Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Schlagadern.
sechszehn Theile, die dritten Aeste drei Theile, und das
Gedärme endlich einen einzigen Theil ausschütteten.

Ferner nahm eben dieser berümte Mann ohnlängst
die Sache wieder von neuem vor sich (a), er minderte die
Anzal der Zerästlungen, er sezzte etwas von dem Ver-
hältnisse der Aeste gegen ihre Stämme herab, und hier-
aus erwuchs seine Rechnung, da er annam, daß das
Blut in den kleinsten Schlagadern um ein Drittheil we-
niger schnell, als in der Aorte bewegt werde (b), daß
hingegen das Flüßige der Ausdünstungen eine 7, 854,
000 mal langsamere Bewegung habe, als das Blut im
Herzen (b*). Die erstern unter diesen Erfarungen wie-
dersprechen den alten Säzzen dieses berümten Mannes
gar sehr, sie stimmen aber gegenteils mit den unsrigen
artig überein, die ich vor wenigen Jaren herausgab (c).
Hierzu fügt dieser berümte Mann noch, daß die Ge-
schwindigkeit in den verschiedenen Theilen eines thierischen
Körpers, bald so, bald anders beschaffen sei, und daß
das Blut mit einer leichtern Behendigkeit durch das Ein-
geweide, als durch die Muskeln getrieben werde, weil
von den Schlagadern sehr weniges Wasser durch das
Fleisch in die Blutadern gebracht würde (d).

Nun ist noch zu untersuchen übrig, welchen Aus-
spruch die Natur selbst über diese Angelegenheit thue, und
was der übrige Jrrtum vor eine Ursache zum Grunde
habe. Es gab bereits vor langer Zeit Malpighi,
wenn er sagte, daß er das Blut in den Stämmen der
Schlagadern schneller, als in den Aesten laufen gesehen,
in der That zu verstehen, daß es sich in andern Versu-

chen
(a) [Spaltenumbruch] Jn den Memoir. de l' Aca-
dem. des scienc. de Berlin.
1755.
(b) S. 47. doch behauptet eben-
derselbe in eben der Schrift, daß
soviel von der Bewegung verloren
ginge, daß in den Blutadern nicht
mehr, als von der Geschwindig-
[Spaltenumbruch] keit übrig sein könnten, mit der
das Herz schlüge.
(b*) S. 46.
(c) Jn den, im Jare 1756 har-
ausgegebnen Memoir. sur le mou-
vement du sang.
(d) S. 49.
U 3

in den Schlagadern.
ſechszehn Theile, die dritten Aeſte drei Theile, und das
Gedaͤrme endlich einen einzigen Theil ausſchuͤtteten.

Ferner nahm eben dieſer beruͤmte Mann ohnlaͤngſt
die Sache wieder von neuem vor ſich (a), er minderte die
Anzal der Zeraͤſtlungen, er ſezzte etwas von dem Ver-
haͤltniſſe der Aeſte gegen ihre Staͤmme herab, und hier-
aus erwuchs ſeine Rechnung, da er annam, daß das
Blut in den kleinſten Schlagadern um ein Drittheil we-
niger ſchnell, als in der Aorte bewegt werde (b), daß
hingegen das Fluͤßige der Ausduͤnſtungen eine 7, 854,
000 mal langſamere Bewegung habe, als das Blut im
Herzen (b*). Die erſtern unter dieſen Erfarungen wie-
derſprechen den alten Saͤzzen dieſes beruͤmten Mannes
gar ſehr, ſie ſtimmen aber gegenteils mit den unſrigen
artig uͤberein, die ich vor wenigen Jaren herausgab (c).
Hierzu fuͤgt dieſer beruͤmte Mann noch, daß die Ge-
ſchwindigkeit in den verſchiedenen Theilen eines thieriſchen
Koͤrpers, bald ſo, bald anders beſchaffen ſei, und daß
das Blut mit einer leichtern Behendigkeit durch das Ein-
geweide, als durch die Muskeln getrieben werde, weil
von den Schlagadern ſehr weniges Waſſer durch das
Fleiſch in die Blutadern gebracht wuͤrde (d).

Nun iſt noch zu unterſuchen uͤbrig, welchen Aus-
ſpruch die Natur ſelbſt uͤber dieſe Angelegenheit thue, und
was der uͤbrige Jrrtum vor eine Urſache zum Grunde
habe. Es gab bereits vor langer Zeit Malpighi,
wenn er ſagte, daß er das Blut in den Staͤmmen der
Schlagadern ſchneller, als in den Aeſten laufen geſehen,
in der That zu verſtehen, daß es ſich in andern Verſu-

chen
(a) [Spaltenumbruch] Jn den Memoir. de l’ Aca-
dem. des ſcienc. de Berlin.
1755.
(b) S. 47. doch behauptet eben-
derſelbe in eben der Schrift, daß
ſoviel von der Bewegung verloren
ginge, daß in den Blutadern nicht
mehr, als von der Geſchwindig-
[Spaltenumbruch] keit uͤbrig ſein koͤnnten, mit der
das Herz ſchluͤge.
(b*) S. 46.
(c) Jn den, im Jare 1756 har-
ausgegebnen Memoir. ſur le mou-
vement du ſang.
(d) S. 49.
U 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0329" n="309"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Schlagadern.</hi></fw><lb/>
&#x017F;echszehn Theile, die dritten Ae&#x017F;te drei Theile, und das<lb/>
Geda&#x0364;rme endlich einen einzigen Theil aus&#x017F;chu&#x0364;tteten.</p><lb/>
            <p>Ferner nahm eben die&#x017F;er beru&#x0364;mte Mann ohnla&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
die Sache wieder von neuem vor &#x017F;ich <note place="foot" n="(a)"><cb/>
Jn den <hi rendition="#aq">Memoir. de l&#x2019; Aca-<lb/>
dem. des &#x017F;cienc. de Berlin.</hi> 1755.</note>, er minderte die<lb/>
Anzal der Zera&#x0364;&#x017F;tlungen, er &#x017F;ezzte etwas von dem Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Ae&#x017F;te gegen ihre Sta&#x0364;mme herab, und hier-<lb/>
aus erwuchs &#x017F;eine Rechnung, da er annam, daß das<lb/>
Blut in den klein&#x017F;ten Schlagadern um ein Drittheil we-<lb/>
niger &#x017F;chnell, als in der Aorte bewegt werde <note place="foot" n="(b)">S. 47. doch behauptet eben-<lb/>
der&#x017F;elbe in eben der Schrift, daß<lb/>
&#x017F;oviel von der Bewegung verloren<lb/>
ginge, daß in den Blutadern nicht<lb/>
mehr, als <formula notation="TeX">\frac {"4"} {"9"}</formula> von der Ge&#x017F;chwindig-<lb/><cb/>
keit u&#x0364;brig &#x017F;ein ko&#x0364;nnten, mit der<lb/>
das Herz &#x017F;chlu&#x0364;ge.</note>, daß<lb/>
hingegen das Flu&#x0364;ßige der Ausdu&#x0364;n&#x017F;tungen eine 7, 854,<lb/>
000 mal lang&#x017F;amere Bewegung habe, als das Blut im<lb/>
Herzen <note place="foot" n="(b*)">S. 46.</note>. Die er&#x017F;tern unter die&#x017F;en Erfarungen wie-<lb/>
der&#x017F;prechen den alten Sa&#x0364;zzen die&#x017F;es beru&#x0364;mten Mannes<lb/>
gar &#x017F;ehr, &#x017F;ie &#x017F;timmen aber gegenteils mit den un&#x017F;rigen<lb/>
artig u&#x0364;berein, die ich vor wenigen Jaren herausgab <note place="foot" n="(c)">Jn den, im Jare 1756 har-<lb/>
ausgegebnen <hi rendition="#aq">Memoir. &#x017F;ur le mou-<lb/>
vement du &#x017F;ang.</hi></note>.<lb/>
Hierzu fu&#x0364;gt die&#x017F;er beru&#x0364;mte Mann noch, daß die Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit in den ver&#x017F;chiedenen Theilen eines thieri&#x017F;chen<lb/>
Ko&#x0364;rpers, bald &#x017F;o, bald anders be&#x017F;chaffen &#x017F;ei, und daß<lb/>
das Blut mit einer leichtern Behendigkeit durch das Ein-<lb/>
geweide, als durch die Muskeln getrieben werde, weil<lb/>
von den Schlagadern &#x017F;ehr weniges Wa&#x017F;&#x017F;er durch das<lb/>
Flei&#x017F;ch in die Blutadern gebracht wu&#x0364;rde <note place="foot" n="(d)">S. 49.</note>.</p><lb/>
            <p>Nun i&#x017F;t noch zu unter&#x017F;uchen u&#x0364;brig, welchen Aus-<lb/>
&#x017F;pruch die Natur &#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;ber die&#x017F;e Angelegenheit thue, und<lb/>
was der u&#x0364;brige Jrrtum vor eine Ur&#x017F;ache zum Grunde<lb/>
habe. Es gab bereits vor langer Zeit <hi rendition="#fr">Malpighi,</hi><lb/>
wenn er &#x017F;agte, daß er das Blut in den Sta&#x0364;mmen der<lb/>
Schlagadern &#x017F;chneller, als in den Ae&#x017F;ten laufen ge&#x017F;ehen,<lb/>
in der That zu ver&#x017F;tehen, daß es &#x017F;ich in andern Ver&#x017F;u-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 3</fw><fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0329] in den Schlagadern. ſechszehn Theile, die dritten Aeſte drei Theile, und das Gedaͤrme endlich einen einzigen Theil ausſchuͤtteten. Ferner nahm eben dieſer beruͤmte Mann ohnlaͤngſt die Sache wieder von neuem vor ſich (a), er minderte die Anzal der Zeraͤſtlungen, er ſezzte etwas von dem Ver- haͤltniſſe der Aeſte gegen ihre Staͤmme herab, und hier- aus erwuchs ſeine Rechnung, da er annam, daß das Blut in den kleinſten Schlagadern um ein Drittheil we- niger ſchnell, als in der Aorte bewegt werde (b), daß hingegen das Fluͤßige der Ausduͤnſtungen eine 7, 854, 000 mal langſamere Bewegung habe, als das Blut im Herzen (b*). Die erſtern unter dieſen Erfarungen wie- derſprechen den alten Saͤzzen dieſes beruͤmten Mannes gar ſehr, ſie ſtimmen aber gegenteils mit den unſrigen artig uͤberein, die ich vor wenigen Jaren herausgab (c). Hierzu fuͤgt dieſer beruͤmte Mann noch, daß die Ge- ſchwindigkeit in den verſchiedenen Theilen eines thieriſchen Koͤrpers, bald ſo, bald anders beſchaffen ſei, und daß das Blut mit einer leichtern Behendigkeit durch das Ein- geweide, als durch die Muskeln getrieben werde, weil von den Schlagadern ſehr weniges Waſſer durch das Fleiſch in die Blutadern gebracht wuͤrde (d). Nun iſt noch zu unterſuchen uͤbrig, welchen Aus- ſpruch die Natur ſelbſt uͤber dieſe Angelegenheit thue, und was der uͤbrige Jrrtum vor eine Urſache zum Grunde habe. Es gab bereits vor langer Zeit Malpighi, wenn er ſagte, daß er das Blut in den Staͤmmen der Schlagadern ſchneller, als in den Aeſten laufen geſehen, in der That zu verſtehen, daß es ſich in andern Verſu- chen (a) Jn den Memoir. de l’ Aca- dem. des ſcienc. de Berlin. 1755. (b) S. 47. doch behauptet eben- derſelbe in eben der Schrift, daß ſoviel von der Bewegung verloren ginge, daß in den Blutadern nicht mehr, als [FORMEL] von der Geſchwindig- keit uͤbrig ſein koͤnnten, mit der das Herz ſchluͤge. (b*) S. 46. (c) Jn den, im Jare 1756 har- ausgegebnen Memoir. ſur le mou- vement du ſang. (d) S. 49. U 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/329
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/329>, abgerufen am 22.05.2024.