Dilthey, Wilhelm: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. Bd. 1. Leipzig, 1883.Mechan. Naturerkl. darf nicht als neue Metaphysik angesehen werden. die Erklärung dieser Erscheinungen am meisten geeigneten Begriffs-zusammenhang. Wogegen die Vorstellungen der idealistischen Naturphilosophie zwar durch ihre Verwandtschaft mit dem geistigen Leben höchst würdig erschienen, den Ausgangspunkt der Erklärung der Natur zu bilden, aber indem sie eine den sichtbaren Objekten heterogene Innerlichkeit hinter diesen dichteten, waren sie andrer- seits unfähig, diese sichtbaren Objekte wirklich zu erklären, und darum gänzlich unfruchtbar 1). Dieselbe Folgerung ergiebt sich alsdann in Bezug auf den Er- 1) Vgl. Fechner über die physikalische und philosophische Atomenlehre 2 Leipzig 1864. 30*
Mechan. Naturerkl. darf nicht als neue Metaphyſik angeſehen werden. die Erklärung dieſer Erſcheinungen am meiſten geeigneten Begriffs-zuſammenhang. Wogegen die Vorſtellungen der idealiſtiſchen Naturphiloſophie zwar durch ihre Verwandtſchaft mit dem geiſtigen Leben höchſt würdig erſchienen, den Ausgangspunkt der Erklärung der Natur zu bilden, aber indem ſie eine den ſichtbaren Objekten heterogene Innerlichkeit hinter dieſen dichteten, waren ſie andrer- ſeits unfähig, dieſe ſichtbaren Objekte wirklich zu erklären, und darum gänzlich unfruchtbar 1). Dieſelbe Folgerung ergiebt ſich alsdann in Bezug auf den Er- 1) Vgl. Fechner über die phyſikaliſche und philoſophiſche Atomenlehre 2 Leipzig 1864. 30*
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Mechan. Naturerkl. darf nicht als neue Metaphyſik angeſehen werden.
die Erklärung dieſer Erſcheinungen am meiſten geeigneten Begriffs-
zuſammenhang. Wogegen die Vorſtellungen der idealiſtiſchen
Naturphiloſophie zwar durch ihre Verwandtſchaft mit dem geiſtigen
Leben höchſt würdig erſchienen, den Ausgangspunkt der Erklärung
der Natur zu bilden, aber indem ſie eine den ſichtbaren Objekten
heterogene Innerlichkeit hinter dieſen dichteten, waren ſie andrer-
ſeits unfähig, dieſe ſichtbaren Objekte wirklich zu erklären, und
darum gänzlich unfruchtbar 1).
Dieſelbe Folgerung ergiebt ſich alsdann in Bezug auf den Er-
kenntnißwerth des Begriffes der Kraft und der ihm benachbarten
von Kauſalität und Geſetz. Während der Begriff der Subſtanz
im Alterthum ausgebildet wurde, hat der Begriff der Kraft ſeine
gegenwärtige Geſtaltung erſt im Zuſammenhang mit der neueren
Wiſſenſchaft empfangen. Wiederum blicken wir rückwärts; den
Urſprung dieſes Begriffs erfaßten wir noch im mythiſchen Vor-
ſtellen als Erlebniß. Die Natur dieſes Erlebniſſes wird ſpäter
Gegenſtand der erkenntnißtheoretiſchen Unterſuchung ſein. Hier
ſei nur herausgehoben: wie wir in unſerem Erlebniß finden, kann
der Wille die Vorſtellungen lenken, die Glieder in Bewegung
ſetzen, und dieſe Fähigkeit wohnt ihm bei, wenn er auch nicht
immer von ihr Gebrauch macht; ja im Falle äußerer Hemmung
kann ſie zwar durch eine gleiche oder größere Kraft in Ruheſtand
gehalten werden, wird jedoch als vorhanden gefühlt. So faſſen
wir die Vorſtellung einer Wirkensfähigkeit (oder eines Vermögens),
welche dem einzelnen Akt von Wirken voraufgeht; aus einer Art
von Reſervoir wirkender Kraft entfließen die einzelnen Willensakte
und Handlungen. Die erſte wiſſenſchaftliche Entwicklung dieſer
Vorſtellung haben wir in der ariſtoteliſchen Begriffsreihe von
Dynamis, Energie und Entelechie vorgefunden. Jedoch war die
hervorbringende Kraft in dem Syſtem des Ariſtoteles noch nicht
von dem Grunde der zweckmäßigen Form ihrer Leiſtung geſondert,
und wir erkannten gerade hierin ein charakteriſtiſches Merkmal
und eine Grenze der ariſtoteliſchen Wiſſenſchaft. Erſt dieſe Son-
1) Vgl. Fechner über die phyſikaliſche und philoſophiſche Atomenlehre 2
Leipzig 1864.
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