willig, mir einen bequemen Platz in der Kajüte ein- zuräumen, ja er war so lebhaft besorgt für mich, daß er in mich drang, sein Schiff sofort zu be- steigen, um jede Nachfrage zu vereiteln. Jch ließ also meine Sachen an Bord bringen, und trennte mich von meinem treuen Antoine, welchem ich ein sorgenfreies Alter zugesichert hatte, mit der schmerz- lichsten Rührung, und mit der Bitte auf einem weiten Umwege in unsre Heimath zurück zu kehren.
Nun war ich allein, zum ersten Mahle ganz allein, in fremder Umgebung. Kein Gegenstand, kein Gesicht erinnerte mich an eine bekannte Ver- gangenheit. Der Eindruck war neu, und erfüllte mich mit inniger Wehmuth. Alles, was ich verlas- sen hatte, was mir war entrissen worden, verlor ich erst in diesen Augenblicken. Jch bedurfte eines Wesens, in dessen treue Brust ich meine Klagen ausströmen konnte. Du warst mir diese ge- liebte treue Seele. Gewiß wirst Du diese Blät- ter, wenn sie zu Dir gelangen, nicht ohne das regeste Mitgefühl lesen. Sie enthalten meine
willig, mir einen bequemen Platz in der Kajuͤte ein- zuraͤumen, ja er war ſo lebhaft beſorgt fuͤr mich, daß er in mich drang, ſein Schiff ſofort zu be- ſteigen, um jede Nachfrage zu vereiteln. Jch ließ alſo meine Sachen an Bord bringen, und trennte mich von meinem treuen Antoine, welchem ich ein ſorgenfreies Alter zugeſichert hatte, mit der ſchmerz- lichſten Ruͤhrung, und mit der Bitte auf einem weiten Umwege in unſre Heimath zuruͤck zu kehren.
Nun war ich allein, zum erſten Mahle ganz allein, in fremder Umgebung. Kein Gegenſtand, kein Geſicht erinnerte mich an eine bekannte Ver- gangenheit. Der Eindruck war neu, und erfuͤllte mich mit inniger Wehmuth. Alles, was ich verlaſ- ſen hatte, was mir war entriſſen worden, verlor ich erſt in dieſen Augenblicken. Jch bedurfte eines Weſens, in deſſen treue Bruſt ich meine Klagen ausſtroͤmen konnte. Du warſt mir dieſe ge- liebte treue Seele. Gewiß wirſt Du dieſe Blaͤt- ter, wenn ſie zu Dir gelangen, nicht ohne das regeſte Mitgefuͤhl leſen. Sie enthalten meine
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[199[207]/0217]
willig, mir einen bequemen Platz in der Kajuͤte ein-
zuraͤumen, ja er war ſo lebhaft beſorgt fuͤr mich,
daß er in mich drang, ſein Schiff ſofort zu be-
ſteigen, um jede Nachfrage zu vereiteln. Jch ließ
alſo meine Sachen an Bord bringen, und trennte
mich von meinem treuen Antoine, welchem ich ein
ſorgenfreies Alter zugeſichert hatte, mit der ſchmerz-
lichſten Ruͤhrung, und mit der Bitte auf einem
weiten Umwege in unſre Heimath zuruͤck zu
kehren.
Nun war ich allein, zum erſten Mahle ganz
allein, in fremder Umgebung. Kein Gegenſtand,
kein Geſicht erinnerte mich an eine bekannte Ver-
gangenheit. Der Eindruck war neu, und erfuͤllte
mich mit inniger Wehmuth. Alles, was ich verlaſ-
ſen hatte, was mir war entriſſen worden, verlor
ich erſt in dieſen Augenblicken. Jch bedurfte eines
Weſens, in deſſen treue Bruſt ich meine Klagen
ausſtroͤmen konnte. Du warſt mir dieſe ge-
liebte treue Seele. Gewiß wirſt Du dieſe Blaͤt-
ter, wenn ſie zu Dir gelangen, nicht ohne das
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 199[207]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/217>, abgerufen am 27.07.2024.
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