faches Fest feiern sollten, Willkommen- und Ab- schieds-, Freuden- und Trauerfest zugleich, und wer weiß was noch für ein Fest! nun, nun, der Herr lenke alles nach seinem Willen, dann ist es auch zu unserm Besten. Er lüftete das lederne Käppchen ein wenig, zündete dann den Wachs- stock an, nahm den Kellerschlüssel und eilte hin- aus. Mutter und Tochter beschickten emsig den Tisch. Mucius setzte sich neben mich, uns fiel beiden kein Wort ein über das seltsame Zusam- mentreffen, wir waren alte Bekannte. Wir sprachen viel von Emil; in diesem theuern Gegenstande trafen unsre Seelen am innigsten zusammen. Wir wiederholten hundert Mahl, wie sehr wir ihn liebten, und hörten es von einan- der mit eben solchem Entzücken, als gälte diese Versicherung uns. Bei Tische erhielt ich mei- nen Platz zwischen Oheim und Neffen, neben Mucius saß Marie. Die arme Marie war die einzige, welche nicht so heiter schien, als sie bei meiner Ankunft war, doch wurde sie es um etwas mehr, nachdem der Vater öfters auf einen glücklichen Feldzug angestoßen, und sie darauf ihrem Nachtbar Mucius hatte Bescheid thun
faches Feſt feiern ſollten, Willkommen- und Ab- ſchieds-, Freuden- und Trauerfeſt zugleich, und wer weiß was noch fuͤr ein Feſt! nun, nun, der Herr lenke alles nach ſeinem Willen, dann iſt es auch zu unſerm Beſten. Er luͤftete das lederne Kaͤppchen ein wenig, zuͤndete dann den Wachs- ſtock an, nahm den Kellerſchluͤſſel und eilte hin- aus. Mutter und Tochter beſchickten emſig den Tiſch. Mucius ſetzte ſich neben mich, uns fiel beiden kein Wort ein uͤber das ſeltſame Zuſam- mentreffen, wir waren alte Bekannte. Wir ſprachen viel von Emil; in dieſem theuern Gegenſtande trafen unſre Seelen am innigſten zuſammen. Wir wiederholten hundert Mahl, wie ſehr wir ihn liebten, und hoͤrten es von einan- der mit eben ſolchem Entzuͤcken, als gaͤlte dieſe Verſicherung uns. Bei Tiſche erhielt ich mei- nen Platz zwiſchen Oheim und Neffen, neben Mucius ſaß Marie. Die arme Marie war die einzige, welche nicht ſo heiter ſchien, als ſie bei meiner Ankunft war, doch wurde ſie es um etwas mehr, nachdem der Vater oͤfters auf einen gluͤcklichen Feldzug angeſtoßen, und ſie darauf ihrem Nachtbar Mucius hatte Beſcheid thun
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faches Feſt feiern ſollten, Willkommen- und Ab-
ſchieds-, Freuden- und Trauerfeſt zugleich, und
wer weiß was noch fuͤr ein Feſt! nun, nun, der
Herr lenke alles nach ſeinem Willen, dann iſt es
auch zu unſerm Beſten. Er luͤftete das lederne
Kaͤppchen ein wenig, zuͤndete dann den Wachs-
ſtock an, nahm den Kellerſchluͤſſel und eilte hin-
aus. Mutter und Tochter beſchickten emſig den
Tiſch. Mucius ſetzte ſich neben mich, uns fiel
beiden kein Wort ein uͤber das ſeltſame Zuſam-
mentreffen, wir waren alte Bekannte. Wir
ſprachen viel von Emil; in dieſem theuern
Gegenſtande trafen unſre Seelen am innigſten
zuſammen. Wir wiederholten hundert Mahl, wie
ſehr wir ihn liebten, und hoͤrten es von einan-
der mit eben ſolchem Entzuͤcken, als gaͤlte dieſe
Verſicherung uns. Bei Tiſche erhielt ich mei-
nen Platz zwiſchen Oheim und Neffen, neben
Mucius ſaß Marie. Die arme Marie war
die einzige, welche nicht ſo heiter ſchien, als ſie
bei meiner Ankunft war, doch wurde ſie es um
etwas mehr, nachdem der Vater oͤfters auf einen
gluͤcklichen Feldzug angeſtoßen, und ſie darauf
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/120>, abgerufen am 27.07.2024.
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