er ist freundlichen Hoffnungen günstig und der Liebe!"
"Freundlichen Hoffnungen?" fragte Blauen¬ stein, und sah Staunitz lächlend, aber wehmüthig an. "Nun ja, der Hoffnungen sind verschiedene, wer sie beloben darf, dem fehlt keine Sicherheit; aber auf mich kann es keine Anwendung leiden; meine Erwartungen vom Leben, vom Glück sind nicht hoch gespannt. Und lieben kann man nur einmal wahrhaft; nur einmal erschließt sich dem Geweihten des Himmels Klarheit, und er empfängt den Kranz, der seine Stirne zieren soll! Oft tritt ein neidischer Zufall kalt und tückisch zwischen das Glück und das liebende Herz!"
"Sie sprachen tief aus meinem Herzen, mein Freund," erwiederte Staunitz, und drückte Blauen¬ steins Hand mit Feuer, "und ihre Gesinnungen machen Ihnen Ehre. Aber die Zukunft ist für unser kurzsichtiges Auge nicht geschaffen!"
Blauenstein nickte Beifall, sah dem Zersprin¬ gen der feinen Bläschen in seinem Glase zu und sog das duftige Aroma des köstlichen Weines ein; aber Tina schien unzufrieden über der jungen Männer ernstes Gespräch, und fragte, ob es denn
er iſt freundlichen Hoffnungen guͤnſtig und der Liebe!“
„Freundlichen Hoffnungen?“ fragte Blauen¬ ſtein, und ſah Staunitz laͤchlend, aber wehmuͤthig an. „Nun ja, der Hoffnungen ſind verſchiedene, wer ſie beloben darf, dem fehlt keine Sicherheit; aber auf mich kann es keine Anwendung leiden; meine Erwartungen vom Leben, vom Gluͤck ſind nicht hoch geſpannt. Und lieben kann man nur einmal wahrhaft; nur einmal erſchließt ſich dem Geweihten des Himmels Klarheit, und er empfaͤngt den Kranz, der ſeine Stirne zieren ſoll! Oft tritt ein neidiſcher Zufall kalt und tuͤckiſch zwiſchen das Gluͤck und das liebende Herz!“
„Sie ſprachen tief aus meinem Herzen, mein Freund,“ erwiederte Staunitz, und druͤckte Blauen¬ ſteins Hand mit Feuer, „und ihre Geſinnungen machen Ihnen Ehre. Aber die Zukunft iſt fuͤr unſer kurzſichtiges Auge nicht geſchaffen!“
Blauenſtein nickte Beifall, ſah dem Zerſprin¬ gen der feinen Blaͤschen in ſeinem Glaſe zu und ſog das duftige Aroma des koͤſtlichen Weines ein; aber Tina ſchien unzufrieden uͤber der jungen Maͤnner ernſtes Geſpraͤch, und fragte, ob es denn
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0076"n="70"/>
er iſt freundlichen Hoffnungen guͤnſtig und<lb/>
der Liebe!“</p><lb/><p>„Freundlichen Hoffnungen?“ fragte Blauen¬<lb/>ſtein, und ſah Staunitz laͤchlend, aber wehmuͤthig<lb/>
an. „Nun ja, der Hoffnungen ſind verſchiedene,<lb/>
wer ſie beloben darf, dem fehlt keine Sicherheit;<lb/>
aber auf mich kann es keine Anwendung leiden;<lb/>
meine Erwartungen vom Leben, vom Gluͤck ſind<lb/>
nicht hoch geſpannt. Und lieben kann man nur<lb/>
einmal wahrhaft; nur einmal erſchließt ſich dem<lb/>
Geweihten des Himmels Klarheit, und er empfaͤngt<lb/>
den Kranz, der ſeine Stirne zieren ſoll! Oft<lb/>
tritt ein neidiſcher Zufall kalt und tuͤckiſch zwiſchen<lb/>
das Gluͤck und das liebende Herz!“</p><lb/><p>„Sie ſprachen tief aus meinem Herzen, mein<lb/>
Freund,“ erwiederte Staunitz, und druͤckte Blauen¬<lb/>ſteins Hand mit Feuer, „und ihre Geſinnungen<lb/>
machen Ihnen Ehre. Aber die Zukunft iſt fuͤr<lb/>
unſer kurzſichtiges Auge nicht geſchaffen!“</p><lb/><p>Blauenſtein nickte Beifall, ſah dem Zerſprin¬<lb/>
gen der feinen Blaͤschen in ſeinem Glaſe zu und<lb/>ſog das duftige Aroma des koͤſtlichen Weines ein;<lb/>
aber Tina ſchien unzufrieden uͤber der jungen<lb/>
Maͤnner ernſtes Geſpraͤch, und fragte, ob es denn<lb/></p></div></body></text></TEI>
[70/0076]
er iſt freundlichen Hoffnungen guͤnſtig und
der Liebe!“
„Freundlichen Hoffnungen?“ fragte Blauen¬
ſtein, und ſah Staunitz laͤchlend, aber wehmuͤthig
an. „Nun ja, der Hoffnungen ſind verſchiedene,
wer ſie beloben darf, dem fehlt keine Sicherheit;
aber auf mich kann es keine Anwendung leiden;
meine Erwartungen vom Leben, vom Gluͤck ſind
nicht hoch geſpannt. Und lieben kann man nur
einmal wahrhaft; nur einmal erſchließt ſich dem
Geweihten des Himmels Klarheit, und er empfaͤngt
den Kranz, der ſeine Stirne zieren ſoll! Oft
tritt ein neidiſcher Zufall kalt und tuͤckiſch zwiſchen
das Gluͤck und das liebende Herz!“
„Sie ſprachen tief aus meinem Herzen, mein
Freund,“ erwiederte Staunitz, und druͤckte Blauen¬
ſteins Hand mit Feuer, „und ihre Geſinnungen
machen Ihnen Ehre. Aber die Zukunft iſt fuͤr
unſer kurzſichtiges Auge nicht geſchaffen!“
Blauenſtein nickte Beifall, ſah dem Zerſprin¬
gen der feinen Blaͤschen in ſeinem Glaſe zu und
ſog das duftige Aroma des koͤſtlichen Weines ein;
aber Tina ſchien unzufrieden uͤber der jungen
Maͤnner ernſtes Geſpraͤch, und fragte, ob es denn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/76>, abgerufen am 28.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.