Alt gethan?" Lasset ein Kind in seinen ersten Jahren hin mit seinem Eigensinn, mit seiner Starrköpfigkeit, mit seinem Ungehorsam, mit seiner Mißgunst und Eigennützigkeit, mit seinem tückischen und boshaften Wesen, mit seiner Grausamkeit ge- gen Thiere, mit seiner Naschhaftigkeit und Ge- fräßigkeit, mit seiner Eitelkeit und Putzsucht, mit seiner Lügenhaftigkeit u. s. w.; und alle diese Feh- ler werden in ihm heranwachsen und gewissermaßen mit ihm verwachsen, und zur andern Natur werden und im Knaben und Mädchen schwer mehr zu überwinden sein und sich leicht in's ganze spätere Leben hineinziehen, als giftige Wurzeln, welche das Unkraut der Sünde immer von Neuem ersprießen lassen und das Wachsthum echt christlichen Wesens auf's Wesentlichste behindern - nur zu leicht zum zeitlichen und ewigen Verderben.
Und doch hätte dieses Unkraut in den Jahren der Kindheit so leicht ausgerottet werden können! Also ernstwichtige Pflicht und Aufgabe ganz ins- besondere der Mutter, weil sie mehr Gelegenheit hat, am Ende es auch besser versteht, in den zarten Jahren den entsprechenden Einfluß auf ihr Kind auszuüben.
Daher soll sie Acht haben auf die Fehler ihrer Kleinen. Vielleicht tritt der eine oder andere Feh- ler besonders an ihnen hervor. Und dann nicht lange zugesehen und gewartet! Nicht denken, das Kind ist noch so jung, es versteht nichts davon; später werde ich schon Sorge haben. O nein! je früher, desto besser; nur früh gelingts. Es thut nicht Noth, daß das Kind die Häßlichkeit des
Alt gethan?“ Lasset ein Kind in seinen ersten Jahren hin mit seinem Eigensinn, mit seiner Starrköpfigkeit, mit seinem Ungehorsam, mit seiner Mißgunst und Eigennützigkeit, mit seinem tückischen und boshaften Wesen, mit seiner Grausamkeit ge- gen Thiere, mit seiner Naschhaftigkeit und Ge- fräßigkeit, mit seiner Eitelkeit und Putzsucht, mit seiner Lügenhaftigkeit u. s. w.; und alle diese Feh- ler werden in ihm heranwachsen und gewissermaßen mit ihm verwachsen, und zur andern Natur werden und im Knaben und Mädchen schwer mehr zu überwinden sein und sich leicht in's ganze spätere Leben hineinziehen, als giftige Wurzeln, welche das Unkraut der Sünde immer von Neuem ersprießen lassen und das Wachsthum echt christlichen Wesens auf's Wesentlichste behindern – nur zu leicht zum zeitlichen und ewigen Verderben.
Und doch hätte dieses Unkraut in den Jahren der Kindheit so leicht ausgerottet werden können! Also ernstwichtige Pflicht und Aufgabe ganz ins- besondere der Mutter, weil sie mehr Gelegenheit hat, am Ende es auch besser versteht, in den zarten Jahren den entsprechenden Einfluß auf ihr Kind auszuüben.
Daher soll sie Acht haben auf die Fehler ihrer Kleinen. Vielleicht tritt der eine oder andere Feh- ler besonders an ihnen hervor. Und dann nicht lange zugesehen und gewartet! Nicht denken, das Kind ist noch so jung, es versteht nichts davon; später werde ich schon Sorge haben. O nein! je früher, desto besser; nur früh gelingts. Es thut nicht Noth, daß das Kind die Häßlichkeit des
<TEI><textxml:id="C889_001_1874"><group><text><body><div><p><q><pbfacs="#f0284"xml:id="C889_001_1874_pb0073_0001"n="73"/>
Alt gethan?“</q> Lasset ein Kind in seinen ersten<lb/>
Jahren hin mit seinem Eigensinn, mit seiner<lb/>
Starrköpfigkeit, mit seinem Ungehorsam, mit seiner<lb/>
Mißgunst und Eigennützigkeit, mit seinem tückischen<lb/>
und boshaften Wesen, mit seiner Grausamkeit ge-<lb/>
gen Thiere, mit seiner Naschhaftigkeit und Ge-<lb/>
fräßigkeit, mit seiner Eitelkeit und Putzsucht, mit<lb/>
seiner Lügenhaftigkeit u. s. w.; und alle diese Feh-<lb/>
ler werden in ihm heranwachsen und gewissermaßen<lb/>
mit ihm verwachsen, und zur andern Natur werden<lb/>
und im Knaben und Mädchen schwer mehr zu<lb/>
überwinden sein und sich leicht in's ganze spätere<lb/>
Leben hineinziehen, als giftige Wurzeln, welche das<lb/>
Unkraut der Sünde immer von Neuem ersprießen<lb/>
lassen und das Wachsthum echt christlichen Wesens<lb/>
auf's Wesentlichste behindern – nur zu leicht zum<lb/>
zeitlichen und ewigen Verderben.</p><p>Und doch hätte dieses Unkraut in den Jahren<lb/>
der Kindheit so leicht ausgerottet werden können!<lb/>
Also ernstwichtige Pflicht und Aufgabe ganz ins-<lb/>
besondere der Mutter, weil sie mehr Gelegenheit<lb/>
hat, am Ende es auch besser versteht, in den zarten<lb/>
Jahren den entsprechenden Einfluß auf ihr Kind<lb/>
auszuüben.</p><p>Daher soll sie Acht haben auf die Fehler ihrer<lb/>
Kleinen. Vielleicht tritt der eine oder andere Feh-<lb/>
ler besonders an ihnen hervor. Und dann nicht<lb/>
lange zugesehen und gewartet! Nicht denken, das<lb/>
Kind ist noch so jung, es versteht nichts davon;<lb/>
später werde ich schon Sorge haben. O nein! <hirendition="#g">je<lb/>
früher, desto besser; nur früh</hi> gelingts. Es<lb/>
thut nicht Noth, daß das Kind die Häßlichkeit des<lb/></p></div></body></text></group></text></TEI>
[73/0284]
Alt gethan?“ Lasset ein Kind in seinen ersten
Jahren hin mit seinem Eigensinn, mit seiner
Starrköpfigkeit, mit seinem Ungehorsam, mit seiner
Mißgunst und Eigennützigkeit, mit seinem tückischen
und boshaften Wesen, mit seiner Grausamkeit ge-
gen Thiere, mit seiner Naschhaftigkeit und Ge-
fräßigkeit, mit seiner Eitelkeit und Putzsucht, mit
seiner Lügenhaftigkeit u. s. w.; und alle diese Feh-
ler werden in ihm heranwachsen und gewissermaßen
mit ihm verwachsen, und zur andern Natur werden
und im Knaben und Mädchen schwer mehr zu
überwinden sein und sich leicht in's ganze spätere
Leben hineinziehen, als giftige Wurzeln, welche das
Unkraut der Sünde immer von Neuem ersprießen
lassen und das Wachsthum echt christlichen Wesens
auf's Wesentlichste behindern – nur zu leicht zum
zeitlichen und ewigen Verderben.
Und doch hätte dieses Unkraut in den Jahren
der Kindheit so leicht ausgerottet werden können!
Also ernstwichtige Pflicht und Aufgabe ganz ins-
besondere der Mutter, weil sie mehr Gelegenheit
hat, am Ende es auch besser versteht, in den zarten
Jahren den entsprechenden Einfluß auf ihr Kind
auszuüben.
Daher soll sie Acht haben auf die Fehler ihrer
Kleinen. Vielleicht tritt der eine oder andere Feh-
ler besonders an ihnen hervor. Und dann nicht
lange zugesehen und gewartet! Nicht denken, das
Kind ist noch so jung, es versteht nichts davon;
später werde ich schon Sorge haben. O nein! je
früher, desto besser; nur früh gelingts. Es
thut nicht Noth, daß das Kind die Häßlichkeit des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/284>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.