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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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und dem eingeführten Range der Nazionen.
blicken Gesandte, und zwar diese unter dem Namen und
Vorwand, als wären die Republicken vor gekrönte
Häupter, und also denenselben in Würden gleich zu ach-
ten, an denen kaiserlichen und königlichen Höfen und
Kapellen die Präcedenz vor denen churfürstlichen
Gesandten prätendiren wollen; so sollen und wollen wir
inskünftige solches weiter nicht gestatten etc." Die ver-
einigten Niederlande erregten den Kurfürsten auch öftere
Rangstreitigkeiten, besonders auf dem westphälischen
Frieden, doch suchten diese ihre Gerechtsame iederzeit
standhaft zu verwahren. Die obige Disposition der
Wahlcapitulationen kann, ausser dem Kaiser, zwar
eigentlich keinen auswärtigen Staat weiter verbinden,
indes haben die Kurfürsten an den meisten Höfen sich
den Vorrang vor den Republicken verschaft, wenigstens
1671 den 24. Aug. zu dessen Behauptung unter einan-
der sich verbunden e]. Die Republicken, welche den
Kurfürsten den Rang iedoch noch nicht förmlich zugestan-
den haben, suchen daher die Gelegenheiten zum Streite
möglichst zu vermeiden, welches um so leichter ist, da die
Kurfürsten selten Gesandte vom ersten Range zu schicken
pflegen.

Die ehemaligen Rangstreitigkeiten der Kurfürsten mit
den Herzogen von Lothringen und Burgund fallen derma-
len gänzlich weg f].

Im Verhältnisse zu den übrigen Klassen der Reichs-
stände ist der Kurfürsten Vorrang dermalen entschieden.
Sie behaupten solchen auch ausser den Reichsgeschäften g].
Auf dem westphälischen Friedenskongreß maßten die Erz-
herzoge von Oesterreich wegen der von Kaiser Ferdinand
II. erhaltenen königlichen Ehrenzeichen und als Erbprin-
zen der Königreiche Hungarn und Böhmen, sich zwar
eines Vorranges über die Kurfürsten an, und die Vene-
zianer, die den letztern nicht weichen wolten, gingen ihnen
nach. In neuern Zeiten ist iedoch von diesem Streite

nichts
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und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen.
blicken Geſandte, und zwar dieſe unter dem Namen und
Vorwand, als waͤren die Republicken vor gekroͤnte
Haͤupter, und alſo denenſelben in Wuͤrden gleich zu ach-
ten, an denen kaiſerlichen und koͤniglichen Hoͤfen und
Kapellen die Praͤcedenz vor denen churfuͤrſtlichen
Geſandten praͤtendiren wollen; ſo ſollen und wollen wir
inskuͤnftige ſolches weiter nicht geſtatten ꝛc.” Die ver-
einigten Niederlande erregten den Kurfuͤrſten auch oͤftere
Rangſtreitigkeiten, beſonders auf dem weſtphaͤliſchen
Frieden, doch ſuchten dieſe ihre Gerechtſame iederzeit
ſtandhaft zu verwahren. Die obige Diſpoſition der
Wahlcapitulationen kann, auſſer dem Kaiſer, zwar
eigentlich keinen auswaͤrtigen Staat weiter verbinden,
indes haben die Kurfuͤrſten an den meiſten Hoͤfen ſich
den Vorrang vor den Republicken verſchaft, wenigſtens
1671 den 24. Aug. zu deſſen Behauptung unter einan-
der ſich verbunden e]. Die Republicken, welche den
Kurfuͤrſten den Rang iedoch noch nicht foͤrmlich zugeſtan-
den haben, ſuchen daher die Gelegenheiten zum Streite
moͤglichſt zu vermeiden, welches um ſo leichter iſt, da die
Kurfuͤrſten ſelten Geſandte vom erſten Range zu ſchicken
pflegen.

Die ehemaligen Rangſtreitigkeiten der Kurfuͤrſten mit
den Herzogen von Lothringen und Burgund fallen derma-
len gaͤnzlich weg f].

Im Verhaͤltniſſe zu den uͤbrigen Klaſſen der Reichs-
ſtaͤnde iſt der Kurfuͤrſten Vorrang dermalen entſchieden.
Sie behaupten ſolchen auch auſſer den Reichsgeſchaͤften g].
Auf dem weſtphaͤliſchen Friedenskongreß maßten die Erz-
herzoge von Oeſterreich wegen der von Kaiſer Ferdinand
II. erhaltenen koͤniglichen Ehrenzeichen und als Erbprin-
zen der Koͤnigreiche Hungarn und Boͤhmen, ſich zwar
eines Vorranges uͤber die Kurfuͤrſten an, und die Vene-
zianer, die den letztern nicht weichen wolten, gingen ihnen
nach. In neuern Zeiten iſt iedoch von dieſem Streite

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[257/0283] und dem eingefuͤhrten Range der Nazionen. blicken Geſandte, und zwar dieſe unter dem Namen und Vorwand, als waͤren die Republicken vor gekroͤnte Haͤupter, und alſo denenſelben in Wuͤrden gleich zu ach- ten, an denen kaiſerlichen und koͤniglichen Hoͤfen und Kapellen die Praͤcedenz vor denen churfuͤrſtlichen Geſandten praͤtendiren wollen; ſo ſollen und wollen wir inskuͤnftige ſolches weiter nicht geſtatten ꝛc.” Die ver- einigten Niederlande erregten den Kurfuͤrſten auch oͤftere Rangſtreitigkeiten, beſonders auf dem weſtphaͤliſchen Frieden, doch ſuchten dieſe ihre Gerechtſame iederzeit ſtandhaft zu verwahren. Die obige Diſpoſition der Wahlcapitulationen kann, auſſer dem Kaiſer, zwar eigentlich keinen auswaͤrtigen Staat weiter verbinden, indes haben die Kurfuͤrſten an den meiſten Hoͤfen ſich den Vorrang vor den Republicken verſchaft, wenigſtens 1671 den 24. Aug. zu deſſen Behauptung unter einan- der ſich verbunden e]. Die Republicken, welche den Kurfuͤrſten den Rang iedoch noch nicht foͤrmlich zugeſtan- den haben, ſuchen daher die Gelegenheiten zum Streite moͤglichſt zu vermeiden, welches um ſo leichter iſt, da die Kurfuͤrſten ſelten Geſandte vom erſten Range zu ſchicken pflegen. Die ehemaligen Rangſtreitigkeiten der Kurfuͤrſten mit den Herzogen von Lothringen und Burgund fallen derma- len gaͤnzlich weg f]. Im Verhaͤltniſſe zu den uͤbrigen Klaſſen der Reichs- ſtaͤnde iſt der Kurfuͤrſten Vorrang dermalen entſchieden. Sie behaupten ſolchen auch auſſer den Reichsgeſchaͤften g]. Auf dem weſtphaͤliſchen Friedenskongreß maßten die Erz- herzoge von Oeſterreich wegen der von Kaiſer Ferdinand II. erhaltenen koͤniglichen Ehrenzeichen und als Erbprin- zen der Koͤnigreiche Hungarn und Boͤhmen, ſich zwar eines Vorranges uͤber die Kurfuͤrſten an, und die Vene- zianer, die den letztern nicht weichen wolten, gingen ihnen nach. In neuern Zeiten iſt iedoch von dieſem Streite nichts R

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/283>, abgerufen am 24.11.2024.