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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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Leben u. Tod der Menschen. XXX. B.
näus (y) überlebte ein Jahrhundert bei vollkommenem
Gedächtnisse. Simon Cleophe (z), dieser Bruder des
Welterlösers starb im hundert zwanzigsten Jahre durch
die Hände seiner Verfolger. Die Meder leben lange,
indem man unter ihnen Greise von 120 und 130 Jahren
finder (a). Vormals lobte Onesicritus und Ctesias
die Völker Jndiens als langelebende (b), die Braminen
sollen bis hundert funfzig Jahr alt werden.

Nach meiner Vermuthung scheint dies wohl über-
trieben zu seyn, wofern wir uns darnach richten, was
gewöhnlicher ist. Denn da in Jndien die Knaben (d)
bereits im zehnten Jahre, und die Mägdchens im ach-
ten (e) der Liebe opfern, und diese im neunten Jahre
gebähren, hingegen schon im dreißigsten Jahre aufhören,
Kinder zur Welt zu bringen, so kann man wohl dem
Paxmann glauben (f), welcher das Zeugniß giebt, daß
sie im vierzigsten Jahre sterben. Wenigstens hat man
sich in Jndien für hizzige Fieber sehr in Acht zu neh-
men. Und dennoch gelangte ohnlängst der König Au-
rengzeb
bis zum hunderten Jahre; Nisam El Mu-
lux
bis zum 104 Jahre (f*). Jn Goa erreichen die Leute
ein Jahrhundert (f**). Auch in dem heissen Banda
lebt ein Greis von 130 Jahren (g). Auf der Jnsel
Madagaskar sollen die Einwohner bis zum höchsten Al-
ter kommen, die Männer das neunzigste Jahr erreichen,
und die Weiber sie noch übertreffen. Da ein Prinz von
(c)

einer
(y) [Spaltenumbruch] SUIDAS p. 284.
(z) VERULAMIUS.
(a) OLEARIUS ex edit. WIG-
UEFORT I. p.
546.
(b) PLIN. L. VII. soll bis zum
zwei hunderten Jahre gelebt haben.
(d) Auch bereits im vierten
PAXMAN Med. Ind. p 17.
(e) THEVENOT. L. I. V. c. 48.
(f) L. c. Unter denen CALIN-
GIS
sollen die Weiber im fünften
[Spaltenumbruch] Jahre empfangen, im achten ster-
ben. PLIN. L. VII. im Anfange.
(f*) Hist. de la guerre, des In-
des I. p.
262.
(f**) Die Eingebornen P. v.
CAARDEN voy. II. p.
304.
(g) Voyag. pour servir. a l'
Etablissem. de la Compagnie, des
Indes T. II. p.
219. wofern das
Gerüchte zuverläßig genug ist.
(c) SUIDAS p. 454.

Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
naͤus (y) uͤberlebte ein Jahrhundert bei vollkommenem
Gedaͤchtniſſe. Simon Cleophe (z), dieſer Bruder des
Welterloͤſers ſtarb im hundert zwanzigſten Jahre durch
die Haͤnde ſeiner Verfolger. Die Meder leben lange,
indem man unter ihnen Greiſe von 120 und 130 Jahren
finder (a). Vormals lobte Oneſicritus und Cteſias
die Voͤlker Jndiens als langelebende (b), die Braminen
ſollen bis hundert funfzig Jahr alt werden.

Nach meiner Vermuthung ſcheint dies wohl uͤber-
trieben zu ſeyn, wofern wir uns darnach richten, was
gewoͤhnlicher iſt. Denn da in Jndien die Knaben (d)
bereits im zehnten Jahre, und die Maͤgdchens im ach-
ten (e) der Liebe opfern, und dieſe im neunten Jahre
gebaͤhren, hingegen ſchon im dreißigſten Jahre aufhoͤren,
Kinder zur Welt zu bringen, ſo kann man wohl dem
Paxmann glauben (f), welcher das Zeugniß giebt, daß
ſie im vierzigſten Jahre ſterben. Wenigſtens hat man
ſich in Jndien fuͤr hizzige Fieber ſehr in Acht zu neh-
men. Und dennoch gelangte ohnlaͤngſt der Koͤnig Au-
rengzeb
bis zum hunderten Jahre; Niſam El Mu-
lux
bis zum 104 Jahre (f*). Jn Goa erreichen die Leute
ein Jahrhundert (f**). Auch in dem heiſſen Banda
lebt ein Greis von 130 Jahren (g). Auf der Jnſel
Madagaſkar ſollen die Einwohner bis zum hoͤchſten Al-
ter kommen, die Maͤnner das neunzigſte Jahr erreichen,
und die Weiber ſie noch uͤbertreffen. Da ein Prinz von
(c)

einer
(y) [Spaltenumbruch] SUIDAS p. 284.
(z) VERULAMIUS.
(a) OLEARIUS ex edit. WIG-
UEFORT I. p.
546.
(b) PLIN. L. VII. ſoll bis zum
zwei hunderten Jahre gelebt haben.
(d) Auch bereits im vierten
PAXMAN Med. Ind. p 17.
(e) THEVENOT. L. I. V. c. 48.
(f) L. c. Unter denen CALIN-
GIS
ſollen die Weiber im fuͤnften
[Spaltenumbruch] Jahre empfangen, im achten ſter-
ben. PLIN. L. VII. im Anfange.
(f*) Hiſt. de la guerre, des In-
des I. p.
262.
(f**) Die Eingebornen P. v.
CAARDEN voy. II. p.
304.
(g) Voyag. pour ſervir. a l’
Etabliſſem. de la Compagnie, des
Indes T. II. p.
219. wofern das
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[962[964]/1016] Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B. naͤus (y) uͤberlebte ein Jahrhundert bei vollkommenem Gedaͤchtniſſe. Simon Cleophe (z), dieſer Bruder des Welterloͤſers ſtarb im hundert zwanzigſten Jahre durch die Haͤnde ſeiner Verfolger. Die Meder leben lange, indem man unter ihnen Greiſe von 120 und 130 Jahren finder (a). Vormals lobte Oneſicritus und Cteſias die Voͤlker Jndiens als langelebende (b), die Braminen ſollen bis hundert funfzig Jahr alt werden. Nach meiner Vermuthung ſcheint dies wohl uͤber- trieben zu ſeyn, wofern wir uns darnach richten, was gewoͤhnlicher iſt. Denn da in Jndien die Knaben (d) bereits im zehnten Jahre, und die Maͤgdchens im ach- ten (e) der Liebe opfern, und dieſe im neunten Jahre gebaͤhren, hingegen ſchon im dreißigſten Jahre aufhoͤren, Kinder zur Welt zu bringen, ſo kann man wohl dem Paxmann glauben (f), welcher das Zeugniß giebt, daß ſie im vierzigſten Jahre ſterben. Wenigſtens hat man ſich in Jndien fuͤr hizzige Fieber ſehr in Acht zu neh- men. Und dennoch gelangte ohnlaͤngſt der Koͤnig Au- rengzeb bis zum hunderten Jahre; Niſam El Mu- lux bis zum 104 Jahre (f*). Jn Goa erreichen die Leute ein Jahrhundert (f**). Auch in dem heiſſen Banda lebt ein Greis von 130 Jahren (g). Auf der Jnſel Madagaſkar ſollen die Einwohner bis zum hoͤchſten Al- ter kommen, die Maͤnner das neunzigſte Jahr erreichen, und die Weiber ſie noch uͤbertreffen. Da ein Prinz von einer (c) (y) SUIDAS p. 284. (z) VERULAMIUS. (a) OLEARIUS ex edit. WIG- UEFORT I. p. 546. (b) PLIN. L. VII. ſoll bis zum zwei hunderten Jahre gelebt haben. (d) Auch bereits im vierten PAXMAN Med. Ind. p 17. (e) THEVENOT. L. I. V. c. 48. (f) L. c. Unter denen CALIN- GIS ſollen die Weiber im fuͤnften Jahre empfangen, im achten ſter- ben. PLIN. L. VII. im Anfange. (f*) Hiſt. de la guerre, des In- des I. p. 262. (f**) Die Eingebornen P. v. CAARDEN voy. II. p. 304. (g) Voyag. pour ſervir. a l’ Etabliſſem. de la Compagnie, des Indes T. II. p. 219. wofern das Geruͤchte zuverlaͤßig genug iſt. (c) SUIDAS p. 454.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 962[964]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1016>, abgerufen am 19.05.2024.