Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.trennt von der übrigen Welt, und vergessen! trennt von der uͤbrigen Welt, und vergeſſen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0214" n="196[204]"/> trennt von der uͤbrigen Welt, und vergeſſen!<lb/> Aber dieß durfte ich nicht hoffen; ſelbſt der Pfar-<lb/> rer, deſſen Rath ich einholte, fuͤrchtete fuͤr die<lb/> Sicherheit meines Aufenthalts, und ſah wenig-<lb/> ſtens viel Unruhe und Verdruß voraus. So<lb/> mußte ich denn mit ſchwerem Herzen mich los-<lb/> reißen von der Wiege meiner Kindheit. Wei-<lb/> nend beſuchte ich noch ein Mahl jedes Plaͤtzchen<lb/> der Erinnerung, kraͤnzte zum letzten Mahle das<lb/> Grab meiner Mutter, mit Sommerblumen, und<lb/> verſchloß mich dann in mein Zimmer, um mei-<lb/> nen Muth in der Einſamkeit zu ſtaͤrken. Mein<lb/> altes Bilderbuch fiel mir in die Angen, ich nahm<lb/> es mechaniſch heraus, und ſchlug es auf. Bald<lb/> traf ich auf Seenen, wie Athens und Roms<lb/> Helden ruhig in die Verbannung gingen, wie<lb/> das ganze Volk der Meſſenier, von dem ſtolzen<lb/> Sparta beſiegt, ſeine geliebte Heimath verließ,<lb/> um an Siciliens Kuͤſte, und unter dem gluͤck-<lb/> lichen Himmel meiner Provonce, ſeine Freiheit<lb/> und ſeine Sitten zu retten. Klein und unbedeu-<lb/> tend erſchien mir mein eigenes Schickſal gegen<lb/> dieſe Beiſpiele; ich war wieder die Alte, be-<lb/> ſonnen und ruhig. Jch packte das Wenige zu-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196[204]/0214]
trennt von der uͤbrigen Welt, und vergeſſen!
Aber dieß durfte ich nicht hoffen; ſelbſt der Pfar-
rer, deſſen Rath ich einholte, fuͤrchtete fuͤr die
Sicherheit meines Aufenthalts, und ſah wenig-
ſtens viel Unruhe und Verdruß voraus. So
mußte ich denn mit ſchwerem Herzen mich los-
reißen von der Wiege meiner Kindheit. Wei-
nend beſuchte ich noch ein Mahl jedes Plaͤtzchen
der Erinnerung, kraͤnzte zum letzten Mahle das
Grab meiner Mutter, mit Sommerblumen, und
verſchloß mich dann in mein Zimmer, um mei-
nen Muth in der Einſamkeit zu ſtaͤrken. Mein
altes Bilderbuch fiel mir in die Angen, ich nahm
es mechaniſch heraus, und ſchlug es auf. Bald
traf ich auf Seenen, wie Athens und Roms
Helden ruhig in die Verbannung gingen, wie
das ganze Volk der Meſſenier, von dem ſtolzen
Sparta beſiegt, ſeine geliebte Heimath verließ,
um an Siciliens Kuͤſte, und unter dem gluͤck-
lichen Himmel meiner Provonce, ſeine Freiheit
und ſeine Sitten zu retten. Klein und unbedeu-
tend erſchien mir mein eigenes Schickſal gegen
dieſe Beiſpiele; ich war wieder die Alte, be-
ſonnen und ruhig. Jch packte das Wenige zu-
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