Streben, die Thüren dieser höllischen Behäl- ter zu öffnen. Werkzeuge sind schnell gefunden, auch hülfreiche Arme in Menge. Man befreit eine ziemliche Anzahl der unglücklichen Schlacht- opfer tyrannischer Willkühr, doch findet sich kein Leo. Endlich weicht eine besonders stark befe- stigte Thür, und mein Vater stürzt dem freude- schwindelnden Victor in die Arme. Freiheit ist das erste Wort, welches aus beider Brust sich hervordrängt, das zweite Klara! Lebt sie? ruft mein Vater. Sie ist hier! schreit mein Oheim! und so machen sich Beide, fest umschlungen, un- aufhaltsam Bahn durch die theilnehmende Menge. Sie erreichen fast athemlos Klaras Wohnung. Meine Mutter lag blaß und erschöpft im Bette, ich ruhte an ihrer Brust. Seit wenig Minu- ten hatte ich das Licht der Welt erblickt. Mein Vater stürzte knieend an dem Bette nieder. Jn sprachloser Freude hing er an den Lippen der Geliebten, und überströmte ihre Hände mit Thränen und Küssen. Dann nahm er mich in seine Arme, und drückte mich, gewaltsam schluch- zend, an sein Herz. Plötzlich hob er mich hoch in die Höhe, und rief laut und feierlich:
Streben, die Thuͤren dieſer hoͤlliſchen Behaͤl- ter zu oͤffnen. Werkzeuge ſind ſchnell gefunden, auch huͤlfreiche Arme in Menge. Man befreit eine ziemliche Anzahl der ungluͤcklichen Schlacht- opfer tyranniſcher Willkuͤhr, doch findet ſich kein Leo. Endlich weicht eine beſonders ſtark befe- ſtigte Thuͤr, und mein Vater ſtuͤrzt dem freude- ſchwindelnden Victor in die Arme. Freiheit iſt das erſte Wort, welches aus beider Bruſt ſich hervordraͤngt, das zweite Klara! Lebt ſie? ruft mein Vater. Sie iſt hier! ſchreit mein Oheim! und ſo machen ſich Beide, feſt umſchlungen, un- aufhaltſam Bahn durch die theilnehmende Menge. Sie erreichen faſt athemlos Klaras Wohnung. Meine Mutter lag blaß und erſchoͤpft im Bette, ich ruhte an ihrer Bruſt. Seit wenig Minu- ten hatte ich das Licht der Welt erblickt. Mein Vater ſtuͤrzte knieend an dem Bette nieder. Jn ſprachloſer Freude hing er an den Lippen der Geliebten, und uͤberſtroͤmte ihre Haͤnde mit Thraͤnen und Kuͤſſen. Dann nahm er mich in ſeine Arme, und druͤckte mich, gewaltſam ſchluch- zend, an ſein Herz. Ploͤtzlich hob er mich hoch in die Hoͤhe, und rief laut und feierlich:
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Streben, die Thuͤren dieſer hoͤlliſchen Behaͤl-
ter zu oͤffnen. Werkzeuge ſind ſchnell gefunden,
auch huͤlfreiche Arme in Menge. Man befreit
eine ziemliche Anzahl der ungluͤcklichen Schlacht-
opfer tyranniſcher Willkuͤhr, doch findet ſich kein
Leo. Endlich weicht eine beſonders ſtark befe-
ſtigte Thuͤr, und mein Vater ſtuͤrzt dem freude-
ſchwindelnden Victor in die Arme. Freiheit iſt
das erſte Wort, welches aus beider Bruſt ſich
hervordraͤngt, das zweite Klara! Lebt ſie? ruft
mein Vater. Sie iſt hier! ſchreit mein Oheim!
und ſo machen ſich Beide, feſt umſchlungen, un-
aufhaltſam Bahn durch die theilnehmende Menge.
Sie erreichen faſt athemlos Klaras Wohnung.
Meine Mutter lag blaß und erſchoͤpft im Bette,
ich ruhte an ihrer Bruſt. Seit wenig Minu-
ten hatte ich das Licht der Welt erblickt. Mein
Vater ſtuͤrzte knieend an dem Bette nieder. Jn
ſprachloſer Freude hing er an den Lippen der
Geliebten, und uͤberſtroͤmte ihre Haͤnde mit
Thraͤnen und Kuͤſſen. Dann nahm er mich in
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zend, an ſein Herz. Ploͤtzlich hob er mich
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/52>, abgerufen am 27.07.2024.
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