Die Lehnsverbindung thut der Souverainetät und dem Rechte eines Volks sich selbst zu regieren ebenfals weiter keinen Abbruch, als daß sie, wie Real sagt, höchstens ihren Glanz in etwas vermindert. Durch die Belehnung wird blos eine verschiedene Besitzungsart er- zeugt. Wenn gleich der Vasall in Ansehung seines Lehns nicht so ganz freie Gewalt, besonders in dessen Veräusserung etc. hat, er sich auch zu Ehrerbietung, Treue und Leistung gewisser Dienste im Kriege dem Lehnherrn verpflichtet und in diesen Stücken dessen Lehngerichtsbar- keit anerkent, so sind dies doch keine Folgen der Unter- thänigkeit, sondern allein des Lehnsvertrags. Regiert er diesem gemäs seine Lande, so hat der Lehnherr ihm weiter nichts zu befehlen. Dessen vorzüglichste Rechte äussern sich gemeiniglich erst bey dem Abgange des ganzen regierenden Hauses in Bestimmung des neuen Regenten. Meistens weichen diese Souverainetätslehen von den gewönlichen Lehen noch darin ab, daß weder bey Verän- derungsfällen des Lehnherrn, noch des Vasallen, eine besondere Belehnung vorzugehn, oder ein Lehnbrief ausge- fertigt zu werden pflegt, sondern die Lehnbarkeit wird mehrenteils zu gewissen Zeiten, blos durch einige Feier- lichkeiten oder andere Entrichtungen erkant a].
Ehemals war diese Lehnsverbindung unter den euro- päischen Nazionen häufiger als ietzt. In den Zeiten, wo die Päpste noch mit unbeschränkter Gewalt über die Fürsten in Europa herschten, rechneten die meisten es sich zur Ehre, dem Papste lehnbar zu seyn, oder wurden auf andere Art genöthiget, seine Lehnsherschaft zu erkennen b]. Portugal, Spanien, Arragonien, Frankreich, England, Irland, Sicilien, Sardinien, Corsica, Polen, Ungarn und mehrere Staaten gingen vom päpstlichen Stuhle zu
Lehn.
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und den europaͤiſchen insbeſondere.
§. 38. Lehnsverbindung.
Die Lehnsverbindung thut der Souverainetaͤt und dem Rechte eines Volks ſich ſelbſt zu regieren ebenfals weiter keinen Abbruch, als daß ſie, wie Real ſagt, hoͤchſtens ihren Glanz in etwas vermindert. Durch die Belehnung wird blos eine verſchiedene Beſitzungsart er- zeugt. Wenn gleich der Vaſall in Anſehung ſeines Lehns nicht ſo ganz freie Gewalt, beſonders in deſſen Veraͤuſſerung ꝛc. hat, er ſich auch zu Ehrerbietung, Treue und Leiſtung gewiſſer Dienſte im Kriege dem Lehnherrn verpflichtet und in dieſen Stuͤcken deſſen Lehngerichtsbar- keit anerkent, ſo ſind dies doch keine Folgen der Unter- thaͤnigkeit, ſondern allein des Lehnsvertrags. Regiert er dieſem gemaͤs ſeine Lande, ſo hat der Lehnherr ihm weiter nichts zu befehlen. Deſſen vorzuͤglichſte Rechte aͤuſſern ſich gemeiniglich erſt bey dem Abgange des ganzen regierenden Hauſes in Beſtimmung des neuen Regenten. Meiſtens weichen dieſe Souverainetaͤtslehen von den gewoͤnlichen Lehen noch darin ab, daß weder bey Veraͤn- derungsfaͤllen des Lehnherrn, noch des Vaſallen, eine beſondere Belehnung vorzugehn, oder ein Lehnbrief ausge- fertigt zu werden pflegt, ſondern die Lehnbarkeit wird mehrenteils zu gewiſſen Zeiten, blos durch einige Feier- lichkeiten oder andere Entrichtungen erkant a].
Ehemals war dieſe Lehnsverbindung unter den euro- paͤiſchen Nazionen haͤufiger als ietzt. In den Zeiten, wo die Paͤpſte noch mit unbeſchraͤnkter Gewalt uͤber die Fuͤrſten in Europa herſchten, rechneten die meiſten es ſich zur Ehre, dem Papſte lehnbar zu ſeyn, oder wurden auf andere Art genoͤthiget, ſeine Lehnsherſchaft zu erkennen b]. Portugal, Spanien, Arragonien, Frankreich, England, Irland, Sicilien, Sardinien, Corſica, Polen, Ungarn und mehrere Staaten gingen vom paͤpſtlichen Stuhle zu
Lehn.
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und den europaͤiſchen insbeſondere.
§. 38.
Lehnsverbindung.
Die Lehnsverbindung thut der Souverainetaͤt und
dem Rechte eines Volks ſich ſelbſt zu regieren ebenfals
weiter keinen Abbruch, als daß ſie, wie Real ſagt,
hoͤchſtens ihren Glanz in etwas vermindert. Durch die
Belehnung wird blos eine verſchiedene Beſitzungsart er-
zeugt. Wenn gleich der Vaſall in Anſehung ſeines
Lehns nicht ſo ganz freie Gewalt, beſonders in deſſen
Veraͤuſſerung ꝛc. hat, er ſich auch zu Ehrerbietung, Treue
und Leiſtung gewiſſer Dienſte im Kriege dem Lehnherrn
verpflichtet und in dieſen Stuͤcken deſſen Lehngerichtsbar-
keit anerkent, ſo ſind dies doch keine Folgen der Unter-
thaͤnigkeit, ſondern allein des Lehnsvertrags. Regiert
er dieſem gemaͤs ſeine Lande, ſo hat der Lehnherr ihm
weiter nichts zu befehlen. Deſſen vorzuͤglichſte Rechte
aͤuſſern ſich gemeiniglich erſt bey dem Abgange des ganzen
regierenden Hauſes in Beſtimmung des neuen Regenten.
Meiſtens weichen dieſe Souverainetaͤtslehen von den
gewoͤnlichen Lehen noch darin ab, daß weder bey Veraͤn-
derungsfaͤllen des Lehnherrn, noch des Vaſallen, eine
beſondere Belehnung vorzugehn, oder ein Lehnbrief ausge-
fertigt zu werden pflegt, ſondern die Lehnbarkeit wird
mehrenteils zu gewiſſen Zeiten, blos durch einige Feier-
lichkeiten oder andere Entrichtungen erkant a].
Ehemals war dieſe Lehnsverbindung unter den euro-
paͤiſchen Nazionen haͤufiger als ietzt. In den Zeiten,
wo die Paͤpſte noch mit unbeſchraͤnkter Gewalt uͤber die
Fuͤrſten in Europa herſchten, rechneten die meiſten es ſich
zur Ehre, dem Papſte lehnbar zu ſeyn, oder wurden auf
andere Art genoͤthiget, ſeine Lehnsherſchaft zu erkennen b].
Portugal, Spanien, Arragonien, Frankreich, England,
Irland, Sicilien, Sardinien, Corſica, Polen, Ungarn
und mehrere Staaten gingen vom paͤpſtlichen Stuhle zu
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen, mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 1. Altenburg, 1787, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht01_1787/161>, abgerufen am 03.12.2024.
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