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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Sechstes Buch. Die Seitenbewegung

Endlich nimmt man auch vor dem Tode überhaupt
gar keinen Pulsschlag wahr, so bald die Kräfte des Her-
zens nicht mehr hinlänglich sind, das Blut in die entleg-
nen Aortenäste hineinzutreiben, und sie blos denjenigen
Theil der grossen Schlagader noch beherrschen, welcher
mit dem Herzen am nächsten zusammengrenzt (f). Und
daher rühret eben die so bekannte Todesblässe, welche
sich vor dem Tode einstellt, und die Todeskälte. So
habe ichs in Thieren befunden, und so eräugnet sich die
Sache auch an den paralytischen (g), an denen vom hal-
ben Schlage gerürten (h) und schwachen Personen, und
von diesem Zustande ist der Todt nicht weit mehr ent-
fernt. Eine kleine Schwäche macht den Puls schnell und
matt, die gröste Schwäche hält ihn an, und unterbricht
ihn. Und das ist die Ursache von einem fälschlich ge-
glaubtem Tode, wovon Menschen wieder aufgewekkt
werden, welche Ehre dem Asklepias, und neulich dem
berümten Boyer (k), und dem sehr gelehrten Kamill
Falconet (l), ferner dem berümten Fothergill (l*) und
Joseph Raulin (l**) wiederfaren ist. Es schienen
nämlich die Leute todt zu seyn, da keine Schlagader mehr
klopfen wollte. Allein es geschicht doch, daß auch ohne
grosse Schwäche, wenn allein noch die Aortenmündung
geschäftig ist, und der Weg durchs Herz, oder durch die
Lunge gesperrt ist, überhaupt gar kein Puls an der Hand-
wurzel gefült werden kann. So entstand von einem
engen Herzen beständiger Frost, und es äusserte sich nicht
der geringste Puls dabei (m). Von der Schwindsucht,
zu der sich eine Brustwassersucht gesellet hatte, war
(i)

vier
(f) [Spaltenumbruch] Vorherg. §. 9.
(g) rhod Obs. 43. Cent. II.
(h) Ephem. Nat. Curi. Vol. VII.
obs.
18.
(k) brvhier T. II. S. 87.
(l) Ebenders. S. 72. T. II. Neue
[Spaltenumbruch] Ausg. mit falconet Tr. des fie-
vres
S. 59.
(l*) Philos. Trans. n. 475. n. XI.
(l**) Malad. vaporeus. S. 9.
Vergl. damit das Journ. de Medec.
1758
(m) Histoi. de l' Acad. Roy.
des scienc.
1748. S. 61.
(i) marqvet. S. 34. 24 Stun-
den lang.
Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung

Endlich nimmt man auch vor dem Tode uͤberhaupt
gar keinen Pulsſchlag wahr, ſo bald die Kraͤfte des Her-
zens nicht mehr hinlaͤnglich ſind, das Blut in die entleg-
nen Aortenaͤſte hineinzutreiben, und ſie blos denjenigen
Theil der groſſen Schlagader noch beherrſchen, welcher
mit dem Herzen am naͤchſten zuſammengrenzt (f). Und
daher ruͤhret eben die ſo bekannte Todesblaͤſſe, welche
ſich vor dem Tode einſtellt, und die Todeskaͤlte. So
habe ichs in Thieren befunden, und ſo eraͤugnet ſich die
Sache auch an den paralytiſchen (g), an denen vom hal-
ben Schlage geruͤrten (h) und ſchwachen Perſonen, und
von dieſem Zuſtande iſt der Todt nicht weit mehr ent-
fernt. Eine kleine Schwaͤche macht den Puls ſchnell und
matt, die groͤſte Schwaͤche haͤlt ihn an, und unterbricht
ihn. Und das iſt die Urſache von einem faͤlſchlich ge-
glaubtem Tode, wovon Menſchen wieder aufgewekkt
werden, welche Ehre dem Asklepias, und neulich dem
beruͤmten Boyer (k), und dem ſehr gelehrten Kamill
Falconet (l), ferner dem beruͤmten Fothergill (l*) und
Joſeph Raulin (l**) wiederfaren iſt. Es ſchienen
naͤmlich die Leute todt zu ſeyn, da keine Schlagader mehr
klopfen wollte. Allein es geſchicht doch, daß auch ohne
groſſe Schwaͤche, wenn allein noch die Aortenmuͤndung
geſchaͤftig iſt, und der Weg durchs Herz, oder durch die
Lunge geſperrt iſt, uͤberhaupt gar kein Puls an der Hand-
wurzel gefuͤlt werden kann. So entſtand von einem
engen Herzen beſtaͤndiger Froſt, und es aͤuſſerte ſich nicht
der geringſte Puls dabei (m). Von der Schwindſucht,
zu der ſich eine Bruſtwaſſerſucht geſellet hatte, war
(i)

vier
(f) [Spaltenumbruch] Vorherg. §. 9.
(g) rhod Obſ. 43. Cent. II.
(h) Ephem. Nat. Curi. Vol. VII.
obſ.
18.
(k) brvhier T. II. S. 87.
(l) Ebenderſ. S. 72. T. II. Neue
[Spaltenumbruch] Ausg. mit falconet Tr. des fie-
vres
S. 59.
(l*) Philoſ. Trans. n. 475. n. XI.
(l**) Malad. vaporeuſ. S. 9.
Vergl. damit das Journ. de Medec.
1758
(m) Hiſtoi. de l’ Acad. Roy.
des ſcienc.
1748. S. 61.
(i) marqvet. S. 34. 24 Stun-
den lang.
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[416/0436] Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung Endlich nimmt man auch vor dem Tode uͤberhaupt gar keinen Pulsſchlag wahr, ſo bald die Kraͤfte des Her- zens nicht mehr hinlaͤnglich ſind, das Blut in die entleg- nen Aortenaͤſte hineinzutreiben, und ſie blos denjenigen Theil der groſſen Schlagader noch beherrſchen, welcher mit dem Herzen am naͤchſten zuſammengrenzt (f). Und daher ruͤhret eben die ſo bekannte Todesblaͤſſe, welche ſich vor dem Tode einſtellt, und die Todeskaͤlte. So habe ichs in Thieren befunden, und ſo eraͤugnet ſich die Sache auch an den paralytiſchen (g), an denen vom hal- ben Schlage geruͤrten (h) und ſchwachen Perſonen, und von dieſem Zuſtande iſt der Todt nicht weit mehr ent- fernt. Eine kleine Schwaͤche macht den Puls ſchnell und matt, die groͤſte Schwaͤche haͤlt ihn an, und unterbricht ihn. Und das iſt die Urſache von einem faͤlſchlich ge- glaubtem Tode, wovon Menſchen wieder aufgewekkt werden, welche Ehre dem Asklepias, und neulich dem beruͤmten Boyer (k), und dem ſehr gelehrten Kamill Falconet (l), ferner dem beruͤmten Fothergill (l*) und Joſeph Raulin (l**) wiederfaren iſt. Es ſchienen naͤmlich die Leute todt zu ſeyn, da keine Schlagader mehr klopfen wollte. Allein es geſchicht doch, daß auch ohne groſſe Schwaͤche, wenn allein noch die Aortenmuͤndung geſchaͤftig iſt, und der Weg durchs Herz, oder durch die Lunge geſperrt iſt, uͤberhaupt gar kein Puls an der Hand- wurzel gefuͤlt werden kann. So entſtand von einem engen Herzen beſtaͤndiger Froſt, und es aͤuſſerte ſich nicht der geringſte Puls dabei (m). Von der Schwindſucht, zu der ſich eine Bruſtwaſſerſucht geſellet hatte, war vier (i) (f) Vorherg. §. 9. (g) rhod Obſ. 43. Cent. II. (h) Ephem. Nat. Curi. Vol. VII. obſ. 18. (k) brvhier T. II. S. 87. (l) Ebenderſ. S. 72. T. II. Neue Ausg. mit falconet Tr. des fie- vres S. 59. (l*) Philoſ. Trans. n. 475. n. XI. (l**) Malad. vaporeuſ. S. 9. Vergl. damit das Journ. de Medec. 1758 (m) Hiſtoi. de l’ Acad. Roy. des ſcienc. 1748. S. 61. (i) marqvet. S. 34. 24 Stun- den lang.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/436>, abgerufen am 16.07.2024.