Bullinger, Heinrich: Haußbuoch. Zürich, 1558.Predig. hattend / sonder ein jeder thet was jm wol
gefiel. Dann allen menschen wirdt die philautia, das ist die liebe sein selbs vnnd
das eigen gefallen also anerboren / das ein jeder allein zuo jhm selbs luoget /
jhm selbs wolgefallt inn allem das er thuot / vnd ander leüthen wort vnd werck
verachtet / ja es kumpt auch vnser böse begird vnnd vnabläßliche eigen liebe dahin
/ das wir auch böse sachen vnnd hendel mit dem rechten vnderstond zuo schirmen /
vnnd für gerecht vnnd guot außgebend / vnd mit den selben vnderstond
fürzuobrächen. Wär das nit glaubt / der weißt nit was menschen sind. Sich / das
volck Jsrael was erst auß Egypten erlößt / vnd hatt erschröckliche vnd grosse
wunder gesehen / vnd ward inn der wüste von himmel herab wunderbarlich erneert /
vnnd sach all tag neüwe wunderzeichen. Noch merck / was Moses der aller miltest
vnd senfftmütigest vnder allen menschen / vonn disem heiligen volck / von dem
volck Gottes / das Gott selb sein eigenthumb nent / rede / Er spricht also zum
volck / wie kan ich allein sölche mühy vnd last / vnd hader von euch ertragen?
Also thet sich auch deß fleisches art inn der heiligen gesellschafft vnnd aller
hertzlichisten gemeinschafft der ersten Apostolischen kirchen / ja in den
widergebornen selb / herfür / dann es erhuob sich ein gemürmel vnder den Griechen
wider die Hebreer / darumb das jre witwen übersehen wurdend in der täglichen
handreichung. Also zancketend auch die Corinther vor den heidnischen richteren /
darumb sie vom heiligen Apostel Paulo gar hefftig bescholten werdend / der sie
heißt vnder den glöubigen selb schidleüth erwellen / die jhre sachen entscheidind.
Deßhalben kan vns hierinn niemand fürwerffen / das alt volck Jsraels seye ein
fleischlich volck gewesen / vnd noch nicht widergeboren / dieweil wir sehend / das
auch in denen die widergeboren sind / noch die überleipscheten deß fleischs hangend / die sich jmmerdar / wo jhnen lufft vnd anlaß
wirdt herfür thuon / zanck vnnd vnruow auff bringend / da sie wol möchtind
zuofriden sein. Jch geschweig erst dessen das der mehrteil wält / dem geist nichts
nachfraget / sonder nur dem fleisch nach läbt vnd nachhengt. Darumb dieweyl Gott
ein liebhaber vnd günner der menschen ist / vnd ein erhalter deß menschlichen
geschlächts / alles fridens vnd aller ruowen / so hatt er die oberkeit yngesetzt /
als zuo einer artzney vnnd hilff / denen grossen üblen der menschen zuo weeren /
das sie sich mit billigkeyt vnnd gerechtigkeyt zwüschend die yn lege / die mit
einanderen zanckend / vnd sie von einanderen entscheide / den bösen anfechtungen
weere / vnnd so jemand gewalt mit dem anderen brauchen wölte / die vnschuldigen
schirme. Vnnd darumb wer die Göttlich ordnung wölte brechen vnnd auffheben / (wir
menschen wurdind dann alsammen zuo englen) der wurde nichts anders anrichten /
dann ein Confuß vnnd zerstörung aller dingen / vnnd machen / das
welcher baß möchte / das der die frommen vnd anderen all
wurde vndertrucken vnd außreütten. Darumb725 wir auß disem allem / das bißhär erzellt heiter sehend / das die oberkeit von Gott
yngesetzt ist zuo schirm deß guoten / vnd zuo straff deß bösen / das ist zuo
guotem vnd zum wolstand aller menschen. Dahär dann auch dienet / das wir findend /
das von anfang der wält allweg oberkeyten gewesen sind. Jtem es befestigend
sölichs die zeügnußen der heiligen geschrifft. Als das Moses im gesatzt die
Richter Götter nennt / vnnd spricht / das daß gericht Gottes seye. Auß welchen
worten auch Josaphat genommen hatt / das er zuo den Richteren spricht726 / Sehend zuo was jhr
thügind / dann jhr haltend das gericht nicht den menschen / sonder dem Herren /
vnnd er ist mit euch im gericht / darumb lassend die forcht deß Herren bey euch
sein etc. Also heißt Sanct Peter727 der oberkeit gehorsam sein vmb deß Herren willen / vonn
welchem die selbig verordnet ist / zur rach der übeltheteren / vnd zum lob der
wolthäteren. So spricht auch Paulus der leerer der Heiden728 / Es ist kein gewalt /725 Die oberkeit ist von Gott ingesetzt zuo guotem den menschen. 726 2.Par.19. 727
1.Pet.2. 728 Rom.13.
Predig. hattend / sonder ein jeder thet was jm wol
gefiel. Dann allen menschen wirdt die philautía, das ist die liebe sein selbs vnnd
das eigen gefallen also anerboren / das ein jeder allein zuͦ jhm selbs luͦget /
jhm selbs wolgefallt inn allem das er thuͦt / vnd ander leüthen wort vnd werck
verachtet / ja es kumpt auch vnser boͤse begird vnnd vnablaͤßliche eigen liebe dahin
/ das wir auch boͤse sachen vnnd hendel mit dem rechten vnderstond zuͦ schirmen /
vnnd für gerecht vnnd guͦt außgebend / vnd mit den selben vnderstond
fürzuͦbraͤchen. Waͤr das nit glaubt / der weißt nit was menschen sind. Sich / das
volck Jsrael was erst auß Egypten erloͤßt / vnd hatt erschroͤckliche vnd grosse
wunder gesehen / vnd ward inn der wuͤste von himmel herab wunderbarlich erneert /
vnnd sach all tag neüwe wunderzeichen. Noch merck / was Moses der aller miltest
vnd senfftmuͤtigest vnder allen menschen / vonn disem heiligen volck / von dem
volck Gottes / das Gott selb sein eigenthumb nent / rede / Er spricht also zum
volck / wie kan ich allein soͤlche muͤhy vnd last / vnd hader von euch ertragen?
Also thet sich auch deß fleisches art inn der heiligen gesellschafft vnnd aller
hertzlichisten gemeinschafft der ersten Apostolischen kirchen / ja in den
widergebornen selb / herfür / dann es erhuͦb sich ein gemürmel vnder den Griechen
wider die Hebreer / darumb das jre witwen übersehen wurdend in der taͤglichen
handreichung. Also zancketend auch die Corinther vor den heidnischen richteren /
darumb sie vom heiligen Apostel Paulo gar hefftig bescholten werdend / der sie
heißt vnder den gloͤubigen selb schidleüth erwellen / die jhre sachen entscheidind.
Deßhalben kan vns hierinn niemand fürwerffen / das alt volck Jsraels seye ein
fleischlich volck gewesen / vnd noch nicht widergeboren / dieweil wir sehend / das
auch in denen die widergeboren sind / noch die überleipscheten deß fleischs hangend / die sich jmmerdar / wo jhnen lufft vnd anlaß
wirdt herfür thuͦn / zanck vnnd vnruͦw auff bringend / da sie wol moͤchtind
zuͦfriden sein. Jch geschweig erst dessen das der mehrteil waͤlt / dem geist nichts
nachfraget / sonder nur dem fleisch nach laͤbt vnd nachhengt. Darumb dieweyl Gott
ein liebhaber vnd günner der menschen ist / vnd ein erhalter deß menschlichen
geschlaͤchts / alles fridens vnd aller ruͦwen / so hatt er die oberkeit yngesetzt /
als zuͦ einer artzney vnnd hilff / denen grossen üblen der menschen zuͦ weeren /
das sie sich mit billigkeyt vnnd gerechtigkeyt zwüschend die yn lege / die mit
einanderen zanckend / vnd sie von einanderen entscheide / den boͤsen anfechtungen
weere / vnnd so jemand gewalt mit dem anderen brauchen woͤlte / die vnschuldigen
schirme. Vnnd darumb wer die Goͤttlich ordnung woͤlte brechen vnnd auffheben / (wir
menschen wurdind dann alsammen zuͦ englen) der wurde nichts anders anrichten /
dann ein Confuß vnnd zerstoͤrung aller dingen / vnnd machen / das
welcher baß moͤchte / das der die frommen vnd anderen all
wurde vndertrucken vnd außreütten. Darumb725 wir auß disem allem / das bißhaͤr erzellt heiter sehend / das die oberkeit von Gott
yngesetzt ist zuͦ schirm deß guͦten / vnd zuͦ straff deß boͤsen / das ist zuͦ
guͦtem vnd zum wolstand aller menschen. Dahaͤr dann auch dienet / das wir findend /
das von anfang der waͤlt allweg oberkeyten gewesen sind. Jtem es befestigend
soͤlichs die zeügnußen der heiligen geschrifft. Als das Moses im gesatzt die
Richter Goͤtter nennt / vnnd spricht / das daß gericht Gottes seye. Auß welchen
worten auch Josaphat genommen hatt / das er zuͦ den Richteren spricht726 / Sehend zuͦ was jhr
thuͤgind / dann jhr haltend das gericht nicht den menschen / sonder dem Herren /
vnnd er ist mit euch im gericht / darumb lassend die forcht deß Herren bey euch
sein ꝛc. Also heißt Sanct Peter727 der oberkeit gehorsam sein vmb deß Herren willen / vonn
welchem die selbig verordnet ist / zur rach der übeltheteren / vnd zum lob der
wolthaͤteren. So spricht auch Paulus der leerer der Heiden728 / Es ist kein gewalt /725 Die oberkeit ist von Gott ingesetzt zuͦ guͦtem den menschen. 726 2.Par.19. 727
1.Pet.2. 728 Rom.13.
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Predig.
hattend / sonder ein jeder thet was jm wol gefiel. Dann allen menschen wirdt die philautía, das ist die liebe sein selbs vnnd das eigen gefallen also anerboren / das ein jeder allein zuͦ jhm selbs luͦget / jhm selbs wolgefallt inn allem das er thuͦt / vnd ander leüthen wort vnd werck verachtet / ja es kumpt auch vnser boͤse begird vnnd vnablaͤßliche eigen liebe dahin / das wir auch boͤse sachen vnnd hendel mit dem rechten vnderstond zuͦ schirmen / vnnd für gerecht vnnd guͦt außgebend / vnd mit den selben vnderstond fürzuͦbraͤchen. Waͤr das nit glaubt / der weißt nit was menschen sind. Sich / das volck Jsrael was erst auß Egypten erloͤßt / vnd hatt erschroͤckliche vnd grosse wunder gesehen / vnd ward inn der wuͤste von himmel herab wunderbarlich erneert / vnnd sach all tag neüwe wunderzeichen. Noch merck / was Moses der aller miltest vnd senfftmuͤtigest vnder allen menschen / vonn disem heiligen volck / von dem volck Gottes / das Gott selb sein eigenthumb nent / rede / Er spricht also zum volck / wie kan ich allein soͤlche muͤhy vnd last / vnd hader von euch ertragen? Also thet sich auch deß fleisches art inn der heiligen gesellschafft vnnd aller hertzlichisten gemeinschafft der ersten Apostolischen kirchen / ja in den widergebornen selb / herfür / dann es erhuͦb sich ein gemürmel vnder den Griechen wider die Hebreer / darumb das jre witwen übersehen wurdend in der taͤglichen handreichung. Also zancketend auch die Corinther vor den heidnischen richteren / darumb sie vom heiligen Apostel Paulo gar hefftig bescholten werdend / der sie heißt vnder den gloͤubigen selb schidleüth erwellen / die jhre sachen entscheidind. Deßhalben kan vns hierinn niemand fürwerffen / das alt volck Jsraels seye ein fleischlich volck gewesen / vnd noch nicht widergeboren / dieweil wir sehend / das auch in denen die widergeboren sind / noch die überleipscheten deß fleischs hangend / die sich jmmerdar / wo jhnen lufft vnd anlaß wirdt herfür thuͦn / zanck vnnd vnruͦw auff bringend / da sie wol moͤchtind zuͦfriden sein. Jch geschweig erst dessen das der mehrteil waͤlt / dem geist nichts nachfraget / sonder nur dem fleisch nach laͤbt vnd nachhengt. Darumb dieweyl Gott ein liebhaber vnd günner der menschen ist / vnd ein erhalter deß menschlichen geschlaͤchts / alles fridens vnd aller ruͦwen / so hatt er die oberkeit yngesetzt / als zuͦ einer artzney vnnd hilff / denen grossen üblen der menschen zuͦ weeren / das sie sich mit billigkeyt vnnd gerechtigkeyt zwüschend die yn lege / die mit einanderen zanckend / vnd sie von einanderen entscheide / den boͤsen anfechtungen weere / vnnd so jemand gewalt mit dem anderen brauchen woͤlte / die vnschuldigen schirme. Vnnd darumb wer die Goͤttlich ordnung woͤlte brechen vnnd auffheben / (wir menschen wurdind dann alsammen zuͦ englen) der wurde nichts anders anrichten / dann ein Confuß vnnd zerstoͤrung aller dingen / vnnd machen / das welcher baß moͤchte / das der die frommen vnd anderen all wurde vndertrucken vnd außreütten. Darumb 725 wir auß disem allem / das bißhaͤr erzellt heiter sehend / das die oberkeit von Gott yngesetzt ist zuͦ schirm deß guͦten / vnd zuͦ straff deß boͤsen / das ist zuͦ guͦtem vnd zum wolstand aller menschen. Dahaͤr dann auch dienet / das wir findend / das von anfang der waͤlt allweg oberkeyten gewesen sind. Jtem es befestigend soͤlichs die zeügnußen der heiligen geschrifft. Als das Moses im gesatzt die Richter Goͤtter nennt / vnnd spricht / das daß gericht Gottes seye. Auß welchen worten auch Josaphat genommen hatt / das er zuͦ den Richteren spricht 726 / Sehend zuͦ was jhr thuͤgind / dann jhr haltend das gericht nicht den menschen / sonder dem Herren / vnnd er ist mit euch im gericht / darumb lassend die forcht deß Herren bey euch sein ꝛc. Also heißt Sanct Peter 727 der oberkeit gehorsam sein vmb deß Herren willen / vonn welchem die selbig verordnet ist / zur rach der übeltheteren / vnd zum lob der wolthaͤteren. So spricht auch Paulus der leerer der Heiden 728 / Es ist kein gewalt /
725 Die oberkeit ist von Gott ingesetzt zuͦ guͦtem den menschen.
726 2.Par.19.
727 1.Pet.2.
728 Rom.13.
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Zitationshilfe: | Bullinger, Heinrich: Haußbuoch. Zürich, 1558, S. LXXVII.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bullinger_haussbuoch_1558/245>, abgerufen am 22.07.2024. |