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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787.

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Von den souverainen Staaten überhaupt,
§. 37.
Zinsbarkeit.

Gleiche Bewandnis hat es mit den Staaten, welche
wegen Abwendung eines zu befürchtenden Unrechts a],
oder aus Erkentlichkeit für den genüssenden Schutz, oder
aus andern Ursachen, zu Entrichtung eines gewissen Tri-
buts an auswärtige Mächte sich verstehn. Diese Zins-
zahlung ist gewönlich allerdings ein Geständnis von
Schwäche b], vermindert die Einkünfte und das Ansehen
des zinsenden Staats und seinen Einflus in die Angele-
genheiten der übrigen Nazionen, macht ihn iedoch an
und für sich der Souverainetät nicht verlustig, und hin-
dert keinesweges an Ausübung der Regierungsrechte. Die
angesehensten Königreiche wurden in den ältern Zeiten
hauptsächlich dem päpstlichen Stuhle lehn- und zinsbat,
z. B. Portugal 1179, Irland 1155, Sardinien
1297 c], und noch heutzutage entrichtet Neapel dem Pap-
ste, wegen der Lehnsverbindung, iährlich eine Summt
Geldes. Man kan die unter den Souverainen derma-
len üblichern Pensionen und Subsidiengelder füglich hie-
her rechnen, die jedoch meistens der Mächtigere, seines
Vorteils wegen, an den Geringern bezahlt; die erstern
auf Lebenszeit, die letztern gewönlich nur auf bestimte
Jahre.

a] So wird zur Sicherheit des Handels von der Republick
Venedig dem Kaiser von Marokko iährlich eine ansehnliche
Summe überschickt: Grosbritanien, die vereinigten Nie-
derlande etc. thun ein gleiches gegen Algir.
b] Schon Salomo sagt in seinen Sprichwörtern 12, 24.
Fleißige Hand wird herschen; die aber läßig ist, wird
müssen zinsen.
c] Io. Georg Neumann diß. de regnis Pontificis Romani
stipendiariis. Viteb.
1685. 4.
§. 38.
Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt,
§. 37.
Zinsbarkeit.

Gleiche Bewandnis hat es mit den Staaten, welche
wegen Abwendung eines zu befuͤrchtenden Unrechts a],
oder aus Erkentlichkeit fuͤr den genuͤſſenden Schutz, oder
aus andern Urſachen, zu Entrichtung eines gewiſſen Tri-
buts an auswaͤrtige Maͤchte ſich verſtehn. Dieſe Zins-
zahlung iſt gewoͤnlich allerdings ein Geſtaͤndnis von
Schwaͤche b], vermindert die Einkuͤnfte und das Anſehen
des zinſenden Staats und ſeinen Einflus in die Angele-
genheiten der uͤbrigen Nazionen, macht ihn iedoch an
und fuͤr ſich der Souverainetaͤt nicht verluſtig, und hin-
dert keinesweges an Ausuͤbung der Regierungsrechte. Die
angeſehenſten Koͤnigreiche wurden in den aͤltern Zeiten
hauptſaͤchlich dem paͤpſtlichen Stuhle lehn- und zinsbat,
z. B. Portugal 1179, Irland 1155, Sardinien
1297 c], und noch heutzutage entrichtet Neapel dem Pap-
ſte, wegen der Lehnsverbindung, iaͤhrlich eine Summt
Geldes. Man kan die unter den Souverainen derma-
len uͤblichern Penſionen und Subſidiengelder fuͤglich hie-
her rechnen, die jedoch meiſtens der Maͤchtigere, ſeines
Vorteils wegen, an den Geringern bezahlt; die erſtern
auf Lebenszeit, die letztern gewoͤnlich nur auf beſtimte
Jahre.

a] So wird zur Sicherheit des Handels von der Republick
Venedig dem Kaiſer von Marokko iaͤhrlich eine anſehnliche
Summe uͤberſchickt: Grosbritanien, die vereinigten Nie-
derlande ꝛc. thun ein gleiches gegen Algir.
b] Schon Salomo ſagt in ſeinen Sprichwoͤrtern 12, 24.
Fleißige Hand wird herſchen; die aber laͤßig iſt, wird
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c] Io. Georg Neumann diß. de regnis Pontificis Romani
ſtipendiariis. Viteb.
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[134/0160] Von den ſouverainen Staaten uͤberhaupt, §. 37. Zinsbarkeit. Gleiche Bewandnis hat es mit den Staaten, welche wegen Abwendung eines zu befuͤrchtenden Unrechts a], oder aus Erkentlichkeit fuͤr den genuͤſſenden Schutz, oder aus andern Urſachen, zu Entrichtung eines gewiſſen Tri- buts an auswaͤrtige Maͤchte ſich verſtehn. Dieſe Zins- zahlung iſt gewoͤnlich allerdings ein Geſtaͤndnis von Schwaͤche b], vermindert die Einkuͤnfte und das Anſehen des zinſenden Staats und ſeinen Einflus in die Angele- genheiten der uͤbrigen Nazionen, macht ihn iedoch an und fuͤr ſich der Souverainetaͤt nicht verluſtig, und hin- dert keinesweges an Ausuͤbung der Regierungsrechte. Die angeſehenſten Koͤnigreiche wurden in den aͤltern Zeiten hauptſaͤchlich dem paͤpſtlichen Stuhle lehn- und zinsbat, z. B. Portugal 1179, Irland 1155, Sardinien 1297 c], und noch heutzutage entrichtet Neapel dem Pap- ſte, wegen der Lehnsverbindung, iaͤhrlich eine Summt Geldes. Man kan die unter den Souverainen derma- len uͤblichern Penſionen und Subſidiengelder fuͤglich hie- her rechnen, die jedoch meiſtens der Maͤchtigere, ſeines Vorteils wegen, an den Geringern bezahlt; die erſtern auf Lebenszeit, die letztern gewoͤnlich nur auf beſtimte Jahre. a] So wird zur Sicherheit des Handels von der Republick Venedig dem Kaiſer von Marokko iaͤhrlich eine anſehnliche Summe uͤberſchickt: Grosbritanien, die vereinigten Nie- derlande ꝛc. thun ein gleiches gegen Algir. b] Schon Salomo ſagt in ſeinen Sprichwoͤrtern 12, 24. Fleißige Hand wird herſchen; die aber laͤßig iſt, wird muͤſſen zinſen. c] Io. Georg Neumann diß. de regnis Pontificis Romani ſtipendiariis. Viteb. 1685. 4. §. 38.

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/160>, abgerufen am 23.11.2024.