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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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Ernste und mit weiser Vorsicht und mit unermüd-
licher Liebe vorzugehen. Wo nicht, so werden diese
Fehler mit dem Kinde heranwachsen, um
zum Verderben des Kindes nicht allein der üppige
Grund von Sünden aller Art zu werden, sondern
auch das Wachsthum und Gedeihen jener göttlichen
Keime und Samenkörner auf's Wesentlichste zu be-
hindern, ja ganz und gar zu Schanden zu machen.

Möchten doch alle Mütter es einsehen und ge-
bührend würdigen, wie wichtig, ja wie nothwendig
es ist, daß sie dieses Vorgehen gegen die Fehler
ihrer Kinder schon in der frühesten, zartesten Ju-
gend derselben beginnen und schon die ersten Jahre
der Kindheit dazu benutzen, um das Kind in rechter
Weise zur Ablegung seiner Fehler zu vermögen!
Handelte es sich, wenn das Kind fehlt, eben nur
um vereinzelte, gewissermaßen zufällige Fehltritte,
so würde die Sache vielleicht weniger Bedenken
haben. Aber es handelt sich um Fehler, welche
tief im Herzen des Kindes ihre Wurzel haben, um
Fehler, denen böse Neigungen zu Grunde liegen,
welche, wenn man ihre Auswüchse gewähren lässet,
nur zu sehr an Wachsthum und Kraft gewinnen
und mehr und mehr jenen unseligen Hang zu den
entsprechenden Fehlern, sündhafte Gewohnheiten,
Leidenschaften erzeugen.

Nie setzt sich ein Fehler im Menschenwesen so
leicht und in so hohem Grade fest, als eben in
der frühesten Kindheit; kein Fehler wird schwerer
überwunden und ist schwieriger auszurotten, als
der, welchen man sich als Kind angewöhnt hat.
Wer kennt nicht das Sprichwort: "Jung gewohnt,

Ernste und mit weiser Vorsicht und mit unermüd-
licher Liebe vorzugehen. Wo nicht, so werden diese
Fehler mit dem Kinde heranwachsen, um
zum Verderben des Kindes nicht allein der üppige
Grund von Sünden aller Art zu werden, sondern
auch das Wachsthum und Gedeihen jener göttlichen
Keime und Samenkörner auf's Wesentlichste zu be-
hindern, ja ganz und gar zu Schanden zu machen.

Möchten doch alle Mütter es einsehen und ge-
bührend würdigen, wie wichtig, ja wie nothwendig
es ist, daß sie dieses Vorgehen gegen die Fehler
ihrer Kinder schon in der frühesten, zartesten Ju-
gend derselben beginnen und schon die ersten Jahre
der Kindheit dazu benutzen, um das Kind in rechter
Weise zur Ablegung seiner Fehler zu vermögen!
Handelte es sich, wenn das Kind fehlt, eben nur
um vereinzelte, gewissermaßen zufällige Fehltritte,
so würde die Sache vielleicht weniger Bedenken
haben. Aber es handelt sich um Fehler, welche
tief im Herzen des Kindes ihre Wurzel haben, um
Fehler, denen böse Neigungen zu Grunde liegen,
welche, wenn man ihre Auswüchse gewähren lässet,
nur zu sehr an Wachsthum und Kraft gewinnen
und mehr und mehr jenen unseligen Hang zu den
entsprechenden Fehlern, sündhafte Gewohnheiten,
Leidenschaften erzeugen.

Nie setzt sich ein Fehler im Menschenwesen so
leicht und in so hohem Grade fest, als eben in
der frühesten Kindheit; kein Fehler wird schwerer
überwunden und ist schwieriger auszurotten, als
der, welchen man sich als Kind angewöhnt hat.
Wer kennt nicht das Sprichwort: „Jung gewohnt,

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[72/0283] Ernste und mit weiser Vorsicht und mit unermüd- licher Liebe vorzugehen. Wo nicht, so werden diese Fehler mit dem Kinde heranwachsen, um zum Verderben des Kindes nicht allein der üppige Grund von Sünden aller Art zu werden, sondern auch das Wachsthum und Gedeihen jener göttlichen Keime und Samenkörner auf's Wesentlichste zu be- hindern, ja ganz und gar zu Schanden zu machen. Möchten doch alle Mütter es einsehen und ge- bührend würdigen, wie wichtig, ja wie nothwendig es ist, daß sie dieses Vorgehen gegen die Fehler ihrer Kinder schon in der frühesten, zartesten Ju- gend derselben beginnen und schon die ersten Jahre der Kindheit dazu benutzen, um das Kind in rechter Weise zur Ablegung seiner Fehler zu vermögen! Handelte es sich, wenn das Kind fehlt, eben nur um vereinzelte, gewissermaßen zufällige Fehltritte, so würde die Sache vielleicht weniger Bedenken haben. Aber es handelt sich um Fehler, welche tief im Herzen des Kindes ihre Wurzel haben, um Fehler, denen böse Neigungen zu Grunde liegen, welche, wenn man ihre Auswüchse gewähren lässet, nur zu sehr an Wachsthum und Kraft gewinnen und mehr und mehr jenen unseligen Hang zu den entsprechenden Fehlern, sündhafte Gewohnheiten, Leidenschaften erzeugen. Nie setzt sich ein Fehler im Menschenwesen so leicht und in so hohem Grade fest, als eben in der frühesten Kindheit; kein Fehler wird schwerer überwunden und ist schwieriger auszurotten, als der, welchen man sich als Kind angewöhnt hat. Wer kennt nicht das Sprichwort: „Jung gewohnt,

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/283>, abgerufen am 22.11.2024.