Die
christliche Mutter
in der
Erziehung und in ihrem Gebete
von
W. Cramer,
Domkapitular und Regens des bischöflichen Priester-Seminars.
„Eine der höchsten Gnaden ist für
den Menschen eine gute Mutter.“
Ein Kirchenfürst.
Mit Erlaubniß der Obern.
Nein-Ertrag für den Bonifacius-Verein.
Vierzehnte Auflage.
A. Laumann in Dülmen
Katholische Verlags-Buchhandlung.
Einleitung.
Von achtbarer Seite ersucht, in dem „Katholischen Mis-
sionsblatte“
ein Wort zu bringen über jene, in neuerer
Zeit leider mehrfach abhanden gekommene ehrwürdige und
schöne Sitte, wonach katholische Mütter nach der Geburt
eines Kindleins ihren ersten Kirchengang in einer gewissen,
von der Kirche geregelten feierlichen Weise anstellen, gaben
wir diesem Ansinnen um so lieber Raum, als wir schon
seit Langem uns sehr nachdrücklich angeregt fanden, ein
Wort an die christlichen Mütter überhaupt zu richten. Der
„erste Kirchengang“
aber schien zu diesem Gegenstande einen
vortrefflichen Eingang zu bilden.
So begaben wir uns denn mit wahrer Herzensfreude
an die Arbeit. Je weiter wir aber darin fortschritten,
desto mehr gewann die Ueberzeugung von der großen Be-
deutung dieses Gegenstandes Boden und Frische und es
trat immer bestimmter die Anregung auf, das zunächst
für's Missionsblatt Ausgearbeitete in einem besondern
Schriftchen herauszugeben, um es einem weitern Leserkreise
zugänglich zu machen. Als daher von verschiedenen Seiten
um eine solche Separat-Ausgabe des in einer Reihe von
Nummern des Missionsblattes Gebrachten angelegentlich
ersucht wurde, so entschlossen wir uns dazu um so leichter.
Es wird daher im Allgemeinen das im Missionsblatt
Gebrachte hier wiedergegeben. Da aber der enge Raum
des gedachten Blattes nicht überall die erwünschliche Aus-
führlichkeit gestattete. Etliches hierher Gehörige auch schon
in frühern Jahrgängen von uns besprochen war, so ist hier
manches etwas weiter ausgeführt, Anderes neu hinzugefügt.
Zur richtigen Würdigung des Werkchens sei noch bemerkt,
daß der Abfassung desselben nicht so sehr der Zweck zu
Grunde lag, die Ausgabe der Mütter überhaupt und all-
seitig darzustellen, als vielmehr hauptsächlich nur die
Seite ihrer Aufgabe hervorzuheben, welche sie als christ-
liche Mütter betrifft, also die religiöse Heranbildung
des Kindes und auch diese zumeist nur für die Jahre der
zartesten Kindheit. Eine solche Einschränkung nämlich war durch
den Wunsch, dem Werkchen eine möglichst große Verbrei-
tung anzubahnen, nahe gelegt. Manche Mütter sind nicht
in der Lage, umfangreichere Bücher zu lesen; selbst der
Kostenpunkt kommt bei einigen in Betracht. Bei kürzerer
Fassung also durfte auf einen desto größeren Leserkreis ge-
rechnet werden, was in diesem Falle um so schwerer in
die Wagschaale fällt, als es sich um einen Punkt handelt,
der überhaupt und besonders in unsern Tagen so tief
in's Leben einschneidet.
Will es ja doch in unsern Tagen so fast scheinen, als
habe Alles sich verbündet, den Menschen Religion und
Glauben zu rauben. Während von der einen Seite die
ganze Art, wie sich mehr und mehr die äußern Lebensver-
hältnisse gestalten, darnach angethan ist, den Menschen
gegen Gott und das Höhere gleichgültig und davon ab-
wendig zu machen, so gewinnt leider von der andern Seite
der höllische Plan, jede Einwirkung der Kirche und der
Geistlichkeit aus der Schule zu verbannen und so der Ju-
gend den Einfluß einer religiösen Anleitung vorzuenthalten,
immer mehr an Ausdehnung und an Aussicht auf Ver-
wirklichung. Was bleibt da, wenn es sich um die erste
christliche Heranbildung der Jugend handelt, noch übrig,
als das Haus und das christliche Walten der Familie und
in ihr besonders der Mutter, welcher in den meisten Fällen
insbesondere die zarte Jugend des Kindes fast ausschließ-
lich anheimgegeben ist? Wie viel liegt daher grad in
unsern Tagen daran, daß sie eine wahrhaft christliche
Mutter sei und ihre Kinder grade in den Jahren, wo
einerseits die gottentfremdete Welt ihren verpesteten Einfluß
an ihnen noch nicht geltend machen kann, und andererseits
das so empfängliche und bildsame kindliche Herz dem er-
ziehenden Einflusse so reichliche Empfänglichkeit bietet, in
den Geist wahrer christlicher Gottesfurcht und Frömmigkeit
tief einführe! Dadurch werden die Herzen der Kinder in
jenen ersten Jahren ihres Lebens, wo sich das ganze Men-
schenwesen so recht eigentlich setzt, eine gewisse christliche
Durchwürzung und Durchfärbung erfahren, welche leicht
für's ganze Leben, auch unter den spätern verderblichen
Einflüssen einer bösen Welt vorhält; und es hat daher
das Wort eines noch lebenden Kirchenfürsten, welches wir
zu unserm Motto gewählt haben, grad in unsern Tagen
die vollste Wahrheit: „Eine der höchsten Gnaden für den
Menschen ist eine gute Mutter.“
Dazu kommt, daß der Geist unserer Zeit in so hohem
Grade darnach angethan ist, Jünglinge, welche von Gott
den Beruf zum geistlichen Stande erhalten haben, ihrem
Berufe untreu und abwendig zu machen und so jenen
Mangel an Priestern – ein Uebel, unter dessen traurigen
Folgen schon so manche Theile der katholischen Welt seufzen
– immer mehr herbeizuführen. Darf aber von einem
Knaben oder Jünglinge, der von Gott mit dem erhabenen
Priesterberufe begnadigt ist, nicht mit Grund gehofft wer-
den, daß er demselben treu bleiben und zur Zeit ein guter
Priester sein werde, wenn er das Glück hat, daß durch eine
wahrhaft christliche Mutter in seiner zarten Jugend mit
dem Geiste wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit zugleich
auch der Priesterberuf gewahrt und genährt wird? So
ruhet denn auch von dieser Seite die Hoffnung der heil.
Kirche und der christlichen Welt vielfach auf den christlichen
Müttern; und da wir vom Herrn den Beruf erhalten
haben, angehenden Priestern in ihrer letzten Vorbereitung
zu ihrem h. Stande zur Hand zu gehen, so war es ganz
insbesondere dieser letztgedachte Umstand, welcher an der
obengedachten Anregung, das vorliegende Werkchen heraus-
zugeben, wesentlich Theil hatte.
Die lebendige Ueberzeugung aber, daß die der christlichen
Mutter vom Herrn anvertraute Aufgabe ihre erwünschte
Lösung nur finden könne, wenn der Segen der göttlichen
Gnade sie und ihr Wirken begleitet und sie es also ver-
steht, diese Gnade sich in entsprechender Art durch Gebet und
fromme Uebung zu vermitteln, vermochte uns, für die
wichtigsten Anliegen einer christlichen Mutter besondere
Gebete zu verfassen und sie zum Schlusse anzufügen.
Wie glücklich würden wir uns schätzen, wenn diese unsere
Arbeit ihr Scherflein dazu beitrüge, solche kostbaren Zwecke
zu fördern! – So wolle denn der Herr dem Büchlein
rings in die christlichen Familien hinein gnädig den Weg
bahnen und seine Lehre im Herzen und Leben der Mütter
wirksam machen.
Münster, am Octavtage der „Unschuldigen Kinder“
1872.
Der Verfasser.
Vorwort zur elften Auflage.
Seit wir in den ersten Tagen des Juni d. J. die
achte Auflage mit etlichen Worten begleiteten, ist eine
neunte und zehnte Auflage derselben in kurzen Zwischen-
räumen gefolgt und schon wieder vergriffen. Also in sieben
Monaten zehn Auflagen! Sollten wir's verhehlen, daß uns
das um der guten Sache willen zu einer überaus
großen Freude gereicht? „Werden ja nun,“
so sagen wir
in Wiederholung der Worte der achten Auflage „viel tausend
Mütter, indem sie unser Werkchen lesen, vertraut mit einem
Gegenstande, welcher über die allerwichtigste und heiligste
Angelegenheit ihres Lebens handelt; gern und freudig geben
wir uns der Hoffnung hin und flehen ohne Unterlaß darum
zum Herrn, daß die Lesung nicht ohne Frucht bleiben und
durch treue Beobachtung der im Büchlein gegebenen Winke
und Ermahnungen der Segen einer wahrhaft christlichen
Erziehung in desto vollerem Maße sich über die lieben Kin-
der verbreiten möge, um so mehr, wenn die guten Mütter,
was wir zuversichtlich hoffen, auch fleißig den zweiten Theil
des Büchleins brauchen und in ihren Berufsangelegenheiten
sich oft betend vor dem Herrn finden lassen,“
und, setzen
wir hinzu, dadurch über ihre mütterlichen Bestrebungen
eine desto reichere Fülle der göttlichen Gnade herabziehen.
Dazu kommt, daß die anerkennenden Stimmen über unser
Werkchen sich gemehrt haben, wie denn viele hochachtbare
Mütter uns ihre dankbare Anerkennung persönlich kund
gegeben haben, zu desto freudigerer Zuversicht, daß der
Zweck, den wir durch Abfassung unseres Werkchens ver-
folgten, in reichem Maße Erfüllung finde. Dem Herrn,
von dem alle gute Gabe kommt, sei Preis und Dank!
Münster, am Rosenkranzfeste 1872.
Der Verfasser.
Vorwort zur dreizehnten Auflage.
„Wir bitten den Herrn, daß Er auch diese elfte Auf-
lage in die Hände der christlichen Mütter einführen wolle
u. s. w.“
– so schlossen wir unser Vorwort zur elften
Auflage Anfangs Oktober v. J. Auch diesmal sind unsere
Wünsche über alles Verhoffen hinaus erfüllt worden: Auf
die elfte Auflage ist bald eine zwölfte gefolgt und auch sie
ist schon wieder vergriffen, so daß unser Büchlein in nahezu
30,000 Exemplaren in allen Theilen Deutschlands verbreitet
ist. Ein unaussprechlicher Trost für uns! Dürfen wir
uns ja nunmehr der Hoffnung hingeben, daß, wenn eben
so viel tausend Mütter unser Büchlein benutzen, seine
Lehren beherzigen und befolgen, seine Gebete verrichten,
daraus Heil und Segen sich ergießen werde über noch
viel mehr tausend Kinder. So möge denn nun diese drei-
zehnte Auflage den Kreis seiner Leserinnen noch weiter
ausdehnen und jenen Segen und Trost mehren!
Unterdeß haben wir – mehrseitig uns ausgesprochenen
Wünschen folgend – ein ähnliches Werkchen für Väter
verfasset und wird dasselbe in der allernächsten Zeit unter
dem Titel: „Der christliche Vater“
erscheinen. (5 Sgr.)
Da es auf manche Punkte in Betreff der Erziehung der
Kinder eingeht, welche in der „christlichen Mutter“
nicht,
oder nicht so eingehend behandelt sind, so glauben wir es
auch den Müttern empfehlen zu dürfen, um so mehr, da
seine Anschaffung leicht zugleich für die Väter Anlaß sein
würde, es zu benutzen. Muß Eltern nicht Jedes willkom-
men sein, was dazu beitragen kann, das, was ihnen das
Theuerste ist, das Wohl ihrer Kinder zu fördern?
Münster, am Feste der h. Monika,
4. Mai 1873.
Der Verfasser.
Der erste Kirchengang.
Die neuere Zeit, welche sich von Gott und Re-
ligion, d. i. von der Wahrheit, vielfach losgesagt hat,
weiß nicht mehr von der wahren Bestimmung des
Menschen und läßt den Wahn herrschen, als ob
Alles nur dahin zu zielen habe, daß das ganze
Leben hier auf Erden möglichst ausgestattet sei mit
Lust und Ehre und daher auch mit irdischen Gütern.
Die heil. Kirche dagegen und die ihr von Gott
anheim gegebene Wahrheit lehrt, daß das Leben des
Menschen und Alles in der Welt nur dahin zu
zielen habe, daß der Mensch nach seiner wahren
Bestimmung als Kind Gottes Ihm diene und so
Ihn verherrliche und selig werde. Auch vom ehe-
lichen Verhältnisse gilt das. Die höchste Aufgabe
der Eheleute ist, daß sie in ihrem Ehestande und
durch ihn Gott dienen und ihr Heil wirken, und
insbesondere, daß sie die Kinder, womit der Herr
ihre Ehe segnet, vor Allem dazu anleiten, daß auch
sie Gott dienen und ihr Heil wirken.
Darum lässet die h. Kirche nach der Anordnung
ihres Herrn ihre Kinder in das eheliche Verhältniß
nicht so ohne Weiteres eintreten, sondern sie heiligt
und weihet zuvor dieses Verhältniß durch das vom
Herrn in ihr geordnete Sakrament der Ehe. Durch
dasselbe werden nach dem erhabenen Vorbilde der
Einigung Christi mit Seiner h. Kirche Mann und
Frau geheimnißvoll auf's Engste mit einander ver-
knüpft, so daß sie gewissermaßen aufhören, zwei zu
sein; „sie werden Zwei in Einem Fleische sein“
;
und in Kraft desselben h. Sakramentes senket sich
sofort und fortan über die also geeinten Eheleute,
so viel sie sich empfänglich erweisen, jegliche Gnade
des Herrn, welche Noth thut, auf daß das eheliche
Verhältniß ein wahrhaft christliches sei, und sie,
„zusammenkommen, nicht wie die Heiden, welche
Gott nicht kennen, sondern, wie es Kindern der
Heiligen zusteht.“
Nun hat das also geweihete und geheiligte ehe-
liche Verhältniß den Segen des Herrn empfangen;
die Gattin ist Mutter geworden. In Mutter-
freuden hält sie das Söhnchen, das Töchterlein in
ihren Armen. Das Wort des Herrn ist an ihr
wahr geworden: „Ein Weib, so es gebieret, hat
Traurigkeit, weil ihre Stunde gekommen ist; hat
sie aber das Knäblein geboren, so gedenkt sie
nimmer ihrer Nöthen ob der Freude, daß ein
Mensch geboren ist.“
Aber ihre Freude soll noch
voller werden.
Die Kirche eilt zur Mutter, nimmt das Knäb-
lein aus ihren Armen, auf daß es an ihrer Hand
im Bade der Wiedergeburt von dem unseligen Erbe
der Stammeltern befreiet wiedergeboren werde zum
Kinde Gottes. Und so empfängt es dann die be-
glückte Mutter von der h. Kirche, und indem sie
ihren Glaubensblick auf dem Lieblinge ruhen lässet,
schauet sie, wie ihr Kind nun auch ein Kind Gottes
ist, angethan mit all' der Herrlichkeit, welche sich
ziemet für das Kind eines so großen Vaters, von
Ihm, wie von ihr, ja mehr noch geliebt, ausge-
stattet mit dem ehren- und gnadenvollen Anrechte,
zur Zeit Erbe zu werden all' Seiner himmlischen
Herrlichkeit und Freude.
Ist das nicht dazu angethan, das Herz einer
Mutter, so es anders vom Glauben erleuchtet ist,
zur höchsten Freude zu erheben?
Und welch' ein Beruf, der ihr nun geworden!
Das Kostbarste, was es für Gott selbst außer Ihm
gibt, Sein Kind, in welchem das Bild Seiner gött-
lichen Majestät sich spiegelt, gibt Er (freilich auch
dem Vater, aber so fast mehr noch) der Mutter
anheim, daß sie fortan Seine Gehülfin sei in
dem großen Werke der Heranbildung dieses Seines
Kindes zu jener Herrlichkeit und Seligkeit, welche
Er ihm für alle Ewigkeit zugedacht hat, und auf
daß sie theilhaft werde der Freude, welche da liegt
in dem Bewußtsein, einen Menschen also beglückt
zu haben ewiglich. Welch' ein Beruf! Und daher
welche Würde, die ihr dadurch übertragen worden,
die Mutterwürde!
Siehe da die Lage einer christlichen Ehefrau,
nachdem sie Mutter geworden! Wird – ja muß
ihre Seele nicht voll dankbarer Freude sein? Wird
das Bewußtsein ihrer Mutterwürde und der hohen
Aufgabe, welche ihr dadurch aufgelegt ist, ihr Herz
nicht zugleich heben und zu heiligem Ernste
stimmen?
Und wenn nun, nachdem auch die Wehen im
Geleite des Neugeborenen glücklich überstanden und
die Herstellung erreicht worden, der Gang zum
Gotteshause wieder gestattet ist, was liegt näher,
als daß dieser erste Kirchengang nicht in der
gewöhnlichen Art, sondern in gewisser feierlicher
Weise geschehe? Wird nicht, wenn sie das Haus
dessen, der sie mit Wohlthaten und Gnaden über-
häuft hat, nun wieder betritt, der Dank gegen Ihn
mit erneuerter vermehrter Innigkeit in ihrem Herzen
sich regen? Wird sie diesen Dank im Hause des
Herrn nicht aus der ganzen Innigkeit ihrer Seele
aussprechen? Wird nicht das Bewußtsein ihrer
Mutterwürde und Mutterpflicht lebendiger sich er-
heben und auffordern, hier, an den Stufen des
Altares, vor dem Angesichte des Herrn das heilige
Gelöbniß niederzulegen, alle Obliegenheiten ihres
Mutterberufs fortan gewissenhaft und treu erfüllen
zu wollen? Und wie nahe liegt's, daß sie hier an
heiliger Stätte mit erneuerter und vermehrter
Innigkeit und Zuversicht den Liebling ihres Herzens
dem Herrn und Seiner heiligen Mutter empfehle
und den Segen der göttlichen Gnade herabflehe
über sich und über ihren Mutterberuf und über
Alles, was sie fortan im schwierigen Werke der
Erziehung zu thun habe.
Lauter Fassungen und Uebungen, welche sich bei
einer wahrhaft christlichen Mutter, wenn sie nun
ihren ersten Kirchengang macht, so fast ganz
von selbst ergeben. Aber unsere h. Kirche, die
so gern in allen Angelegenheiten des höhern Lebens
ihren Kindern beispringt, um als die erleuchtete
und vom Herrn hochbegnadigte Mutter ihre
frommen Uebungen zu unterstützen und zu fördern,
sie hat auch die christliche Mutter in der gedachten
geweiheten Stunde ihres Lebens nicht allein lassen
wollen; sie gesellet sich in der Person ihres Dieners
ihr zu, damit sie gleichsam an ihrer Hand den
ersten Kirchengang machend die heiligen Uebungen
desselben desto gottgefälliger und ersprießlicher vollführe.
An der Thüre der Kirche wird die Mutter, die
ihren ersten Kirchengang macht, vom Diener der
Kirche in Rochet mit Stola empfangen. Die hei-
liche Kirche hat bei ihr das Auge so fast nur ge-
richtet auf die Würde und Aufgabe, welche sie
durch die Geburt des Kindleins als dessen Mutter
hat; daher gleich beim ersten Begegnen der Wunsch,
daß Gottes Gnade über sie komme, um fortan
ihres Berufes würdig zu wandeln. Indem nämlich
die Kirche durch den Priester die Mutter mit Weih-
wasser besprengt, spricht sie: „Es besprenge dich
der Herr mit dem Thaue der himmlischen Gnade.
Amen.“
Als wolle sie sagen: Wie die Tropfen
des von mir geweihten Wassers, den Thautropfen
ähnlich, über dich kommen, so möge auch die gött-
liche Gnade wie linder Thau für deinen Mutter-
beruf über dich kommen. – Dann wird der Mutter
– und auch dabei hat die h. Kirche die Mutter-
würde im Auge – ein brennendes Licht in die
Hand gegeben, gleichsam als Mahnung: „Lasse
fortan das Licht“
des christlichen Glaubens und
eines echt christlichen Wandels „leuchten“
vor deinem
Kinde, „auf daß es deine guten Werke sehe“
und
sie nachahmend „den Vater im Himmel preise“
;
in die andere Hand wird das Ende der Stola ihr
dargereicht, zum Zeichen, daß sie sich fortan in der
Erziehung ihres Kindes und auch jetzt auf's innigste
der heiligen Kirche anschließen wolle. „Auch jetzt“
:
Im innigsten Anschlusse an die h. Kirche macht sie
ihren ersten Kirchengang und dessen Uebungen. Daher
die Worte bei Ueberreichung der Stola: „Trete
hinein in den Tempel Gottes, bete“
– dankbar
– „an den Sohn der seligen Jungfrau Maria,
welcher dir die Fruchtbarkeit der Nachkommenschaft
verliehen hat.“
Und in den Lesungen und Gebeten, welche die
heilige Kirche nunmehr beim Hingange zum Altare
durch ihren Priester im Namen der Mutter aus-
spricht, kommt verschiedentlich und immer von Neuem
das Dreifache zum Ausdruck, was in solchem Falle
im Herzen der Mutter mit Recht vorausgesetzt
wird: Der Dank für die erfahrene göttliche Huld,
der Entschluß, das Kind christlich zu erziehen und
das Flehen um den dazu erforderlichen göttlichen
Beistand.
Auf dem Wege zum Altare wird der 120. Psalm
gesprochen: „Ich habe meine Augen erhoben zu den
Höhen“
(des Himmels, zum Herrn), von woher
mir Hülfe kommt; meine Hülfe kommt vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat,“
der also
mächtig ist zu jeglicher Hülfe. Diese Worte legt
die h. Kirche gewissermaßen der Mutter in den
Mund, theils in dankbarer Erinnerung an die
nunmehr in ihrem Kinde erfahrene „Hülfe“
des
Herrn, theils in der zuversichtlichen Hoffnung, sie
fernerhin für sich und für ihr Kind zu erfahren.
Dann flehet im folgenden Verse die Kirche selbst
für die Mutter: „Nicht wolle der Herr wanken
lassen deinen Fuß, nicht möge Er schlummern in
deiner Hut! Nein,“
so wendet sie sich dann an
die Mutter, „nein, Er schlummert nimmer, Er
schläft nicht, der Sein Volk beschützt. Der Herr
behütet dich, der Herr ist dein Schirm zu deiner
Rechten. Tags wird dir die Sonne nicht lästig
fallen, noch zur Nachtzeit der Mond. Vor jeglichem
Uebel wird dich der Herr behüten, behüten wird
der Herr deine Seele, behüten wird er deinen
Eingang und deinen Ausgang von nun an immer-
dar. Ehre sei dem Vater...“
Nunmehr findet das Anliegen der Mutter Aus-
druck im h. Vater unser, welches ihr die Kirche
für ihre Person und in Betreff ihres Kindes in
den Mund legt. „Herr, erbarme dich unser,
Christe, erbarme dich unser, Herr erbarme dich
unser! Vater unser u. s. w.“
Die Mutter betet
es in ihrem und des Kindes Namen in Andacht
mit! „Vater unser“
, mein und meines Kindes
Vater; „geheiligt werde dein Name“
; sei gepriesen
für alle Huld und Gnade, welche du, da du mich
hast Mutter werden lassen, mir, – und in der
Geburt und Wiedergeburt meinem Kinde erwiesen
hast. O möchte doch durch mich und mein Kind
fortan allimmerdar dein heiliger Name verherrlicht
werden! Verleihe es durch deine Gnade! „Zu-
komme dein Reich!“
Verleihe, o Vater, mir und
meinem Kinde, daß wir stets vollen Antheil an den
Segnungen deiner heiligen Kirche erlangen und so
zu immer würdigern Mitgliedern derselben gedeihen;
„dein Wille geschehe“
allimmerdar an mir und
meinem Kinde und auch von mir und durch mich
von meinem Kinde! „Unser tägliches Brod gib
uns heut!“
Im Zeitlichen gib und ordne Alles
zu meines Kindes und meinem Heile. „Ver-
gib....“
, was ich bisher verbrochen habe. „Führe
uns“
– mich und mein Kind – „nicht in Ver-
suchung, sondern erlöse uns vom Uebel. Amen.“
An das h. Vater unser schließen sich folgende
Wechselgebete, wodurch die h. Kirche die Gnaden-
hülfe und den Schutz des Herrn auf die Mutter
für ihren Mutterberuf herabfleht:
P. „Mache selig deine Dienerin,
D. Die auf dich, o Gott, hoffet!
P. Sende ihr Hülfe von deinem Heiligthume,
D. Und von Sion aus beschütze sie.
P. „Nichts vermöge der“
(böse) „Feind wi-
der sie,
D. Und der Sohn der Bosheit“
(der Teufel)
„lege es nicht darauf an, ihr zu schaden.“
P. Herr, erhöre mein Gebet,
D. Und mein Rufen komme zu dir!
P. Der Herr sei mit euch!
D. Und mit deinem Geiste!“
Lasset uns beten!
„Allmächtiger ewiger Gott, der du durch die
Geburt der seligsten Jungfrau Maria die Schmer-
zen der Gebärenden, welche gläubig sind, in Freude
verwandelt hast, siehe gnädig herab auf diese deine
Dienerin, welche, um dir Dank zu bringen, freudig
zu deinem Tempel, eilt und verleihe, daß sie durch
die Fürbitte der h. Jungfrau Maria nach diesem
Leben mit ihrem Kinde eben so“
(freudig, wie jetzt
zum Tempel) „zu den Freuden der ewigen Selig-
keit gelangen möge. Durch Christum unsern Herrn.
Amen.“
Welch' ein treffliches Gebet! „Durch die Geburt“
Jesu sind „die Schmerzen der Gebärenden, welche
glauben, in Freude verwandelt“
: denn die gebo-
ren werden, die werden nun auch wiederge-
boren zu Kindern Gottes und zur reichsten Erb-
schaft des göttlichen Vaters. Ohne diese Wieder-
geburt wäre eines Kindes Geburt nur Grund zu
Leid und Trauer. – „Die, um dir Dank zu
bringen, froh zum Tempel eilt“
: „Froh“
; wir
vernahmen die vielfachen Ursachen ihrer Freude;
„Dank zu bringen“
dafür, ist auch Zweck
ihres heutigen Ganges. „Verleihe, daß sie ebenso
mit ihrem Kinde zu den Freuden der ewigen Se-
ligkeit gelange“
, d. h. verleihe, daß sie ihre Mutter-
pflichten treu erfülle und ihr Kind also in christ-
licher Gottesfurcht und Frömmigkeit erziehe, daß
sie zur Zeit sammt ihrem Kinde in den Tempel
deiner himmlischen Herrlichkeit eingehen möge,
„ebenso“
wie heut, voll Freude, daß, wie sie, auch
ihr Kind, und zwar auch durch ihre Vermittlung
ewig also glücklich sein soll.
Die Verlesung des Anfanges des Evangeliums
vom h. Johannes: „Im Anfange war das Wort
...“
bildet den Schluß der Einführung, zur Mah-
nung für die Mutter, daß die durch das Evange-
lium mitgetheilten Lehren des menschgewordenen
Sohnes Gottes fortan Grundlage und Regel bilden
sollen, gleichwie für den eigenen Wandel, so auch
für das große Werk der Erziehung des Kindes.
Und zum Zeichen ihrer Bereitwilligkeit dazu und
ihrer Verehrung gegen die Lehre des Herrn küsset
die Mutter das vom Priester ihr dargereichte Buch
bei den Anfangsworten des Evangeliums und em-
pfängt darauf den Segen der h. Kirche: „Der
Segen Gottes des Vaters, des Sohnes und des
h. Geistes komme über dich herab und bleibe immer-
dar! Amen!“
Ein ernstwichtiger Segen! Durch ihn erflehet
und spendet die h. Kirche der Mutter die Gnaden-
hülfe des Herrn für ihren Mutterberuf, auf daß
sie denselben in Kraft der himmlischen Hülfe nach
Gottes h. Willen, zur Ehre des Herrn und zum
Heil ihres Kindes vollführen möge.
Und so entlässet nun die h. Kirche die Mutter,
gleichsam eingeweihet, gesegnet und begnadigt für
ihre hohe Aufgabe, die sie an ihrem Kinde zu voll-
ziehen hat. In der That, so stellt sich dieser ganze
Akt der kirchlichen Einführung beim „ersten Kirchen-
gange“
dar als eine feierliche, von der Kirche voll-
zogene Einführung der Mutter in ihren mütter-
lichen Beruf. Freilich wird diese Gelegenheit auch
benutzt, um Gott, wie wir hörten, in feierlicher
Art den gebührenden Dank zu bringen. Als vor-
herrschend ist doch der Zweck gerichtet auf den
mütterlichen Beruf; die Mutter soll – so will es
die Kirche – bei dieser Gelegenheit sich ihrer hoch-
wichtigen Aufgabe als Mutter bewußt werden; sie
soll sich und ihr Kind und Alles, was sie an ihm
thun wird, dem Herrn empfehlen; sie soll in das
wichtige Wert von der h. Kirche eingeführt und
eingesegnet werden; sie soll es fortan an der Hand
der Kirche vollführen.
Wie sehr steht es also zu bedauern, wenn dieser
schöne Akt von christlichen Müttern versäumt wird!
Heißt das nicht, sich und dem Kinde die Segnungen
der h. Kirche vorenthalten, und sich des heilsamen
Einflusses dieser erbaulichen Handlung berauben?
Möchte daher der schöne Brauch wieder recht all-
gemein werden! Mögen alle Mütter, welche ihn
ausführen, es mit solchen Gesinnungen und in
solcher Weise thun, wie wir es angedeutet haben.
Gewiß es wird ein Segen sein für Mütter und
Kinder.
Beruf und Heranbildung der Mutter.
Ernst fasset unsere h. Kirche – wir vernahmen
es – den Beruf der christlichen Mutter auf; da-
her führet sie unter Gebet und Segnungen bei
ihrem ersten Kirchengange dieselbe feierlich in den-
selben ein. Sie soll fortan zunächst den jungen
Menschen, ihr Söhnchen oder Töchterlein in das
von Christo dem Herrn bereitete Heil, und daher
in den Geist wahrer Gottesfurcht und Frömmig-
keit einführen an ihrer (der Kirche) Statt und in
ihrem Namem. Was die Diener der h. Kirche
bei den Erwachsenen, das soll in gewissem Be-
trachte die Mutter in den ersten jugendlichen Jahren
an dem Kinde thun und also recht eigentlich eine
Dienerin der h. Kirche sein. Erhabener Beruf!
Fassen wir ihn ein wenig näher in's Auge.
Dem leiblichen Leben nach ist das Kind in seinen
ersten Jahren fast ausschließlich auf die Mutter
angewiesen. Seine körperlichen Organe sind noch
zu zart, als daß es seine leibliche Nahrung, wie
die Erwachsenen, unmittelbar aus der Hand der
Natur empfangen könnte. Die Mutter em-
pfängt zuvor von der Natur die Nahrung für ihr
Kindlein und vermöge der weisen Einrichtung des
Schöpfers wird die also genommene Nahrung zum
Theil durch die besondern Organe ihres Körpers
zu einer für das zarte Kind geeigneten Nahrung
zugerichtet und dann dem Kindlein gespendet; es
ist die Muttermilch. Das Kind liegt an der
Mutterbrust und saugt begierig die Spende der-
selben, seine Nahrung, in sich auf. Und so ge-
deihet es seinem leiblichen Leben nach und wächset
heran gewissermaßen in den Armen seiner Mutter,
an der Mutterbrust.
Aber das Kindlein hat ein anderes Leben em-
pfangen – in der h. Taufe; es ist das übernatür-
liche Leben der heiligmachenden Gnade, wodurch es
ein Kind Gottes ist. Wie nun der Herr die
Nahrung für das natürliche (leibliche) Leben in der
äußern Natur niedergelegt hat, so hat er die Nah-
rung für das übernatürliche Leben hauptsächlich
der Kirche anheimgegeben. Sie nährt und fördert
dasselbe durch ihre Lehre, durch ihre Gnadenmittel,
durch ihre Leitung. Aber sie thut es, so lange
dieses höhere Leben im Kinde noch zart und un-
entwickelt ist, nicht unmittelbar, sondern vorwiegend
durch die Mutter. Auch hier ist das Kind nicht
fähig, das was zum Gedeihen und Wachsthum
seines übernatürlichen Lebens, oder was dasselbe
sagt, was für seine Heranbildung zu Gottesfurcht
und Frömmigkeit der h. Kirche anheimgegeben ist,
unmittelbar zu empfangen; es muß ihm von der
Mutter so zubereitet, wie es für sein zartes Alter
passet, geboten werden; die Mutter muß die hei-
ligen Lehren und Weisen und Tugenden des christ-
lichen Lebens in kindlich-herablassender Weise, ge-
wissermaßen als nährende Milch dem Kinde bie-
ten, auch in diesem Sinne soll das Kind in
seinen jugendlichen Jahren gewissermaßen an der
geistigen Mutterbrust ruhen, und es soll seinem
übernatürlichen Leben nach gedeihen und heran-
wachsen in den Armen seiner Mutter – an der
Mutterbrust.
In der That, die Mutter vertritt an ihrem
Kinde in den ersten Jahren recht eigentlich die
Stelle der h. Kirche. Die Aufgabe, welche die
Kirche vom Herrn empfangen hat, den Menschen
das christliche Heil zu vermitteln und sie daher
zur christlichen Gottesfurcht und Frömmigkeit an-
zuleiten, soll in den ersten, zartesten Jahren des
Menschen insbesondere, ja fast ausschließlich durch
die christliche Mutter gehandhabt werden. Die christ-
liche Mutter ist die Dienerin der Kirche an ihrem Kinde.
Wehe, wenn sie ihre Aufgabe nicht erkennt und erfüllt!
Kaum darf man hoffen, daß ein Mensch, welcher
nicht früh durch seine Mutter zu echt christlichem
Geiste herangebildet wurde, je ein wahrhaft guter
Christ werden möge. Wie der Mensch überhaupt
das von Christo bereitete Heil nicht erlangt, wenn
es ihm nicht von der Kirche gespendet wird, so
bleibt er fast immer mehr oder weniger dessen be-
raubt, wenn die Mutter es versäumt, ihn schon
als Kind in dasselbe einzuführen.
Aber wohl dem Kinde, welches eine wahrhaft
christlich-fromme Mutter hat, die es versteht und
sich angelegen sein lässet, ihm von zartester Kind-
heit an den christlichen Geist einzuhauchen und zur
Uebung aller christlichen Tugenden es anzuleiten.
Fast mit Sicherheit läßt sich voraussehen, daß auf
diesem von einer solchen Mutter gelegten Funda-
mente sich später das Gebäude der christlichen Fröm-
migkeit hoch ausbauen, daß das Kind ein wahrhaft
guter Christ sein und zum ewigen Heile gelangen
werde. Wie groß ist die Zahl der Heiligen, welche
ihre wunderbare Heiligkeit und die hohe Stufe
ihrer himmlischen Herrlichkeit nächst Gott eben dem
heilsamen Einflusse zu verdanken haben, den eine
fromme Mutter in ihrer zarten Jugend auf sie
geübt hat. Ja wie viele unter den Heiligen hatten
eben Heilige zu Müttern, – der Hauptgrund ihrer
eigenen Heiligkeit. – Welch ein Segen daher für
das Kind, eine echt christliche, wahrhaft fromme
Mutter zu haben!
Die christliche Mutter ist die Dienerin der
Kirche; waltet sie ihres Amtes würdig, so geht
Segen von ihr aus auf das Kind und auf die
menschliche Gesellschaft. Darum läßt die h. Kirche
es sich auch in jeder Art angelegen sein, daß, so
viel an ihr, wahrhaft christliche Mütter herange-
bildet werden, welche würdig ihre Stelle an den
Kindern vertreten möchten. Ja Gott selbst wollte,
da Er der Mutter einen so hohen und wichtigen
Beruf an ihren Kindern gegeben hat, sie auch, so
viel an Ihm, dafür tauglich machen. Wer kann
es verkennen, daß die Personen des weiblichen Ge-
schlechtes eine gewisse natürliche Anlage zur Gottes-
furcht und Frömmigkeit und insbesondere zu den-
jenigen Tugenden, welche für die rechte Behandlung
und Erziehung zarter Kinder von Bedeutung sind,
im Allgemeinen in viel reicherem Maaße, als
männliche Personen, vom Herrn empfangen haben,
so daß es ihnen in mancher Hinsicht leichter wird,
die christliche Frömmigkeit und jene Tugenden zu
üben, und darin Fortschritte zu machen. Ohne
Zweifel hat der Schöpfer der weiblichen Natur
diese Einrichtung gegeben ganz insbesondere mit
Rücksicht auf den mütterlichen Beruf. Da der
jugendliche Mensch in den ersten Jahren seines
Lebens, in den Jahren, wo sein Herz für den Ein-
fluß der Erwachsenen am empfänglichsten sich er-
weiset, ganz vorzüglich, ja fast ausschließlich auf
die Mutter angewiesen ist, welche, während der
Vater seinen Geschäften nachzugehen hat, so fast
den ganzen Tag das Kind um sich hat; da eben
deßhalb so viel daran liegt, daß der Einfluß der
Mutter ein guter und sie daher vom Geiste echter
Gottesfurcht und Frömmigkeit beseelt sei, so hat
der Herr auch selbst durch die natürliche Ein-
richtung des weiblichen Wesens der Mutter die
Uebung der Frömmigkeit und der für eine Mutter
nöthigen Tugenden desto leichter machen, desto näher
legen wollen. Um so mehr wehe der Mutter, wenn
es ihr daran fehlt!
Aber auch die h. Kirche läßt es sich, wie schon
angedeutet, auf's Angelegentlichste am Herzen liegen,
wahrhaft christlich-fromme Mütter heranzubilden.
Wer kennte nicht die mannichfaltigen Bestrebungen,
Einrichtungen, Vereine und Genossenschaften in
unserer h. Kirche zum Besten der Jugend, um sie
überhaupt in echt christlicher Gesinnung und be-
sonders in unverletzter Unschuld zu erhalten? So
fern sich diese auf christliche Jungfrauen beziehen,
hat die Kirche dabei ganz insbesondere die Heran-
bildung derselben für jenen Beruf im Auge, wel-
cher der großen Mehrzahl der Jungfrauen zur
Zeit zufallen wird, den mütterlichen Beruf. Sie
möchte echt christliche Mütter heranbilden.
Daher insbesondere ihre Wachsamkeit und Sorge,
wenn nun der erste Schritt zu dem ernstwichtigen
Berufe geschehen, wenn die Jungfrau Braut ge-
worden ist. Ach vielleicht ist die Gefahr, nunmehr
an dem kostbarsten Gute und Schmucke ihrer Seele,
an der Unschuld Schaden zu nehmen, desto größer
geworden. Die Kirche erkennt in der ganzen
Größe das Unglück, welches darin liegt, wenn eine
Jungfrau ihren Brautstand mißbraucht zu Leicht-
sinn und Ausschweifung und an ihrer Unschuld
schiffbrüchig wird. Wie könnte sie in einer solchen
Unglücklichen, bei welcher mit der Lauterkeit des
Herzens und Lebens nur zu bald die gesammte
christliche Tugendhaftigkeit wankend und zu Schan-
den wird, noch eine wahrhaft gute Mutter erhoffen?
Daher der hohe Ernst ihrer Mahnungen, ihrer
Warnungen, ihrer Rügen auf der Kanzel, im
Beichtstuhle und wo immer sich Gelegenheit bietet;
daher der Aufwand aller möglichen Mittel, um es
zu erwirken, daß ihre Bräute in unverletzter Un-
schuld und mit reinem Herzen am Traualtare er-
scheinen. Ist das der Fall, so werden sie – die
Kirche hofft es zuversichtlich und freudig – zur
Zeit gute Mütter sein. Haben wir nicht eben in
dem Leichtsinn des verlobten Standes die Ursache
zu beklagen, warum zuweilen die Ehen so unglück-
lich, so gottentfremdet sind und daß darin die
Elternpflichten so arg vernachlässigt werden?
Der ernste Zeitpunkt, wo die Jungfrau Ehe-
gattin werden soll, rückt heran. Mit mütterlicher
Angelegentlichkeit tritt daher die Kirche an sie heran,
Alles aufbietend, daß der ernste Schritt nicht ohne
die gewissenhafteste Vorbereitung geschehe. Sie
hat es ihren Dienern zur Pflicht gemacht, die christ-
lichen Bräute vor dem Antritte des ehelichen Standes
zu sich zu bescheiden, um sie zu solcher Vorberei-
tung anzuregen und ihnen zugleich eine eingehende
Unterweisung über die Pflichten und Obliegenheiten
des ehelichen Standes zu geben. Und da sind es
ganz insbesondere die Elternpflichten, welche der
Pfarrer ihnen darlegt, und deren treue Erfüllung
er mit allem Nachdruck ihnen einschärft.
Nun ist der Augenblick da: Die Braut soll an
den Traualtar hintreten, um zu ewigem Bunde
dem Bräutigam die Hand zu reichen. Aber nicht
so ohne Weiteres lässet die h. Kirche dieselbe zur
h. Stätte hintreten. Hat sie schon im Braut-
examen zu gewissenhafter Vorbereitung auf die
ernste Handlung und daher zu frommen Uebungen
angeregt, so soll nun am Vorabende des Ver-
mählungstages, am Morgen desselben die Braut
mit ihrem Bräutigam zum Richterstuhle der Buße
und demnächst zur h. Communion gehen, um
dann rein von jeglicher Sünde und in Vereinigung
mit dem göttlichen Erlöser am Traualtare zu erscheinen.
Und während sie den ernsten Schritt thut, steht
die h. Kirche ihr zur Seite. In ihrer Gegenwart
soll das h. Bündniß geschlossen werden, auf daß
es zu einem h. Sakramente werde und ihren
Segen empfange. Also durch ein h. Sakrament
lässet die h. Kirche im Auftrage des Herrn die
Braut in den Ehestand treten, auf daß durch die
geheimnißvolle Wirkung desselben die Ehe geheiligt
und gleichsam der geheiligte Boden sei, aus dem
die Kinder in heiliger Weise entsprießen möchten;
und daß durch die gnadenvollen Wirkungen dieses
h. Sakramentes die Eltern und vorab die Mütter
in den Stand gesetzt würden, die von Gott ge-
schenkten Kinder in wahrhaft christlicher Weise zu
erziehen.
So hält es die h. Kirche mit dem ehelichen
Stande, und mit dem darin begriffenen mütter-
lichen Berufe. Er ist ihr heilig. Daher ihre
Sorge und ihr Bestreben, dahin zu wirken, daß er
von den Eheleuten, insbesondere von der Ehefrau
heilig gehalten, heilig angetreten und heilig geführt
werde.
Wohl der Jungfrau und der Gattin, welche
diese Vorbereitung an der Hand der Kirche treu
und nach ihrem Willen vollführt! Kommt die
Zeit, wo die h. Pflichten des Mutterberufs zu er-
füllen sind, so wird sie als eine wahrhaft christ-
liche Mutter sich erweisen, und groß wird der
Segen sein, der von ihr ausgeht. Das war die
Schule, in welcher jene Mütter herangebildet sind,
welche unsere h. Kirche als Heilige verehrt, eine
h. Elisabeth, eine h. Hedwig, eine h. Monika, eine
h. Paula und so viele Andere.
Aber wird es nicht – besonders in unsern Ta-
gen, von Vielen verschmähet, also in der Schule
der h. Kirche und an ihrer Hand zu einem so
wichtigen und folgenschweren Stande und Berufe
sich vorzubereiten? Wo ist der Geist der Gottes-
furcht und Frömmigkeit bei so manchen Jung-
frauen? Ach all ihr Sinnen und Trachten ist in
Putzsucht, eiteln Tand und Vergnügen aufgegangen.
Kein Eifer im Gebet, im Besuch der Kirche, im
Empfange der hh. Sakramente; Verletzung der
heiligsten Pflichten gegen die Eltern; eitele, nichtige
Vergeudung der Zeit. Und wie steht's um die
Unschuld des Herzens? Ach, an ihr hat man längst
Schiffbruch gelitten.
Und dann die Zeit des verlobten Standes:
Wird sie nicht mißbraucht zu den abscheulichsten
Sünden?! Während man Alles aufbieten sollte,
um durch desto größern Eifer in allem Guten sich
zu einem so wichtigen Stande vorzubereiten, häuft
man Sünde auf Sünde.
Und wie erscheint man dann endlich am Trau-
altare? Ach, der Leichtsinn des Brautstandes reicht
auch in den Vermählungstag hinein; keine Spur
von jenem h. Ernste, der hier ziemte. Ja em-
pfängt man nicht gar in Folge der vorangegangenen
ungültigen Beicht und unwürdigen Communion das
h. Sakrament der Ehe unwürdig? Entsetzlich! Mit
einem dreifachen Gottesraube, mit dreifacher Tod-
sünde in den Ehestand treten!
Wie kann da Gottes Segen im Ehestande wal-
ten?! Wie soll man da insbesondere erwarten,
daß eine solche Person eine gute Mutter sein werde?
Ach, die Erfahrung bestätigt es, nach solchen Vor-
gängen haben die unglücklichen Kinder einer solchen
Ehe Mütter, welche, anstatt ihnen den Geist der
Gottesfurcht und Frömmigkeit einzuflößen, vielmehr
durch Wort und Beispiel Schuld werden an ihrem
Verderben.
Nothwendige Vorbedingungen.
Die christliche Mutter ist an ihren kleinen Kin-
dern die Dienerin der Kirche. Wie diese die Auf-
gabe hat, ihre Genossen ihrer von Gott ihnen gege-
benen Bestimmung entgegenzuführen, so die Mut-
ter in Betreff ihrer Kinder: Sie soll (mit dem Va-
ter) also auf dieselben einzuwirken suchen, daß sie,
so viel an ihr ist, ihre Bestimmung erreichen. Der
Mensch hat – wenn wir wollen, – eine doppelte
Bestimmung, eine Bestimmung für dies irdische
Leben und eine Bestimmung für die Ewigkeit, eine
irdische und eine überirdische, höhere. Im Grunde
gibt es freilich nur eine Bestimmung, die über-
irdische; sie zu erreichen, dazu soll auch die irdische
dienen. Die Aufgabe der Eltern, und zunächst der
Mutter ist es demnach, das Kind von früh an für
diese doppelte Bestimmung heranzubilden. Gewiß
soll sie daher dem Kinde von früh an, so viel an
ihr ist, die entsprechende Anleitung geben in Allem,
was für seine irdische Bestimmung, für sein zeit-
liches Fortkommen und für seine Zukunft in der
menschlichen Gesellschaft nothwendig oder nützlich
ist. Aber noch viel mehr soll sie ihr Kind dazu
anleiten, daß es seine ewige Bestimmung erreiche,
daß es also zu einem würdigen Mitgliede der
h. Kirche heranwachse und so einst würdig er-
scheine, ein Mitglied des Reiches Gottes im Him-
mel zu sein.
Das ist also recht eigentlich die Aufgabe, die
höchste Aufgabe der Mutter, daß sie (freilich im
Verein mit dem Vater) ihre Kinder zu wahrer
Gottesfurcht und Frömmigkeit führe. Alles, was
sonst noch einer guten Mutter für ihre Kinder
am Herzen liegen kann und soll, ist im Vergleich
hierzu nur höchst untergeordneter Art; so viel das
Leben in der Ewigkeit länger und daher wichtiger
ist, als das kurze Leben hier auf Erden, so viel
steht die Heranbildung ihrer Kinder für die Ewig-
keit, also zur Gottesfurcht und Frömmigkeit, höher,
als ihre Heranbildung für die Zwecke dieses
Lebens.
Also, ihre Kinder von frühester Jugend an zu
einer wahren Gottesfurcht und Frömmigkeit anzu-
leiten und zu erziehen, das ist in der That die
höchste Aufgabe, der eigentliche Beruf einer christ-
lichen Mutter, der wichtigste Punkt in der christ-
lichen Erziehung. Hat eine Mutter sich auch alle
erdenkliche Mühe gegeben und es verstanden, ihre
Kinder für das Leben in der Welt auf's Beste zu
erziehen, hat sie ihnen alle möglichen Kenntnisse
und Fertigkeiten und Geschicklichkeiten vermittelt, so
daß sie in der Welt wohl aufzutreten wissen, daß
sie das, was dem Stande und den Verhältnissen
derselben entspricht, auf's Beste verstehen; hat sie
es aber versäumt oder es nicht verstanden, dem
Herzen ihrer Kinder zugleich den Geist echter
Gottesfurcht und Frömmigkeit einzupflanzen, so
müssen wir sagen, sie hat ihre Aufgabe nicht ge-
löset, sie hat ihrem Berufe nicht entsprochen, sie ist
keine gute Mutter an ihren Kindern gewesen; wie
schwer wird ihre Verantwortung vor dem Richter
sein! Und ihre Kinder, mögen sie auch für die
Welt noch so geschickt und tüchtig sein, und in der
Welt noch so hoch gehalten werden, sind dennoch
unaussprechlich zu bedauern; was sie auch durch
ihre Mutter erlangt haben, das Beste, das We-
sentlichste, das Rechte ist ihnen vorenthalten worden.
Gottesfurcht und Frömmigkeit, das ist das Erste
und Höchste, was die Mutter ihren Kindern von
frühester Jugend an vermitteln soll; Gottesfurcht
und Frömmigkeit, das soll die kostbare Mitgift der
christlichen Mutter für ihre Kinder sein. Darin
liegt das Höchste, das Wesentlichste der Berufs-
aufgabe der Mutter ausgesprochen. Soll sie die-
selbe aber in erwünschter Weise lösen, so thuen vor
Allem zwei Stücke Noth, die wir daher zunächst
in's Auge fassen müssen. Das erste ist, daß die
Mutter vom Geiste wahrer Gottesfurcht und Fröm-
migkeit beseelt sei; und das zweite, daß sie eine
wahre Liebe zu ihren Kindern trage. Also zu-
nächst:
Die Gottesfurcht und Frömmigkeit
der Mutter. – Die Mutter muß, um ihre Kinder
recht und gut erziehen zu können, selbst wahrhaft
gottesfürchtig und fromm sein.
Kann ich denn einem Andern geben, was ich
selbst nicht habe? Wie soll denn eine Mutter ihren
Kindern den Geist der christlichen Frömmigkeit ein-
hauchen, wenn sie ihn selbst nicht hat? Oder, wer
kann einem Andern Anweisung oder Anleitung ge-
ben in einer Sache, welche er selbst nicht versteht?
Nehmen wir die geringfügigsten Dinge, oder ein
Handwerk, ein Kunst, eine Wissenschaft, – um
Andere darin anzuleiten, muß man – Jeder
weiß es – sie erst selbst gelernt haben. Sollte
es mit der Gottesfurcht und Frömmigkeit anders
sein? O nein, da ist es nur noch viel mehr der
Fall, wie in allen übrigen Dingen: Man muß
sie, um Andere zu ihr anzuleiten, zuvor selbst sich
angeeignet haben. Doch die Sache ist so wichtig,
wir müssen nothwendig ein wenig näher in sie ein-
gehen.
Zuvor wird es wohl einer Mutter, welcher der
Geist christlicher Frömmigkeit abgeht, überhaupt am
Herzen liegen, ihre Kinder dazu anzuleiten? Nie-
mand thut etwas Rechtes für eine Sache, welche
ihm gleichgültig ist. Siehe da den Grund, warum
manche Eltern, oder bleiben wir bei den Müttern,
warum manche Mutter sich so wenig oder gar
nicht darum kümmern, daß ihre Kinder gottes-
fürchtig und fromm werden. Alles lernen in man-
chem Hause die Kinder von der Mutter, häusliche
Beschäftigungen, Geschicklichkeiten, Artigkeiten; nur,
was zu einem echt christlichen, gottgefälligen Leben
gehört, Religion und christliche Tugend, Eifer zum
Gebete am Morgen, am Abende, bei Tische; Liebe
und Eifer für Kirche und Gottesdienst, die Uebungen
des katholischen Lebens – das lernen sie nicht,
davon hören oder sehen sie zu Hause von der
Mutter wenig oder gar nichts. Warum? Es liegt
der Mutter selbst nichts daran. Vor nicht langer Zeit traf ich auf einem Spazier-
gange mit einem wackern Knaben zusammen; ich ließ
mich mit ihm in ein Gespräch ein und vernahm, daß
er schon 6 Jahre alt sei, ich fragte ihn, ob ihm die
Mutter schon vom lieben Gott und dem Himmel,
vom göttlichen Heilande erzählt habe? Der Knabe
wußte davon noch nichts. „Ob er das Vater unser,
Ave Maria schon beten könne?“
– Nein! – „Ob
er sich segnen (das Kreuzzeichen machen) könne?“
-
Nein. „Armer Knabe“
, dachte ich, „schon 6 Jahre
alt, und verstehst von all diesem noch nichts. Was
für Eltern müssen das sein! Was für eine Mutter!“
– Ich schärfte dem Knaben ein, er möge seiner
Mutter sagen, ein Geistlicher habe ihm gesagt, er solle
sie bitten, daß sie ihm das Kreuzzeichen, das h. Vater
unser und Ave lehre. Später hab' ich, da ich mir
den Namen hatte sagen lassen, den betreffenden Pfarr-
geistlichen aufmerksam gemacht.
Also, soll man von der Mutter erwarten, daß
sie ihren Kindern eine religiöse Anleitung gebe, so
muß sie selbst von lebendiger Gottesfurcht beseelt
sein. Nur dann wird sie sich fernerhin dazu ver-
stehen, die Mühe und Anstrengung, welche damit
verbunden ist, zu übernehmen. Immer nämlich
ist, besonders auf die Dauer, die gute Erziehung
der Kinder mit manchen Beschwerden und Opfern
verbunden; es kostet leicht von Tag zu Tag viel-
fache Selbstverläugnung, wenn eine Mutter es sich
nach Gebühr will angelegen sein lassen, ihre Kin-
der in der rechten Weise zu entsprechender Be-
schäftigung, zum Besuche der Schule und der Kirche
zum Gebete anzuleiten, oder über ihr Thun und
Lassen gebührend zu wachen, in Betreff ihres Um-
ganges ein wachsames Auge zu haben, sie in der
rechten Weise zu belehren, zu ermahnen, zu rügen,
zu bestrafen. Und doch ist das alles und so man-
ches Andere erforderlich, wenn das Kind gut wer-
den soll. Dazu versteht sich aber auf die Dauer
nur eine echt christliche Mutter. Der Mutter,
welche nicht in wahrer Frömmigkeit befestigt ist,
wird leicht Alles zu viel; sie liebt das bequeme,
behagliche, angenehme Leben; das will sie sich auch
durch ihre Kinder nicht stören lassen; daher kümmert
sie sich um dieselbe nicht mehr, als Noth thut.
Kann man aber nur von einer wahrhaft christ-
lich-frommen Mutter erwarten, daß sie sich mit der
religiösen Heranbildung ihrer Kinder befasse, so
kann auch nur ihre Wirksamkeit Erfolg haben.
Nur eine wahrhaft und herzlich fromme Mutter
vermag es, eine Sprache zu reden, welche das
kindliche Herz versteht und welche in dasselbe ein-
dringt. Je mehr ihr Herz von Liebe zu Gott be-
seelt ist und von dem Wunsche, daß auch ihr theures
Kind den Herrn lieben und Ihm dienen möge,
desto leichter lasset sie sich zu ihrem Kinde herab,
desto mehr findet sie Ausdruck und Weise, um in
kindlichem Tone verständlich zum Kinde zu sprechen,
und desto mehr dringt ihr Wort in das Herz des
Kindes ein. Was zu Herzen gehen soll, das muß
vom Herzen kommen. Wie tief senken sich daher
die Belehrungen und Ermahnungen einer wahr-
haft frommen Mutter in das zarte Kinderherz,
um für das ganze Leben als ein Segen vorzu-
halten!
Aber ach, wie kalt und eindruckslos sind die
Worte einer Mutter, deren Herz Gott entfremdet
ist, wenn sie anders noch über Gott und Religion
zum Kinde spricht! Und sie lassen das Herz des
Kindes kalt.
Ferner ist die rechte und gute Erziehung eine
schwere Aufgabe. Wie soll man erwarten, daß alle
Eltern, hier, daß alle Mütter die Regeln und
Grundsätze der richtigen Erziehung kennen und ver-
stehen? Aber ist die Mutter vom Geiste echter
Gottesfurcht beseelt, so wird das vom Glauben
und durch die Gnade erleuchtete Herz ihr durchweg
für die Erziehung den rechten Weg zeigen, und ihr
frommes Leben wird für das Kind eine Schule
sein, in welcher es am Ende richtiger, als durch
alle Regeln und Grundsätze angeleitet wird. Daher
dann auch die Erfahrung, daß ein Kind, welches
wahrhaft fromme Eltern hat, auf die Dauer nicht
so leicht entartet; während nicht selten andere Kin-
der, die vielleicht ganz nach der Regel erzogen
werden, aber das gute Beispiel entbehren, in hohem
Grade mißrathen. Dazu kommt, daß das Kind,
namentlich in den früheren, zarteren Jahren, viel
weniger, am Ende noch gar nicht empfänglich ist
für religiöse Belehrung und Ermahnung in Wor-
ten; aber desto besser versteht es die Sprache des
Beispiels der Mutter. Und es macht leicht und
so gern Alles nach, was es an und von der Mut-
ter sieht. Gott selbst hat diesen Nachahmungstrieb
und zwar in so hohem Grade im Kindesherzen
hergestellt, damit das Kind desto mehr von der
Mutter lerne, was es lernen und verstehen muß,
indem Er voraussetzte, daß die Mutter nur Gutes
vor ihren Kindern zu Tage legen würde. So
wird denn, wenn die Mutter in wahrer Frömmig-
keit besteht, ihr tägliches gottgeweihtes Walten und
Thun für das zarte Kind eine Schule sein, worin
es die Weisen und Uebungen des christlichen Lebens
gewissermaßen schon eher lernt, als es sie verstehen
kann, um dann, wenn es sie versteht, desto sicherer
sie zu vollführen, und dem heilsamen Beispiele der
Mutter zu folgen.
So lernt das Kind von zartester Jugend an
von der Mutter und an ihrem frommen Beispiele
Gott und den Heiland lieben, es lernt voll Ehr-
furcht und Vertrauen zum Herrn seine Hände fal-
ten, es lernt Kirche und Gottesdienst schätzen und
gern besuchen; es lernt Barmherzigkeit gegen die
Armen; es lernt Arbeitsamkeit, Ordnung, Rein-
lichkeit, diese kräftigen Stützen christlicher Gottes-
furcht; es lernt Milde, Sanftmuth, Freundlichkeit;
es lernt Wahrhaftigkeit im Reden und welche Tu-
genden immer sonst noch im Leben der Mutter
hervortreten.
Glückliches Kind daher, welches eine wahrhaft
fromme Mutter hat! Ihr Leben und ihr Bei-
spiel ist seine Schule, worin es so fast, ohne es
zu wissen und ohne Mühe in alle Weisen des
christlichen Lebens eingeweihet und eingeführt wird.
Und was in dieser Schule des Beispiels gelernt
wird, wie senkt sich das so tief in das ganze Men-
schenwesen, um zu einem unverwüstlichen Funda-
mente zu werden, auf dem christlicher Geist und
christliches Leben sich sicher und hoch aufbauet.
Schwerlich wird dagegen ein Kind wohl gedeihen,
welches in seiner zarten Jugend den Einfluß einer
guten Mutter und den Segen ihres gottgefälligen
Lebens nicht erfahren hat. Vielmehr wird sich,
wenn die Mutter gegen Gott und Tugend gleich-
gültig ist und ein kaltes Herz hat, diese Kälte und
Gleichgültigkeit auch dem Kinde mittheilen, und
was wird vermögend sein, die Eisrinde, welche sich
um sein zartes Herz bildet, wieder aufzulösen?
Wie wird es zur Zeit gelingen, dem Kinde ein
Interesse zu vermitteln für Gott und Religion und
Tugend, für etwas, wovon es zu Hause wenig
oder nichts gehört und gesehen hat, was ihm
in den Jahren, wo das Herz seine Färbung er
hält und der Wille Richtung nimmt, fremd ge-
blieben ist? Namenloses Unglück für ein Kind,
eine Mutter zu haben, welche sich aus Gott und
Religion und aus einem christlichen Leben nichts macht!
O, wenn alle christlichen Mütter das begriffen,
wie unendlich viel daran liegt, daß sie aufrichtig
gottesfürchtig und wahrhaft fromm sind, welch ein
Antrieb müßte es für sie sein, aus allen Kräften
dahin zu streben! So viele Kinder der Herr ihnen
gegeben hat, so vielfach dringt der Aufruf dazu an
ihr Herz. Denn alle diese Kinder werden nur dann
wahrhaft gut, wenn die Mutter es ist; sie werden
nur insofern gut, als die Mutter es ist. Je mehr
die Mutter in echter, gediegener Frömmigkeit fort-
geschritten ist, desto mehr ist sie befähigt, ihre Kin-
der gut zu erziehen, zu desto höheren Stufen kann
sie dieselben heranführen. Sind nicht so manche
Heilige, wovon wir schon Erwähnung thaten, Be-
leg dafür? Sie hatten heilige Mütter; und
diesen hatten sie es nächst Gott zu danken, daß
sie Heilige wurden.
Auf denn, christliche Mütter, werdet euch bewußt
der Erhabenheit eures mütterlichen Berufes, der
nichts Geringeres zur Aufgabe hat, als die von
Gott anvertrauten Kinder zu Gott zu führen; und
eingedenk, daß es unmöglich ist, diese Aufgabe zu
erfüllen, ohne daß ihr selbst Gott euerm Herrn
von ganzem Herzen anhanget und dienet, bietet
Alles auf, um immer mehr fortzuschreiten in der
wahren Liebe zu Gott, in der treuen Erfüllung
Seines h. Willens, in allen christlichen Tugenden.
Das sei der Gegenstand euerer eifrigsten Gebete,
daß der Herr euch mehr und mehr Gnade dazu
gebe.
Die Liebe.
Aber wozu denn hierüber viele Worte? Wo
wäre denn eine Mutter, die ihre Kinder nicht
liebte? Liebe, – die innigste, zärtlichste Liebe
der Mutter zum Kinde ist ja die natürliche Mit-
gift ihrer Mutterschaft. Nur bei der äußersten
Entartung eines Mutterherzens würden wir sie
vermissen; es wäre geradezu Unnatur. Von
dieser – natürlichen – Mutterliebe ist hier
nicht die Rede. Wir sprechen von der Liebe der
christlichen Mutter zu ihrem Kinde, in sofern
sie eine Vorbedingung ist für die Erfüllung ihres
Mutterberufes an ihren Kindern. Dazu reicht
diese blos natürliche Liebe nicht aus; dazu bedarfs
einer höhern, der christlichen, der übernatür-
lichen Mutterliebe. Von ihr sprechen wir.
Die blos natürliche Mutterliebe reicht, wenn es
sich um die Erfüllung der Pflichten handelt, welche
die christliche Mutter in Betreff ihrer Kinder hat,
nicht aus. Ja sie ist, sofern sie für sich allein
und nicht zur höhern christlichen Liebe veredelt ist,
nur zu leicht ein Hinderniß an der Erfüllung der
Mutterpflichten, die Ursache, daß dieselben gar nicht,
oder nicht gebührend erfüllt werden. Oder würde
es schwer sein, Beispiele zu finden, daß Mütter
sich durch ihre blos natürliche Liebe zu ihren Kin-
dern abhalten lassen, das an ihren Kindern oder
für dieselben zu thun, was doch für ihr wahres
Wohl nothwendig ist? Wie oft geschieht es, daß
Mütter, obwohl sie in jener natürlichen Weise ihre
Kinder fast unmäßig lieben, dennoch gerade das
an ihnen versäumen, was sie allein wahrhaft glück-
lich machen kann und sie in einer Weise groß
ziehen, welche zu ihrem Verderben führt. Muß
das nicht von allen Müttern gesagt werden, welche
nur das zeitliche Wohlergehen derselben im
Auge haben und nur dafür sich bemühen? Welche,
um ihren Kindern zeitlichen Gewinn, ein Unter-
kommen u. s. w. zu verschaffen, dieselben der augen-
scheinlichsten Gefahr aussetzen, in schwere Sünde
zu fallen, ihre Unschuld, ihren Glauben zu ver-
lieren?
Ihrer unzeitigen Liebe wegen verstehen sich auch
manche Mütter nicht dazu, ihre Kinder überhaupt
in der rechten Art zu strafen, in Zaum und
Schranken zu halten, ihnen etwas zu versagen, so
sehr es auch Vernunft und Klugheit gebietet; sie
lassen ihnen in Allem ihren Willen, sie gestatten
ihnen, was zu ihrem Verderben dient, sie nähren
durch ihre unzeitige Willfährigkeit in ihnen allerlei
Unarten und Fehler. Könnten wir da, wo wir in
Leichtsinn und Sünde verkommene und unglücklich
gewordene Menschen kennen oder finden, überall
ihre Entartung bis auf die letzte Ursache verfolgen,
wie oft würden wir diese Ursache in den Müttern
derselben finden, eben gerade in ihrer unzeitigen
Liebe zu ihnen.
O ja, jene natürliche, durch den h. Glauben
und durch die Gnade nicht geregelte und geheiligte
und daher unzeitige Liebe der Mütter ist bei un-
zähligen Menschen der Grund zu ihrem zeitlichen
und ewigen Unglücke.
So wahr es daher ist, daß eine innige Liebe zu
den Kindern als ein nothwendiges Erforderniß für
die Erfüllung des Mutterberufs hingestellt werden
muß (sie muß ja der Mutter den Muth, die Ge-
duld, die Ausdauer, den Eifer zur Uebernahme all
der Beschwerden, Opfer und Mühen, welche damit
verbunden sind, geben), so sehr thut es auch Noth,
daß diese Liebe, damit sie diese Zwecke erfülle, den
übernatürlichen Charakter habe, eine christliche, über-
natürliche sei. Sie kommt aus der Gnade und
aus dem Glauben. Alle jene Eigenschaften, welche
wir an der natürlichen Mutterliebe finden, diese
Innigkeit, diese Hingebung, diese Opferwilligkeit,
hat auch die übernatürliche Mutterliebe zu eigen,
nur veredelt, gewissermaßen verklärt, nur in noch
höherem Grade. Nimm einen Obstbaumstamm
und pflanze ihm ein edles Propfreis ein; je fri-
scher und kräftiger der wilde Stamm war, desto
fröhlicher und kräftiger wird das edle Pfropfreis
sich auf ihm entwickeln, desto herrlicher der edle
Obstbaum sich entfalten und Frucht tragen. Ein
solcher kräftiger Stamm ist die natürliche Mutter-
liebe; durch die Gnade und durch den Glauben
zur übernatürlichen Liebe veredelt, wird sie die Vor-
züge der natürlichen Liebe, nur auch veredelt und
erhöhet, erweisen.
Die wahrhaft christliche Mutter nämlich erkennet
in ihrem Kinde, da sie es mit dem Auge des Glau-
bens betrachtet, auch das Kind Gottes. Wie es
in der natürlichen Geburt aus ihr geboren und
dadurch ihr Kind ist, so ist es in der h. Taufe
aus Gott wiedergeboren und dadurch Gottes
Kind. Es ist nicht weniger, ja noch viel mehr
Gottes Kind, als ihr Kind. Alle Liebe daher,
welche die christliche Mutter zu Gott ihrem Herrn
trägt, die wendet sich kraft Seiner Gnade auch
auf Sein Kind, und da sie dasselbe auch als ihr
Kind liebt, so vereinigt sich nun mit dieser ihrer
natürlichen Liebe jene höhere übernatürliche, sie er-
höhend, sie verklärend.
Nicht allein; die christliche Mutter erschauet in
ihrem Kinde ein Brüderchen, ein Schwesterchen
Jesu Christi, des Gottmenschen, ja den Liebling
Seines heiligen Herzens. Sie weiß, wie sehr Je-
sus, der große Kinderfreund, die Kinder, auch ihr
Kind, liebe, wie theuer es Ihm ist. So sehr sie
daher ihren Heiland liebt, so sehr, um so viel
mehr liebt sie um Seinetwillen und in Ihm ihr
Kind mit erhöhter und veredelter Mutterliebe.
Ihr Glaube sagt es ihr, daß ihr Kind ein Glied
ist in jener großen Gemeinschaft der Heiligen;
daß daher der ganze Himmel, Maria, die Himmels-
königin an der Spitze und mit ihr die Auser-
wählten allesammt sich für ihr Kind interessiren,
es als ihr Brüderchen und Schwesterchen lieben,
voll Theilnahme für dasselbe, voll Verlangen nach
seinem Heile. Sie weiß, daß auch jene erhabenen
himmlischen Geister, die h. Engel sich dieser Liebe
der Auserwählten zu ihrem Kinde anschließen, ja!
daß Einer aus ihrer Zahl der ganz besondere
Freund und Beschützer ihres Kindes ist. Wird es
nicht, muß es nicht den Liebling ihres Herzens
ihr unaussprechlich viel theurer machen?
Ihr Glaube lässet sie in ihrem Kinde das
Ebenbild Gottes schauen, welches, in der h. Taufe
mit der heiligmachenden Gnade ausgestattet, das
Bild des höchsten Gottes in sich trägt und daher
in den Augen Gottes unaussprechlich schön und
herrlich ist; er lässet sie in ihm einen Erlöseten
Jesu Christi, des Sohnes Gottes finden, für wel-
chen der Gottmensch auch Sein kostbares Blut
vergossen und welchen Er um diesen theuren Preis
erlauft hat; – er lässet in ihm einen Tempel des
h. Geistes erkennen, der vermöge der heiligmachen-
den Gnade geheimnißvoll in dem Kinde wohnt und
waltet; – er lässet in ihrem Kinde einen Erben
des Himmels sehen, bestimmt, einst ewig an den
Freuden und Wonnen des großen Vaterhauses
Theil zu haben. Muß das alles ihr das Kind
ihres Herzens nicht unaussprechlich kostbar, ja hoch
und hehr erscheinen lassen? O ja! Und ihr Auge
wird fortan mit einer gewissen Ehrfurcht auf dem
Lieblinge ihres Herzens ruhen und das wird ihr
Mutterherz mit h. Freude erfüllen und mit Hülfe
der Gnade die Liebe desselben wundersam erhöhen
und zugleich verklären, und mit der tiefsten Inn-
brunst dieser geheiligten, übernatürlich erhöhten
Liebe wird sie ihr Kind in ihre Arme schließen,
an ihr Herz drücken.
Das ist die Liebe, welche nach Gottes h. Willen
die christliche Mutter zu ihrem Kinde haben soll,
welche ihrem Berufe entspricht. Darum ist Er auch
selbst bereit und darauf bedacht, durch besondere
Gnadenspendung diese übernatürliche Liebe ihr zu
vermitteln und immer höher zu fördern. Das ist
eine von den Gnadenwirkungen des h. Ehesakra-
mentes; und wenn die christliche Mutter fortan
durch Gebet, durch Beiwohnung der h. Messe
durch Beicht und Communion oder durch sonstige
Uebung eine Erneuerung und Mehrung der gött-
lichen Gnade erwirket, da ist es eben auch und
ganz besonders die Mutterliebe, welche durch die
Wirkungen dieser Gnade erneuert und gemehrt
wird. Die Liebe einer christlichen Mutter wurzelt
im tiefsten Grunde in der Gnade und gewinnt aus
ihr Bestand und Wachsthum und wird ganz ins-
besondere durch sie zu einer übernatürlichen. Ja
und eben jene Gesichtspunkte, welche, wie wir sahen,
zur Nährung und Mehrung der Mutterliebe der
Glaube bietet, erhalten schließlich durch diese
Gnade ihr rechtes Licht, ihre volle Wirksamkeit
und Frucht.
Siehe da die Mutterliebe, von welcher wir hier
reden, die Liebe einer christlichen Mutter. Sie ist
das Werk, die Schöpfung Gottes im Mutterherzen.
Er, welcher diesem Herzen jene Macht der natür-
lichen Mutterliebe eingepflanzt hat, ist es auch,
welcher durch Seine Gnade und Wahrheit sie
übernatürlich verklärt, erhöhet und mehrt. Und
erregt das Werk der Natur, die natürliche Mutter-
liebe, mit ihren großen Wirkungen unsere Be-
wunderung und Verehrung, wie viel herrlicher,
schöner und größer ist das himmelentstammende
Werk der Uebernatur, die übernatürliche Mutter-
liebe! Und wie so viel mächtiger und herrlicher
sind ihre Wirkungen und Früchte!
„Stark, wie der Tod, ist die Liebe“
– dieser
Ausspruch des h. Geistes findet seine Bewährung
schon bei der natürlichen Mutterliebe, aber wie erst
bei der übernatürlichen! Ja, jemehr eine Mutter
von echt christlichem Geiste beseelt ist, jemehr daher
die Liebe zu ihrem Kinde den übernatürlichen Cha-
rakter trägt, desto mehr ist es wahr: Keine Mühe
und Arbeit, keine Beschwerde und Unannehmlichkeit,
kein Opfer ist ihr zu groß, zu schwer für ihr
Kind. Welche Last ihr dasselbe bereite, welche
Entbehrungen es ihr auflege, und ob sie um seinet-
wegen nicht Ruhe habe bei Tag und bei Nacht,
sie verliert nicht den frohen Muth, sie harret un-
verdrossen aus; nimmer erliegt sie in Ungeduld
und Verdruß. Für ihr Kind lässet sie sich Alles
gefallen, für ihr Kind thut sie Alles, leidet sie Alles,
opfert sie Alles; selbst das Leben würde sie für
dasselbe einsetzen. Was der h. Apostel von der
christlichen Nächstenliebe überhaupt sagt, wie ist es
voll und ganz erst wahr von der christlichen Mut-
terliebe: „Sie läßt sich nicht erbittern, sie ist ge-
duldig, sie trägt Alles, sie übersteht Alles, sie ist
gütig, sie sucht nimmer das Ihrige.“
Des Kindes Leid ist ihr Leid, sie nicht ruhen
lassend, bis sie es erleichtert, bis sie es abgewendet
habe; des Kindes Freude und Beglückung ist das
stete Ziel ihrer Wünsche und Bestrebungen, ist
ihre Freude und Beglückung. Das ist überhaupt
wahr, aber es ist ganz insbesondere und hauptsäch-
lich wahr von dem höhern Wohl und Wehe des
Kindes.
Die wahrhaft christliche Mutter erkennet und
schauet in ihrem Kinde – wir sagten es schon -
das Kind Gottes, ihr vom großen Vater anver-
trauet; sie soll es Ihm zuführen, sie soll, so viel
an ihr, bewirken, daß es einst zu Ihm in's Himm-
lische Vaterhaus gelange. Grad die übernatürliche
Liebe zum Kinde bewirkt, daß sie das wirklich thue.
Vermöge ihrer ist es der höchste Gegenstand ihrer
Sorge und Bemühung, ihr Kind zu einem voll-
endeten Kinde Gottes heranzubilden, es vor dem
größten Uebel, der Sünde und dem ewigen Ver-
derben zu bewahren, es zu dem höchsten Glücke,
zur Herrlichkeit und Seligkeit des Himmels zu
führen.
Nichts liegt der christlichen Mutter mehr am
Herzen, als daß das Kind vor der Sünde bewahrt
bleibe, daß es, wenn es gesündigt, wenn es Fehler
an sich hätte, davon befreiet werde. So Blanka,
die gottselige Mutter des heiligen Königs Ludwig:
Als derselbe nach seiner Taufe ihr wieder zuge-
tragen wurde, nahm sie ihn in ihre Arme, drückte
einen Kuß auf seine Brust und sprach: „Kind,
du bist jetzt eine Wohnung des h. Geistes; o möge
diese Wohnung nie durch eine Sünde entweihet
werden!“
Als er heranwuchs, suchte sie ihm einen
großen Haß gegen die Sünde einzuprägen und
sprach gar oft wiederholentlich zu ihm: „Mein
Sohn, lieber wollte ich dich des Thrones, ja des
Lebens beraubt, als mit einer Todsünde befleckt
sehen.“
Wir kennen die Frucht dieser heiligen
Mutterliebe: Der Sohn wurde ein Heiliger.
Kein Leid, kein Schmerz, kein Uebel, – das
ist die Ueberzeugung der christlichen Mutterliebe -
kann auch nur von fern sich messen mit dem Leid,
dem Schmerze, dem Uebel, welche Sünde und
Verkehrtheit über das Kind bringen würde. Daher
liegt dieser wahren Mutterliebe nichts so fern, als
unzeitige Zärtlichkeit und Schonung, da, wo es sich
um die Verhütung oder Forträumung der Sünde
handelt. Daher nimmt die christliche Mutter nicht
Anstand, an ihrem Kinde eine strenge Zucht zu
üben, ihm Manches vorzuenthalten, es zu strafen,
ja selbst körperliche Züchtigung an ihm zu voll-
führen, so oft sie darin das einzige Mittel erkennt,
das Kind vor Sünde zu bewahren oder es zu
bessern. Ist ja ihre Liebe zum Kinde ein Aus-
fluß jener Liebe, die im Herzen Gottes gegen die
Menschen waltet. Hält dieselbe den Herrn ab,
uns, wo es Noth thut, zu züchtigen und zu stra-
fen? Im Gegentheil: „Die Gott lieb hat,“
sagt
der Apostel, „die züchtigt Er und hält streng jeg-
lichen Sohn, dessen Er sich annimmt.“
Es ist dieselbe erleuchtete Liebe, welche die christ-
liche Mutter vermag, über ihr Kind zu wachen,
um, so viel an ihr, Alles von ihm fern zu halten,
was es in Gefahr bringen würde, an seiner Seele
Schaden zu nehmen, sei es im Hause oder außer
demselben, seien es leichtfertige Reden, böse Bei-
spiele, gefährlicher Umgang, bedenkliche Belusti-
gungen oder was immer. Je vollkommner die
Liebe, desto sorgsamer, desto eifriger diese Wach-
samkeit.
Daß das Kind in wahrer Gottesfurcht und
Frömmigkeit heranwachse, das ist der höchste Wunsch
eines jeden von der übernatürlichen Liebe beseelten
Mutterherzens. Je größer und inniger daher diese
Liebe, desto eifriger auch ihre Bestrebungen, das
Kind von frühester Jugend an durch Wort und
Beispiel zu allem Guten, zu immer vollkommnerer
Erkenntniß der religiösen Wahrheiten, zum Gebete,
zur Liebe gegen Gott, zu wahrer Nächstenliebe
und zu jeglicher Tugend anzuleiten. Wie nämlich
der Mutter eben wegen ihrer Liebe das zeitliche
Wohl ihres Kindes am Herzen liegt, so auch und
noch viel mehr, unendlich mehr, das Heil seiner
Seele, und daher, daß es in einem gottgefälligen
Leben bestehe und gedeihe. Weiß sie ja auch, daß
ohne Gottesfurcht und Frömmigkeit nicht einmal
hier auf Erden wahres Wohlsein zu Stande kommen
könne.
Ruft so die Liebe die eifrigsten und angelegent-
lichsten Bemühungen der Mutter für das Wohl
des Kindes wach, so ist sie es auch, die den Eifer
des Gebetes für das Kind rege hält und mehrt.
Was nämlich die Mutter für ihr Kind auch thue,
es genügt ihr dennoch nimmer; ein viel reicheres
und höheres Glück, als sie ihm vermitteln kann,
wünscht sie ihrem Kinde. Darum führet die wahre
Liebe die Mutter immer von Neuem zum Throne
Gottes, um für ihr und Sein Kind alles das zu
erflehen, was ihrer Liebe für dasselbe erwünscht
erscheint.
Genug! Das Gesagte reicht hin, um zu zeigen,
welche hohe Bedeutung im Berufe der Mutter die
wahre, erleuchtete, christliche Liebe habe. Sie ist
die Bedingung, daß die Pflichten dieses Berufes
überhaupt, daß sie in rechter Weise, daß sie desto
vollkommener und erfolgreicher erfüllt werden. Auch
von ihr kann man sagen, was der h. Geist von
der „Weisheit“
sagt: „Mit ihr ist mir Alles
Gute zugleich gekommen.“
Und jemehr die Mutter-
liebe jenen wahrhaft höhern, christlichen, über-
natürlichen Charakter hat, desto reichlicher wird sie
die angedeuteten heilsamen Wirkungen erweisen.
Liegt darin nicht eine kräftige Aufforderung für
jede Mutter, diese übernatürliche Liebe zu ihren
Kindern in sich zu üben, zu nähren, zu vervoll-
kommnen? Sie thut es schon durch jede Uebung
des christlichen Lebens. Kann die Mutterliebe,
wovon hier Rede war, überhaupt nur bei einer
wahrhaft christlichen Mutter zu Stande kommen,
so wird durch jeden Fortschritt in der christlichen
Frömmigkeit auch sie Zuwachs und höhere Voll-
kommenheit gewinnen. Aber auch unmittelbar wird
sie genährt und gefördert durch die Beherzigung
der Glaubenswahrheiten, welche wir oben in Er-
wähnung gebracht haben. Sie sollten also der
oftmalige Gegenstand des Andenkens, des Nach-
denkens, der Beherzigung der christlichen Mutter
sein. Dieselbe sollte sich gewöhnen, ihr Kind recht
oft mit dem Blicke des Glaubens zu betrachten.
Alles was dieser Glaubensblick an ihrem Kinde
oder in Betreff desselben erschauen läßt, ist in so
hohem Grade geeignet, das Kind ihrem Herzen so
viel theuerer zu machen.
Insbesondere aber sollte die Mutter zum Herrn
stehen, daß Er ihr solche Liebe verleihe; daß Er
durch Seine Gnade ihre natürliche Liebe überna-
türlich verklären und dieselbe in ihr zu immer
höherer Vollkommenheit führen möge. Doch wir
kommen noch darauf zurück.
Die Mitgift.
Wenn der Sohn, die Tochter, zu reiferen Jah-
ren herangewachsen, das elterliche Haus verlassen,
um ein eigenes Familienwesen anzutreten, da wer-
den sie von der sorgsamen Liebe der Eltern mit
dem, was zum Beginne eines eigenen Hauswesens
Noth thut, nach Kräften ausgestattet; das ist eine
Mitgift. Von dieser Mitgift ist hier nicht die
Rede. Wir haben ja das zarte, junge Kind im
Auge und den Einfluß der Mutter auf dasselbe.
Aber es gibt noch eine andere Mitgift welche von
den Eltern, insbesondere von der Mutter auch schon
dem zarten Kinde vermittelt wird.
Wenn am Taufmorgen das Kindlein heimge-
tragen wird, da empfängt es die gläubige Mutter
mit dankgerührtem Herzen. Sie schauet in ihrem
Kinde nun auch das Kind Gottes; als solches ist
es hervorgegangen aus seiner Wiedergeburt in der
heiligen Taufe. Und vermöge dieser Wiedergeburt
ist es ausgestattet mit den kostbarsten Gütern des
Himmels, mit der heiligmachenden Gnade und mit
allen Vorzügen und Anrechten derselben. Das ist
die Mitgift des himmlischen Vaters, das ist die
Mitgift der geistigen Mutter des Kindes, der heil.
Kirche, für das Leben in der heiligen Kirche,
für das Leben in der Ewigkeit, für das ewige
Leben.
Aber auch von der leiblichen Mutter (wie vom
leiblichen Vater) hat das Kind eine Mitgift er-
halten und bringt sie mit auf die Welt. Das
sind die Eigenschaften der Mütter, ja vielleicht
ihre Eigenthümlichkeiten. Sie gehen in geheimniß-
voller Weise von der Mutter auf das Kind über.
Betrachte dieses Kind! Ist es nicht das Eben-
bild seiner Mutter? Dieselbe Gesichtsbildung,
dieselben Augen, dieselbe Stirn, dieselben Züge;
und wenn es heranwächset, welche Aehnlichkeit in
Größe und Körperbildung, im Gange und Be-
nehmen! Es ist als ob sich die Mutter ihrem
Körper nach im Kinde verjüngt habe. Aehnlich,
nur meist noch weit mehr, gehen auch die geisti-
gen Eigenschaften der Mutter auf das Kind über,
besonders die Eigenschaften ihres Herzens. Lasset
die Mutter recht sanft und milde und freundlich,
gütig und barmherzig sein, lasset sie auf Ordnung
und Reinlichkeit halten, lasset sie gewissenhaft,
wahrheitsliebend, redlich sein, und ihr werdet leicht
in ihren Kindern, wenn ihr sie näher beobachtet,
von frühester Jugend an einen natürlichen Zug zu
all diesen schönen Eigenschaften hin wahrnehmen.
Ja, ist die Mutter von den Gesinnungen aufrich-
tiger Gottesfurcht und Frömmigkeit durchdrungen,
so wird das Kind leicht eine gewisse natürliche An-
lage zur Frömmigkeit mit auf die Welt bringen.
Siehe da die Mitgift der Mutter an ihr Kind;
eine kostbare Mitgift.
Aber auch im Gegentheil: Auch die Verkehrt-
heiten der Mutter vererben sich auf die Kinder.
Verfolgt man, wo man an Kindern mit wehem
Herzen oft schon so früh so vielerlei Unarten und
eine Neigung zu den manchfachsten Verkehrtheiten
erfährt, die Spur, so wird man nur zu oft die
traurige Entdeckung machen, daß der tiefste Grund
und die eigentliche Quelle dieser Fehler und Un-
arten in der Mutter (vielleicht auch mit ihr im
Vater) sich finden. Die Mutter ist eigensinnig,
reizbar, zornmüthig; das Kind auch. Sie ist eitel
und putzsüchtig; das Kind auch. Sie ist lügenhaft,
sie ist genußsüchtig; so auch ihr Kind. Die Mutter
hat die Makel der Unlauterkeit an ihrer Seele;
und ach, das Kind neigt gleichfalls schon früh dahin.
Die Mutter ist unredlich, unehrlich, sie streckt ihre
Hand nach fremdem Gut aus, und das Kind ver-
fällt in denselben Fehler. So ist es. Als ob die
Mutter den Samen, die Keime ihrer Fehler in
das zarte Herz ihres Kindes hinübergepflanzt habe,
so sehr treten dieselben Fehler im zarten Herzen
und Leben des Kindes zu Tage; ein Hang zu
denselben, eine Neigung dazu ist ihm ange-
boren. Auch eine Mitgift der Mutter an ihr
Kind; eine unselige Mitgift.
Die Thatsache ist unbestreitbar. Belege für sie
lassen sich in jedem Hause finden. Freilich diese
angebornen Fehler oder Tugenden sind noch keine
wahren Tugenden oder Fehler; das Kind ist durch
die ersten an sich noch nicht wohlgefällig vor dem
Herrn und wegen der letztern an sich nicht miß-
fällig vor Ihm. Aber wie sehr tragen diese natür-
lichen angeerbten Tugenden und Fehler dazu bei,
daß der Mensch zur Zeit zur wahren christlichen
Tugend komme und daß er es recht weit darin
bringe, oder, daß er um so leichter jenen Fehlern
anheimfalle und tiefer in dieselben versinke.
Es ist wahr, es wird schließlich Niemand, wel-
cher der Sünde und dem Laster anheimfällt, sich
vor Gott mit der Heftigkeit seiner natürlichen,
vielleicht von den Eltern ererbten, Neigungen ent-
schuldigen können; war doch der Herr bereit, ihm,
sofern seine angebornen Neigungen ihm die Mei-
dung der Sünde schwerer machten, auch größere
Gnade zur Ueberwindung derselben zu geben, wenn
er sich nur in gebührender Weise darum bewarb.
Jeder kann mit der Gnade Gottes sein Heil
wirken. Aber zeigt nicht die traurige Erfahrung,
daß Menschen, welche angeborene böse Neigungen
haben, sich von denselben nur zu leicht hinreißen
und überwinden lassen? Und so ist es gleichfalls
ein Erfahrungssatz, daß angeborene Anlagen zur
Tugend so viel sicherer die Uebung der Tugend
zur Zeit erwarten lassen, wie sie denn auch wesent-
lich dazu beitragen mögen, daß man einen höheren
Grad darin erreiche.
Welch ein Vorwurf daher für eine Mutter, wenn
sie ihre Verkehrtheiten, Fehler und Sünden in
ihren Kindern gewissermaßen abgeprägt findet!
Welch' eine Bitterkeit, wenn sie, wie es nur zu
leicht der Fall ist, mit der Zeit von den Unarten
und Fehlern ihrer Kinder selbst so viel Hartes und
Unangenehmes zu erfahren hat und sich sagen muß:
Du selbst bist Schuld daran! Du hast selbst diese
Zuchtruthe für dich gewunden. Und welcher Gram,
wenn dann die von ihr ererbten Fehler in den
Kindern zur Leidenschaft heranwachsen und dieselben
wie in zeitliches, so in das ewige Verderben zu
stürzen drohen!
Auch hierin liegt eine ernste Mahnung und
Verpflichtung für die christliche Mutter (auch für
den Vater), daß sie es sich angelegen sein lasse, sich
alles dessen, was tadelhaft, verkehrt und böse ist,
zu enthalten, daß sie sich ihrer Fehler mehr und
mehr entledige, damit sie nicht ihren Kindern eine
so traurige Mitgift in's Leben bereite; – es liegt
der kräftigste Antrieb darin, sich jeglicher Tugend
und alles wahrhaft Guten zu befleißigen, damit die
Anlage zu demselben Guten, zu denselben
Tugenden das Erbtheil der Kinder von ihrer Mut-
ter sei.
In der That ist diese Uebertragung der Fehler
und Tugenden der Mutter auf das Kind nicht
allein und nicht zunächst dem Einflusse, welchen die
Mutter durch ihr Wort und Beispiel auf das Kind
ausübt, zuzuschreiben, sondern auch jener geheimniß-
vollen Einrichtung des Schöpfers, vermöge deren
die Mutter ihrem Kinde von ihrem innersten We-
sen mittheilt, gleichwie sie ihm durch die Mitthei-
lung des Blutes, so in ihren Adern rinnt, und
durch die Spende ihrer Mutterbrust das leibliche
Leben vermittelt. Ja, und mit jener Mittheilung
ihrer körperlichen Bestandtheile vollzieht sich auch
geheimnißvoll die Mittheilung der Verfassung ihres
Herzens, der Beschaffenheit ihrer Seele überhaupt
und insbesondere derjenigen Beschaffenheit, welche
während der Zeit, wo jene körperliche Mittheilung
sich vollzieht, stattfindet. Und so geschieht es denn,
daß die Mutter selbst schon vor der Geburt ihres
Kindes jenen merkwürdigen Einfluß auf die Her-
zensverfassung und Gemüthsbeschaffenheit desselben
ausübet, den die Erfahrung so oft bestätigt. Die
Gesinnung, die Herzensverfassung, welche die Mut-
ter in der Zeit, welche der Geburt des Kindes
vorhergeht, in sich nährt, geht nicht selten in der
auffälligsten Art auf das Kind über.Man hat Beispiele, daß, wenn Mütter in dieser
Zeit z. B. sich eines Diebstahls schuldig machten, das
Kind zur Zeit einen unwiderstehlichen Hang zum
Stehlen zeigte. – Bei einem jungen Manne trat ein
Hang zu frommen Uebungen und ein Zug inniger
Frömmigkeit in sehr auffälliger Weise zu Tage, wäh-
rend seine Angehörigen sämmtlich eine große Gleich-
gültigkeit gegen Gott und Religion bewiesen; er wurde
später Ordensmann. Erst hintennach erfuhr man, daß
die Mutter desselben in der Zeit vor seiner Geburt
sich mit dem Gedanken getragen, sie werde bald ster-
ben und sich daher durch einen großen Eifer in re-
ligiösen Uebungen zum Tode vorzubereiten suchte (wie
sie denn auch wirklich starb); und das Räthsel war
gelöset.
Welch eine ernste Verpflichtung also für christ-
liche Mütter, diese Zeit, die Wochen und Monate
vor des Kindes Geburt heilig zu halten. Wie sehr
sollen sie vor jeder unordentlichen Gemüthsbewe-
gung, vor jeglicher Verkehrtheit sich hüten! Wie
soll es ihnen am Herzen liegen, sich in wahrer
christlicher Frömmigkeit zu üben, eifrig zu sein im
Gebete, in Beiwohnung der h. Messe und des
Gottesdienstes, im Empfang der h. Sakramente, in
jeglichen guten Werken, insbesondere in Werken der
Barmherzigkeit!
So wird es in den Legenden von den Müttern
mancher Heiligen erzählt. Schon vor der Geburt
weiheten sie diese ihre Kinder nach dem Zuge ihres
frommen Herzens dem Herrn und begleiteten
diese Widmung mit den mannichfaltigsten guten
Werken und mit vielem Gebet und Flehen für
ihre Kinder. Und so geschah es, daß sie denselben
eine gewisse Anlage zur Heiligkeit und einen Reich-
thum der kostbarsten für sie vermittelten Gnaden
gewissermaßen mit auf die Welt gaben. Und es
wird einst offenbar werden, wie sehr diese kostbare
Mitgift, der vortrefflichen Mütter dazu beigetragen
habe, daß ihre Kinder zu so hohen Stufen der
Heiligkeit gelangten und welchen reichen Antheil
an den Tugenden und Vollkommenheiten und den
großen Werken dieser Heiligen ihre heiligen Mütter
haben. Es wird ewig ihr Ruhm und ihre Selig-
keit sein.
Wer sieht nicht ein, welch große und heilige
Verpflichtungen in dem Gesagten für die christliche
Mutter begriffen liegen, Verpflichtungen, deren
treue und gewissenhafte Erfüllung so wesentlich für
das Wohl und Wehe der Kinder für Zeit und
Ewigkeit entscheiden hilft. Das ist es auch, was
uns vermocht hat, diesen Punkt, der sonst so zarter
Natur ist, trotz einer gewissen Scheu, hier zur
Sprache zu bringen; er greift so wesentlich in das
Wohl und Wehe der Kinder ein. Wolle Gott, daß
wir es nicht vergeblich gethan haben! Möge es
dazu beitragen, daß die christlichen Mütter um so
eifriger es sich angelegen sein lassen, ein wahrhaft
christliches Leben zu führen, jegliche Sünde und
sündhafte Neigung aus ihrem Herzen und Leben
fortzuräumen, in jeglicher Tugend sich zu üben,
auf daß sie allesammt ihren Kindern die kostbare
Mitgift der Anlage zu allem Guten vermitteln
mögen.Um jeglichem Mißverständnisse vorzubeugen, fügen wir
folgende Bemerkung bei: Wenn wir in dem hier
Gesagten den von den Eltern ererbten natürlichen
Anlagen oder Dispositionen zu gewissen Tugenden
oder Fehlern so große Bedeutung beilegen, so sind
wir selbstredend weit entfernt, dadurch jener verwerf-
lichen Ansicht der Ungläubigen (der Materialisten),
welche von einer unsterblichen Seele, von Gott und
Gnade nichts wissen wollen, auch nur im Mindesten
das Wort reden zu wollen, als ob eben die Tugenden
und Laster nichts seien, als das Zutagetreten gewisser
natürlichen, im tiefsten Grunde in der Beschaffenheit
des Körpers wurzelnden Dispositionen. Wie schon
angedeutet worden, so liegt der eigentliche tiefe Grund
der Tugenden und Fehler in der unsterblichen Seele
und in ihrem Verhältniß zur göttlichen Gnade. Den-
noch hat die – mehrfach vielleicht von den Eltern
ererbte – Beschaffenheit der natürlichen Seite des
Menschen, auch selbst seines Leibes auf die Seele bei
der Uebung des Guten oder des Bösen oft einen be-
deutenden, hindernden oder fördernden Einfluß, so
daß vermöge der natürlichen, ererbten Anlagen zum
Guten oder zum Bösen das Gute oder das Böse im
Allgemeinen so viel leichter und eher geschieht, so viel
sicherer erwartet oder gefürchtet werden darf. Wer
sieht also nicht, welch große Bedeutung diese ererbten
Anlagen haben, obwohl es im tiefsten Grunde stets
der von der Gnade unterstützte Wille ist, der in Be-
nutzung der Gnade das Gute, in Nichtbenutzung der-
selben das Böse thut. Und wie der Mensch auch bei
den günstigsten natürlichen Anlagen ohne die Gnade
dennoch nichts wahrhaft Gutes vermag, so kann er
mit der Gnade auch die ungünstigsten, schlimmsten
natürlichen Neigungen überwinden.
Darum wird auch Niemand seine Sünden einst vor
Gott mit der Heftigkeit und Macht seiner angebornen
bösen Neigungen entschuldigen können; Gott war be-
reit, ihm mit Seiner Gnade beizustehen, um sie zu
überwinden; er durfte nur um diesen Gnadenbeistand
sich gebührend bewerben. Immer ist es schließlich und
im tiefsten Grunde des Menschen eigene Schuld, wenn
er sündigt und verloren geht. Aber wenn dabei nicht
verkannt werden kann, daß etwa bei einem Kinde ge-
wisse böse Neigungen der nächste Anlaß zur Sünde
und so zum Verderben gewesen sind, bleibt es dann
nicht für die Mutter ein unsäglich bitterer Vorwurf,
sich sagen zu müssen: Diese heftigen bösen Neigungen
hatte oder hat es durch mich.
Die Weihe.
Nimm diese Pflanze, diese Blume; soll sie wach-
sen und gedeihen, so kommt's ganz wesentlich darauf
an, daß die Atmosphäre (der Dunstkreis, die Luft)
die entsprechende Beschaffenheit habe. So gedeihen
gewisse Blumen, vielfach die schönsten, nur unter
dem milden, sonnenwarmen südlichen Himmel. Und
wird nicht im Frühjahre Alles verkümmern und
krüppelhaft bleiben und vergehen, wenn unablässig
der kalte Nordwind wehet und Nässe und Kälte
waltet, und der Sonne milder Strahl sich nicht
geltend machen kann und heilsame Bestandtheile
für die Luft sich nicht lösen? So muß auch im
Hause eine entsprechende Atmosphäre herrschen, soll
anders das Gute im Kinde gedeihen. Der Herr
hat in der h. Taufe mit dem übernatürlichen Le-
ben die Keime der herrlichen Himmelspflanzen, des
Glaubens, der Hoffnung und der Liebe und aller
darin begriffenen Tugenden in das zarte Kindes-
herz gleichsam eingepflanzt; dort sollen sie wachsen
mehr und mehr und sollen sich zur Blüthe ent-
falten und Früchte zur Reife bringen für's ewige
Leben. Das elterliche Haus ist das Gehege, dem
diese Himmelspflanzung des Kindesherzens in den
ersten Jahren fast ausschließlich anheimgegeben,
worin sie geborgen ist, und so kommt denn Alles
darauf an, daß hier im elterlichen Hause die rechte
Atmosphäre sei, mit andern Worten, daß im elter-
lichen Hause ein echt christlicher Geist herrsche, daß
in allen Beziehungen und Verhältnissen des Fa-
milienlebens das Walten und die Herrschaft eines
wahrhaft katholischen Lebens zu Tage trete. Und
daß Solches der Fall wirklich sei, ist namentlich
für die erste Jugend des Kindes, für die Jahre
der eigentlichen Kindheit – so fast vor Allem
Sache der Mutter.
Das ist Gottes gnädiger Wille, eine solche, ich
möchte sagen echt christliche Atmosphäre sollte in
jeglichem Hause herrschen, auf daß darin jene kost-
baren Keime der Tugenden des christlichen Lebens
sich entfalten, wachsen und erblühen und zur reich-
sten Frucht sich entwickeln möchten und das kind-
liche Herz eine wahrhaft christliche Weihe em-
pfange.
Denken wir uns ein Kind, welches von seiner
zartesten Jugend an in einer solchen echt katho-
lischen Familie stände, in einem Hause lebte, wo
Alles vom Geiste katholischer Gottesfurcht und
Frömmigkeit beseelt wäre, welches nie irgend etwas
zu sehen und zu vernehmen hätte, was diesem
Geiste widerspricht, dem vielmehr in dem Betragen,
im Reden, im Thun und Lassen der Angehörigen,
selbst in der Ausstattung des Hauses der Ausdruck
echt katholischen Sinnes und wahrer Frömmigkeit
entgegenträte; würden wir es nicht so fast für un-
möglich halten müssen, daß ein solches Kind nicht
zu gleichem Sinn und Leben heranwüchse? Das
ist die Atmosphäre eines echt christlichen Hauses;
sie trägt unendlich viel bei zur glücklichen, wahrhaft
christlichen Entwickelung des Kindes, sie ist es,
welche dem zarten Herzen des Kindes in Wahrheit
eine gewisse Weihe, die Weihe des christlichen
Lebens verleihet.
Also auf, christliche Mutter, schaffe, so viel an
dir ist, eine solche Atmosphäre um deine Kinder.
Es ist vor allem deine Sache. Ist ja das Kind
– wir wiesen schon früher darauf hin – in
seinen ersten, entscheidungsvollsten Jahren haupt-
sächlich, ja vielfach so fast ausschließlich auf die
Mutter angewiesen. Ihr Verhalten, ihr Reden
und Thun, ihre Art und Weise, ihr Beispiel, ihr
sämmtliches Walten im Hause, das schaffet für
ihre Kleinen die Atmosphäre. Wohl ihr und dem
Kinde, wenn sie es versteht, dieselbe wahrhaft
christkatholisch, d. i. wahrhaft heilsam für ihre
Kinder zu gestalten. Eine jede wahrhaft christliche
Mutter thut's.
Schon das Haus selbst hat durch ihre Vermit-
tlung eine christliche Ausstattung. Da findet man
in den verschiedenen, wenigstens in den Haupt-
räumlichkeiten des Hauses religiöse Bilder, ein
Crucifix, vielleicht eine Statue der Mutter Gottes
und anderer Heiligen; da findet man Weihwasser-
brünnchen, vielleicht auch geweihete Kerzen u. s. w.
Das Kind sieht, wird aufmerksam, fragt, hört von
der Mutter die Bedeutung, lernt, und nimmt
durch Sehen und Hören heilsamen religiösen
Eindruck in sich auf und wird früh an katho-
lisches Leben gewöhnt; eine Weihe seines kindlichen
Herzens.
Mehr aber noch ist es das christliche Leben der
Mutter selbst, was jene heilsame Atmosphäre schafft.
Das Kind merkt, daß die Mutter betet, zur Kirche,
zur Predigt, zur h. Beicht, zur h. Communion.
geht; es sieht die Mutter vor und nach dem Essen
andächtig ihre Hände falten und beten; und das
alles wird ihm, eben weil's die Mutter thut, von
früh an ehrwürdig, und es fühlt sich zu allem
diesem gleichfalls angetrieben, und thut und macht
es nach, so viel es kann.
Oder, das Kind sieht, wie die Mutter so arbeit-
sam ist, wie sie auf Reinlichkeit und Ordnung hält,
wie sie bei Beschwerden, Unannehmlichkeiten und
Leiden so ruhig ist, so geduldig, nie hört es aus
ihrem Munde ein verdrießliches Wort, noch weni-
ger Zorn und Flüche. Es sieht, wie die Mutter
so theilnehmend, so milde und freundlich ist gegen
Alle im Hause; wie sie auch gegen andere Leute
so gut ist, ihnen gern Gefallen thut und hilft, wie.
sie die Armen unterstützt; und siehe, lauter stumme
Predigten für das Kind, es macht gern der Mut-
ter das alles nach, es wird, ohne daß die Mutter
vielleicht nur ein Wort darüber sagt, zu allen diesen
Tugenden angeregt; die Keime dieser Tugenden,
welche Gott ihm in's Herz gelegt hat, fangen an
zu wachsen und gedeihen.
Und so in Allem. Das ganze Schalten und
Walten einer wahrhaft christlichen Mutter ist in
der That für das Kind wie eine günstige, gesegnete
Atmosphäre, worin die von Gott in seinem Herzen
grundgelegten Keime fröhlich aufsprießen und reiches
Wachsthum gewinnen und ihm von früh an Hoch-
schätzung und Liebe zur Religion und Tugend ein-
geflößt wird. Es ist die christliche Weihe
des Kindesherzens. Ja, der Einfluß, den das
allseitig christliche Verhalten einer Mutter auf ihr
Kind ausübt, senkt sich tief in das ganze Wesen
desselben ein, um so fast unverwüstlich darin zu
wirken, und ist in mancher Hinsicht so viel höher
anzuschlagen, als Ermahnungen und sonstige Ein-
wirkungen auf das Kind. Glückliches Kind, das
ihn an sich erfahren hat! Ein Glück, eine Gnade,
womit nichts auf Erden sich messen darf.
Die Einführung in die christliche
Wahrheit.
Wenn das Kind auf die so eben erwähnte Art
im elterlichen Hause vom christlichen Geiste allseitig
gleichsam angewehet wird, so lebt es sich unwill-
kürlich in denselben hinein; sein Herz empfängt,
so fast ohne es zu wissen, eine christliche Ver-
fassung.
Aber auch unmittelbar sucht die Mutter dahin
thätig zu sein, das Kind in das christliche Leben
einzuführen. Sie thut es vor Allem durch Ein-
führung des Kindes in die christliche
Wahrheit.
Eingedenk, daß Gott dem Herrn der erste und
höchste Antheil an ihrem Kinde gebühre und daß
Er es ihr anvertrauet habe, um es für Ihn zu
erziehen, ist die Mutter schon früh darauf bedacht,
sein Herz und seinen Sinn auch durch Lehre und
Anleitung auf Gott und das Höhere hinzulenken.Unlängst lasen wir einen Brief, worin eine brave
christliche Jungfrau, welcher die kleineren Kinde einer
hochadeligen Familie anvertrauet sind, sich über ihren
kleinsten Pflegling in folgenden Worten äußert: „Das
kleine Kindchen wird so niedlich; es kann schon so
schön seine Händchen falten, wenn ich des Morgens
sein Gebetchen mit ihm mache; und dabei horcht
es mit einem ganz ernsten Gesichtchen auf
jedes Wort, welches ich ihm vorsage
und fängt auch an, mir einige Worte nachzusprechen.“
Sollen wir's verhehlen, – diese Worte haben uns
recht gerührt. O, dachten wir, wenn's so rings die
Mütter mit ihren Kindern hielten, um schon in den
zartesten Jahren anzufangen, sie zu Gott hinzuleiten.
– Wir glaubten es uns auch nickt versagen zu
sollen, aus dem Briefe einer jungen Mutter (unserer
früheren Schülerin), der wir die erste Auflage dieses
Werkchen's zugeschickt hatten, Folgendes mitzutheilen:
„...Eine besondere Freude empfand ich beim Durch-
lesen des Büchleins darüber, daß ich mit Manchem,
was dasselbe den Müttern an's Herz legt, schon den
Anfang gemacht hatte. Erlauben Sie, daß ich Eini-
ges anführe: So kann sich unsere kleine Maria (sie
ist jetzt ein Jahr und acht Monate alt) schon allein
segnen und das kleine Gebetchen „Lieber Gott, mach
mich fromm, daß ich in den Himmel komm“
beten.
Auch betet sie für Mama, Papa, Großpapa und
Großmama und Onkel. Und wenn ich sie frage:
„Mariechen, wo ist der liebe Gott?“
dann sagt sie:
„Oben im Himmel; wenn Mariechen artig ist, top
(komm) in Himmel in.“
Wo sie nur ein Crucifix
sieht, da will sie den lieben Gott küssen. – Wir
freuen uns so darüber. „Auch mein Mann“
(ein
Beamter) „steht mir hierin treulich zur Seite; so läßt
er sie, wenn er sie Abends mal zu Bette bringt, ihre
kleinen Händchen falten und beten, auch des Mittags
vor und nach Tische“
... „Auch meiner guten Mutter
verdanke ich so Vieles, da sie mich von Kind an zu
allem Guten angehalten hat. Noch jetzt bete ich noch
jeden Morgen nur mit etlichen Zusätzen die gute
Meinung, die sie mich als Kind beten gelehrt hat“
...
„Wie drängt es mich jetzt oft, zu Gott zu beten, daß
er die kleine Maria und das Kind, daß ich unterm
Herzen trage, in der Unschuld erhalten wolle. Ach
ja, wenn ich das kleine unschuldige Wesen so in der
Wiege schlummern sehe, da muß ich oft weinen und
es schaudert mich bei dem Gedanken an die Gefahren,
denen es vielleicht noch ausgesetzt wird. Dann muß
ich zu Gott flehen, daß Er helfe, mit meinem Manne
vereint die Kleinen zu guten Menschen heranzubilden.
Hierin soll nun auch das liebe Büchlein mir dienlich
sein; ich werde es fleißig gebrauchen“
...
Es ist in der That etwas Wundersames um die
Empfänglichkeit der Kinder für Gott und das Höhere.
Selbst wenn sie noch nicht das rechte oder volle
Verständniß für die Lehren der h. Religion haben,
ist es, als ob in dem Innersten ihres Wesens
eine Saite anklinge, wenn man ihnen von Gott,
vom lieben Heilande, vom Himmel und himmli-
schen Dingen erzählt; so hingebend und so fromm
nehmen sie es auf und auf ihrem kindlichen Ge-
sichtchen malt es sich, welchen Eindruck es auf ihr
Herz gemacht hat. Es sind gewissermaßen die
von Gott selbst im Kinde gespannten Saiten, welche
bei solchen Gelegenheiten anklingen.
Darum ist auch der Grundsatz so verwerflich,
man müsse die Kinder in den Jahren ihrer zarten
Jugend nicht mit solchen Dingen behelligen, weil
sie dieselben ja doch noch nicht verstehen könnten.
Sie verstehen dieselben freilich nicht so, wie die
Erwachsenen; aber sie verstehen viel mehr davon,
als man gewöhnlich annimmt; sie verstehen genug
davon, um es mit Nutzen zu hören und zu lernen.
Und der größte Vortheil ist, daß auf solche Art
schon früh, daß in den Jahren, wo die Richtung
des menschlichen Herzen stets für's ganze Leben so
wesentlich bestimmt wird, die kindlichen Herzen für
Gott und das Höhere gewonnen werden. Das
volle Verständniß werden sie dann auch schon ge-
winnen. Dagegen wie schwer ist es, Kinder, welche
schon zu reiferen Jahren herangewachsen sind, ohne
von Gott und göttlichen Dingen zu hören, zu
sehen, oder zu ihnen angeleitet zu werden, noch
dahin zu bringen, daß sie für Gott und das
Höhere wahrhaft ein Herz haben. Sie lernen und
verstehen vielleicht, aber das Herz bleibt kalt dabei.
Das Kleine wächset nun heran; es entwickelt
sich zu einer gewissen Selbstständigkeit; es lernt
sprechen, – es kann allein gehen. Gern verfolgt
die Mutter diese ansteigenden Stufen der Ent-
wickelung des natürlichen Lebens ihres Kindes mit
entsprechenden Belehrungen und Anleitungen für
das höhere Leben. Sie sagt dem Kinde manches
vom lieben Gott, sie erzählt ihm vom lieben Hei-
lande.Wie er auch Gott sei und uns zu Liebe Mensch
geworden und ein Kind gewesen sei; wie Er geboren,
wie Er sich als Kind und Knabe zu Hause gegen
Mutter und Vater benommen, wie Er ihnen in ihren
Arbeiten geholfen habe; insbesondere, daß Er zu jeder
Zeit, auch wo Er schon Seine göttliche Lehre ver-
kündete und so große Wunder wirkte, die Kinder so
lieb hatte, sie zu sich rief, sie umarmte und herzte und
segnete und so viel Schönes von ihnen und zu ihnen
sagte; wie Er dann für uns am Kreuze gestorben,
aber wieder auferstanden und nun im Himmel sei,
und uns so gern helfen wolle, daß wir dorthin zu
Ihm kommen und mit Ihm ewig glücklich seien.
So, wenn die Mutter etwa in der Stube, oder
am Feuer, oder im Sommer vor der Thür bei
ihrer Arbeit dasitzt und das kleine Kind ist um
sie, mit seinem Spiel oder auch mit seiner Arbeit
beschäftigt; oder es steht vor ihr, die Händchen in
ihren Schooß gelehnt, oder an ihrem Kleid oder
an ihrer Arbeit spielend. Siehe, wie hängt das
Kleine mit Aug und Mund an der Mutter, wenn
sie dabei von jenen lieben Sachen ihm erzählt! -
Oder es ist Sonntag, da setzt sich am Nachmittage
oder Abende oder am Morgen, wenn die Andern
zur Kirche sind, die Mutter mit ihrem Kleinen zu
solcher Unterhaltung hin; oder sie nimmt in freier
Stunde dasselbe an die Hand, geht mit ihm in
den Garten oder hinaus in die freie Natur; da
wird das Kind aufmerksam gemacht auf all das
Schöne, was dem Aug' begegnet, und wie es der
liebe Gott und Vater sei, der das alles, – und
Alles so schön – gemacht habe, diese Pflanzen
und Blumen und Früchte, diese Vöglein und Thiere,
diese ganze Welt.
Kann es schwer sein, davon und Solches zum
Kinde zu reden? Sicher nicht, wenn die Mutter
selbst für alles dies ein Herz hat. Und dann
redet sie eine Sprache, welche das Kind gar wohl
versteht und welche das Gesagte tief in's kindliche
Herz senkt, viel tiefer meist, als der förmliche
Unterricht in der Schule, besonders, wenn die
Mutter es versteht, sich der Art des kindlichen
Geistes anzuschließen.
Das Kind, noch wenig gewöhnt an eigentliches
Denken und wenig geübt darin, nimmt am Leich-
testen und Besten das, was es erfassen soll, durch
Sinneneindrücke auf. Daher benutzt die einsichtige
Mutter auch gern solche äußere Eindrücke, um ihr
Kind zur Erkenntniß der höhern Wahrheiten, der
christlichen Lehren, zu führen. Sie zeigt ihm Bil-
der, auf welchen oder durch welche das, was sie
ihm sagen will, dargestellt ist; sie erklärt ihm die
Bilder und was sich auf und an denselben findet
und das Kind erfaßt es leicht und schnell. Daher
nimmt sie es, auch wo es noch jung und zart ist,
zuweilen mit in die Kirche, besonders vor oder
nach festlichen Veranlassungen. Versteht das Kind
auch nicht viel von dem was es thut, sieht oder
hört, so empfängt es doch vom Ganzen einen für
das kindliche Gemüth heilsamen Eindruck. Be-
sonders, wenn die Mutter ihm sagt, das sei ein
heiliger Ort, da wohne der liebe Heiland, da
müsse man sich recht fromm verhalten, und wenn
sie darauf hält, daß es in der Kirche recht fromm
kniee oder stehe und seine Händchen falte. Da
wird sie dann vor der Rückkehr dem Kinde so
Manches in der Kirche zeigen, Bilder und Sta-
tuen und Altäre und Kanzel und Beichtstühle,
oder zu Weihnachten das Krippchen, zu Ostern
das Grab u. s. w., bald das Eine, bald das
Andere.
Und was dann in der Kirche gesehen worden,
das wird zu Hause erklärt, und das bietet Gele-
genheit und Stoff zu den heilsamsten Mittheilungen
der Mutter an das Kind, und zu den nützlichsten
Aufklärungen auf die Fragen, welche das Letztere
aus der Kirche mit nach Hause bringt.
Welch einen schönen Anlaß und welches Hülfs-
mittel zugleich zu solchen religiösen Mittheilungen
der Mutter an ihr Kind bieten da insbesondere
die Feste und Festzeiten des Kirchenjahres. Kann
es denn für eine Mutter schwer sein, in den Ta-
gen vor dem Feste oder am Festtage selbst, we-
nigstens im Allgemeinen, zu sagen und zu erklären,
was dieses Fest zu bedeuten habe? Und thut sie
es, so wird das Kind nach und nach, Weihnachten,
in der Charwoche, Ostern, Christi Himmelfahrt,
Pfingsten u. s. w., in lebendiger, frischer Weise
in die Geschichte des Herrn und in die Geheim-
nisse Seines Lebens eingeweihet; es wird an den
Festen der h. Jungfrau mehr und mehr vertraut
mit der Mutter des Herrn und in ihre Verehrung
eingeführt. Und wie viel Stoff zu den nützlichsten
Erzählungen würden der Mutter die täglich im
Kalender verzeichneten Heiligen bieten, wenn sie es
sich angelegen sein ließe, selbst recht fleißig die Le-
ben dieser Heiligen zu lesen!
Außerdem wird es an Anknüpfungspunkten
mancher Art nicht fehlen und eine Mutter, welche
selbst ein Herz hat für Gott und Religion und
ihre Pflicht, das Kind früh zu Gott hinzuleiten,
zu würdigen versteht, wird solche leicht finden und
sie benutzen.
Oder wird sie sich damit entschuldigen können,
daß sie nicht Zeit dazu habe, sich also mit ihren
Kleinen zu beschäftigen, oder daß sie das nicht ver-
stehe? Bedarfs denn dazu so viele Zeit, wenn
die Mutter so, wie wir es hier angedeutet haben,
sich mit ihrem Kinde abgibt? Der große Vortheil,
welchen solche religiöse Mittheilungen der Mutter
an das Kind mit sich führen, ist nicht dadurch be-
dingt, daß dieselben gar so oft stattfinden oder gar
so viel Zeit darauf verwendet wird; ja das „zu
oft oder zu lange“
könnte sogar schädlich sein;
sondern es liegt darin, daß das Kind eben aus
dem Munde der Mutter diese für dasselbe so
wichtigen Dinge – schon früh – vernehme und
kennen und darauf halten lerne, und also die
Mutter bei ähnlichen Gelegenheiten, wie wir sie
eben nannten, darüber spreche. Und dazu hat jede
Mutter Zeit; es kommt ganz allein auf den guten
Willen an.
Aber sie versteht es nicht?! – Was wäre da
denn zu verstehen? Wenigstens das, was sie
weiß, kann die Mutter ihrem Kinde doch sagen.
Und wäre das auch noch so wenig, es schafft un-
berechenbaren Segen. Und könnte die Mutter,
wenn sie wenig versteht, sich nicht bemühen, um
ihrer Kinder willen durch Lesen oder Anhören von
Predigten und christlichen Lehren mehr zu lernen?
Ist das nicht am Ende ihre Pflicht?
Der Kern der Sache und der eigentliche Vor-
theil liegt nicht zunächst und am meisten in dem
Mehr oder Weniger religiöser Kenntnisse, welche das
Kind so von der Mutter erlangt, als vielmehr
darin, daß das Kind eben recht früh, schon sofort
beim Erwachen seines Bewußtseins und dann mehr
und mehr, also schon längst vor der Zeit, wo es
in die Schule kommt, von Gott und dem Höheren
erfahre, auf daß sich sein zartes Herzchen in seinen
ersten Regungen dafür erschließe; daß es eben aus
dem Munde der Mutter (oder des Vaters) davon
vernehme, auf daß die angeborene Ehrfurcht und
Liebe gegen die Mutter sich auch auf das, was es
aus ihrem Munde höre, übertrage. Beides etwas,
so nicht hoch genug zu schätzen ist.
Armes Kind, das in diesen zarten, entscheidungs-
vollen Jahren zu Hause und bis es in die Schule
kommt, von Gott und göttlichen Dingen so zu sagen
nichts erfährt, nichts sieht, nichts hört. Da sein
kindliches Herz für Gott und das Höhere ver-
schlossen und kalt geblieben ist, wird es nun später
sich noch wahrhaft und nach Gebühr dafür erschlie-
ßen? Da es von Vater und Mutter, deren Ver-
halten in jenen zarten Jahren die einzige Norm
und Maßgabe ist, nie etwas von Gott, vom gött-
lichen Heilande, von Maria, von Kirche und Got-
tesdienst u. s. w. vernimmt, sieht oder hört, wird
ihm da dies Alles nicht völlig gleichgültig bleiben,
weil es ja dem Vater, der Mutter auch gleichgül-
tig ist?
Unersetzlicher Ausfall! Unersetzlicher Schaden!
Freilich soll das, was wir hier angedeutet ha-
ben, im Allgemeinen zum Vollzug kommen, -
und es ist eine ganz wesentliche Bedingung der
rechten, echt christlichen Entwicklung des Kindes,
– so muß (wir wiederholen es) die Mutter selbst
vom Geiste echter Gottesfurcht und Frömmigkeit
beseelt sein. Ohne dies ist es eben gar nicht
möglich. Eine wahrhaft christliche Mutter aber
wird das alles so fast von selbst thun; sie wird
es um so mehr, um so besser und daher mit desto
reicherem Erfolge thun, je mehr sie eben eine wahr-
haft christliche Mutter ist.
Wie viel – wir müssen es immer wiederholen
– wie viel liegt also daran, daß unsere Mütter
wahre, echte, christliche Gottesfurcht und Frömmig-
keit zu eigen haben! Möchten das alle Mütter
erkennen, und daher aus allen Kräften das er-
streben, ohne welches sie zu ihrem eigenen und
ihrer Kinder Verderben ihrer heiligsten Verpflich-
tung untreu werden müssen!
Das Vorgehen gegen die Fehler der
Kinder.
Mehr als einmal wiesen wir darauf hin, wie
durch die Huld des Herrn und in Kraft des Heils-
werkes Jesu Christi bei der in der h. Taufe sich
vollziehenden Wiedergeburt die Seele des Kindes,
sein Herz gleichsam umgeschaffen worden in einen
herrlichen Himmelsgarten, in welchem die freigebige
Hand des Herrn die gewissermaßen dem Urgrunde
Seines eigenen Wesens entnommenen kostbaren
Keime aller jener großen Grundtugenden des christ-
lichen Lebens und die Samenkörner jeglicher Tu-
gend und alles dessen, woraus eine immer höhere
Aehnlichkeit des göttlichen Wesens ersprießen mag,
tief eingesenkt hat. Den Eltern und in den ersten
Jahren ganz vorwiegend der Mutter hat dann der
Herr diese wahrhaft göttliche Schöpfung, diesen
Gottesgarten anheimgegeben, daß sie ihn hege und
pflege.
Aber ach, neben und zwischen diesen himmlischen
Keimen und Samenkörnern finden sich auch die
Keime und der Samen des Unkrauts, das traurige
Erbe der Stammeltern, ach, vielleicht auch der
eigenen Eltern des Kindes. „Und als die“
(Gottes-)
„Saat wuchs, da ließ sich auch das Unkraut sehen.“
Es sind die bösen Neigungen der erbsündig ver-
derbten menschlichen Natur, welche nach dem an-
betungswürdigen Rathschlusse Gottes durch die
Taufe nicht beseitigt, sondern unter dem in der
Taufe verbürgten Beistande der Gnade vom Men-
schen selbst – zu seinem desto größern Heile -
durch Kampf und Streben überwunden werden
sollten. Und leicht ist die Macht dieser bösen Nei-
gungen, insofern sie ihren Grund in der Erbsünde
haben, noch gemehrt und erhöhet durch den hohen
Grad der Entwickelung, welche dieselben in dem
Herzen der Eltern in Folge ihrer Sünden und
Verkehrtheiten zur Zeit, als das Kind von ihnen
geboren ward, zu eigen hatten.
So treten denn die Auswüchse dieses im Kin-
desherzen begriffenen Unkrauts schon früh, schon im
zarten Kinde in allerlei Unarten und Verkehrt-
heiten und Fehlern zu Tage. Wer wüßte es
nicht? Kann es insbesondere der Mutter, wo
anders sie nicht von jener verkehrten Liebe zu ihrem
Kinde verblendet ist, entgehen? Und daher ist es ihre
Pflicht, und ein ganz wesentlicher Theil der Auf-
gabe ihres Mutterberufes, daß sie – und zwar
von der frühesten Jugend ihres Kindes
an darauf bedacht sei und es sich angelegen sein
lasse, gegen diese Fehler desselben mit entschiedenem
Ernste und mit weiser Vorsicht und mit unermüd-
licher Liebe vorzugehen. Wo nicht, so werden diese
Fehler mit dem Kinde heranwachsen, um
zum Verderben des Kindes nicht allein der üppige
Grund von Sünden aller Art zu werden, sondern
auch das Wachsthum und Gedeihen jener göttlichen
Keime und Samenkörner auf's Wesentlichste zu be-
hindern, ja ganz und gar zu Schanden zu machen.
Möchten doch alle Mütter es einsehen und ge-
bührend würdigen, wie wichtig, ja wie nothwendig
es ist, daß sie dieses Vorgehen gegen die Fehler
ihrer Kinder schon in der frühesten, zartesten Ju-
gend derselben beginnen und schon die ersten Jahre
der Kindheit dazu benutzen, um das Kind in rechter
Weise zur Ablegung seiner Fehler zu vermögen!
Handelte es sich, wenn das Kind fehlt, eben nur
um vereinzelte, gewissermaßen zufällige Fehltritte,
so würde die Sache vielleicht weniger Bedenken
haben. Aber es handelt sich um Fehler, welche
tief im Herzen des Kindes ihre Wurzel haben, um
Fehler, denen böse Neigungen zu Grunde liegen,
welche, wenn man ihre Auswüchse gewähren lässet,
nur zu sehr an Wachsthum und Kraft gewinnen
und mehr und mehr jenen unseligen Hang zu den
entsprechenden Fehlern, sündhafte Gewohnheiten,
Leidenschaften erzeugen.
Nie setzt sich ein Fehler im Menschenwesen so
leicht und in so hohem Grade fest, als eben in
der frühesten Kindheit; kein Fehler wird schwerer
überwunden und ist schwieriger auszurotten, als
der, welchen man sich als Kind angewöhnt hat.
Wer kennt nicht das Sprichwort: „Jung gewohnt,
Alt gethan?“
Lasset ein Kind in seinen ersten
Jahren hin mit seinem Eigensinn, mit seiner
Starrköpfigkeit, mit seinem Ungehorsam, mit seiner
Mißgunst und Eigennützigkeit, mit seinem tückischen
und boshaften Wesen, mit seiner Grausamkeit ge-
gen Thiere, mit seiner Naschhaftigkeit und Ge-
fräßigkeit, mit seiner Eitelkeit und Putzsucht, mit
seiner Lügenhaftigkeit u. s. w.; und alle diese Feh-
ler werden in ihm heranwachsen und gewissermaßen
mit ihm verwachsen, und zur andern Natur werden
und im Knaben und Mädchen schwer mehr zu
überwinden sein und sich leicht in's ganze spätere
Leben hineinziehen, als giftige Wurzeln, welche das
Unkraut der Sünde immer von Neuem ersprießen
lassen und das Wachsthum echt christlichen Wesens
auf's Wesentlichste behindern – nur zu leicht zum
zeitlichen und ewigen Verderben.
Und doch hätte dieses Unkraut in den Jahren
der Kindheit so leicht ausgerottet werden können!
Also ernstwichtige Pflicht und Aufgabe ganz ins-
besondere der Mutter, weil sie mehr Gelegenheit
hat, am Ende es auch besser versteht, in den zarten
Jahren den entsprechenden Einfluß auf ihr Kind
auszuüben.
Daher soll sie Acht haben auf die Fehler ihrer
Kleinen. Vielleicht tritt der eine oder andere Feh-
ler besonders an ihnen hervor. Und dann nicht
lange zugesehen und gewartet! Nicht denken, das
Kind ist noch so jung, es versteht nichts davon;
später werde ich schon Sorge haben. O nein! je
früher, desto besser; nur früh gelingts. Es
thut nicht Noth, daß das Kind die Häßlichkeit des
Fehlers schon einsehen könne; genug, wenn es weiß,
es darf das nicht thun, die Mutter, (der Vater)
will's nicht haben, und dann sich desselben entwöhnt
und von ihm loskommt, vor ihm bewahrt bleibt.
Also die Mutter lasse die Kinder – vielfach selbst
dann schon, wenn sie noch kein Selbstbewußtsein
(Verstand) haben – mit keinem Fehler hin! Sie
sage es dem Kleinen mit aller Liebe und Mütter-
lichkeit, etwa: Das darfst du nicht; das mußt du
nicht; das ist nicht recht; oder: Das ist dem lieben
Gott mißfällig; dann bist und wirst du kein gutes
Kind; oder: Dann geht's dir nicht gut; dann
kommst du nicht in den Himmel u. s. w. Hilft
das nicht, so wird die Sprache ernster; es tritt
nach und nach die Drohung einer Strafe hinzu;
hilft auch dies nicht, so erfolgt die Strafe, gelin-
der oder strenger, für einmal oder wiederholt und
anhaltend, wie es der Erfolg erheischt.
Eine wahrhaft christliche Mutter erkennt es als
h. Pflicht, ihre Kinder früh ihrer Fehler zu ent-
wöhnen und scheuet daher, wenn es zu diesem Zwecke
nothwendig ist, auch die Strafe, ja selbst harte
Strafe und körperliche Züchtigung nicht. Wenn
sich ihr natürliches Gefühl, das Gefühl der Mut-
terliebe dagegen sträubt, so weiß sie, daß sie sich
dadurch nicht leiten lassen darf, daß es Gottes
Wille, und also Pflicht ist, dasselbe zu überwinden,
wo immer das wahre Wohl des Kindes es erheischt.
Das ist echte, erleuchtete, christliche Liebe, wenn
eine Mutter ihr Kind straft, um es von seinen
Fehlern zu befreien.
Freilich wird die wahre Mutterliebe die Mut-
ter dahin vermögen, daß sie ihr Kind so viel als
möglich durch mildere Mittel zur Besserung zu
bringen suche; aber führen diese nicht zum Ziele,
so scheuet sie auch die strengern Mittel, die Strafe,
nicht. Ist das nicht in Wahrheit Grausamkeit
gegen das Kind, wenn eine Mutter aus weichlicher
Scheu, dem Kinde vorübergebend wehe zu thun,
dasselbe mit seinen Fehlern hinläßt und auf solche
Art Schuld wird, daß es mit seinen Fehlern heran-
wachse und dadurch sein wahres Glück behindert
und ihm viel Uebels bereitet wird. Wer hat
größere Liebe zu den Menschen, als Gott selbst?
Und dennoch, wie scharf züchtigt Er sie nicht selten!
„Die ich liebe“
, sagt Er selbst, „die züchtige ich
scharf.“
Je hartnäckiger ein Fehler am Kinde hervortritt,
desto nachdrücklichere Mittel sind oft anzuwenden,
desto beharrlicher müssen diese Mittel verwandt
werden. Was will es sagen, wenn die Mutter
hier und dort das Kind auf seine Fehler aufmerk-
sam macht, oder es dafür bestraft, dann aber die
Sache wieder gehen lässet; oder wenn sie diesmal
und ein anderes Mal straft, dagegen wieder andere
Male, vielleicht viel öfter den Fehler ungerügt und un-
gestraft hinlässet. Freilich ist das folgerichtige und
beharrliche Vorgehen gegen die Fehler der Kinder
nicht selten eine Aufgabe, welche große Selbstver-
läugnung und schwere Opfer in Anspruch nimmt.
Es ist meist viel bequemer, die Kinder mit ihren
Fehlern gehen zu lassen. Aber die Mutter bedenke,
daß ohne Mühe und Opfer ein christliches Leben
überhaupt nicht möglich ist, und daß es hier, wo
es sich in solchem Grade um das Wohl des Kindes
handelt, doppelt heilige Pflicht ist, sie zu über-
nehmen und unter ihnen zu beharren.
Manche Mütter sind nun zwar gegen die Fehler
ihrer Kinder nicht gleichgültig, sie gehen gegen die-
selben vor; aber in welcher Art? Fast immer
lassen sie – besonders bei größern Unarten und
Fehlern der Kinder zu Verdruß, zu Zorn und auf-
gebrachtem Wesen sich hinreißen. Und nun ist es
ein Strom zornmüthiger Worte und Ausdrücke,
den sie über die Kinder ergießen, ohne daß eine
angemessene Strafe erfolgte; oder es erfolgt freilich
eine Strafe, aber wie aus Zorn, so auch voll von
Zorn, und daher nur zu leicht im Uebermaße, selbst
bis zur Grausamkeit.
Wie traurig! Nützen kann solches Vorgehen
selbstredend dem Kinde nicht im Mindesten, nimmer-
mehr es zu gründlicher Ablegung seiner Fehler
vermögen. Aber wie sehr schadet es ihm! Denn
wo bleibt die Achtung vor der Mutter, wenn das
Kind sie also in Zorn und Wuthausbrüchen sehen
muß? Wo die zarte Liebe des Kindes, wenn die
Mutter so grausam über dasselbe losfährt? Und
doch sind Achtung und Liebe so nothwendige Be-
dingungen einer gedeihlichen Erziehung! Dazu
kommt noch das böse Beispiel – von einer Seite,
wo ein durchaus gutes Beispiel heilige Pflicht ist!
O möchten doch alle Mütter bedenken, wie streng
gerade sie verpflichtet sind, ihren Kindern gegen-
über den Zorn beherrschen zu lernen! Mag das
nach Umständen recht schwer sein, besonders, wenn
die Mutter von Natur zum Zorn geneigt ist, so
ist ja der Herr auch bereit, größere Gnade zu ge-
ben, um siegreich in Sanftmuth und Geduld zu
bestehen. Also nur oft, immer von Neuem den
Vorsatz erneuert! Immer von Neuem um die Hülfe
der göttlichen Gnade geflehet!
Eine gute Mutter ist bei den Fehlern der Kin-
der, so sehr sie auch dieselben fortzuschaffen sucht,
doch auch duldsam und vorsichtig; sie vergißt nie,
daß es eben Kinder sind, die fehlen, und daß daher
ihre Schuld nicht so groß ist. Aber durch solche
Nachsicht läßt sie sich keineswegs bestimmen, von
einem ernsten Vorgehen gegen ihre Fehler abzu-
stehen. Nur geht sie wider dieselben mit Ruhe,
Besonnenheit und Ueberlegung vor, bald belehrend,
bald warnend, bald strafend, aber nie im Zorn.
Und je mehr sie ihre Kinder bei ihren Fehlern
mit solcher Ruhe zurechtweist oder züchtigt, desto
sicherer kommt sie zum Ziele. Die Kinder begrei-
fen es mehr und mehr, daß nur Abscheu gegen
ihre Fehler die Mutter leite; sie lernen selbst ihre
Fehler verabscheuen, so daß nicht allein die Furcht
vor Strafe, sondern auch dieser Abscheu sie vom
Bösen abhält und ihre Besserung dadurch desto ge-
sicherter ist, wie denn auf solche Art auch ihre Liebe
zur Mutter unverletzt bleibtEs scheint uns heilsam, hier etliche Fehler besonders
hervorzuheben:
An erster Stelle komme der Eigensinn, welcher bei
Kindern so gern sich geltend macht, gegen welchen eine
gute Mutter von frühester Kindheit an mit Ent-
schiedenheit auftritt. Sie gewöhnt ihr Kind an Ge-
horsam gegen ihren und des Vaters Willen. Was
einmal – freilich wohlüberlegt – gesagt und ge-
boten ist, daran wird festgehalten, das muß das Kind
thun, es gehe, wie es wolle, und müßte es auch durch
die nachdrücklichsten Strafen dazu vermocht werden.
Wehe, wenn ein Kind merkt, daß es ihm hilft, daß
es damit zum Ziele kommt, wenn es auf seinen Kopf
besteht! Der Eigensinn, dies große Uebel und Hinder-
niß alles Guten, wird in ihm groß wachsen, besonders,
wenn das Kind von Haus aus schon Neigung zu
solchem Eigensinn verräth. Leicht ist die Gefahr, sich
durch unzeitige Liebe zu schädlicher Nachgiebigkeit ver-
leiten zu lassen, bei der Mutter am größten. Daher,
christliche Mutter, sei auf der Huth! Es ist Pflicht,
da wo es sich um Brechung des Eigensinns handelt,
die natürlichen Gefühle zu überwinden. Sei versichert,
dein Kind wird's dir zur Zeit Dank wissen. Frühe
Gewöhnung an Gehorsam ist Bedingung und Bürg-
schaft für den Gehorsam gegen Gott, d. h. für ein
christliches und also auch glückliches Leben.
Demnächst kommt die Eitelkeit und Putzsucht,
besonders bei Mädchen. Wie nachtheilig und verderb-
lich tritt dieser Fehler bei Erwachsenen auf. Abge-
sehen von dem Verluste an Zeit und Vermögen, welche
derselbe mit sich zu führen pflegt, wirkt er höchst ver-
derblich auf's Herz, macht, daß dasselbe in dem eiteln
Tande nichtigen Putzes aufgehe, den Sinn für Gott
und Höheres mehr und mehr einbüße, und ist leicht,
leider auch nur zu oft der Grund, daß man das
kostbare Gut der Unschuld verliere und den traurig-
sten sittlichen Verirrungen anheimfalle. Und wie oft
wird der Grund zu diesen Fehlern schon in den Jah-
ren der Kindheit – von der eigenen Mutter des
Kindes gelegt. Sie lässet das Kind mit seiner ihm
angebornen Eitelkeit hin, ja nährt und fördert dieselbe
gradezu. Oder ist es nicht reiche Nahrung für die-
selbe, wenn das Kind wahrnimmt, wie oft und mit
welcher Angelegentlichkeit die Mutter von Kleidung
und Putz spricht, wie viel Gewicht sie darauf legt,
wie viel Umstände sie dafür macht, wie sehr sie sich
darin gefällt? Oder, wenn die Mutter so viel We-
sens macht mit dem Anzuge des Kindes, so viel
Sorge und Kosten und Zeit darauf verwendet und
zwar mit einer Wichtigkeit, als sei das bei Weitem
die Hauptsache.
Kein vernünftiger Mensch zweifelt, daß es Aufgabe
und Pflicht der Mutter ist, ihre Kinder auch in Be-
treff der Kleidung zur Ordnung und Reinlichkeit, ja
selbst zu einer gewissen Nettigkeit (um so zu sagen)
anzuhalten und anzuleiten. Ordnung und Reinlichkeit
in der Kleidung, ja bis zu einem gewissen Grade
etwas hübsches und Schönes im Anzuge kann einen
heilsamen Einfluß selbst auf die sittliche Verfassung
des Herzens üben, während Unordnung und Unrein-
lichkeit nur zu leicht der Unsittlichkeit Vorschub leistet.
Aber eben so sehr ist es Pflicht, alles das zu meiden,
was die Eitelkeit und Putzsucht in den Kindern
gradezu fördert. Dahin gehört, was wir eben schon
erwähnten; oder, wenn die Mutter gar so viel We-
sens mit dem Anzuge der Kinder macht, als sei das
eine Hauptsache; wenn sie so unmäßig viel Zeit und
Kosten darauf verwendet; wenn sie das Kind in sei-
nem Anzuge oder Kleidungsstücke so viel anerkennt,
erhebt und bewundert, insbesondere, wenn sie es
gradezu darauf ablegt, das Kind in ungewöhnlicher,
auffälliger Weise herauszuputzen und vor andern
Kindern auszuzeichnen, und so selbst mit ihren Kindern
Eitelkeit treibt. Heißt das nicht, das arme Kind mit
vollen regeln in das Unwesen der Eitelkeit hinein-
fahren? Wem es beschieden ist, in einer größern
Stadt zu wohnen, der findet nur zu oft Gelegenheit,
solchen Kindern zu begegnen, welche von ihren thörich-
ten Müttern also aufgeputzt sind. Man könnte sich
versucht finden zu glauben, es seien Commödianten-
kinder. Was für ein Geist wird durch solche Schau-
spieleranzüge in den Kindern genährt? Der christ-
liche gewiß nicht. – Und wie wenig ist dabei oft
der zarten und christlichen Züchtigkeit und Scham-
haftigkeit Rechnung getragen! – O christliche Mütter,
seid doch nicht so grausam gegen eure Kinder! Nähret
doch nicht so geflissentlich das Unwesen der Eitelkeit
in ihnen – zu ihrem Verderben! Behauptet in der
Art, euere Kinder zu kleiden, bei aller Rücksicht auf
die Anforderungen des Standes doch eine gewisse Be-
scheidenheit und Mäßigung! Weiset euere Kinder
früh darauf hin, daß der wahre und schönste
Schmuck des Menschen darin bestehe, daß er ein sün-
denreines, mit christlichen Tugenden ausgestattetes
Herz habe.
Wehe, wenn ihr selbst mit eueren Kindern Eitel-
keit treibet, indem ihr sie so unmäßig zieret, um vor
Andern mit ihnen zu glänzen! Heißt das nicht, das
wahre Wohl euerer Kinder, indem ihr das Uebel der
Eitelkeit in ihnen nähret, auf's Spiel setzen, um euere
Eitelkeit zu befriedrigen? heißt das nicht, der Seele
eurer Kinder schaden, um eurer Eitelkeit zu schmei-
cheln? In der That, das ist so ewas von der Art
jener Mütter, welche ihre Kinder – opfernd – in
die glühenden Arme des Moloch werfen!
Kommen wir zu einem andern Fehler, der gleich-
falls in der Kinderwelt nur zu sehr vertreten ist; es
ist die Lügenhaftigkeit. Brauchen wir die Häß-
lichkeit und Verderblichkeit dieses Fehlers erst aus-
einanderzusetzen? Wahrheitsliebe und Abscheu vor
Lügen gehört wesentlich zu dem echt christlichen Geiste;
nie wird Jemand, dem es mit seinem Christenthum
aufrichtig ernst ist, sich dazu verstehen, zu lügen. So
viel Jemand sich wenig oder nichts daraus macht,
so viel zeigt er dadurch, daß es noch sehr bei ihm
fehle. Würde wohl die h. Jungfrau auch nur zur
geringsten Lüge sich verstanden haben? Eher zur
Hingabe ihres Lebens! – Dazu kommt, daß das Lü-
gen der abschüssige Weg ist zu vielen andern Fehlern.
– Also, christliche Mutter, tritt bei deinen Kindern
gegen diesen Fehler ein! Lasse das Verderben dessel-
ben nicht über selbe kommen! Kinder kommen leicht
zum Lügen und, wenn man sie damit lässet, zur ver-
derblichen Gewohnheit desselben. Also warne dein
Kind; belehre es zur Zeit über die Häßlichkeit des
Lügens. Halt streng darauf, daß es stets und in
Allem die lautere Wahrheit sage! Wo nicht, so folgt
Rüge und Strafe. Suche es, wo es wirklich oder
doch wahrscheinlich gelogen hat, zum Bekenntniß zu
bringen; bekennt es aufrichtig und mit Leid, so tritt
Milderung, vielleicht selbst Nachlaß der Strafe ein.
– Fern sei es, daß du selbst deinen Kindern das
Beispiel des Lügens gebest oder gar sie zum Lügen
anleitest und veranlassest!
Gottes Segen über jedes Haus, in dem man die
Lüge haßt und meidet!
Vielleicht leidet ein und anderes Kind an einer
reizbaren, heftigen Natur; es geräth leicht in
Zorn, wird aufgeregt, schimpft, flucht, tobt u. s. w.
Läßt man's damit, so wächset der Jähzorn in ihm
heran, der in der Reibe der Hauptsünden steht,
d. i. jener Fehler, welche die besonders ergiebigen
Quellen von Sünden und zwar von Sünden recht
schlimmer Art zu sein pflegen. Wie schwer wird er
überwunden, wenn er bereits im Menschen herange-
wachsen und zur andern Natur geworden ist! Und
wie störend greift er in das eigene Wohl und meist
in das Wohlsein Vieler ein!
Merkst du also, christliche Mutter, daß dein Kind
an diesem Fehler leide, so säume nicht, von früh an
denselben zu zügeln und es davon zu befreien. Belehre,
ermahne, rüge, strafe – immer von Neuem nach Maß
der Heftigkeit des Fehlers. Ruhe nicht, bis es dir
mit Gottes Hülfe gelungen. – Freilich, wenn du
selbst an diesem Fehler littest, wenn das Kind, das
zum Zorne geneigt ist, vielleicht nur zu oft deine
Zornausbrüche wahrnehmen oder gar an sich erfahren
muß, wie soll dann ihm Hülfe von dir werden? Ach,
du stößest es in seinen Fehlern nur tiefer hinein,
festigst es darin. Wehe!
Vielleicht hängt mit dem letzten Fehler ein anderer
zusammen – ein gewisses liebloses, selbstsüch-
tiges Wesen. Dasselbe tritt zu Tage den Geschwistern
gegenüber: das Kind ist eigennützig, es gönnt den
Geschwistern nichts, es entzieht ihnen gern das Ihrige;
es ist ungefällig; es kränkt dieselben durch Wort und
That, kann sich mit ihnen nicht vertagen u. s. w.
Oder jenes verkehrte Wesen gibt sich kund andern
Kindern oder den Mitmenschen überhaupt gegenüber:
das Kind hat keinerlei Theilnahme für fremde Noth,
es gibt und hilft andern Kindern nicht, wo es kann,
es hadert und zankt leicht mit ihnen, schimpft sie aus,
entzweiet, rauft sich mit ihnen u. s. w. Lauter Aus-
wüchse jener Selbstsucht und Lieblosigkeit der verderb-
ten menschlichen Natur. Läßt man sie im Kinde ge-
währen, tritt man nicht dagegen ein, so wächset in
ihm jener Egoismus heran, den man heut bei so
Vielen findet, und es bleibt ohne jene Tugend, welche
zur Grundverfassung des christlichen Lebens gehört,
ohne wahre Nächstenliebe. Wie viele Ursache, ihren
Mangel in der Welt zu beklagen! Und doch ist man
ohne wahre Nächstenliebe kein rechter Christ und hat
nicht die Hoffnung des Heiles. Der Grund dieser
traurigen Erscheinung liegt nur zu oft schon im Kin-
desalter: die Mutter hat das Kind mit seinen manch-
fachen Verstößen gegen die Liebe hingelassen und es
ist nicht an Liebe gewöhnt.
Christliche Mutter, halte es für einen der wichtig-
sten Punkte in der Erziehung, deine Kinder durch
Belehrung, Ermahnung, Warnung, Rüge, Strafe
und durch Gebet dahin zu bringen, daß sie Alles
meiden und ablegen, was wider die Liebe verstößt,
zunächst den Geschwistern und Hausgenossen, dann
aber überhaupt allen Menschen gegenüber. Lasse sie
an dir das Beispiel echter, herzlicher Nächstenliebe er-
fahren!
Gewisse Fehler walten im Kinde mit einer Hart-
näckigkeit, welche alle Bemühungen der Mutter zu
Schanden zu machen scheint. Soll sie da den
Muth aufgeben und die Sache gehen lassen, wie
sie eben geht? Das sei fern! Was thut nicht
eine Mutter, wenn ihr Kind an einem körperlichen
Fehler leidet? Alles bietet sie auf, um es davon
zu befreien; alle Mittel wendet sie, so viel an ihr
ist, an, alle Aerzte nimmt sie in Anspruch. Und
die so viel schlimmern Fehler an der Seele sollte
sie gewähren lassen? O nein! Sie kann von dem
Verlangen, von der Hoffnung, ihr Kind davon
befreit zu sehen, nicht lassen. Hilft ihr Bemühen
allein nicht, so nimmt sie den Vater zu Hülfe; sie
beräth sich mit einsichtigen Freunden, mit den
Geistlichen; sie sucht deren Beistand. Und führt
Alles nicht zum Ziele, so ist ja der Herr ein mäch-
tiger Helfer. Zu Ihm nimmt sie, wie zu jeder
Zeit, so nun um so angelegentlicher ihre Zuflucht,
zu Ihm stehet sie in unablässigem Gebete, daß
Er mit mächtiger Gnade zu Hülfe eile und den
bösen Sinn des Kindes breche und es von seinen
Fehlern befreie. „Was bei den Menschen un-
möglich ist“
, spricht der Herr, „das ist bei Gott
möglich.“
Die Huth der h. Scham und Unschuld.
Freunde auserlesener Blumen, welche in der
Lage sind, solche in größerer Zahl zu halten, ha-
ben wo möglich ein Treibhaus. In demselben
werden insbesondere fremde Blumen und Pflanzen,
welche an ein wärmeres Klima gewohnt sind, in
den kälteren Jahreszeiten aufbewahrt, um sie vor
den schädlichen Einflüssen des Wetters und über-
haupt zu schützen, um sie in der Obhut des Treib-
hauses und durch die dort herrschende Wärme zu
hegen und ihr Wachsthum zu fördern.
So eine Art Treibhaus sollte nun insbesondere
durch die Vermittlung der Mutter jedes christliche
Haus sein – zum Schutze, zur Obhut, zur För-
derung des Wachsthums – für eine der kostbarsten,
schönsten, duftreichsten Blumen. Sie stammt aus
fernem Himmelsland; Jesus unser Herr hat sie
vom Himmel her auf die Erde gebracht und sie
gepflanzt in den blumenreichen Garten seiner heil.
Kirche. Da hat sie nun geblüht von Anbeginn,
um durch ihre Schönheit und mit ihrem reichen
Dufte wie das Herz Gottes, so tausend und tau-
send Menschenherzen zu erfreuen. Sie ist von
zarter Natur; nur zu leicht wird sie verletzet vom
kalten Hauche der Welt und von ihren argen Ein-
flüssen, daß ihre Schönheit welke und ihr Duft
schwinde und sie elendiglich vergehe. Darum be-
darfs auch für sie gleichsam eines Treibhauses,
einer schützenden Obhut; das christliche Haus soll
dieses Treibhaus sein, die christliche Mutter ihre
Obhut.
Welche ist diese kostbare Himmelsblume? Es ist
die h. Reinigkeit, die Tugend der Keuschheit. Wer
kännte und schätzte nicht ihren Werth, wer fühlte
sich nicht angezogen durch ihre Schönheit, wer nicht
erfreuet durch den Duft, den sie um sich verbreitet.
Ist sie es ja, welche in dem Herzen, das von ihr
geheiliget ist, den höchsten Frieden schaffet; sie ist
das feste, sichere Fundament des wahren Lebens-
glückes, sie die Bürgschaft für Gottes Liebe und
Gnade, sie die sicherste Gewährschaft des ewigen
Himmelsglückes. Und wo ist eine Tugend, die so
reiche Segnungen nach allen Seiten um sich ver-
breitete, als die Tugend der Keuschheit? Aber sie
ist eine gar zarte Tugend, ganz einer zarten Blume
ähnlich, welche durch jede unzarte Berührung, durch
jeden kalten Hauch des Wetters verletzt wird.
Darum soll nach Gottes h. Willen auch das christ-
liche Haus ihr zur Obhut und zum Schutze dienen;
da soll sie sicher geborgen sein; da soll vor Allem
durch die Sorgfalt der christlichen Mutter Alles
fern gehalten werden, was ihr schaden, was sie
verletzen mag; da soll sie gehegt und gepflegt wer-
den. Daher unsere Ueberschrift: Die Huth der
h. Scham und Unschuld.
Ach, draußen in der Welt ist's für unsere zarte
Himmelsblume vollends in unsern Tagen gar schlecht
bestellt, da drohen ihr tausend Gefahren, da werden
ihr tausend Nachstellungen bereitet, da wehen Stürme,
da herrschet Kälte, da schleichet das Gezücht von
allerlei Ungeziefer, da geht die h. Unschuld, die
Keuschheit nur zu leicht zu Grunde. Wehe, wenn
auch im Schooße der Familie für sie nicht Schutz
und Obhut mehr wäre, wenn auch im Heiligthume
des christlichen Hauses ihr Gefahren bereitet wür-
den! Nein, der christliche Vater und fast noch
mehr die Mutter hat Sorge und ist darauf be-
dacht, daß hier im Hause eine h. Zucht walte –
stets und überall, im Reden, im Verhalten, in den
Verhältnissen.
Eine h. Zucht herrscht in Beziehung auf die
Gespräche. Kein zweideutiges, unanständiges
Wort darf hier laut werden; unpassende Scherze
und Lieder kennt man nicht; nie bilden unan-
ständige Dinge und Vorfälle den Gegenstand der
Gespräche.
Unanständige Reden, Scherze, Lieder sind schon
an sich verwerflich und sündhaft; unanständige
Dinge sollen, nach der Ermahnung des h. Apostels,
von Christen nicht einmal genannt, viel weniger
soll darüber gesprochen werden. Aber wie groß ist
ferner der Schaden, das Verderben, welches solche
Reden und Scherze in den Redenden und Hören-
den zu Wege bringen! Sie sind eine wahre Pest,
sie sind Samenkörner der Unzucht, durch leicht-
sinnigen Menschenmund ausgestreuet in die Her-
zen, um in unreinen Gedanken, Gelüsten, Werken
aufzusprießen. Es unterliegt gar keinem Zweifel,
daß in tausend und tausend Seelen, welche nun im
Laster der Unkeuschheit zu Grunde gehen, der Grund
dieses Verderbens durch unanständige Reden gelegt
worden ist. Schaffe die unkeuschen Reden und
Scherze von der Erde fort, und Tausende, die im
Dienste der Unzucht so unglücklich sind und werden,
werden das hohe Gut der Keuschheit nie verlieren,
werden unter ihrem Segen zeitlich und ewig glück-
lich sein. „Böse Reden“
, spricht der h. Geist,
„verderben gute Sitten.“
Welch ein unbarmherzi-
ges Gericht wird daher über die ergehen, welche
sich solcher Reden unmittelbar oder mittelbar (da-
durch, daß sie dieselben nicht verhinderten, wo sie
konnten und sollten) schuldig machen!
Solche unanständige Reden, Scherze, Unterhal-
tungen, Lieder werden in einem christlichen Hause
nicht geduldet, sondern auf's Sorgfältigste vermie-
den und verhütet. Die Mutter hält es für hei-
lige Pflicht, in diesem Punkte eine sorgfältige Wach-
samkeit im Hause zu üben und mit Ernst und
Strenge darauf zu halten, daß kein unanständiges
Wort gehört werde. Sie hat auf die Dienstboten
und Tagelöhner ein wachsames Auge, daß sie nicht,
wie es leider nur zu oft der Fall ist, in Gegen-
wart der Kinder unvorsichtige oder unehrbare Re-
den führen. Geschieht das, so wird es mit Ernst
und Nachdruck gerügt, und solche Dienstboten oder
Tagelöhner, welche auf Ermahnungen nicht achten,
werden so bald wie möglich aus dem Dienste, aus
der Arbeit entlassen. Wie manches Kind (wie
mancher jüngere Dienstbote) verliert durch den
Leichtsinn und durch die Schlechtigkeit solcher Men-
schen seine Unschuld, sein kostbarstes Gut!Von einer Hansfrau auf dem Hofe N. an der Grenze
des Münsterlandes erzählte bei ihrer Beerdigung der
Pfarrer: Es war ein neuer Knecht auf den Hof ge-
kommen. Obwohl man bei der Dingung vom Dienst-
boten ein Hauptgewicht darauf legte, daß dieselben
gottesfürchtig und fromm wären, so hatte man sich
doch diesmal versehen. Der neue Knecht hatte ein
loses Maul, das gar reichlich überfloß von liederlicher
Rede. Und wie es denn solchen Unholden eigen ist,
daß sie ihr schmutziges Maul bei keiner Gelegenheit
halten können, so ließ der Gedachte auch selbst bei
Tische Proben seiner schändlichen Redeweise verneh-
men. Die Hausfrau ließ es hinlänglich bemerkbar
werden, daß dergleichen hier im Hause, zumal in Ge-
genwart der Kinder, nicht bräuchlich sei. Vergebens.
Von Neuem schmutzige Worte. Da trat sie ruhig
hinter den Stuhl, auf dem der Lose saß, und voll-
führte rechts und links zwei Ohrfeigen an dessen un-
gewaschenem Haupte, daß es sausete. Das half. War
das auch ein wenig derb, so hat auch unser Herr
einst über gewisse Leute die Geissel geschwungen und
wir glauben, Er würde es noch thun über manche der
Unholde, worüber hier Rede ist. Jedenfalls ist es
Pflicht, gegen solches Unwesen ernstlich vorzugehen.
Wehe dem Hause, in welchem derartige Reden
sogar in Gegenwart der Hausfrau ungestört ge-
führt werden dürfen, ja wo der Hausherr, die
Hausfrau selbst leichtsinnig oder schlecht genug
wären, um einzustimmen.
Es ist ferner in einem christlichen Hause Regel,
daß über gewisse unzüchtige Vorfälle in der Ge-
meinde überhaupt, und zumal in Gegenwart der
Kinder oder jüngeren Hausgenossen, nicht gesprochen
werde. O, warum wird doch im Sprechen keine
größere Vorsicht gebraucht?! Die Kinder sind lei-
der oft in diesem Punkte so vorwitzig; sie horchen
so aufmerksam auf, wo über schlüpfrige Gegen-
stände Rede ist, sie haschen jedes Wort auf, sie
denken darüber nach, sie fragen und sprechen weiter
darüber bei ihres Gleichen, und so wird eine zu
Hause gehörte unvorsichtige Aeußerung bei ihnen
nur zu leicht die Quelle eines großen Verderbens.
„Ein kleiner Funke“
, sagt der Apostel, „welch einen
großen Brand entzündet er oft!“
Für Mütter auf dem Lande (oder welche es sonst be-
trifft) haben wir noch die Warnung beizufügen, daß
sie doch um jeden Preis darauf bedacht seien, gewisse
Vorgänge mit dem Viehe (die Begattung etwa der
Kühe, der Pferde u. s. w.) den Augen der Kinder zu
entziehen. Welch eine unbegreifliche Rücksichtslosigkeit
hat in diesem Punkte nicht selten Platz! Mit der
größten Gleichgültigkeit läßt man es zu, daß so etwas
unter den Augen der Kinder stattfinde; ja man ver-
anlaßt es sogar, indem man die Kinder dabei zu
hülfe nimmt. Wie ist es möglich?! Sieht man
denn nicht, daß Solches geradezu darnach angethan
ist, um das Schamgefühl auf die nachtheiligste Art zu
verletzen und gefährliche Versuchungen und Sünden
wider die h. Reinigkeit herbeizuführen? Es ist unbe-
greiflich, wie es Eltern geben kann, die das nicht
einsehen; es ist eine Rücksichtslosigkeit, welche wegen
der nur zu leicht daraus sich entwickelnden üblen Fol-
gen nicht genug bedauert werden kann. Darum euch,
christliche Mütter, sei's an's Herz gelegt, in diesem
Punkte die zarteste Rücksicht und Vorsicht walten zu
lassen; es ist insbesondere euere Sache und heilige
Pflicht für euch; etwaige Mühe und Unbequemlichkeit
kann euch unmöglich davon dispensiren. Um jeden
Preis sollt ihr zu verhüten suchen, daß solche Dinge
nicht in Gegenwart der Kinder geschehen, so viel
möglich selbst dann nicht, wenn sie schon mehr er-
wachsen sind.
Die christliche Mutter hält ferner auf Züchtigkeit
und Ehrbarkeit in der Kleidung. Es ist hier nicht
Rede von Kleidern, welche an sich unanständig
sind. Solche Kleider, die in ihrem Schnitte, in
ihrer ganzen Art unanständig sind, unanständige
Moden wird eine gewissenhafte Mutter im Hause
nicht dulden. Hier ist Rede von jener Unsitte,
wonach in manchem Hause zu gewissen Zeiten,
z. B. am Morgen oder im Sommer, wenn es
heiß ist, oder bei gewissen Arbeilen, die Unvoll-
ständigkeit der Kleider die gute Sitte und den An-
stand verletzt. Mit Strenge soll daher die Mutter
darauf halten, daß die Kinder nie ihr Schlafgemach
verlassen, ohne wenigstens in sofern angekleidet zu
sein, daß Anstand und Schamhaftigkeit nicht ver-
letzt werden, daß sie sich vernünftiger Weise nicht
zu schämen haben, auch von Fremden gesehen zu
werden. Wie sehr steht's zu bedauern, wenn die
kleinen Kinder Morgens, man möchte sagen halb-
nackt, mit unbedeckten Füßen, im bloßen Hemde
u. s. w. im Hause herumlaufen oder außerhalb des
Hauses gesehen werden. Ist das geeignet, ihrer
Gesundheit zu schaden, so ist es noch viel schlimmer,
daß auf solche Art alle Zartheit des Schamgefühls,
die so wichtig ist, nach und nach abgestreift wird.
– So auch im Sommer; nie kann größere Be-
quemlichkeit oder Annehmlichkeit, oder sonst etwas
berechtigen, den Kindern die Ablegung ihrer Kleider
in einer Art, welche den Anstand verletzt, zu ge-
statten.Es muß überhaupt auch in Betreff der Erwachsenen
wünschenswerth erscheinen, daß, wie es gewöhnlich bei
Mannspersonen der Fall ist, auch die weiblichen Per-
sonen in einem Hause gleich am Morgen vollständig,
d. i. so wie sie den Tag über erscheinen, gekleidet ihr
Schlafgemach verlassen möchten; wenn das aber viel-
leicht nicht immer sich ausführen lässet, so ist es den-
noch Pflicht, gleich am Morgen so gekleidet zu er-
scheinen, daß es Anstand und Schamhaftigkeit nicht
verletze, daß man vernünftiger Weise sich nicht zu
schämen habe, auch von Andern, als den Mitgliedern
des Hauses, gesehen zu werden. Auch hier kann im
Sommer nie größere Bequemlichkeit oder Annehm-
lichkeit das Recht und die Befugniß geben, sich auf
eine Weise zu kleiden, daß es wider die heilige Scham-
haftigkeit sei, in leichter Umhüllung, in unanständiger
Weise. Ohne Zweifel sind dies Winke, die in man-
chem Hause alle Berücksichtigung verdienen, Winke,
deren Vernachlässigung oder Beiseitsetzung viel Böses
im Gefolge hat.
So wichtig es ist, daß die h. Reinigkeit, die
Tugend der Keuschheit, die Unschuld unverletzt er-
halten werde, so strenge soll die h. Zucht nach allen
Seiten hin gehandhabt werden; daher kommen wir
zu der Forderung, daß alle zu enge gefährliche Ge-
meinschaft der verschiedenen Geschlechter im Hause
auf alle Weise verhütet werde. Die christliche
Mutter wird um jeden Preis dafür sorgen, daß
ihre Kinder verschiedenen Geschlechtes, d. i. Mäd-
chen und Knaben, nicht in der nämlichen Stube,
oder gar im selben Bette zusammen schlafen, eben
so nicht die Kinder mit den Dienstboten des an-
dern Geschlechtes. Ist solches Zusammenschlafen
immer, auch schon bei ganz kleinen Kindern be-
denklich, so ist es vollends unverantwortlich, dasselbe
noch zu gestatten, wenn die Kinder schon zu den
Jahren des Verstandes gekommen sind. Gott
weiß es, wie viel Unheil hiervon seinen Ausgang
nimmt. Wie ist es doch möglich, daß manche El-
tern in diesem Punkte so rücksichtslos, so schrecklich
leichtsinnig zu Werke gehen, als hätten sie keinen
Verstand oder kein Gewissen! – Ebenso gewissen-
los und leichtsinnig ist es, wenn Eltern ihre schon
heranwachsenden Kinder noch immer bei sich oder
auch nur in der nämlichen Stube mit sich schlafen
lassen. – Jeder, welcher nur in etwa ernst und
gewissenhaft diesen Punkt betrachtet und bedenkt,
in welche Gefahren die Unschuld der Kinder in
dieser Hinsicht gerathen, wie leicht sie für immer
Schiffbruch leiden könne, wie sehr jedenfalls das
Schamgefühl verletzt werde, der muß anerkennen,
daß es eine heilige und strenge Pflicht für Eltern
sei, alles Mögliche zu thun, es in jeder möglichen
Art zu überlegen und keine Mühe und kein Opfer
dafür zu scheuen, daß die Kinder nach ihrem Ge-
schlechte getrennt in verschiedenen Betten und an
verschiedenen Stellen schlafen; und sollte man dürf-
tigkeitshalber selbst genöthigt sein, Andere zu sol-
chem Zwecke um Beisteuer angehen zu müssen. -
Wahrlich eine Sache, die man, ihrer Wichtigkeit
wegen, rings von den Dächern predigen möchte.Gewissenhafte Herrschaften werden eben so Sorge ha-
ben, das Knechte und Mägde ihre Schlafstätten in
gehöriger Entfernung von einander haben und sie
ihnen auch sonst nicht Gelegenheit und Anlaß zu ge-
fährlicher Gemeinschaft geben. Jedenfalls ist es Pflicht
für sie, hierin alle mögliche Rücksicht zu nehmen,
um, so viel immer in ihren Kräften steht, Gefährliches
zu hindern.
Derjenige, welcher das über diesen Punkt Gesagte
übertrieben und unzeitig nennen möchte, kennt nicht
die Verheerungen, welche die Vernachlässigung dieser
Rücksichten in jungen Seelen zu Wege bringen
mag. Es ist im günstigsten Falle eine, dennoch
bedenkliche Gedankenlosigkeit, aber nur zu oft
schnöder Leichtsinn und frevelhafte Rücksichtslosig-
keit und Gewissenlosigkeit, wenn man das Ge-
sagte nicht einsehen will und sich nicht darum
kümmert.
Wie wenig wird ferner in manchen Häusern
das Schamgefühl respektirt und gehegt; wie manches
geschieht und wird zugelassen, wodurch dasselbe mehr
und mehr abgestumpft wird. Wir würden An-
stand nehmen, darüber hier zu sprechen, wenn wir
nicht das Bewußtsein hätten, daß die Wichtigkeit
der Sache uns dazu ein Recht gebe. So ist es
übel, wenn die Mutter es nicht verhindert, daß
die kleinen Kinder beim Sitzen, Liegen, Spielen
allerlei unanständige Entblößungen sich erlauben;
denken sie auch nichts dabei, das Schamgefühl wird
von früh an dadurch abgestumpft. Auch in der
Art, die kleinen Kinder zu stillen (ihnen die Mut-
terbrust zu bieten), sollte vielfach von den Müttern
der h. Scham mehr Rechnung getragen werden.
Hierher gehört auch, wenn die Mütter ihre Kinder
nicht anleiten und anhalten, daß sie beim Verrichten
ihrer Nothdurft sich zurückziehen, wo sie nicht ge-
sehen werden, daß sie es nicht so offen und vor
den Augen der Menschen thun. Wie viel Scham-
losigkeit und Rücksichtslosigkeit herrscht in dieser
Hinsicht nicht selten bei Erwachsenen; es ist ganz
unbegreiflich, es ist ein trauriges Zeichen, wie sehr
in Vielen jenes h. Schamgefühl erstorben ist. Und
doch ist gerade diese h. Scham, dieses Schamgefühl
von Gott in die Menschennatur hineingelegt, daß
es gehegt und zu lebendiger Aeußerung gefördert,
wie ein Damm sei, wider das Andringen der Un-
lauterkeit, eine Umzäunung der h. Unschuld, eine
Abwehr alles dessen, was der Reinheit der Seele
gefährlich oder nachtheilig ist. Ist die Umzäunung
hinweggerissen, dieser Damm fortgeschwemmt, ist
die Scham aus dem Menschen verschwunden, so
steht er aller Schande der Unlauterkeit offen, so
ist er zu Allem fähig und kommt, wo die Gelegen-
heit es bringt, leicht zu Allem. Eben darum ist
es von unendlicher Nichtigkeit, daß dieses heilige
Schamgefühl bei den Kindern nicht verletzt werde;
daß es geschont, gehegt, gefördert, daß es recht
zart erhalten werde und daß man daher im Hause
Alles in Wort und That vermeide, was ihm ge-
fährlich oder nachtheilig sein könnte.
Möchte doch das hier Gesagte überall die ge-
bührende Berücksichtigung finden; auf daß die heil.
Unschuld, die Keuschheit in den christlichen Familien
eine Zufluchtsstätte, in der Fürsorge der Mutter
eine schützende Obhut finde! Jemehr in der Welt
in unsern Tagen die Unzucht herrscht und alles
höhere Leben zu vernichten und alles wahre Le-
bensglück zu stören drohet, – desto mehr herrsche
in unsern Häusern die heilige Zucht! Dann
wird es, so Gott will, wahr werden, daß mehr
und mehr in einem solchen Hause ein keusches
Geschlecht wohne, keusche, ehrbare Eltern, un-
schuldige Kinder und sittsame Dienstboten, und es
wird auf ein solches Haus Anwendung finden,
was der h. Geist spricht: „O wie schön ist ein
keusches Geschlecht im Tugendglanze! denn un-
sterblich ist sein Andenken, und bei Gott und Men-
schen ist es anerkannt; ist es gegenwärtig, so ahmt
man ihm nach, entzieht es sich den Augen, so sehnt
man sich darnach und ewig triumphirt es mit
der Siegeskrone und trägt den Preis für
die Kämpfe unbefleckter Reinigkeit.“
(Buch
der Weish. 4, 1-2.)
Die Anleitung.
Ein Gärtner hat durch eine besondere Gunst der
Umstände überaus kostbaren Samen zu den selten-
sten, herrlichsten Blumen erhalten. Nun hat er
denselben dem Boden seines Gartens anvertraut;
schon keimt er; schon sprießen die zarten Pflänzchen
aus der Erde hervor. Wird er fernerhin unbe-
kümmert um dieselben sein? O nein! Er hat
große Sorge um sie; er sieht nach ihnen täglich
von Neuem, leicht wiederholt am Tage. Nicht ge-
nug, daß er mit großer Sorgfalt Alles von ihnen
fern zu halten sucht, was ihnen schädlich und ge-
fährlich sein würde, so hegt und pflegt er dieselben,
wie und so viel er kann, damit sie wohl gedeihen
und sich ganz nach ihrer Art zu voller Schönheit
und Herrlichkeit entwickeln.
Ein treffender Fingerzeig für christliche Mütter!
Was sind die seltensten und schönsten Blumen ge-
gen jene Pflänzlinge, welche Gott selbst in des
Kindes Herz eingefügt hat?! Samenkörner gleich-
sam von Himmelsauen her; – Keime, durch die
unendliche Huld des Herrn aus Seinem hochherr-
lichen, anbetungswürdigen Wesen selbst in's Men-
schenwesen gelegt, auf daß sie da mehr und mehr
zur Herrlichkeit der christlichen Tugenden sich ent-
faltend den armen Menschen einführen in immer
größere Aehnlichkeit mit Gott. An ihnen soll die
Mutter eine Gärtnerin sein.
Mit aller Sorgfalt daher, wir hörten es bereits,
mit aller Umsicht sucht die Mutter das Herz des
Kindes von dem Unkraut zu entledigen, welches
den Bestand und das Wachsthum dieser göttlichen
Tugendkeime zu gefährden oder zu behindern drohet;
mit zarter Vorsicht sucht sie dieselben vor Allem,
was ihnen nachtheilig sein möchte, zu schützen und
zu hüten.
Aber sie thut noch mehr. Läßt ja der Gärtner
es nicht damit sein Bewenden haben, daß er das
Beet, auf dem seine kostbaren Blumen stehen, von
allem Unkraut reinigt und sie vor üblen Einflüssen
schützt; nein, er hegt und pflegt seine Lieblinge, so
viel er kann; er versäumt nichts, was dazu bei-
tragen mag, daß dieselben desto schöner heranwachsen
und sich entfalten. So also auch die christliche
Mutter. Sie lässet es sich, – wie es auch ihre
heilige Pflicht ist, – mit aller Sorgfalt angelegen
sein, die christlichen Tugenden im Herzen und Le-
ben ihrer Kinder zu nähren und groß zu ziehen.
Hat der Herr auch die Keime dieser Tugenden in's
Kindesherz gesenkt, so thut es ja doch, sollen sie
zu der entsprechenden Entfaltung kommen, Noth,
daß das Kind, sobald es zu den Jahren der Ver-
nunft kommt, in die Gnade Gottes eingehe und
zur Entwickelung und Vollendung jener Tugenden
mitwirke. Und das ist es, wozu die Mutter das
Kind zur Zeit anregen, wozu sie ihm Anleitung
geben soll. Ohne diese Anregung und Anleitung
wird das von Gott im Kinde grundgelegte Gute
schwerlich zur Entwickelung, sicher nicht zur vollen
Entfaltung kommen. Es wird sein, wie ein kost-
bares Samenkorn, was nicht aufgeht, wie eine
Pflanze, die nicht Leben hat.
Feinde des Glaubens haben aus dem Umstande,
daß ohne Anregung und Anleitung von Außen der
Glaube, die Religiösität, die Liebe zu Gott, die
Gewissenhaftigkeit, die Keuschheit und die sonstigen
christlichen Tugenden nicht zu Stande kommen, den
Schluß ziehen zu dürfen geglaubt, daß alle diese
Tugenden nichts, als eitel Angewöhnung von den
Eltern oder Andern seien. Die Thoren! Wenn
denn die Sorgfalt und Mühe des Gärtners, wenn
die heilsamen Einflüsse des Bodens und der Luft,
Regen und Sonnenschein bewirken, daß der Keim
sich entfaltet und zu einer herrlichen Blume heran-
wachset, ist es da der Gärtner, ist es Boden und
Luft, Regen und Sonnenschein, wodurch dieselbe
hergestellt ist? Würde alles das die Blume her-
vorgerufen haben, wenn der Keim nicht schon im
Boden gelegen hätte? Aehnlich liegen auch Keime
der christlichen Tugenden schon im zarten Kindes-
herzen, von Gottes Gnaden; aber mancherlei heil-
samer Einfluß von Außen, insbesondere von Seite
der Eltern, der Mutter, ist nothwendig, damit sie
nach Gebühr wachsen und gedeihen.
Also wieder eine hohe und schöne Aufgabe für
die Mutter! Sie soll ihrem Kinde zur Hand
gehen, daß so viel an ihr, die Tugenden, welche
der Herr in ihm grundgelegt hat, vom ersten An-
fang seines Bewußtseins in ihm zur Uebung kom-
men, oder was dasselbe ist, sie soll ihrem Kinde
Anleitung geben, daß es, sobald es zum Bewußt-
sein kommt und also anfängt, als Mensch, in freier
Selbstbestimmung zu handeln, in seinem Handeln
und Leben sich sofort und fortan als Christ, als
Kind Gottes erweise, daß es also christlich, d. i. so
wie es den Lehren unserer h. Religion entspricht,
denken und urtheilen und sinnen, wünschen und
fürchten, reden und handeln lerne, daß es vom
ersten Beginne an sofort an Gott glaube, auf Ihn
hoffe. Ihn liebe; daß es von Anfang an seine
Mitmenschen liebe und Güte und Sanftmuth und
Mitleid und Erbarmen gegen sie erweise; daß es
von Anfang an bescheiden und demüthig sei und
die christliche Geduld übe, und sich beherrschen und
überwinden lerne, und sich an Arbeit und Fleiß
gewöhne; daß es vom ersten Beginn wahrhaft
sei und treu und aufrichtig, daß es das Eigen-
thum Anderer achte und redlich und ehrlich sei,
und was sonst noch zum christlichen Leben gehört.
Oder soll die Mutter, so lange das Kind noch
klein ist, um alles dieses sich nicht kümmern? Soll
sie ihre Kinder zunächst eine Zeit lang, vielleicht bis
in recht hohe Jahre hinein so hinleben lassen, wie
sie eben leben wollen, ohne es sich am Herzen lie-
gen zu lassen, daß sie sofort und immerdar als
Christen leben? Etwas Ungereimteres und zu-
gleich Verkehrteres als das, kann es nicht geben.
Also man wollte zunächst eine Zeit lang das Nie-
dere im Kinde, seine Natur, welche verkehrt und
voll böser Neigungen ist, heranwachsen und groß
werden und das Höhere in ihm, die Kindschaft
Gottes, die christlichen Tugendkeime ohne Pflege
liegen lassen? Der natürliche, vielfach böse Mensch
der Heide, sollte heranwachsen und der übernatür-
liche Mensch, das Kind Gottes, der Christ sollte
unentwickelt und klein und winzig bleiben! Wird
dann, wenn endlich später auch dieser, der Christ,
gepflegt und zu einem christlichen Leben angeleitet
werden soll, derselbe nicht gegen den unterdeß groß
und stark gewordenen natürlichen, verkehrten Men-
schen in der traurigsten Weise im Nachtheile sein
und leicht immer im Nachtheile bleiben? So der
Ismael, der Sohn der Magd im Hause Abrahams;
als Isaac, der Sohn der Verheißung, geboren
wurde, war jener schon herangewachsen; und was
geschah? „Und Ismael verfolgte den Isaac.“
(Gal. 4, 29.) – Und ist es nicht Gottes Wille,
daß der Mensch sein ganzes Leben Ihm und
seinem Dienste weihe? Daß Sein Kind, wozu Er
den Menschen in der Taufe hat wiedergeboren
werden lassen, von frühester, zartester Jugend an,
sobald sein Bewußtsein erwacht, als solches, als
Christ sich erweise und lebe, christlich denke und
sinne und rede und handele? Der Herr liebt die
Erstlinge; grad diese zarten Erweisungen christ-
licher Frömmigkeit im Kinde, wie sind sie so kost-
bar vor Ihm! O, welch eine Verkennung der
Sache und der Wahrheit, keine Sorge zu haben,
daß das Kind vom ersten Beginne an seines höch-
sten Vorzuges, ein Kind Gottes, ein Christ zu sein,
sich würdig erweise! Sehen wir auf die Kinder
der Hohen und Großen dieser Welt: Welche
Sorge, welches Bemühen, daß die Kinder, sobald
sie nur Vorstand haben, sich in Allem so benehmen,
wie es der Weise, welche in diesen Kreisen herrscht,
den Regeln des Anstandes, der guten Sitte ent-
spreche. Und christliche Mütter sollten nicht Sorge
haben, daß ihre Kinder, die zugleich Kinder des
höchsten Fürsten im Himmel sind, von Anfang an
und schon als kleine Kinder sich so benehmen, wie
es der Weise, die im Reiche Gottes herrscht, wie
es den Regeln des christlichen Glaubens ent-
spricht?!
Grad die ersten Jahre der Kindheit, die ersten
Jahre nach der Zeit, wo im Kinde das Selbstbe-
wußtsein erwacht ist, sind so wichtig und entschei-
dungsvoll für's ganze Leben. Und sie sollte man
hingehen lassen, ohne das Kind anzuleiten, daß es
schon in ihnen sich als Christ verhalte? Wie sehr
steht zu fürchten, wie oft ist es der Fall, daß eben,
weil man nicht schon als Kind auch als Christ
lebte, ein frisches, das ganze Menschenwesen durch-
dringendes und beherrschendes christliches Leben nie
zu Stande kommt.
Es bedarf wohl kaum der Erinnerung, daß wir,
während wir der Anregung des christlichen Lebens
schon im zartesten Kindesalter das Wort reden,
unmöglich im Sinne haben können, daß dieses
christliche Leben beim Kinde schon ähnlich auftrete,
wie bei den Erwachsenen. Das hieße ja, Unmög-
liches fordern. Aber eben darum, weil Kinder
noch nicht nach Art der Größeren Gott dienen und
ein christliches Leben führen können, soll beson-
ders die Mutter die Vermittlerin für das Kind
sein und ihm den Weg zeigen, wie es schon als
Kind Christ sein und die Tugenden des christlichen
Lebens üben möge. Es hat das oben erwähnte
Beispiel von der Muttermilch Platz. Wie der
Herr Sorge getragen hat, daß die von der Natur
gebotenen und ohne Weiteres für das Kind noch
nicht genießbaren Speisen zuvor bei der Mutter
sich zur Milch, d. i. zu einer dem kindlichen Körper
entsprechenden Nahrung, gestalten; so soll die Mut-
ter auch die Obliegenheiten und Weisen des christ-
lichen Lebens in einer für das zarte Alter des Kin-
des angemessenen Art dem Herzen des Kindes nahe
legen und es dazu anleiten.
Eine Aufgabe für die Mutter, welche freilich
Aufmerksamkeit und aufrichtiges Bemühen in An-
spruch nimmt, aber keineswegs irgendwie zu schwer
erscheinen kann. Freilich eine Mutter, welche selbst
noch nicht einmal ernstlich angefangen hat, ein
christliches Leben zu führen, wird diese Aufgabe
nie zu lösen im Stande sein. Darum haben wir
ja auch wahre christliche Frömmigkeit als eine der
nothwendigsten Erfordernisse zu einer guten Er-
ziehung aufgestellt. Aber für eine wahrhaft christ-
liche Mutter ist diese Aufgabe nicht zu schwer.
Führen wir, um das einzusehen, nur einige Weisen
ihrer Lösung uns vor:
Der Glaube. – Die Mutter unterweiset ihr
Kind, wie wir schon dargelegt haben, schon früh
in kindlicher Weise in den Lehren der h. Religion.
Schon das wecket und fördert die Entwickelung
des Glaubens. Aber nun gewöhnt sie das Kind,
daß es nach dem, was es auf solche Art von Gott
und Religion weiß, in seinem Urtheile über den
Werth und Unwerth der Dinge, in seinem Reden
und Thun sich richte. Das Kind erfährt zeitliche
Leiden und Uebel; die Mutter: „Noch schlimmer
ist die Sünde. Das Kind erfährt irdische An-
nehmlichkeiten und Freuden; die Mutter: „Die
Freude eines guten Gewissens, die Freude des Be-
wußtseins, Gutes gethan zu haben, ist noch größer.“
Oder, sie erinnert zur Zeit das Kind, daß Gott
bei ihm ist, es sieht, daß Gott gütig, daß Er hei-
lig, gerecht u. s. w. ist; sie erinnert an die großen
Werke der göttlichen Liebe u. s. w. Lauter Uebungen
des Glaubens. – Sie leitet das Kind an zum
Bitten um Glauben.
Die Hoffnung. – Die Mutter erzählt dem
Kinde gern, wie viel Gutes, Großes und Schönes
der Herr Jesus den Seinen bereitet und in der
Kirche zurückgelassen habe; wenn es größer wird,
dann wird es an all demselben Theil haben und
dadurch immer besser, frömmer, schöner an seiner
Seele werden; dann wird die Mutter es mitnehmen
in die h. Messe, wo es so viel Gutes erlangen
kann; zur Zeit wird es in der Schule so viel
Schönes vom Heilande und Seiner Kirche lernen;
es wird einmal selbst den lieben Heiland empfangen
dürfen. – Wenn es recht fromm ist, dann wird
der liebe Gott und der göttliche Heiland es gar
sehr lieben; welch ein Glück! – und sie werden
ihm Gutes thun. Dann wird die liebe Mutter
des Herrn, die Himmelskönigin, es lieb haben, und
alle lieben Engel und Heiligen mit ihr, und sie
werden ihm, wenn es sie anruft, alles Gute und
Schöne erflehen; und welch ein Heil, endlich, wenn
es stirbt! Dann wird der liebe Heiland seine
Seele abholen, daß sie bei Ihm im Himmel ewig
alle erdenkliche Freude und Seligkeit genieße. –
Dann: Wenn du nun recht fromm betest, recht ge-
horsam bist u. s. w., so hat der liebe Gott dich
lieb, dann dürfen wir hoffen, daß du einst in den
Himmel kommst. – Oder, wenn das Kind fehlt
(lügt, nascht, ungehorsam ist u. s. w.): „O, Kind,
thu das doch nicht! Was muß der liebe Gott,
der liebe Heiland sonst von dir denken. Wirst
du dann in den Himmel kommen können? Kin-
der, die lügen, die ungehorsam sind... – wo-
hin werden die einst kommen? in den Himmel
nicht!“
Die Liebe. – Wie manches ist im täglichen
Leben, was dem Kinde Freude und Lust macht;
gern weiset die Mutter immer von Neuem darauf
hin, daß alles Gute von Gott kommt, daß das
Kind Ihm danken müsse. – Die und die haben
Andern Gutes gethan; die Mutter: „O Kind,
wie viel mehr Gutes thut uns und auch dir der
liebe Gott!“
– Dann spricht sie zum Kinde von
der Güte Gottes, von seiner Barmherzigkeit, daß
Er unser Vater ist; und von Jesus, wie Er
auch aus Liebe zu ihm (dem Kinde), Mensch ge-
worden und so viel gelitten und Sein Leben hin-
gegeben habe, und nun noch immer aus Liebe im
h. Sakramente wohnt und wirkt. „O, nie kannst
du Ihn genug wiederlieben!“
– Dies und jenes
macht dem Kinde Freude, es hält dasselbe so hoch,
es wünscht es so sehr, weil es so schön ist; die
Mutter: „O, Kind, wie viel schöner ist der liebe
Gott und der göttliche Heiland! Er verdient mehr
als Alle und Alles geliebt zu werden, welche
Freude, welch Glück für dich, Ihn einst zu sehen,
Ihn zu besitzen!“
– Erzählungen von Heiligen,
besonders von jugendlichen Heiligen, welche Gott
sehr geliebt haben. – Das Kind muß oft Gott bitten,
daß Er ihm Gnade gebe, Ihn immer mehr zu lieben.
Die Nächstenliebe. – Die ist es ganz be-
sonders, wozu die Mutter ihr Kindlein anleitet.
Vor Allem muß es – das verlangt die Mutter
– gegen Alle im Hause eine solche Liebe haben;
es wird ernstlich und beharrlich angehalten in Be-
ziehung auf die Geschwister, Dienstboten und son-
stige Hausgenossen Alles zu meiden, was die Liebe
verletzt; Unfreundlichkeit, Zorn, Zank, Streit,
Kränkungen, Eigensinn u. s. w.; es muß Allen
mit Liebe begegnen, mit Freundlichkeit, Zuvor-
kommenheit, Gefälligkeit, es muß gegen alle herz-
liche Theilnahme beweisen, Mitleid, gern helfen
und von dem, was es hat und bekommt, gern
mittheilen. Aber ähnlich auch außer dem Hause;
die Mutter erinnert immer wieder daran, hält
streng darauf. Unzeitige Tadelreden über Andere
werden, wie das Kind sie im Hause nicht hört,
auch bei ihm nicht geduldet. Es darf sich nicht
mit andern zanken und streiten; es muß vertrag-
sam sein; es wird gewöhnt zu Mitleid und Er-
barmen über Nothleidende und Arme; die Mutter
gibt ihm Gelegenheit, ihnen zu helfen und zu ge-
ben; sie leitet es an, selbst durch Ersparniß und
sonst darauf bedacht zu sein, daß es in den Stand
gesetzt werde, zu helfen und zu geben. Das Bei-
spiel der Mutter selbst verleihet allem Diesem Le-
ben und Wirksamkeit.
Welch ein Segen für das Kind, wenn also die
christliche Nächstenliebe mit ihm großwächset; wenn
Selbstsucht und Eigennutz schon früh in ihm ge-
brochen wird! Warum ist in der Welt vielfach
Alles in Egoismus aufgegangen, ohne Liebe und
herzliche Theilnahme? Man hat die Liebe nicht
als Kind kennen und üben gelernt.
Das wären etliche Proben der Anleitung, wie
man sie von einer christlichen Mutter erwarten
muß. Und ähnlich in den andern Punkten. Es
wird streng darauf gehalten, daß das Kind stets
pünktlich gehorsam sei; daß es in Allem die Wahr-
heit sage; daß es sein Wort halte; daß es recht
bescheiden, zurückhaltend sich erweise; – es wird
angeleitet, seine kleinen Unannehmlichkeiten und
Leiden geduldig zu tragen; es wird an Reinlich-
keit, Ordnung, Arbeit gewöhnt: „Der liebe Gott,“
sagt die Mutter, „will zwar, daß die Kinder auch
spielen, aber doch nicht, daß sie immer spielen, sie
sollen auch arbeiten, fleißig sein, und sich an Ar-
beit gewöhnen Es kann nicht genug bedauert werden, daß so manche
Eltern, insbesondere aus den höhern Klassen, dieses
so fast gänzlich aus dem Auge lassen. Sie lassen es
geschehen, daß ihre Kinder in den frühern Jahren
alle ihre Zeit so fast ausschließlich dem Spiele und
dem Vergnügen widmen; kaum eine Spur von An-
leitung und Gewöhnung zur Arbeit. Und die Folge?
Später, in der Schule, im Leben scheuen sie die Ar-
beit, weil sie nicht daran gewöhnt sind, und es treten
die üblen Folgen der Scheu vor Arbeit und ernster
Anstrengung, der Nachlässigkeit und Trägheit in der
Schule, in den Studien, im Haushalt, im Dienste
u. s. w., in der traurigsten Weise zu Tage. Es ver-
steht sich wohl von selbst, daß die Art und das Maß
der Arbeiten dem kindlichen Alter entsprechen und
den Kindern recht viel Zeit zum Spielen gelassen
werden muß; aber dennoch müssen sie es früh lernen,
etliche Zeit entsprechender kindlichen Arbeit zu widmen
und sich an Arbeit, als Pflicht, gewöhnen.
; also nun hübsch rüstig an's
Werk!“
Zur Zeit treten Lehrer und Lehrerin der Mut-
ter in der Erziehung ihres Kindes helfend zur
Seite. Was ist natürlicher und billiger, als daß
die Mutter sie als wie Hausfreunde halte und
ihrem Kinde Hochachtung gegen sie einflöße, ohne
welche sie ja keinen heilsamen Einfluß ausüben
können; daß sie zu ihren Kindern nie mit Gering-
achtung von ihnen spreche; daß sie dem Kinde ein
Interesse für das, was es in der Schule thut
und lernt, beweise, es darüber befrage, darüber
spreche.
Die christliche Mutter leitet ihr Kindlein an
zum Gebete, sobald und so viel es dessen fähig ist.
Aehnlich, wie die oben erwähnte Jungfrau lehret
sie ihr Kindchen seine Händchen falten und spricht
ihm kindliche Gebetsworte, vor. Wie schön, wenn
mit dem Mutter- und Vaternamen die Namen
Gottes, Jesu, Mariä die ersten wären, welche der
kindliche Mund lallen lernte! Jedenfalls lernen
die Kinder, so bald es möglich ist, von der Mutter
das heilige Kreuzzeichen machen, das h. Vater unser
und Ave und andere kindliche Gebetchen beten und,
wo möglich, ein kurzes kindliches Morgen- und
Abendgebet. Und das müssen sie dann jeden Mor-
gen und Abend beten.Manche Mütter lassen ihre Kinder in ihrer Gegenwart
Morgen- und Abendgebetchen machen. Gewiß eine
gar schöne Sitte. Gern gedenke ich ihrer aus meiner
Jugend und wie heilsam es das kindliche Herz beein-
flußte, wenn allabendlich die gute Mutter uns Kinder
zu Bette führte und dort uns mit ihr unser Abend-
gebetchen machen ließ.
Die Mutter nimmt ihr Kleines gerne zuweilen
mit zur Kirche, damit es Kirche und Gottesdienst
kennen und lieben lerne und damit es Sinn für
Kirche und Gottesdienst daraus schöpfe. – Das
Kleine lernt, so viel möglich, die Feste und ihre
Bedeutung kennen und wird angeregt und ange-
leitet, sie, so gut es kann, zu feiern. – Es kommt
die Zeit, wo das Kleine die Kirche besuchen muß.
Die Mutter hält es dazu an, daß es recht regel-
mäßig hingehe, früh genug komme; sie erinnert und
ermahnt es recht oft, hübsch artig zu sein in der
Kirche und recht fromm und andächtig zu beten.
– Es ist zur h. Beicht angenommen; es bereitet
sich vor. Die Mutter nimmt den regsten Antheil;
sie unterrichtet das Kind, wie es seine Beichte recht
mache, sie ermahnt es, sie hilft ihm. – Und wo
sonst wichtigere Vorfälle im religiösen Leben des
Kindes vorkommen, welche sein Herz in höherem
Grade in Anspruch nehmen, da geht die Mutter
gern mit ähnlichem Interesse in diese Gelegenheit
desselben ein und knüpft nützliche Anleitung und
Unterweisung an.
So und ähnlich hält es die christliche Mutter
in Betreff der Anleitung ihrer Kinder zu einem
christlichen Leben, auf daß dieselben schon früh als
Christen leben, und nach allen Seiten sich als
Christen erweisen. Und nicht hoch genug kann die
heilsame Wirkung davon angeschlagen werden.
Kaum etwas gibt eine solche Bürgschaft, daß das
Kind auch in seinem spätern Leben ein echt christ-
liches Leben führen, daß es zum Heile gelangen
werde, als, wenn es also von einer frommen
Mutter schon gleich vom ersten Beginne an dahin
angeregt und angeleitet wird, als Christ zu leben
und in Glaube, Hoffnung, Liebe und in allen
christlichen Tugenden zu bestehen.
Wohlan denn, christliche Mutter, vermittle deinen
Kindern diese unschätzbare Wohlthat! Es wird
deine eigene Freude und dein Trost sein.
Gottes Wort an die christliche Mutter.
Gewiß ist es geeignet, den Nachdruck unserer
Mahnungen zu erhöhen, wenn wir in Folgendem
eine Sammlung der Hauptstellen der h. Schrift,
worin der h. Geist sich an die ElternWenn die gedachten Stellen vorwiegend an die Väter
gerichtet sind und fast überall nur von den Söhnen
die Rede ist, so bedarf es wohl kaum der Erwähnung,
daß dieselben auch für die Mütter und Töchter ihre
volle Geltung haben; ist ja eben kein wesentlicher
Unterschied zwischen den Pflichten des Vaters und der
Mutter oder des Sohnes und der Tochter.
ausspricht,
folgen lassen.
1) Beginnen wir mit den Worten des Herrn,
welche Er an Heli richtete, weil er – nicht die
gute Erziehung überhaupt vernachlässigt, – sondern
von unzeitiger Liebe abgehalten, seine Söhne nicht
nach Pflicht bestraft hatte; tritt ja hierin der ganze
Ernst und die strenge Verantwortlichkeit der Eltern-
pflichten zu Tage. So heiße es 1. Kön. 3, 11:
Und der Herr sprach zum Samuel: „Ich werde!
Alles an dem Heli erfüllen, was ich ihm und seinem
Hause gedrohet habe – wegen der Vergehungen
seiner Söhne; denn, obwohl er wußte, daß seine
Söhne sich unwürdig betrugen, so hat er sie den-
noch nicht bestraft.“
Wie furchtbar ging die
Drohung in Erfüllung! Die beiden Söhne kamen
im Kriege um, die Arche kam in Feindeshand,
Heli fiel im Schrecken dieser Nachricht rücklings
vom Stuhle und starb.
2) Daran schließe sich das schöne Wort des
ehrwürdigen alten Tobias, dieses hochvortrefflichen
Vaters, das er auf seinem Sterbebette zu seinem
so vortrefflich erzogenen Sohne gleichen Namens
und zu seinen Enkeln sprach: „Dienet dem Herrn
mit aufrichtigem Herzen und bemühet euch, zu thun,
was Ihm wohlgefällig ist. Weiset euere Kinder
an, daß sie stets thun, was recht ist, daß sie Al-
mosen geben, Gott vor Augen halten und Ihn
preisen zu aller Zeit.“
Tob. 14, 11.
3) Einen außerordentlich rührenden Zug aus
dem Familienleben des treuen Dieners Gottes Job
theilt uns das erste Kapitel des h. Buches gleichen
Namens mit, welches uns einen Blick eröffnet in
die wahrhaft väterliche Sorgfalt, womit dieser
fromme Vater sich das Seelenheil seiner Kinder
angelegen sein ließ. „Wenn,“
heißt es (Job 1,5),
„die Tage des Gastmahls“
(welches seine sieben
Söhne und drei Töchter der Reihe nach sich gegen-
seitig bereiteten) „um waren, so sandte Job zu
ihnen“
(beschied sie zu sich) „und heiligte sie
(suchte
sie durch Ermahnung und religiöse Ceremonien zur
Reue und Buße wegen ihrer Sünden und zu er-
neuetem Eifer im Dienste des Herrn zu vermögen)
„und machte sich des Morgens früh auf und brachte
Brandopfer“
(Sühnopfer) „für einen Jeden; denn,
sprach er, es möchten meine Söhne gesündigt und
in ihrem Herzen Gott gesegnet“
(d. h. durch Ver-
sündigung in ihrem Herzen Gott entsagt. Gott ge-
wissermaßen den Abschied gegeben) „haben.“
Welch
ein schöner Wink für die christliche Mutter, daß
auch sie für die Sünden ihrer Kinder Gebet und
Opfer vor Gott bringe!
4) Auch die h. Schrift ist überzeugt, daß ein
Haupterforderniß zu einer guten Erziehung darin
besteht, daß die Eltern (die Mutter) selbst wahr-
haft gut, „gerecht“
seien. „Der Gerechte, welcher
in heiliger Einfalt wandelt, wird glückliche Kinder
hinterlassen.“
Sprichwörter 20, 7. – „Der
Mann“
(der Vater, wie die Mutter) „wird aus
seinen Kindern erkannt.“
Jesu Sirach 11, 30.
5) Wiederholt ermahnt die h. Schrift auf's
Angelegentlichste die Eltern, sich der guten Erziehung
ihrer Kinder mit Sorgfalt anzunehmen. „Unter-
weise deinen Sohn,“
heißt es Sprichwörter 29, 17,
„so wird er dir Freude bereiten und deiner Seele
Wonne gewähren.“
– „Unterrichte deinen Sohn,“
heißt es eben daselbst 30, 13, nämlich in allem
Guten, „und gib dir Mühe mit ihm, auf daß du
nicht den Kummer habest, seine Schande zu sehen“
(d. i. sonst wird er entarten zu deinem Kummer).
Und 41, 8-9: „Die Kinder der Sünder werden
Kinder des Gräuels und ihre Erbschaft vergeht.“
– „Freue dich nicht über gottlose Kinder“
(so
viele Vorzüge sie auch sonst haben) „habe deine
Lust nicht an ihnen, wenn keine Gottesfurcht in
ihnen ist: ein Kind der Gottesfurcht ist besser, als
tausend andere. Besser ist kinderlos sterben, als
gottlose Kinder hinterlassen.“
Jesu Sirach 16,
1, 3, 4. – Und 22, 3: „Ein ungezogener Sohn
gereicht dem Vater“
(und der Mutter) „zur
Schande; eine verständige Tochter ist ein Erbtheil
für ihren Mann.“
6) Mit großem Nachdrucke warnt die h. Schrift
vor jener aus unzeitiger Liebe oder Gleichgültigkeit
erwachsenden schädlichen Nachgiebigkeit, welche den
Kindern in Allem ihren Willen lässet: „Verzär-
tele deinen Sohn, so wirst du dich vor ihm zu
fürchten haben; spiele mit ihm“
(d. h. lasse es an
dem rechten Ernste der Erziehung fehlen) „so wird
er dich betrüben.“
Jesu Sirach 30, 9.
7) Früh soll man damit beginnen, die Fehler
und Unebenheiten der Kinder zu zügeln und zu
beseitigen; so Jesu Sirach 30, 8, 11, 12: „Ein
nicht gezähmtes Pferd wird unlenksam; so wird
auch ein Sohn, dem man seinen Willen lässet,
widerspänstig.“
– „Lasse ihm nicht seinen Willen
in seiner Jugend und sei nicht gleichgültig ge-
gen seine“
(verkehrten) „Gesinnungen.“
– „In
der Jugend beuge seinen Nacken und schmeidige
seine Lenden, so lang er ein Kind ist; wo nicht,
so wird er hartnäckig und nicht auf dich achten;
und du wirst Seelenkummer von ihm haben.“
-
Und 7, 25: „Hast du Söhne, so unterweise und
beuge sie von Jugend an; hast du Töchter,
so hab' Sorge, daß sie ihren Leib rein bewahren
und zeige kein“
(ausgelassen) „lachendes Gesicht
vor ihnen.“
8) Auch der wohlgeordneten strengen Zucht
redet die h. Schrift das Wort: So Jesu Sirach
39, 1: „Wer seinen Sohn liebt, hält ihn be-
ständig in Zucht (unter der Ruthe), daß er schließ-
lich Freude an ihm erlebe.“
Und Sprichwörter
13, 24: „Wer die Ruthe spart, hasset seinen
Sohn; wer ihn aber lieb hat, hält ihn beständig
in Zucht;“
– 19, 18: „Züchtige deinen Sohn,
damit du nicht die Hoffnung“
(auf ihn) „ver-
lierest;“
– 29, 15: „Ruthe und Strafe machen
weise; der Knabe aber, dem sein Wille gelassen
wird, macht seiner Mutter Schande.“
9) Daran schließt sich dann die Ermahnung,
nicht in Zorn und Aufgeregtheit zu strafen: „Und
ihr Väter, reizet euere Kinder nicht zu Zorn“
(durch Zorn und Aufregung), „erziehet sie in der
Lehre und Zucht des Herrn.“
Eph. 6, 4. – „Ihr
Väter reizet euere Kinder nicht“
(ohne Noth)
„zu Unwillen, daß sie nicht kleinmüthig werden.“
Colos. 3, 21.
Die Mutter eines Priesters.
Wie hoch pflegt eine Mutter beglückt zu sein
in der Erhebung und in dem Glücke ihres Sohnes!
Der Sohn hat ein Amt bekommen, oder er ist
durch eine Heirath in eine wohlhabende, angesehene
Familie eingetreten, oder es ist ihm sonst eine
Auszeichnung zu Theile geworden: Welche Freude
für die Mutter, wie beglückend! Vollends, wenn
sie das Bewußtsein hegen darf, daß ihr Sohn sein
Glück auch ihr zu verdanken habe, daß die Art,
wie sie ihn erzogen hat, der Weg gewesen zu seiner
jetzigen Erhebung.
Wie hoch daher die Beglückung einer christlichen
Mutter, welche einen Sohn hat. der Priester ge-
worden ist! Denn betrachten wir die priesterliche
Würde mit dem Auge des Glaubens, so gibt es
eine höhere Würde auf Erden nicht. Leider ur-
theilen wir meist nur zu sehr blos nach dem
Scheine; vielleicht tritt uns in manchen Priestern,
welche wir kennen, das Bewußtsein und die Ab-
prägung der priesterlichen Würde wenig in's Auge,
sie wollen uns als ganz gewöhnliche Menschen er-
scheinen, sind's auch vielleicht, weil sie, von der
Hoheit ihres Berufes nicht durchdrungen, kein wahr-
haft priesterliches Leben führen. So geschieht's
denn, daß man von der priesterlichen Würde, die
doch hoch ist, wie der Himmel, nur eine geringe
Vorstellung hat, ja sie geringschätzt.
Und dennoch – sie ist hoch wie der Himmel.
Ist ein kostbarer Edelstein darum weniger kostbar,
weil der, welcher ihn besitzt, ihn nicht zu schätzen
weiß und ihn mind hält? Betrachten wir die
priesterliche Würde im Lichte des Glaubens, wie
erhaben erscheint sie dann. Ist denn nicht der
Priester der ganz besonders vertraute Diener Jesu
Christi, des höchsten Herrn und Königs, vor dem
sich alle Kniee beugen, betrauet mit dem erhabenen
Auftrage, das von Ihm auf Erden begründete und
der h. Kirche anheimgegebene Heil an die Menschen
zu bringen, und daher ausgestattet mit wahrhaft
göttlichen Vollmachten, also daß sein Wort Macht
hat, Brod und Wein in Christi Fleisch und Blut
zu wandeln, Macht den Fluch der Sünde zu lösen
und arme Sünder in Kinder Gottes umzugestalten?
„O große Würde,“
ruft ein Heiliger aus, „o wun-
derbare Vollmacht, o erhabenes, bange Ehrfurcht
einflößendes Amt!“
– „Der Herr“
, ruft der heil.
Bernhard den Priestern zu, „der Herr hat euch
höher gestellt, als Könige und Kaiser, höher, als
Engel und Erzengel, höher, als die himmlischen
Herrschaften.“
Einst im Himmel, wo man den
Herrn Jesum Christum in Seiner ganzen Herr-
lichkeit schauet, da wird man es erst voll zu
schätzen wissen, was es heißt, Priester zu sein,
d. i. Diener und Stellvertreter dieses erhabenen
Herrn.
Wie hoch wird daher dort die Ehre und Herr-
lichkeit auserwählter Priester sein, wenn dann zu-
gleich das Ehrenzeichen des Priesterthums, das
unauslöschliche Zeichen, im Vollglanze an ihnen
erstrahlet!
Dazu kommt der große Segen, welcher von
einem wahrhaft guten Priester ausgeht. Lasset
einen solchen Priester eine Reihe von Jahren als
Seelsorger in einer Gemeinde wirken, und das
Gute, was er auf der Kanzel, im Beichtstuhle, am
Krankenbette, in den Schulen, in den Familien,
durch Wort und That, durch sein Beispiel, durch,
sein Gebet, durch all sein seelsorgerliches Thun -
vielfach ungesehen – wirkt, läßt sich gar nicht be-
schreiben, es entzieht sich jeglicher Berechnung. Ein
wahrhaft würdiger Priester und Seelsorger ist -
im schönsten Sinne des Wortes – ein Wohlthäter
der Menschheit. Wie groß wird also einst sein
Lohn sein! „Sie werden glänzen“
, sagt die heil.
Schrift, „wie die Sterne am Firmament in alle
Ewigkeit.“
Kann es also für eine Mutter, wenn sie anders
die Dinge im Lichte des Glaubens betrachtet, ein
größeres Glück geben, als einen Sohn zu haben,
dem diese hohe und segensreiche priesterliche Würde
übertragen ist, als die Mutter eines Prie-
sters zu sein? Wir nehmen nicht Anstand, die
Worte, welche einst das Weib von Maria zum
Herrn sprach: „Selig der Leib, der dich ge-
tragen hat, selig die Brust, so du gesogen!“
auch auf sie zu wenden: Selig die Mutter eines
Priesters!
Und wenn der Segen, welcher von einem guten
Priester ausgeht, so groß ist, wird dann nicht
auch die Mutter, welche der Kirche diesen frommen
Priester herangebildet und gegeben hat, an dem-
selben und also auch an dem Lohne desselben Theil
haben?
Wie beglückend wird es einst in der Ewigkeit
schon für eine Mutter sein, wenn sie ihren Sohn
in dem Glanze seiner priesterlichen Würde, ange-
than mit dem Ehrenzeichen des Priesterthums, in
seiner wunderbaren Erhebung erblickt! Aber sie
wird auch Theil haben an dem Lohne für all das
Gute, was ihr priesterlicher Sohn in den Tagen
seiner irdischen Wirksamkeit vollbracht hat, da
auch sie dazu beigetragen hat, indem sie durch
ihre fromme Erziehung den ersten Grund
zu seiner priesterlichen Frömmigkeit und so zu
seiner gesegneten Wirksamkeit gelegt hat. „Wer
einen Propheten aufnimmt im Namen des Pro-
pheten“
, sagt der Heiland, d. h. wer sich seiner
annimmt eben darum, weil er ein Prophet ist, wer
ihm also behülflich ist, daß er sein Amt verwalten,
also die Menschen ermahnen und belehren und zum
Heile führen könne, „der wird den Lohn eines
Propheten empfangen“
, d. i. er wird einen ähn-
lichen Lohn empfangen, als der Prophet selbst für
seine Bemühungen zum Heile der Menschen
empfängt, weil er dem Propheten dazu behülflich
gewesen, dazu beigetragen hat.
Wird sich daher im Herzen einer wahrhaft christ-
lichen Mutter nicht der Wunsch regen, einen solchen
geistlichen Sohn zu haben, eines Priesters Mutter
zu sein! Je mehr Jemand in der wahrhaft christ-
lichen Frömmigkeit fortgeschritten und von ihrem
Geiste beseelt ist, in desto helleres Licht tritt ihm
das über die Hoheit der priesterlichen Würde Ge-
sagte, desto größere Hochschätzung derselben, desto
mehr Ehrfurcht gegen sie. So auch bei einer recht
christlichen Mutter je gediegener daher, je größer
ihre Frömmigkeit, desto näher liegt ihr der gedachte
Wunsch, desto inniger wird er sich in ihrem Her-
zen regen. Ja es könnte nach Umständen als ein
bedenkliches Zeichen für die christliche Verfassung
eines Mutterherzens gelten, wenn dasselbe die Re-
gungen eines solchen Wunsches nie in sich ver-
spürte, wenn derselbe ihr fremd wäre, ja, wenn
sogar eine Mutter den Gedanken, daß einer ihrer
Söhne in den geistlichen Stand treten sollte, als
an sich!Anders wäre es freilich, wenn sie triftige, auch vor
der christlichen Vernunft gültig Gründe hätte, das
nicht zu wünschen.
unliebsam abwiese; wir würden uns
nie dazu verstehen, sie für eine echt christliche Mut-
ter zu halten; so sehr sie auch vielleicht sich selbst
dafür erachten und den Schein der Frömmigkeit
um sich verbreiten möchte.
Auch noch aus einem andern Gesichtspunkte
müssen wir das behaupten. Ein ganz wesentlicher
Bestandtheil einer echten katholischen Frömmigkeit
ist die Liebe zur h. Kirche. Der echte, treue Katholik
hat ein Herz für seine h. Kirche, ihr Wohl liegt
ihm am Herzen; voll Hochschätzung gegen sie und
voll Verlangen, daß das ihr vom Herrn anver-
traute Heil mehr und mehr verbreitet und an die
Menschen gebracht werde, betet er unablässig für
sie, daß der Herr ihr darin zur Seite stehe; gern
bringt er auch selbst Opfer, um dazu beizutragen.
Was aber ist für die h. Kirche, wenn es sich darum
handelt, daß ihr Heil eine möglichst große Ver-
breitung finde, von größerer Bedeutung, als wahr-
haft gute, fromme und tüchtige Priester. Darum
flehet sie ja selbst unablässig zum Herrn nach dem
Worte Jesu: „Bittet den Herrn der Ernte, daß
Er Arbeiter in Seinen Weinberg sende;“
denn,
„das Volk ist“
(vielfach auch heut) „wie eine
Heerde ohne Hirten,“
in Gefahr zu Grunde zu
gehen. Und das ist einer der angelegentlichsten
Gegenstände des ständigen Gebetes für jeden guten,
erleuchteten Katholiken.
Muß dieser Punkt denn nicht auch einer katho-
lischen Mutter, wenn sie anders ein rechtes, leben-
diges Glied der h. Kirche ist, am Herzen liegen?
Und wie nahe liegt dann wieder der Gedanke an
ihre eigenen Söhne, der Wunsch, daß es doch ge-
schehen möchte, den einen oder andern von densel-
ben der h. Kirche schenken zu können, ihn als
Priester zu sehen, damit er als Diener der heil.
Kirche an ihrer großen Aufgabe mitwirke. Auch
hier müssen wir hinzusetzen, daß mit Recht an der
Echtheit oder doch an der rechten Durchbildung
eines echt katholischen Geistes bei einer Mutter
gezweifelt wird, wenn solche Gedanken und Wünsche
ihr fremd sind.
Wie trifft das besonders in unserer Zeit zu!
Wie sehr ist die ganze Art und die Richtung
unserer Zeit darnach angethan, die Herzen Gott
und dem Höhern zu entfremden und die Menschen
immer mehr in lauter irdischen Bestrebungen auf-
gehen zu machen! Wie könnten aber aus Kreisen,
wo diese Richtung sich geltend gemacht hat, noch
jugendliche Herzen mit Priesterberuf hervorgehen,
mit Sinn und Neigung für einen Stand, dessen
Interessen der heutigen Welt so fremd, ja nur zu
oft gradezu unliebsam und verhaßt sind? Daher
denn schon vielfach die Klage über Priestermangel.
Mehr als eine Diöcese findet nicht mehr den
jährlichen Zuwachs an Priestern, den sie sehen
muß, wenn den Bedürfnissen der Gemeinden ent-
sprochen werden soll. Und es läßt sich mit Grund
fürchten, daß die gegenwärtig noch besser gestellten
Diöcesen nur zu bald ihnen in diesem Priester-
mangel zur Seite treten werden. Und die Folgen?
Wer ermisset sie? Welch ein Unglück für die
Gemeinde, vollends zu unserer Zeit, wenn sie der
geistlichen Hülfe überhaupt entbehren muß oder
auch nur ihrer nicht völlig sich erfreuet!
Ist das nicht geeignet, die christliche Mutter auf
ihre Söhne hinzuweisen? Ist es nicht wie ein
lauter Flehruf, den die heutige, guter Priester so
sehr bedürftige und doch an ihnen mehr und mehr
arme Zeit an jedes echt katholische Mutterherz
richtet, daß sie ihre Söhne, daß sie diesen oder
jenen aus ihren Söhnen ihr als Priester geben
möge?
Aber – und diese Frage hat sich leicht schon
längst aufgedrängt, – sei es, daß man bei einer
guten, katholischen Mutter den Gedanken und
Wunsch, einen Sohn als Priester zu sehen, billig
voraussetzen darf, was thut es zur Sache? Steht
es denn in ihrer Macht, die Erfüllung dieses
Wunsches zu bewirken?
Wir beantworten diese Frage und kommen da-
durch dem eigentlichen Zwecke dieser Zeilen näher.
Wir sagen: Ja! Eine Mutter kann gar viel zur
Erfüllung jenes Wunsches beitragen.
Zuvor haben wir nicht Anstand zu nehmen, fol-
genden Satz auszusprechen: Schon, daß eine
Mutter, durchdrungen von dem Bewußtsein des
großen Glückes, einen geistlichen Sohn zu haben,
eines Priesters Mutter zu sein, den Wunsch dar-
nach lebendig in sich trägt und nährt, schon das
gibt in etwa Grund zu hoffen. Wird sie nun
nicht insbesondere in ihren Gebeten das Verlangen
ihres Herzens dem Herrn vortragen?
Mehr als einmal hat eine fromme Mutter zum
Herrn geflehet, daß Er ihre Ehe mit einem mit
Priesterberuf ausgestatteten Sohne segnen möge;
und ihr Gebet ist erhört; – oder die fromme
Mutter hat, in der Hoffnung, daß das Kindlein,
so Gott ihr geschenkt, ein Söhnchen sei, schon im
Voraus es dem Herrn zum Opfer gebracht, daß
es zur Zeit Priester werden möge und hat dann
nicht aufgehört, für diesen hohen Zweck recht viel
zu beten und viel gute Werke zu üben; und siehe,
zur Zeit trat der priesterliche Beruf im Knaben
oder Jünglinge zu Tage.
Gehen wir weiter. Das Kind, der Knabe
wächset hoffnungsreich heran; schöne Geistesgaben
sind bei ihm mit vortrefflichen Eigenschaften des
Herzens verpaart: dabei ein frommer, eingezogener
Sinn. Die Mutter sieht's mit Freuden; still regt
sich in ihrem Herzen der Gedanke: „Sollte er
nicht zum geistlichen Stande berufen sein? O,
wenn er doch Priester werden wollte!“
– Genug
für sie; sie empfiehlt diesen ihren Herzenswunsch
dem Herrn immer von Neuem. Aber nicht allein.
Sie benutzt gewisse Gelegenheiten, um in leichter
Weise, vielleicht selbst scherzend, ihrem Lieblinge
den Gedanken an das Geistlichwerden näher zu
legen.Sie nimmt etwa den Kleinen (wir wollen ihn Joseph
nennen) mit zur Kirche; er sieht den Pfarrer, den
Kaplan am Altare, auf der Kanzel u. s. w. Zu
Hause: „Unser Joseph hat den Pfarrer gesehen;
nun will er auch geistlich werden.“
Es sind Fremde
da, die sich für den Kleinen interessiren; die Mutter:
„Sag ihnen mal, Josephchen, was du werden willst;
er will Pfarrer werden.“
Joseph kommt in die
Schule; er bekommt ein neues Buch: „Potz tausend,
wenn unser Joseph nun einmal das Studiren an-
fängt, wie bekommt er dann erst Bücher. Und was
für schöne Sachen wird er dann lernen!“
– Oder
es wird dem Kleinen an die Hand gegeben, sich einen
Altar, eine Kanzel zu machen, u. s. w.; – oder, es
wird zur Zeit Sorge getragen, daß er zur h. Messe
dient und bei gottesdienstlichen Verrichtungen Dienste
leistet; – oder zu Hause wird gern über die Geist-
lichen gesprochen in einer Weise, welche geeignet ist,
dem Knaben Achtung und Liebe gegen sie einzuflößen;
– vielleicht gestatten es die Verhältnisse, mit den
Ortsgeistlichen in geselligen Verkehr zu treten; sie
kommen zuweilen zum Besuche in's Haus; der Kleine
tritt ihnen näher, wird mit ihnen bekannt; vielleicht
auch Nahrung für die Neigung zum Priesterstand.
Alles dies haben wir selbstredend nur beispiels-
halber angeführt, um anzudeuten, wie es die Mutter
einem Söhnchen gegenüber, welches sie für den
geistlichen Stand nicht ungeeignet erach-
tet, etwa halten möge, um den Beruf zu wecken
und zum Bewußtsein zu bringen.
Es versteht sich von selbst, daß das alles in
keiner Weise gesucht oder gemacht sein muß, es
muß sich so fast von selbst machen. – Es geschieht
auch nicht zu oft, es geschieht mehr nur bei Ge-
legenheiten und in einer so leichten Art, daß jeder
Schein von andringlichem Zureden oder Ueberreden
fern liege. Könnte es ja nur eben so bedenklich, als
unstatthaft erscheinen, wenn eine Mutter von dem
unzeitigen Wunsche, ihren Sohn im geistlichen
Stande zu sehen, sich verleiten ließe, in zudring-
licher Art ihn dahin zu vermögen.Vollends unstatthaft aber und geradezu unverantwortlich
würde es sein, wenn Eltern einen Sohn, welcher sich
nach Beginn oder Vollendung seiner Studien, gradezu
abgeneigt erklärt oder zeigt, geistlich zu werden, den-
noch – aus welcher Ursache immer – gewisser-
maßen dazu drängten und nöthigten. Da ist um je-
den Preis Abstand zu nehmen. Würden ja die El-
tern, welche ihrem Sohne eine Art von Nöthigung
anthäten, nur zu leicht ihn und viele Andere unglück-
lich machen und der Kirche Schmach zufügen.
Ist Beruf
zum geistlichen Stande wirklich vorhanden, so ge-
nügen bei einem Sohne, der überhaupt im rechten
Geiste erzogen ist, gelegentliche, leichte, mehr hin-
geworfene Aeußerungen, um ihn zu wecken.
Wir sagten, bei einem Sohne, der überhaupt im
rechten Geiste erzogen ist, und damit ständen wir
beim Allerwesentlichsten, was die christliche Mutter
zu thun hat, daß ihr Sohn, wenn er priesterlichen
Beruf hat, demselben folge und Priester werde; sie
soll von früh an ihn zu wahrer Gottesfurcht und
Frömmigkeit anleiten. Der Knabe, der Jüngling
muß von aufrichtiger Gottesfurcht beseelt sein und
ein echt frommes Herz haben, das ist eine noth-
wendige Bedingung, damit der Beruf zum geist-
lichen Stande, wenn er wirklich da ist, in's Be-
wußtsein trete und zum Durchbruch komme; eine
nothwendige Bedingung, damit dieser Beruf
treu gehütet und zur Ausführung gebracht werde.
Wer kann zweifeln, daß mancher Knabe und Jüng-
ling von Gott dem Herrn, der für Seine heilige
Kirche Sorge trägt, den Beruf zum geistlichen
Stande erhalten habe. Aber es fehlt die Mutter,
welche die zarten Keime der Gottesfurcht von früh
an in ihm nährte; Sie kommen nicht zur Ent-
wickelung; daher bleibt auch der edle Keim des
Priesterberufs unentwickelt; er kommt nicht, oder
nicht gebührend zum Bewußtsein. – Oder dieser
Beruf war schon hervorgetreten, der Knabe hatte
sich entschlossen, geistlich zu werden. Aber da die
Mutter es nicht verstanden hat oder es sich nicht
hat angelegen sein lassen, einen recht christlichen
Sinn und Wandel in ihm grundzulegen und zu
entwickeln, so geräth er an den höhern Schulen,
im Verkehr mit leichtsinnigen jungen Leuten auf
die Abwege des Leichtsinns und der Sünde, und
der Beruf zum geistlichen Stande wird wankend
und zu Schanden. Wie oft ist das leider der
Fall! Und wie sind es zuweilen grad die hoff-
nungsreichsten Jünglinge, welche auf diese unselige
Art der h. Kirche verloren gehen!
Also ein neuer Grund für die christliche Mut-
ter, daß sie das, was sie schon an sich zu thun
heilig verpflichtet ist, nun um so angelegentlicher
thue, daß sie nämlich Alles aufbiete, um den Geist
wahrer Frömmigkeit in ihren Kindern zu nähren,
damit, wenn ein Sohn Beruf zum geistlichen
Stande hat, derselbe zur Entfaltung gedeihe, bestehe
und zum Ziele komme.
Und ist es das nicht auch, worauf es im geist-
lichen Stande vor Allem ankommt, daß die, so
Priester werden, wahrhaft gute und fromme Prie-
ster seien? O, Priester, welche ein wahrhaft
priesterliches Herz haben, welche in echter, probe-
haltiger Frömmigkeit bestehen und, so Gott will,
von Jugend auf bestanden haben, ja, sagen wir's
nur, Priester, denen eine innig-fromme Mutter
den Geist der Frömmigkeit von früh an eingehaucht
hat, – sie thun unserer Zeit Noth, sie sind es,
durch welche der Herr auch unserer Zeit, so sehr
sie auch dem christlichen Heile sich verschlossen zu
haben scheint, noch das Heil, das volle christliche
Heil bringen mag. O, der Abgang wahrer, voller
priesterlicher Frömmigkeit – er ist es, der das
Wirken der Geistlichen unfruchtbar bleiben lässet;
leichtfertige, schlechte Geistliche sie sind das Verderben
der Welt.
O darum, christliche Mütter, mit welchem Nach-
drucke richtet unsere Zeit und richtet unsere heilige
Kirche, voll Erbarmens über unsere Zeit, den Auf-
ruf an euch: Auf, auf, christliche Mütter, werdet
eingedenk eures hohen Berufes; erziehet wahrhaft
christliche, in echter, christlicher Frömmigkeit fest
begründete Söhne, auf daß aus ihnen die Reihen
würdiger Priester ihre Ergänzung finden! Priester
thuen Noth, der Zahl nach, mehrere, immer
mehrere Priester; aber mehr noch thuen wahrhaft
gute Priester Noth! Sie allein bringen der Welt
das Heil. O Mütter, erkennet euren Beruf!
Bildet sie heran, solche gute, würdige Priester und
schenket sie der Kirche, schenket sie der hülfsbedürf-
tigen Welt!
Der Ruf ist auch an dich gerichtet, christliche
Mutter, die du dieses liesest. Ueberhöre ihn nicht.
Hege und pflege in deinem Söhnchen von frühester
Jugend an die zarten Keime der Gottesfurcht und
Frömmigkeit; vollends, wenn die Aussicht, daß es
zur Zeit Priester sein werde, sich dir schon eröffnet
hat. Da soll sich deine Brust heben in dem Ge-
danken: Der Herr hat mir die Aufgabe gestellt,
einen Priester zu erziehen! Und ihr sollst du nun
all deine Kraft weihen nach den Andeutungen, welche
wir gegeben haben.
Höre nicht auf, in deinen Gebeten diesen Sohn
dem Herrn unablässig mit allem Nachdruck zu em-
pfehlen, besonders in der h. Messe, bei deinen
h. Communionen. Empfiehl ihn der h. Jungfrau,
dem h. Engel, dem Namenspatron und allen heil.
Priestern. Insbesondere, wenn er nun hinaus
muß, um an den höhern Lehranstalten seine Vor-
bereitungen zu machen. Ach, von wie großen Ge-
fahren ist er da leicht umrungen, von Gefahr, dem
Leichtsinne, der Sünde, der Ausschweifung in die
Arme zu fallen, von Gefahr, seinem priesterlichen
Berufe untreu zu werden. Habe daher mit dem
Vater Sorge, so viel du kannst, ihn in dieser Zeit
sicher zu stellen; vertraue ihn, wo möglich, einer
guten Knabenerziehungsanstalt oder einer zuverläs-
sigen Familie an! Bei all dem aber bete und
flehe unablässig desto inbrünstiger für ihn.
Die Mutter in ihrem Gebete.
Eine Mutter, welche von echt christlicher Ge-
sinnung beseelt ist und daher ihren Mutterberuf
gebührend zu würdigen versteht, wird stets eifrig
im Gebete sein. Eben ihr mütterlicher Beruf bietet
ihr die manchfachste und nachdrücklichste Veranlas-
sung zu solchem Gebetseifer, die reichste Nahrung für
ihr Gebet. Die wahrhaft christliche Mutter ist
eifrig im Gebete. Kann sie anders? Das Be-
wußtsein von der Wichtigkeit und Verantwortlichkeit
ihrer Mutterpflichten, wie auch die Liebe zu ihren
Kindern und das Verlangen, sie zu beglücken, und
dabei die Ueberzeugung, wie sehr in beiden Rück-
sichten der Beistand Gottes Noth thue, das alles
führt die christliche Mutter immer von Neuem zum
Gebete.
Wie erhaben ist der Beruf einer Mutter! Wie
Vieles gehört dazu, damit sie allen Anforderungen
desselben entspreche! Und wie groß meist die
Schwierigkeit ihrer treuen und heilsamen Er-
füllung! Welche Menge von Opfern und Be-
schwerden, leicht von Tag zu Tag, und, wenn der
Kinder viele sind, durch eine lange Reihe von
Jahren! In der That, eine solche Aufgabe über-
steigt menschliche Kräfte weit. „Bei den Menschen
ist das unmöglich.“
Also Gott muß helfen. Zu
Ihm nimmt daher die rechte Mutter ihre Zuflucht
in all den verschiedenen Beziehungen ihres Berufs.
Sie flehet zu Gott um Gnade für sich; sie flehet
zu Ihm um Gnade für ihre Kinder.
Sie flehet um Gnade für sich, daß der Herr
ihr helfe, den verschiedenen Anforderungen ihres
Berufes zu entsprechen. Sie flehet um die Gnade
eines wahrhaft christlich frommen Lebens, dieser
nothwendigsten Vorbedingung einer guten Erziehung.
Sie flehet um Weisheit, um die rechten, Gott wohl-
gefälligen und für die Kinder zum Heil führenden
Wege in der Erziehung stets klar zu erkennen, um
insbesondere einzusehen, wie sie jedes ihrer Kinder
nach seiner besondern Beschaffenheit, nach seinen
besonderen Fähigkeiten, nach seinen besonderen guten
oder bösen Eigenschaften nun auch besonders be-
handeln müsse. Sie flehet um die Gnade einer
wahren, übernatürlichen, erleuchteten Liebe zu ihren
Kindern, ähnlich der der gottsel. Blanka, und um
Mehrung dieser Liebe. – Sie flehet, um Muth
und Kraft und Opferwilligkeit und Ausdauer, um
in den oft, so großen Beschwerden mit den Kin-
dern rückt zu erliegen, um in Allem, was zur
guten Erziehung Noth thut, bis zum Ende zu ver-
harren.
So betet die Mutter für sich; bald mehr um
dieses, bald mehr um das Andere, bald um alles
dieses zumal, bei ihrem Morgen- und Abendgebete,
bei ihren h. Kommunionen, bei ihren sonstigen
Andachten. Vielleicht stellt sie in dieser wichtigen
Angelegenheit zu Zeiten fromme Uebungen an, sie
verrichtet besondere gute Werke, namentlich Werke
der christlichen Barmherzigkeit u. s. w.
Sie betet mit großem Vertrauen; denn sie weiß,
daß der Herr durch das h. Sakrament der Ehe
und indem Er durch den Segen der Mutterschaft
sie in den mütterlichen Beruf einsetzte, ihr ein ge-
wisses Anrecht gegeben hat auf alle Gnaden, welche
sie für diesen Beruf bedarf, bereit, sie ihr zu ge-
ben, so viel sie dieselben würdig betend begehre.
Und was ist die Frucht solchen Betens? Immer
reicher ergießet sich der Strom der göttlichen Gnade
über eine solche Mutter; sie wird tüchtig für ihren
Beruf und erfüllet seine Obliegenheiten in einer
Weise, welche für ihre Kinder ein Segen, für sie
aber eine Quelle immer neuer Verdienste ist. O,
warum wird die Bedeutung des Gebetes von so
manchen Müttern so wenig erkannt? Man betet
nicht, darum ist man – durch seine Schuld -
nicht im Stande, die Mutterpflichten zu erfüllen,
daher so viele Versäumnisse, so viele Mißgriffe
und Fehler in der Erziehung, in Folge deren man
mit den Kindern zu Grunde geht.
Die Mutter fleht zu Gott um Gnade für ihre
Kinder. – Sie bittet zunächst den Herrn, daß
Er das, was sie an ihren Kindern thut, durch
Seine Gnade segnen wolle. Was sie auch an den
Kindern thue, sie ist überzeugt, daß es dennoch
seinen Zweck nicht voll erreiche, wenn nicht der
Segen der göttlichen Gnade hinzukomme. Darum
liegt es ihrem Herzen nahe, Alles, was sie in der
Erziehung ihrer Kinder thut, mit einem flehenden
Aufblicke zu Gott zu begleiten. Mit Gott fängt
sie all ihr Werk an den Kindern an; Ihm em-
pfiehlt sie es, wenn sie es vollbracht hat, auf daß
Er es erhalte, daß Er es segne und an den Kin-
dern wirksam mache.
Die Mutter betet für ihre Kinder. Gott ist
reich an jeglicher guten Gabe und erhört die, welche
zu Ihm flehen, so gerne. Die h. Geschichte bietet
die Belege dafür, daß Mütter durch beharrliches
Flehen die kostbarsten Gaben und Gnaden für ihre
Kinder errungen haben. Haben wir nicht auch
darin den Grund zu suchen, warum so manchen
Eltern der Trost, ihre Kinder wahrhaft gut und
glücklich zu sehen, vorenthalten bleibt, warum so
manche Kinder in allerlei Uebeln an Leib und
Seele sich finden und ach, elendig zu Grunde
gehen? Die Eltern, die Mütter beten nicht oder
nicht in gebührender Weise für ihre Kinder; daher
bleiben diesen all jene Gaben und Gnaden, welche
ihnen nach dem Rathschlusse Gottes eben durch
das Gebet der Eltern vermittelt werden sollten,
vorenthalten.
Die christliche Mutter betet für ihre Kinder.
Das Geber für ihre Kinder nimmt in ihrem Ge-
betsleben leicht die erste Stelle ein. Sie betet, daß
der Herr sie vor der Sünde, vollends vor der
schweren Sünde behüte; daß Er sie von ihren Feh-
lern befreie; daß er jenen kostbaren Keimen des
Glaubens, der Hoffnung und der Liebe und allen in
ihnen begriffenen Tugenden Wachsthum und Ge-
deihen bereue; daß Er sie zum Heile führe. Die
rechte Mutter begleitet mit ihren Gebeten ihr Kind
zur Schule, in den christlichen Unterricht, zur heil.
Beicht und zur Zeit zur h. Communion, auf daß
überall die an sich noch so unzulänglichen Bestre-
bungen desselben durch den Segen der göttlichen
Gnade ihm zum Heile gereichen.
Gehen wir hier ein wenig über die Jahre der
Kindheit hinaus. Wenn das Kind von körperlichen
Leiden und Krankheiten heimgesucht ist, oder sogar
Todesgefahr drohet, da pflegen leicht selbst weniger
fromme Mütter zum Gebete ihre Zuflucht zu
nehmen; wie viel mehr also die wahrhaft christliche
Mutter. Aber viel mehr noch flehet sie zum
Herrn, wenn die Seele ihrer Kinder in Gefahr
ist, in Gefahr, in schwere Sünde zu fallen, in Ge-
fahr, ewig verloren zu gehen. Vollends, wenn sie
durch ihren Einfluß nichts mehr über das Kind
vermag. Wie flehet da, wie schreiet ihr beklemmtes
Herz angstvoll zum Herrn! So betete und flehete
die h. Monika für ihren verirrten Augustinus -
unter vielen Thränen Jahre lang; und wie glor-
reich war der Erfolg!
Die heutige Welt ist leider nur zu sehr darnach
angethan, christliche Mütter in eine ähnliche Lage
zu versetzen; wie viele gibt's der Söhne, wie manche
Töchter, welche sich, vom Einflusse der Welt ver-
locket, dem Leichtsinne und der Sünde in die Arme
geworfen haben. Ach, hätten sie Mütter, ähnlich
einer Monika, wir dürften noch hoffen. Doch
nun? – Sie gehen elend zu Grunde. Ihre
Mütter verstehen nicht zu beten. Welchen Ge-
fahren sind die Kinder – fast immer mit zu-
nehmenden Jahren in steigendem Verhältnisse -
ausgesetzt, vollends, wenn die Umstände es mit sich
bringen, daß der Sohn, die Tochter der Huth des
Hauses entlassen und in die Fremde geschickt wer-
den muß! Für die christliche Mutter ein Grund,
ihr Gebet zu verdoppeln; nun hört sie nicht auf,
den Herrn zu bitten, daß Er den Sohn, die Tochter
mit Seinem mächtigen Schutze umgeben, daß Er
sie unversehrt in Glaube und Unschuld wieder
heimführen möge.
Und je wichtiger und entscheidungsvoller die
Umstände sind, worin die Kinder geführt werden,
je mehr daher der Schutz und der Beistand des
Himmels für sie Noth thut, desto größer ist der Eifer
und die Inbrunst der mütterlichen Gebete.
So geschieht's denn, daß die Mutter aus den
Gebetsübungen gar nicht herauskommt. Wo sie
immer im Gebete vor Gott sich findet, am Mor-
gen oder am Abende, in der Kirche oder daheim,
bei der h. Messe, bei der h. Communion, an den
Sonn- und Festtagen, auf dem Kreuzwege, bei
Wallfahrten – überall treten ihre Kinder im
Geiste an sie heran, überall sind sie ein Haupt-
gegenstand ihrer Bitten und Anliegen. – Und
ihre guten Werke, ihre Beschwerden, ihre Leiden
– sie opfert dieselben dem Herrn auf für ihre
Kinder. Ihr Mutterherz läßt Ihr nicht Ruhe,
bis sie, besonders zu Zeiten, besondere gute
Werke für ihre Kinder unternommen hat.
Vor Allem ist es Jesus der Herr, an den sich
die Andacht der christlichen Mutter für ihre Kin-
der wendet. Er ist ja der Freund der Kinder.
In Sein liebevolles Herz schließet sie dieselben ein.
Und, wo sie Gott geweihete Seelen kennt, auf
deren Gebete sie besonders Vertrauen setzen zu
dürfen glaubt, die sucht sie zum Gebete für ihre
Kinder zu vermögen; vor Allem die Heiligen des
Himmels, die h. Jungfrau oben an, und die Schutz-
engel der Kinder, und deren Namenspatrone, und
alle heiligen und unschuldigen Kinder.
Siehe da die christliche Mutter in ihrem Ge-
bete! Und wer berechnet den Segen, den solches
Beten und Flehen der Mutter über das Kind
bringt? Gewiß, man kann den heilsamen Einfluß
der erziehenden Thätigkeit einer guten Mutter auf
ihr Kind kaum zu hoch anschlagen. Dennoch wird
die Mutter durch eifriges Gebet leicht noch mehr
zum Seelenheile des Kindes beitragen. Das
kann unbedingt keinem Zweifel unterliegen, daß
ohne Gebet alle Bemühungen der Mutter für ihr
Kind auf die Dauer nur zu leicht völlig leer aus-
gehen werden.
Welch ein Antrieb zum Gebete und zu einem
desto größern Eifer im christlichen Leben. Je besser
die Mutter ist, desto mehr gilt ihr Gebet vor Gott,
desto reicher zieht es die Segnungen der göttlichen
Gnade auf die Kinder herab. Auch in dieser Hin-
sicht ist das Wort wahr: „Eine der größten
Gnaden für den Menschen ist eine wahrhaft gute
Mutter.“
Selig daher das Kind, welches eine solche Mut-
ter hat! Und wir möchten's durch die ganze Welt
dahin rufen und es allen Müttern mit allem Nach-
drucke, dessen wir fähig sind, an's Herz legen:
Betet doch, betet ohne Unterlaß, betet mit allem
Eifer für euere Kinder!
Die Erzbruderschaft der christlichen
Mütter.
Nachdem wir nun im Vorhergehenden die Hauptpunkte,
welche für eine wahrhaft religiöse und gute Erziehung der
Kinder Beherzigung verdienen, erörtert haben, dürfen wir
das ganze nicht beschließen, ohne auf einen Verein auf-
merksam gemacht zu haben, welcher den nämlichen Zweck
verfolgt, wie unser Büchlein; es ist die „Erzbruderschaft
der christlichen Mütter.“
Ein wahrhaft zeitgemäßer, ein
herrlicher Verein! Es ist wahr, es gibt der Vereine heut
so viele, daß man in wohlbegründeter Furcht vor dem
Uebermaß so fast unwillkürlich eine gewisse Scheu fühlen
mag, wenn dann noch wieder von einem neuen Verein
die Rede ist. Und dennoch können wir dem in Rede
stehenden nicht warm genug das Wort reden, und wir
möchten an alle Mütter die Aufmunterung richten, doch
einem Verein, welcher der Art und den Bedürfnissen un-
serer Zeit in so hohem Grade entspricht, wo möglich bei-
zutreten.
Lassen wir zunächst eine beredte Anwaltin des schönen
Vereins, die vor einigen Jahren zu unserer h. Kirche zu-
rückgekehrte, jetzt in Mainz lebende Gräfin Hahn-Hahn über
denselben reden:In Nr. 42 der „Monika“
. Wochenblatt zur Verbesserung der Fa-
milien-Erziehung; Stadtamhof bei Regensburg; – wöchentliche Sei-
ten; Preis halbjährlich 7 Sgr. k Pfg.: bei der Post zu bestellen.
„Es war im Mai des Jahres 1850 als in der Stadt
Lille in Frankreich einige fromme Mütter voll Sorgen um
ihre Kinder sich besprachen, um gemeinsam für ihre ver-
schiedenen Anliegen zu beten, sie dem Schutze der h. Got-
tesmutter zu empfehlen und in dieser Intention das Opfer
der h. Messe darbringen zu lassen. Aus diesem so ganz
einfachen und schlichten Vorgang, in einem Winkel von
Frankreich, ist der Gebetsverein der „Christlichen Mütter“
hervorgegangen, der jetzt, nach zwanzig Jahren, wie mit
zärtlichen Mutterarmen den Erdball umspannt, denn in
Nordamerika, in Brasilien, in Ostindien, in der Türkei,
nicht blos in Europa, bestehen canonisch eingeführte
Filialen.
Zuerst kam die Kunde der gemeinsam betenden Mütter
von Lille nach Paris. Was daher einige Frauen in Lille
gethan und so viel Trost und Kraft daraus geschöpft hat-
ten, daß sie ihre andächtige Vereinigung fortsetzten: das
geschah jetzt im größeren Maßstab, unter zahlreicher Be-
theiligung in Paris. Da sich nun mehr und mehr Mütter
dem ersten Kern anschlossen: so gab sich bald das Bedürf-
niß kund, einerseits die Vereinigung dauernd zusammen-
zuhalten – durch gewisse Statuten; und andrerseits sie
so fruchtbringend und anregend wie möglich zu machen
– durch Vorträge über die Pflichten, die Würde, die
Stellung, die Lebensaufgabe der Mutter.
Nach und nach meldeten sich noch viele auswärtige Mit-
glieder zum Anschluß, daß man sehr bald in anderen
Städten Filialen gründete und so lebhaft war die Bethei-
ligung, daß schon im Jahr 1856 der Verein in Paris zur
Erzbruderschaft erhoben und mit zwölf vollkommenen Ab-
lässen im Jahr durch päpstliches Breve begnadigt wurde.
Von der Erzbruderschaft gingen nun nach und nach in
alle Weltgegenden die Affiliationsurkunden aus, welche die
canonische Einführung eines Zweigvereins begründen und
bezeugen.
Zehn Jahre später wurde der erste Verein in Deutsch-
land zu Mainz gegründet. Seitdem hat nun der Verein
einen recht erfreulichen und trostreichen Fortschritt ge-
wonnen, denn es beginnt die Theilnahme für die Christ-
lichen Mütter, die Frage nach ihnen, an verschiedenen Orten
zu erwachen und die Gründungen mehren sich.
Nun ja! es ist ein Verein mehr zwischen zahllosen
Vereinen! – dies erwidert man vielleicht. Freilich wäre
er der Zahl nach zu entbehren, das räume ich gern ein;
aber nicht dem Wesen, nicht dem Ziel nach. Denn wir
dürfen uns nicht darüber täuschen: die Familie ist mit
Zerfall bedroht. Glaubensfeindschaft herrscht bereits -
oder soll in nächster Zukunft herrschen – in der Volks-
schule, in den Werkstätten, in den höheren Bildungsanstalten,
in der Tagespresse u. s. w. Ist der Glaube aus den
Herzen gerissen, so fallen die Grundsätze, die in ihm wur-
zeln, so verschwinden die Tugenden, welche die Früchte der
guten Grundsätze sind, so wird die Gesinnung erniedrigt
und jeder Sünde Thür und Thor geöffnet.
In dieser Richtung bewegt sich heutzutage die Welt. Sie
hat einen unseligen Einfluß auf die Familie. Männer,
die durch Beruf oder Amt oder Stellung oder Geschäft
in steter Berührung mit dieser Richtung sind, verlieren
durch die Gewohnheit den klaren Blick und das freie Ur-
theil und lassen sich in dem Maße von ihr einnehmen und
umgarnen, als ihnen mehr oder minder die Selbstständig-
keit fehlt, die auf den Grundsätzen des katholischen Glau-
bens beruht. Diese Männer sind Ehegatten und Väter.
Werden sie ihre Kinder wahrhaft christlich erziehen?
Die Mutter ist durch Stellung und Pflichten dem Welt-
verkehr ferner gerückt, als der Vater; sie wahrt daher
leichter, sicherer Glauben und christliche Sitten. Und so
hat sie es auch mit ihren Kindern gehalten, hat sie beten
gelehrt, hat ihnen von Gott und vom gekreuzigten Heiland
erzählt, hat sie unterrichtet oder ihren Katechismus über-
hört. Aber nun werden sie älter, nun besuchen sie die
Schulen, in denen der mütterliche Geist nicht weht; nun
treten sie in Berührung mit jugendlichen Genossen, nun
hören und sehen sie ja Vieles, was ihre Eitelkeit, Selbst-
gefälligkeit und Genußsucht anreizt. Die Mutter sieht es.
Mit einem Löwen würde sie kämpfen; aber mit der
Welt?! Vorstellungen, Bitten haben Zeit und Stunde;
das Kind ist leicht nicht geneigt, sie anzuhören, sie zu wür-
digen; auch schwächt die Wiederholung den Eindruck ab,
langweilt sogar. Arme Mutter! sie kann unmöglich ihr
liebes Kind der Welt und deren Gefahren überlassen, die
des Lebens Glück und Würde in der Zeit und das Heil
der Seele für die Ewigkeit bedrohen! Was kann sie thun?
– Sie kann beten. Aber ach! wie sinkt ihr das Herz,
wenn sie an die Sündfluth von Gefahren denkt, und an
ihr armes schwaches Gebet. Sei getrost, du arme Mutter
und tritt ein in die Bruderschaft der „Christlichen Mütter“
.
Da findest du Hülfe und Unterstützung, da hast du Ge-
nossinnen deiner Sorgen, da beten mit dir und für deine
Kinder 120,000 Mütter täglich das kleine Gebet, das du
als Mitglied dann auch für sie und ihre Kinder beten
wirst, da wird einmal im Monate das hochheilige Opfer
für dich und deine Anliegen dargebracht, in der h. Com-
munion vereinigt sich das göttliche Herz Jesu mit deinem
kummervollen Herzen, und ein frommer Priester gibt die
Belehrung über deine oft so verwickelten Pflichten, Ermah-
nungen, die deinen Muth heben und dir wieder und immer
wieder vorstellen, daß du eine ganz himmlische Aufgabe
hast, eine Aufgabe, welche dein Heiland mit dir theilt:
das Reich Gottes auf Erden auszubreiten und Seelen zu
retten für's ewige Leben.“
So weit die edle Gräfin. So wollen denn unsere
Leserinnen es vor Gott überlegen, ob sie dem vortrefflichen
Vereine beizutreten sich nicht entschließen. Die Bedingungen,
welche wir hier unten folgen lassen, sind nicht schwer und
verpflichten ja auch nicht unter Sünde. Auch Mütter,
welche an Orten leben, wo die Bruderschaft nicht errichtet
ist, können Mitglieder sein; sie brauchen auch zur Gewin-
nung der Ablässe selbstrebend an den üblichen Versamm-
lungen nicht teilzunehmen; auch die monatliche Com-
munion wird nicht streng gefordert, wie auch die Leistung
eines Geldbeitrages dem Vermögen anheimgegeben ist. Man
hat sich also einfach in einem Briefe an einen DirektorWir nennen hier mehrere solche Direktoren: In Münster Pastor
Fecke (die Bruderschaft in der Kirche zum h. Martinus errichtet);
in Mainz der hochw. Bischof, so auch in Regensburg; in München
Dompfarrer Weber; in Bamberg Kaplan Dr. Körber. Man kann
sich auch an „den Vorsteher der Erzbruderschaft der christlichen
Mütter“
zu Paris, P. Theod. Ratisbonne wenden.
irgend eines Zweigvereins zu wenden; derselbe schreibt
dann als Mitglied ein und schickt die Statuten.
Die Statuten geben wir in Folgendem ihrem Haupt-
inhalte nach:
„Eine der heiligsten Pflichten christlicher Mütter – sagt
§ 1 der Satzungen – ist die Erziehung ihrer Kinder
nach dem Willen Gottes und im Geiste seiner h. Kirche,
durch welche sie für das Reich Gottes wiedergeboren sind.
Zu dieser Erziehung empfangen die Eltern besondere Gna-
den durch das h. Sakrament der Ehe. Diese Gnaden
zu bewahren, durch Mitwirkung im Gebet, durch Wort
und Beispiel, durch gemeinsame Erbauung und Fürbitte
zu mehren, ist der Zweck des kirchlichen Vereines christ-
licher Mütter.
Durch denselben schließen sie sich innig an das unbe-
fleckte Herz der Gottesmutter, der reinsten und höch-
sten aller Mütter und treten zugleich unter sich in eine
Gemeinschaft ihrer Anliegen, Sorgen und
Gebete, um so die Fülle des göttlichen Segens für ihre
Kinder und ihre Familien desto sicherer zu erlangen.
Zur Aufnahme in den Verein oder die Bruderschaft -
sagt §. 2 – eignen sich katholische Mütter, seien es Ehe-
frauen oder Wittwen, jeden Standes, welche einen christ-
lichen Lebenswandel führen und den Vereinszweck er-
füllen wollen.
§. 3, 4, 5 und 6 handeln von der Vorstandschaft und
Verwaltung des Vereins. Es steht an der Spitze eines
jeden förmlichen Zweigvereins ein geistlicher Direktor.
Ferner wird eine Präsidentin, eine Vicepräsidentin und
Secretärin und 12 andere Mitglieder des Bruderschafts-
rathes gewählt. – Die Präsidentin hat den Vereinsrath
zusammenzuberufen und die Versammlungen anzuzeigen.
Sie hat die Gnadenerweisungen aufzuzeichnen, welche die
göttliche Barmherzigkeit den Gebeten der Bruderschaft er-
theilen dürfte. Sie nimmt alle erbaulichen Mittheilungen
an, welche ihr in dieser Beziehung die christlichen Mütter
machen werden, um daraus ihren Jahresbericht anzu-
fertigen.
§. 6 sagt: Familienmütter, die an Orten leben, in
welchen die Bruderschaft nicht kirchlich eingeführt ist,
können sich auch an einem anderen Orte, wo die Bruder-
schaft besteht, einschreiben lassen, um an den Gebeten
und guten Werken der christlichen Mütter Antheil zu
nehmen.
§. 7 bestimmt die Kirche für die Bruderschaft.
§. 8. Die kirchlichen Versammlungen finden einmal
im Monate statt, wenn thunlich an einem Tage, an wel-
chem den Mitgliedern ein vollkommener Ablaß gewährt ist.
Es wird eine h. Messe nach der Meinung der Mitglie-
der gelesen und eine Betrachtung oder Erbauungsrede ge-
halten. Schließlich finden gemeinsame Gebete statt, um
die allgemeinen Anliegen des Vereins, sowie beson-
dere der einzelnen Mitglieder dem göttlichen Herzen Jesu
und dem Herzen der hochgebenedeiten Mutter zu em-
pfehlen.
§. 9 bezeichnet die Obliegenheiten der Mit-
glieder:
a) Gewissenhafte Erziehung der eigenen Kinder im Geiste
Jesu Christi und seiner h. Kirche;
b) Verrichtung des täglichen Vereinsgebetes;
c) Theilnahme an den Vereins-Versammlungen, so oft es
geschehen kann;
d) Empfang der h. Communion, wo möglich einmal im
Monat, nach der Meinung des Vereines; oder falls
die Communion nicht möglich, andächtiges Anhören
der h. Messe mit der geistigen Communion in der
gleichen Meinung. Wünschenswerth ist es, daß die
h. Communion bei der Messe am Versammlungs-
tage in der Vereins-Kirche gemeinschaftlich empfangen
werde.
Nach §. 10 zahlt jedes wohlhabende Mitglied bei der
Aufnahme einen größeren freiwilligen Beitrag und fortan
ein jährliches Opfer.
So viel aus den Satzungen.
Der auf diesen Satzungen errichteten Bruderschaft hat
der h. Vater unterm 18. September 1858 an zwölf be-
stimmten Tagen oder in deren Octave einen vollkommenen
Ablaß verliehen, welcher nach dem Breve vom 22. Juni
1869 auch von auswärtigen Mitgliedern gewonnen werden
kann. Außerdem ist den Mitgliedern auch für die Todes-
stunde ein vollkommener Ablaß gewährt.
Das kurze tägliche Gebet lautet:
O Maria, unbefleckte Jungfrau und schmerzhafte Mutter,
sprich von unsern lieben Kindern zum anbetungswürdigen
Herzen Jesu, der seiner Mutter nichts abschlägt. Bitte
für sie;
Heilige Schutzengel, bittet für sie!
Heiliger Joseph, du mächtiger Beschützer, bitte für sie!
Heiliger Johannes, du vielgeliebter Jünger des Herzens
Jesu, bitte für sie!
Heilige Anna, du Mutter Maria, bitte für sie!
Heiliger Aloysius, bitte für sie!
Heilige Monika, bitte für sie!
Vollkommene Ablässe.
6. Januar: Heil. Dreikönigstag. 2. Februar: Maria
Lichtmeß. 19. März: h. Joseph. April: Freitag der sieben
Schmerzen. 4. Mai: h. Monika. 21. Juni: h. Aloysius.
26 Juli: h. Anna. 28. August: h. Augustinus. Septem-
ber: Sonntag Unserer lieben Frau der 7 Schmerzen.
Oktober: Schutzengelfest. November: Octav von Allerseelen.
December: Unbefleckte Empfängniß.
Die Ablässe werden gewonnen, wenn die Mitglieder
nach reumüthiger Beicht und Communion in der Kapelle
der Bruderschaft oder an Orten, wo eine solche nicht vor-
handen ist, in jeder andern Kirche oder Kapelle ein andäch-
tiges Gebet in der Meinung des heil. Vaters verrichten.
Diese Ablässe können auch an einem beliebigen Tage in
der Octav jener Feste und ferner an jedem von dem Direk-
tor der Bruderschaft für die monatliche Versammlung be-
stimmten Tage, auch wenn er außer der Octav fällt, ge-
wonnen – und alle ohne Ausnahme den Abgestorbenen
zugewendet werden. – (Breve vom 22. Juni 1869.)
Endlich verleiht der h. Vater einen vollkommenen Ablaß
in der Todesstunde allen Mitgliedern, welche reumüthig die
h. Sakramente der Buße und des Altars empfangen oder,
sofern sie dies nicht mehr können, mit reumüthigem Herzen
andächtig den Namen Jesu mit dem Munde oder auch nur
im Herzen anrufen. (Breve vom 7. Mai 1862.)Würde eine Mutter andere verwandte, befreundete oder geistes-
verwandte Mütter kennen, welche auch geneigt sein möchten, in den
Verein einzutreten, so wäre es am einfachsten, wenn eine von ihnen
im Namen Aller an den betreffenden Direktor schriebe und die Na-
men der übrigen meldete. Gewiß würde auch auf Wunsch einer der
Pfarrgeistlichen die Einschreibung vermitteln.