/167>, abgerufen am 29.11.2024.
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