den besprochenen Puncten ein wahrer Heide! Laß mir doch meinen Willen; zwingen will ich den Jungen, den Emil, zu nichts in der Welt, was wider seine Herzensneigung wäre. Ich bin auch einmal jung gewesen, und habe erfahren, wie hoch man seine Freiheit zu schätzen hat! Nun erzeige mir noch den Gefallen, und sei gegen unsere Gäste, wenn sie Dir auch zuwider sind, recht artig und zuvorkommend; mir sind sie auch nicht immer an's Herz gewachsen, aber der Mann von Welt drückt ein Auge zu, wo es nicht anders geht! Und nun kein Wort weiter von solchen Dingen. -- -- Aber höre, Schwager, der Blauen¬ stein, scheint der nicht auf unser Tinchen ordent¬ lich ein Auge geworfen zu haben? -- Mir fiel es in der That auf; er verwandte kaum den Blick von ihr!"
"I nun," antwortete Heinrich mit dem Tone einer halb erzwungenen Gleichgültigkeit, "er mag Gefallen an dem Dinge finden, denn hübsch ist sie, das muß ihr der giftigste Neid lassen, aber weiter ist es auch wohl nichts; wenigstens muß er sich wohl nun den Muth vergehn lassen, um ihre Gunst zu werben, da er weiß, daß sie mit Vetter Staunitz verlobt ist!
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den beſprochenen Puncten ein wahrer Heide! Laß mir doch meinen Willen; zwingen will ich den Jungen, den Emil, zu nichts in der Welt, was wider ſeine Herzensneigung waͤre. Ich bin auch einmal jung geweſen, und habe erfahren, wie hoch man ſeine Freiheit zu ſchaͤtzen hat! Nun erzeige mir noch den Gefallen, und ſei gegen unſere Gaͤſte, wenn ſie Dir auch zuwider ſind, recht artig und zuvorkommend; mir ſind ſie auch nicht immer an's Herz gewachſen, aber der Mann von Welt druͤckt ein Auge zu, wo es nicht anders geht! Und nun kein Wort weiter von ſolchen Dingen. — — Aber hoͤre, Schwager, der Blauen¬ ſtein, ſcheint der nicht auf unſer Tinchen ordent¬ lich ein Auge geworfen zu haben? — Mir fiel es in der That auf; er verwandte kaum den Blick von ihr!“
„I nun,“ antwortete Heinrich mit dem Tone einer halb erzwungenen Gleichguͤltigkeit, „er mag Gefallen an dem Dinge finden, denn huͤbſch iſt ſie, das muß ihr der giftigſte Neid laſſen, aber weiter iſt es auch wohl nichts; wenigſtens muß er ſich wohl nun den Muth vergehn laſſen, um ihre Gunſt zu werben, da er weiß, daß ſie mit Vetter Staunitz verlobt iſt!
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den beſprochenen Puncten ein wahrer Heide!
Laß mir doch meinen Willen; zwingen will ich
den Jungen, den Emil, zu nichts in der Welt,
was wider ſeine Herzensneigung waͤre. Ich bin
auch einmal jung geweſen, und habe erfahren,
wie hoch man ſeine Freiheit zu ſchaͤtzen hat!
Nun erzeige mir noch den Gefallen, und ſei gegen
unſere Gaͤſte, wenn ſie Dir auch zuwider ſind,
recht artig und zuvorkommend; mir ſind ſie auch
nicht immer an's Herz gewachſen, aber der Mann
von Welt druͤckt ein Auge zu, wo es nicht anders
geht! Und nun kein Wort weiter von ſolchen
Dingen. — — Aber hoͤre, Schwager, der Blauen¬
ſtein, ſcheint der nicht auf unſer Tinchen ordent¬
lich ein Auge geworfen zu haben? — Mir fiel
es in der That auf; er verwandte kaum den
Blick von ihr!“
„I nun,“ antwortete Heinrich mit dem Tone
einer halb erzwungenen Gleichguͤltigkeit, „er mag
Gefallen an dem Dinge finden, denn huͤbſch iſt
ſie, das muß ihr der giftigſte Neid laſſen, aber
weiter iſt es auch wohl nichts; wenigſtens muß
er ſich wohl nun den Muth vergehn laſſen, um
ihre Gunſt zu werben, da er weiß, daß ſie mit
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/55>, abgerufen am 16.02.2025.
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