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Bullinger, Heinrich: Haußbuoch. Zürich, 1558.

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Die Zehende
were so er sein bedörffte. Vnd wir inn der Eydgnoschafft truckend söllichs eygentlich auß da wir vnseren nechsten nennend / den nechsten menschen / das ist ein yetlichen der vns zehanden stoßt / Gott geb wer er sey. Darzuo wirt auch der nechst in vnser sprach genennt der eben mensch / namlich ein yeder der so wol ein mensch ist als wir / damit wir ye alle menschen verstond / sie seyend fründ oder feyend. Vnd hiehar dienet dz Lactantius schreibt lib. 6. cap. ii.wz machst du vil vnderscheyds zwüschend den personen? oder wz sichst du vff deß leibs gestalt / du solt einen yeden für einen menschen halten / der darumb von dir begärt / dz er auch dich für einen menschen haltet / Gib den blinden / schwachen / lamen / verlaßnen / die da sterben müßtind / wo du jnen nit gebist vnd hulffist. Jtem / wir müssend thuon als menschen / wöllend wir menschen genennt werden. Thuon aber als menschen / was ist das anders / dann den menschen lieben / darumb das er ein mensch vnd eben das ist das auch wir sind. Darumb spricht auch der Herr im Euangelio / da er von der liebe redt483 / liebend eüwere feyend / wünschend guots denen die eüch verflüchend / thuond guots denen die eüch hassend / bittend für die so eüch beleydigend. Jtem484 / wer dich bittet / dem gib / vnd so jhr liebend die die eüch liebend / was werdend jr für lon haben? dann die sünder liebend auch die sie liebend. Darumb entlich so ist der nechst ein yeder der vnser hilff bedarff.

485 Auß welchem aber darumb nit volget / das kein ordnung / maß vnd gebürlicher vnnderscheyd sölle gehalten werden inn übung der liebe vnnd wolthat. Darumb spricht Augustinus recht de Doctri. Christia. lib. i. cap.. 27. Man sol keinen sünder lieben / so ferr vnd darumb das er ein sünder ist. Vnd im xxviij. capitel / Man sol alle menschen gleich lieb haben / Dieweyl du aber nitt einem yeden behilfflich sein magst / so solt du doch denen vorauß vnnd insonderheyt beholffen vnd beraten sein / die dir durch gelegenheyt der zeit vnd orten oder anderer sachen etwas näher verwandt vnnd zuogethon sind. Welches auch der heilig Apostel Paulus vor Sanct Augustin geleert hat / da er spricht486 / Wer nit arbeitet / sol auch nit essen. Jtem487 / lassend vns guots thuon dieweil wir zeit habend / an yederman / allermeyst aber an deß glaubens genossen. Jtem an einem andern ort / wil er nitt das man alles ander leüten gebe / vnnd einer darnebend inn seinem hauß mangel leide / sonder er gebeüttet einem yeden das er sein eigen haußgesind versorge / Wie dann einem yeden das ort bekannt ist / j. Tim. v.

488 Nach dem wir aber also erklärt / wer vnser nechster sey / so wöllend wir nun auch besehen / wie man den selbigen lieben sölle. Namlich so soll man den nechsten lieben von hertzen one trug vnd gleißnerey / mit gleicher liebe wie wir vns selbs liebend / oder wie Christus vns geliebet hat / Man sol jhm dienen in allen dingen / alle wolthat vnd früntligkeyt an jhm üben vnd erzeigen / Darinn wir vier stuck sonderlichen zuo mercken habend.

489 Erstlich das von vns erfordert wirt / ein söliche liebe deß nechsten / die da vffrecht / on allen falsch / trug vnd gleißnerey sey. Dann es sind vil / die jhren nechsten wol vil glatter vnd süsser worten gäbend / vnd dergleichen thuond als ob sie sy mächtig lieb habind / sind jhnen aber im hertzen dainnen feyend / suochend allein wie sie sy mit jren guotten worten betriegen / oder das sie jren nutz dardurch schaffind. Darumb sünderend auch die heiligen Apostel Christi Paulus vnd Joannes die gleißnerey so ernstlich auß von der liebe. Dann Paulus spricht490 / Die liebe sey vngefärbt.491 Jtem das end deß gsatztes ist liebe auß reinem hertzen vnd guoter gewüßne vnd vngegleißnetem glauben. Joannes aber spricht492 / Meine kind / lassend vns nicht lieben mit worten / noch mitt der zungen / sonder mit der that vnd mit der waarheyt. Hierinn wirt aber auch verstanden / die freywillige vnd fröliche deß gemüts / das da nützit mit zwang vnd auß vnwillen beschähe. Dann Paulus spricht493 / ein yetlicher gebe vnd thüe / nach dem er

483 Matth.5.
484 Luc.6.
485 Das in der liebe ein gewisse maß vnnd ordnung sey.
486 2.Thes.3.
487 Gal.6.
488 Wie man den nechsten lieben solle.
489 Die liebe deß nechsten sol aufrecht on trug vnd gleißnerey sein.
490 Rom.12.
491 1.Tim.1.
492 1.Joan.3.
493 2.Cor.9.

Die Zehende
were so er sein bedoͤrffte. Vnd wir inn der Eydgnoschafft truckend soͤllichs eygentlich auß da wir vnseren nechsten nennend / den nechsten menschen / das ist ein yetlichen der vns zehanden stoßt / Gott geb wer er sey. Darzuͦ wirt auch der nechst in vnser sprach genennt der eben mensch / namlich ein yeder der so wol ein mensch ist als wir / damit wir ye alle menschen verstond / sie seyend fründ oder feyend. Vnd hiehar dienet dz Lactantius schreibt lib. 6. cap. ii.wz machst du vil vnderscheyds zwüschend den personen? oder wz sichst du vff deß leibs gestalt / du solt einen yeden für einen menschen halten / der darumb von dir begaͤrt / dz er auch dich für einen menschen haltet / Gib den blinden / schwachen / lamen / verlaßnen / die da sterben muͤßtind / wo du jnen nit gebist vnd hulffist. Jtem / wir muͤssend thuͦn als menschen / woͤllend wir menschen genennt werden. Thuͦn aber als menschen / was ist das anders / dann den menschen lieben / darumb das er ein mensch vnd eben das ist das auch wir sind. Darumb spricht auch der Herr im Euangelio / da er von der liebe redt483 / liebend eüwere feyend / wünschend guͦts denen die eüch verfluͤchend / thuͦnd guͦts denen die eüch hassend / bittend für die so eüch beleydigend. Jtem484 / wer dich bittet / dem gib / vnd so jhr liebend die die eüch liebend / was werdend jr für lon haben? dann die sünder liebend auch die sie liebend. Darumb entlich so ist der nechst ein yeder der vnser hilff bedarff.

485 Auß welchem aber darumb nit volget / das kein ordnung / maß vnd gebürlicher vnnderscheyd soͤlle gehalten werden inn uͤbung der liebe vnnd wolthat. Darumb spricht Augustinus recht de Doctri. Christia. lib. i. cap.. 27. Man sol keinen sünder lieben / so ferr vnd darumb das er ein sünder ist. Vnd im xxviij. capitel / Man sol alle menschen gleich lieb haben / Dieweyl du aber nitt einem yeden behilfflich sein magst / so solt du doch denen vorauß vnnd insonderheyt beholffen vnd beraten sein / die dir durch gelegenheyt der zeit vnd orten oder anderer sachen etwas naͤher verwandt vnnd zuͦgethon sind. Welches auch der heilig Apostel Paulus vor Sanct Augustin geleert hat / da er spricht486 / Wer nit arbeitet / sol auch nit essen. Jtem487 / lassend vns guͦts thuͦn dieweil wir zeit habend / an yederman / allermeyst aber an deß glaubens genossen. Jtem an einem andern ort / wil er nitt das man alles ander leüten gebe / vnnd einer darnebend inn seinem hauß mangel leide / sonder er gebeüttet einem yeden das er sein eigen haußgesind versorge / Wie dann einem yeden das ort bekannt ist / j. Tim. v.

488 Nach dem wir aber also erklaͤrt / wer vnser nechster sey / so woͤllend wir nun auch besehen / wie man den selbigen lieben soͤlle. Namlich so soll man den nechsten lieben von hertzen one trug vnd gleißnerey / mit gleicher liebe wie wir vns selbs liebend / oder wie Christus vns geliebet hat / Man sol jhm dienen in allen dingen / alle wolthat vnd früntligkeyt an jhm uͤben vnd erzeigen / Darinn wir vier stuck sonderlichen zuͦ mercken habend.

489 Erstlich das von vns erfordert wirt / ein soͤliche liebe deß nechsten / die da vffrecht / on allen falsch / trug vnd gleißnerey sey. Dann es sind vil / die jhren nechsten wol vil glatter vnd suͤsser worten gaͤbend / vnd dergleichen thuͦnd als ob sie sy maͤchtig lieb habind / sind jhnen aber im hertzen dainnen feyend / suͦchend allein wie sie sy mit jren guͦtten worten betriegen / oder das sie jren nutz dardurch schaffind. Darumb sünderend auch die heiligen Apostel Christi Paulus vnd Joannes die gleißnerey so ernstlich auß von der liebe. Dann Paulus spricht490 / Die liebe sey vngefaͤrbt.491 Jtem das end deß gsatztes ist liebe auß reinem hertzen vnd guͦter gewüßne vnd vngegleißnetem glauben. Joannes aber spricht492 / Meine kind / lassend vns nicht lieben mit worten / noch mitt der zungen / sonder mit der that vnd mit der waarheyt. Hierinn wirt aber auch verstanden / die freywillige vnd froͤliche deß gemuͤts / das da nützit mit zwang vnd auß vnwillen beschaͤhe. Dann Paulus spricht493 / ein yetlicher gebe vnd thuͤe / nach dem er

483 Matth.5.
484 Luc.6.
485 Das in der liebe ein gewisse maß vnnd ordnung sey.
486 2.Thes.3.
487 Gal.6.
488 Wie man den nechsten lieben solle.
489 Die liebe deß nechsten sol aufrecht on trug vnd gleißnerey sein.
490 Rom.12.
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[[43]/0178] Die Zehende were so er sein bedoͤrffte. Vnd wir inn der Eydgnoschafft truckend soͤllichs eygentlich auß da wir vnseren nechsten nennend / den nechsten menschen / das ist ein yetlichen der vns zehanden stoßt / Gott geb wer er sey. Darzuͦ wirt auch der nechst in vnser sprach genennt der eben mensch / namlich ein yeder der so wol ein mensch ist als wir / damit wir ye alle menschen verstond / sie seyend fründ oder feyend. Vnd hiehar dienet dz Lactantius schreibt lib. 6. cap. ii.wz machst du vil vnderscheyds zwüschend den personen? oder wz sichst du vff deß leibs gestalt / du solt einen yeden für einen menschen halten / der darumb von dir begaͤrt / dz er auch dich für einen menschen haltet / Gib den blinden / schwachen / lamen / verlaßnen / die da sterben muͤßtind / wo du jnen nit gebist vnd hulffist. Jtem / wir muͤssend thuͦn als menschen / woͤllend wir menschen genennt werden. Thuͦn aber als menschen / was ist das anders / dann den menschen lieben / darumb das er ein mensch vnd eben das ist das auch wir sind. Darumb spricht auch der Herr im Euangelio / da er von der liebe redt 483 / liebend eüwere feyend / wünschend guͦts denen die eüch verfluͤchend / thuͦnd guͦts denen die eüch hassend / bittend für die so eüch beleydigend. Jtem 484 / wer dich bittet / dem gib / vnd so jhr liebend die die eüch liebend / was werdend jr für lon haben? dann die sünder liebend auch die sie liebend. Darumb entlich so ist der nechst ein yeder der vnser hilff bedarff. 485 Auß welchem aber darumb nit volget / das kein ordnung / maß vnd gebürlicher vnnderscheyd soͤlle gehalten werden inn uͤbung der liebe vnnd wolthat. Darumb spricht Augustinus recht de Doctri. Christia. lib. i. cap.. 27. Man sol keinen sünder lieben / so ferr vnd darumb das er ein sünder ist. Vnd im xxviij. capitel / Man sol alle menschen gleich lieb haben / Dieweyl du aber nitt einem yeden behilfflich sein magst / so solt du doch denen vorauß vnnd insonderheyt beholffen vnd beraten sein / die dir durch gelegenheyt der zeit vnd orten oder anderer sachen etwas naͤher verwandt vnnd zuͦgethon sind. Welches auch der heilig Apostel Paulus vor Sanct Augustin geleert hat / da er spricht 486 / Wer nit arbeitet / sol auch nit essen. Jtem 487 / lassend vns guͦts thuͦn dieweil wir zeit habend / an yederman / allermeyst aber an deß glaubens genossen. Jtem an einem andern ort / wil er nitt das man alles ander leüten gebe / vnnd einer darnebend inn seinem hauß mangel leide / sonder er gebeüttet einem yeden das er sein eigen haußgesind versorge / Wie dann einem yeden das ort bekannt ist / j. Tim. v. 488 Nach dem wir aber also erklaͤrt / wer vnser nechster sey / so woͤllend wir nun auch besehen / wie man den selbigen lieben soͤlle. Namlich so soll man den nechsten lieben von hertzen one trug vnd gleißnerey / mit gleicher liebe wie wir vns selbs liebend / oder wie Christus vns geliebet hat / Man sol jhm dienen in allen dingen / alle wolthat vnd früntligkeyt an jhm uͤben vnd erzeigen / Darinn wir vier stuck sonderlichen zuͦ mercken habend. 489 Erstlich das von vns erfordert wirt / ein soͤliche liebe deß nechsten / die da vffrecht / on allen falsch / trug vnd gleißnerey sey. Dann es sind vil / die jhren nechsten wol vil glatter vnd suͤsser worten gaͤbend / vnd dergleichen thuͦnd als ob sie sy maͤchtig lieb habind / sind jhnen aber im hertzen dainnen feyend / suͦchend allein wie sie sy mit jren guͦtten worten betriegen / oder das sie jren nutz dardurch schaffind. Darumb sünderend auch die heiligen Apostel Christi Paulus vnd Joannes die gleißnerey so ernstlich auß von der liebe. Dann Paulus spricht 490 / Die liebe sey vngefaͤrbt. 491 Jtem das end deß gsatztes ist liebe auß reinem hertzen vnd guͦter gewüßne vnd vngegleißnetem glauben. Joannes aber spricht 492 / Meine kind / lassend vns nicht lieben mit worten / noch mitt der zungen / sonder mit der that vnd mit der waarheyt. Hierinn wirt aber auch verstanden / die freywillige vnd froͤliche deß gemuͤts / das da nützit mit zwang vnd auß vnwillen beschaͤhe. Dann Paulus spricht 493 / ein yetlicher gebe vnd thuͤe / nach dem er 483 Matth.5. 484 Luc.6. 485 Das in der liebe ein gewisse maß vnnd ordnung sey. 486 2.Thes.3. 487 Gal.6. 488 Wie man den nechsten lieben solle. 489 Die liebe deß nechsten sol aufrecht on trug vnd gleißnerey sein. 490 Rom.12. 491 1.Tim.1. 492 1.Joan.3. 493 2.Cor.9.

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Zitationshilfe: Bullinger, Heinrich: Haußbuoch. Zürich, 1558, S. [43]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bullinger_haussbuoch_1558/178>, abgerufen am 25.11.2024.