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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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die Mutter recht sanft und milde und freundlich,
gütig und barmherzig sein, lasset sie auf Ordnung
und Reinlichkeit halten, lasset sie gewissenhaft,
wahrheitsliebend, redlich sein, und ihr werdet leicht
in ihren Kindern, wenn ihr sie näher beobachtet,
von frühester Jugend an einen natürlichen Zug zu
all diesen schönen Eigenschaften hin wahrnehmen.
Ja, ist die Mutter von den Gesinnungen aufrich-
tiger Gottesfurcht und Frömmigkeit durchdrungen,
so wird das Kind leicht eine gewisse natürliche An-
lage zur Frömmigkeit mit auf die Welt bringen.
Siehe da die Mitgift der Mutter an ihr Kind;
eine kostbare Mitgift.

Aber auch im Gegentheil: Auch die Verkehrt-
heiten
der Mutter vererben sich auf die Kinder.
Verfolgt man, wo man an Kindern mit wehem
Herzen oft schon so früh so vielerlei Unarten und
eine Neigung zu den manchfachsten Verkehrtheiten
erfährt, die Spur, so wird man nur zu oft die
traurige Entdeckung machen, daß der tiefste Grund
und die eigentliche Quelle dieser Fehler und Un-
arten in der Mutter (vielleicht auch mit ihr im
Vater) sich finden. Die Mutter ist eigensinnig,
reizbar, zornmüthig; das Kind auch. Sie ist eitel
und putzsüchtig; das Kind auch. Sie ist lügenhaft,
sie ist genußsüchtig; so auch ihr Kind. Die Mutter
hat die Makel der Unlauterkeit an ihrer Seele;
und ach, das Kind neigt gleichfalls schon früh dahin.
Die Mutter ist unredlich, unehrlich, sie streckt ihre
Hand nach fremdem Gut aus, und das Kind ver-
fällt in denselben Fehler. So ist es. Als ob die
Mutter den Samen, die Keime ihrer Fehler in

die Mutter recht sanft und milde und freundlich,
gütig und barmherzig sein, lasset sie auf Ordnung
und Reinlichkeit halten, lasset sie gewissenhaft,
wahrheitsliebend, redlich sein, und ihr werdet leicht
in ihren Kindern, wenn ihr sie näher beobachtet,
von frühester Jugend an einen natürlichen Zug zu
all diesen schönen Eigenschaften hin wahrnehmen.
Ja, ist die Mutter von den Gesinnungen aufrich-
tiger Gottesfurcht und Frömmigkeit durchdrungen,
so wird das Kind leicht eine gewisse natürliche An-
lage zur Frömmigkeit mit auf die Welt bringen.
Siehe da die Mitgift der Mutter an ihr Kind;
eine kostbare Mitgift.

Aber auch im Gegentheil: Auch die Verkehrt-
heiten
der Mutter vererben sich auf die Kinder.
Verfolgt man, wo man an Kindern mit wehem
Herzen oft schon so früh so vielerlei Unarten und
eine Neigung zu den manchfachsten Verkehrtheiten
erfährt, die Spur, so wird man nur zu oft die
traurige Entdeckung machen, daß der tiefste Grund
und die eigentliche Quelle dieser Fehler und Un-
arten in der Mutter (vielleicht auch mit ihr im
Vater) sich finden. Die Mutter ist eigensinnig,
reizbar, zornmüthig; das Kind auch. Sie ist eitel
und putzsüchtig; das Kind auch. Sie ist lügenhaft,
sie ist genußsüchtig; so auch ihr Kind. Die Mutter
hat die Makel der Unlauterkeit an ihrer Seele;
und ach, das Kind neigt gleichfalls schon früh dahin.
Die Mutter ist unredlich, unehrlich, sie streckt ihre
Hand nach fremdem Gut aus, und das Kind ver-
fällt in denselben Fehler. So ist es. Als ob die
Mutter den Samen, die Keime ihrer Fehler in

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[50/0261] die Mutter recht sanft und milde und freundlich, gütig und barmherzig sein, lasset sie auf Ordnung und Reinlichkeit halten, lasset sie gewissenhaft, wahrheitsliebend, redlich sein, und ihr werdet leicht in ihren Kindern, wenn ihr sie näher beobachtet, von frühester Jugend an einen natürlichen Zug zu all diesen schönen Eigenschaften hin wahrnehmen. Ja, ist die Mutter von den Gesinnungen aufrich- tiger Gottesfurcht und Frömmigkeit durchdrungen, so wird das Kind leicht eine gewisse natürliche An- lage zur Frömmigkeit mit auf die Welt bringen. Siehe da die Mitgift der Mutter an ihr Kind; eine kostbare Mitgift. Aber auch im Gegentheil: Auch die Verkehrt- heiten der Mutter vererben sich auf die Kinder. Verfolgt man, wo man an Kindern mit wehem Herzen oft schon so früh so vielerlei Unarten und eine Neigung zu den manchfachsten Verkehrtheiten erfährt, die Spur, so wird man nur zu oft die traurige Entdeckung machen, daß der tiefste Grund und die eigentliche Quelle dieser Fehler und Un- arten in der Mutter (vielleicht auch mit ihr im Vater) sich finden. Die Mutter ist eigensinnig, reizbar, zornmüthig; das Kind auch. Sie ist eitel und putzsüchtig; das Kind auch. Sie ist lügenhaft, sie ist genußsüchtig; so auch ihr Kind. Die Mutter hat die Makel der Unlauterkeit an ihrer Seele; und ach, das Kind neigt gleichfalls schon früh dahin. Die Mutter ist unredlich, unehrlich, sie streckt ihre Hand nach fremdem Gut aus, und das Kind ver- fällt in denselben Fehler. So ist es. Als ob die Mutter den Samen, die Keime ihrer Fehler in

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/261>, abgerufen am 26.04.2024.