schaftlich, den endlosen Raum der Schöpfung, jede Ansicht aus demselben Punkte, in demsel- ben Lichte betrachtend. Finster, stockfinster war es geworden, für uns war es sonnenhell. Da trat endlich die Försterinn mit Licht herein, und stellte es auf den Tisch. Wir starrten uns sprachlos eine Secundelang an, dann hoben wir in demselben Augenblicke die Arme, und -- Mu- cius! Virginia! tönte im Nu von beider Lippen. Er war es, der Niegesehene; ich, die von ihm Ungekannte. Die Försterfamilie staunte uns an, wir mußten endlich das Räthsel lösen, und er- zählen. Da war nun des Wunderns kein Auf- hören. Wunderbar sind die Wege des Herrn! sagte die Försterinn; ja es ist Gottes Schickung lispelte mit einem leisen Seufzer Marie; der alte Förster schüttelte uns treuherzig die Hände. Jhr habt mich ordentlich gerührt, mit euerm Gespräche, Kinderchen, sagte er, mir wars als sey ich in der Kirche. Nun Mutter trag auf, vom Besten was das Haus vermag, ich weiß doch Du hast dem Mucius seine Leibessen berei- tet, ich will auch den Koller nicht schonen. Hätte ich doch nicht gedacht daß wir ein so viel-
ſchaftlich, den endloſen Raum der Schoͤpfung, jede Anſicht aus demſelben Punkte, in demſel- ben Lichte betrachtend. Finſter, ſtockfinſter war es geworden, fuͤr uns war es ſonnenhell. Da trat endlich die Foͤrſterinn mit Licht herein, und ſtellte es auf den Tiſch. Wir ſtarrten uns ſprachlos eine Secundelang an, dann hoben wir in demſelben Augenblicke die Arme, und — Mu- cius! Virginia! toͤnte im Nu von beider Lippen. Er war es, der Niegeſehene; ich, die von ihm Ungekannte. Die Foͤrſterfamilie ſtaunte uns an, wir mußten endlich das Raͤthſel loͤſen, und er- zaͤhlen. Da war nun des Wunderns kein Auf- hoͤren. Wunderbar ſind die Wege des Herrn! ſagte die Foͤrſterinn; ja es iſt Gottes Schickung liſpelte mit einem leiſen Seufzer Marie; der alte Foͤrſter ſchuͤttelte uns treuherzig die Haͤnde. Jhr habt mich ordentlich geruͤhrt, mit euerm Geſpraͤche, Kinderchen, ſagte er, mir wars als ſey ich in der Kirche. Nun Mutter trag auf, vom Beſten was das Haus vermag, ich weiß doch Du haſt dem Mucius ſeine Leibeſſen berei- tet, ich will auch den Koller nicht ſchonen. Haͤtte ich doch nicht gedacht daß wir ein ſo viel-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0119"n="109"/>ſchaftlich, den endloſen Raum der Schoͤpfung,<lb/>
jede Anſicht aus demſelben Punkte, in demſel-<lb/>
ben Lichte betrachtend. Finſter, ſtockfinſter war<lb/>
es geworden, fuͤr uns war es ſonnenhell. Da<lb/>
trat endlich die Foͤrſterinn mit Licht herein,<lb/>
und ſtellte es auf den Tiſch. Wir ſtarrten uns<lb/>ſprachlos eine Secundelang an, dann hoben wir<lb/>
in demſelben Augenblicke die Arme, und — Mu-<lb/>
cius! Virginia! toͤnte im Nu von beider Lippen.<lb/>
Er war es, der Niegeſehene; ich, die von ihm<lb/>
Ungekannte. Die Foͤrſterfamilie ſtaunte uns an,<lb/>
wir mußten endlich das Raͤthſel loͤſen, und er-<lb/>
zaͤhlen. Da war nun des Wunderns kein Auf-<lb/>
hoͤren. Wunderbar ſind die Wege des Herrn!<lb/>ſagte die Foͤrſterinn; ja es iſt Gottes Schickung<lb/>
liſpelte mit einem leiſen Seufzer Marie; der<lb/>
alte Foͤrſter ſchuͤttelte uns treuherzig die Haͤnde.<lb/>
Jhr habt mich ordentlich geruͤhrt, mit euerm<lb/>
Geſpraͤche, Kinderchen, ſagte er, mir wars als<lb/>ſey ich in der Kirche. Nun Mutter trag auf,<lb/>
vom Beſten was das Haus vermag, ich weiß<lb/>
doch Du haſt dem Mucius ſeine Leibeſſen berei-<lb/>
tet, ich will auch den Koller nicht ſchonen.<lb/>
Haͤtte ich doch nicht gedacht daß wir ein ſo viel-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[109/0119]
ſchaftlich, den endloſen Raum der Schoͤpfung,
jede Anſicht aus demſelben Punkte, in demſel-
ben Lichte betrachtend. Finſter, ſtockfinſter war
es geworden, fuͤr uns war es ſonnenhell. Da
trat endlich die Foͤrſterinn mit Licht herein,
und ſtellte es auf den Tiſch. Wir ſtarrten uns
ſprachlos eine Secundelang an, dann hoben wir
in demſelben Augenblicke die Arme, und — Mu-
cius! Virginia! toͤnte im Nu von beider Lippen.
Er war es, der Niegeſehene; ich, die von ihm
Ungekannte. Die Foͤrſterfamilie ſtaunte uns an,
wir mußten endlich das Raͤthſel loͤſen, und er-
zaͤhlen. Da war nun des Wunderns kein Auf-
hoͤren. Wunderbar ſind die Wege des Herrn!
ſagte die Foͤrſterinn; ja es iſt Gottes Schickung
liſpelte mit einem leiſen Seufzer Marie; der
alte Foͤrſter ſchuͤttelte uns treuherzig die Haͤnde.
Jhr habt mich ordentlich geruͤhrt, mit euerm
Geſpraͤche, Kinderchen, ſagte er, mir wars als
ſey ich in der Kirche. Nun Mutter trag auf,
vom Beſten was das Haus vermag, ich weiß
doch Du haſt dem Mucius ſeine Leibeſſen berei-
tet, ich will auch den Koller nicht ſchonen.
Haͤtte ich doch nicht gedacht daß wir ein ſo viel-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/119>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.