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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgischer Streit mit dem Ministerio.
[Spaltenumbruch] selben nach gewissen beypflichten/ und unsert-
halben/ damit wir in der Liebe von einem gan-
tzen Ministerio möchten gehöret/ unser bitt-
liches ersuchen selbst erkant und wol ponde-
ri
ret werde freundlich ansuchung thun wol-
ten/ in hoffnung/ wann wir vor ein gantzes E.
Minist. in GOttes sache gehöret/ würden un-
ter 25. häuptern noch einer oder andere nicht
alle/ in sich gehen/ die sache nach GOttes sinn
überlegen/ und also unserer Christl. intention
und heylsamen begehren beypflichten. Haben
derowegen mit etlichen davon geredet und ge-
beten/ daß solch unser suchen dem gantzen Mi-
nisterio
möchte vorgetragen werden. [NB. Da
wir dann das jenige/ was wir mit denen gere-
det/ die gar vertraulich sich gegen uns in dieser
sachen herauß gelassen/ auch unsere meynung
von anfang biß zu ende gehöret/ geprüfet und
gut geheiffen/ unentdecket bleiben lassen; das
jenige aber/ was wir mit andern geredt/ die un-
ser vorbringen anders/ als wir gehoffet/ aufge-
nommen/ ja wol gar sich beschwehret/ als hät-
ten wirs bey ihnen zu grob gemacht/ dasselbe
wollen wir theils in erzehlung dieser sache/
theils zu ende ausführen/ damit ein jeder
unpartheyischer rechtschaffener Christ/ sein
Christlich urtheil selbst darüber fällen könne.

§. 6. Ward demnach so fern unser be-
gehren angesehen/ das E. E. Ministerium den
18. Septembr. Hierüber zusammen kam: Da
wir denn noch denselben morgen zuvor mit ei-
nem oder andern redeten/ umb unsere vor-
sorderung inständig baten/ auch versprochen
in der Kirchen zu S. Mariä Magdal. zu war-
ten/ wann sie uns etwa sprechen wolten. Als
wir nun fast 2. stunden in der Kirchen gewar-
tet/ giengen wir auf das kloster hinauf/ damit
wir ihnen desto näher wären/ wann sie uns et-
wa noch einruffen würden. Jndem wir nun
wegen langen verzugs fast zweifelten/ daß wir
würden eingefordert werden/ da kompt M.
Müller des Herrn Senioren sohn heraus/
welchem M. Volsch sagte/ wann es E. E. Mi-
nisterio
beliebt hätte/ uns vorzulassen/ solte es
uns sehr lieb seyn/ wo aber nit/ wolten mir gern
warten/ biß auf eine andere Zeit/ da es E. E.
Ministerio gefiele/ nur daß wir nit zu lange hie
gehalten würden. Darauff gieng M. Müller
hinein/ kam aber bald wieder heraus/ und for-
derte M. Volschen beyseits/ ihn bey der hand fas-
sende/ sagte er/ er hätte in geheim und vertrau-
en etwas mit ihm zu reden. Darauff sprach so
fort M. Volsch/ Hr Magister, ich lasse mich diß-
mal von diesen beyden St. Dohren und J. C.
Holtzhausen nicht trennen: sahe damit sich
umb/ und ward gewahr/ daß die Herren Pre-
diger voneinander giengen/ vermeynende
demnach/ daß nun auß der vorforderung nichts
werden würde/ folgete er Herrn M. Müllern/
mit vorher gehender Bitte jemand an die bey-
den Studiosos zu senden/ daß er nicht zu ihnen
kommen könte/ aus hoffnung/ selbige würden
sich alsobald auch bey ihm einfinden. Unter-
dessen gehen die meisten Prediger weg/ heis-
sen Dohren und Holtzhausen/ warten umb
den beschluß und bescheid zu vernehmen.

§. 7. So bald sie hinab/ kompt Herr M.
Elmenhorst und nöthiget uns (St. Dohren
und J. C. Holtzhausen) alsbald in den kir-
chen-saal S. M. Magdalenä hinein zu kom-
[Spaltenumbruch] men/ und gehet darauf weg. Da giengen wir
(St. Dohren und Holtzhausen) hinein/ funden
5. Deputirte vom Ministerio/ als Hn. M. Chesi-
um,
Hn. D. Mauritium, Hn. M. von Petkum/
Hn. M. Saurland und Hn. Fursen/ und weil
solche keine rede uns angeboten/ fieng St. Döh-
ren seine rede ohngefähr mit diesen worten an:
Jhnen würde ohne zweifel die ursach unser er-
scheinung wissend seyn/ nemlich/ daß wir nun-
mehro auff ihre eygene vergünstigung/ war-
umb wir durch ihrer etliche ansuchung gethan/
kommen E. E. Ministerium freundl. und bittlich
zu ersuchen/ das jetzige gegenwärtige verfallene
Christenthum und grossen allgemeinen seelen-
jammer/ darüber so viele hertzen seuffzeten und
klagten/ in hertzliche consideration zu ziehen/
und darauf bedacht zu seyn/ alle müglichste
mittel nebst denen/ so bißhero sonst recht ge-
brauchet/ vor die hand zu nehmen/ umb dem-
selben zu wehren. Sintemahl es ja hell
gnug vor augen/ wie so eine grosse unwissen-
heit aus mangel sattsamen unterrichts/ und
greuliche offenbahre boßheit aus mangel
ernstlicher kirchen-disciplin unter den meisten
menschen dieses orts (leyder) im schwang
gieng/ daher dann eygentlich aller seelen-jam-
mer entstünde: Welcher unaussprechlicher
seelen-jammer nebst täglicher schändung und
verunehrung des heil. namens GOttes/ uns/
und vielen frommen seelen billich zu hertzen gan-
gen: deßwegen wir zwar beflissen gewesen/ an
unserer seiten mit übung unsers geistl. Prie-
sterthums [NB. Welches wie es Lutherus in
Tractatu de instituendis Ministris Ecclesiae
Tom. 2. Lat. p. 548. b. & seqq.
ausführet/ alle
solche Christenthums-wercke/ als das wort leh-
ren/ den nechsten unterrichten/ vermahnen/
absolviren/ trösten/ straffen und binden/ etc. in
sich begreifft] alles an unsern nechsten privatim
zu versuchen/ (zumahl es hin und wieder von
uns ist begehret worden) weil wir aber mit den
wenigsten conversirten/ darzu auch die Leute
gar nicht disponirt befunden/ die brüderliche
erinnerung fruchtbarlich anzunehmen/ däch-
ten wir wenig auszurichten/ wo nicht das Mi-
nisterium
selbst/ als welches das meiste in dieser
sache thun könte/ vor allen alle mittel der
verbesserung an die hand nehme: Weswegen
wir weder ruhe noch friede in unserm hertzen
und gewissen haben/ nicht länger mit kind-
licher zuversicht beten können/ ehe und bevor
wir anfangs absonderlich mit etlichen Ministe-
rii Membris
hiervon geredet/ und durch selbige
von allen und jeden hierüber gehöret zu wer-
den/ demüthig und inständig angehalten.
Wann demnach nunmehr wir auf eigen belie-
ben E. Ministerii (wiewol leyder nicht alle 3.
zusammen/ auch nicht vor dem gantzen Mini-
sterio,
wie wir sehen) vorkommen/ als sind wir
nun da/ dasselbe hertzlich/ theils kindlich/ theils
brüderlich bittweise zuersuchen/ nicht etwa aus
eygenem vorwitz/ unbedachtsamkeit oder ver-
messenheit/ auch nicht animo reformandi oder
sonst einigen falschen grund/ sondern allein vor-
nehmlich (a) in ansehung des allerheiligsten
GOttes/ dessen nahme täglich und ohn unter-
laß durch allerhand offenbahrliche sünden-
greuel/ sonderlich aber durch das erschreckliche
fluchen und mißbrauch des heiligen namens
GOttes und JESU ungescheuet und unge-

strafft

Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio.
[Spaltenumbruch] ſelben nach gewiſſen beypflichten/ und unſert-
halben/ damit wir in der Liebe von einem gan-
tzen Miniſterio moͤchten gehoͤret/ unſer bitt-
liches erſuchen ſelbſt erkant und wol ponde-
ri
ret werde freundlich anſuchung thun wol-
ten/ in hoffnung/ wann wir vor ein gantzes E.
Miniſt. in GOttes ſache gehoͤret/ wuͤrden un-
ter 25. haͤuptern noch einer oder andere nicht
alle/ in ſich gehen/ die ſache nach GOttes ſinn
uͤberlegen/ und alſo unſerer Chriſtl. intention
und heylſamen begehren beypflichten. Haben
derowegen mit etlichen davon geredet und ge-
beten/ daß ſolch unſer ſuchen dem gantzen Mi-
niſterio
moͤchte vorgetragen werden. [NB. Da
wir dann das jenige/ was wir mit denen gere-
det/ die gar vertraulich ſich gegen uns in dieſer
ſachen herauß gelaſſen/ auch unſere meynung
von anfang biß zu ende gehoͤret/ gepruͤfet und
gut geheiffen/ unentdecket bleiben laſſen; das
jenige aber/ was wir mit andern geredt/ die un-
ſer vorbringen anders/ als wir gehoffet/ aufge-
nommen/ ja wol gar ſich beſchwehret/ als haͤt-
ten wirs bey ihnen zu grob gemacht/ daſſelbe
wollen wir theils in erzehlung dieſer ſache/
theils zu ende ausfuͤhren/ damit ein jeder
unpartheyiſcher rechtſchaffener Chriſt/ ſein
Chriſtlich urtheil ſelbſt daruͤber faͤllen koͤnne.

§. 6. Ward demnach ſo fern unſer be-
gehren angeſehen/ das E. E. Miniſterium den
18. Septembr. Hieruͤber zuſammen kam: Da
wir denn noch denſelben morgen zuvor mit ei-
nem oder andern redeten/ umb unſere vor-
ſorderung inſtaͤndig baten/ auch verſprochen
in der Kirchen zu S. Mariaͤ Magdal. zu war-
ten/ wann ſie uns etwa ſprechen wolten. Als
wir nun faſt 2. ſtunden in der Kirchen gewar-
tet/ giengen wir auf das kloſter hinauf/ damit
wir ihnen deſto naͤher waͤren/ wann ſie uns et-
wa noch einruffen wuͤrden. Jndem wir nun
wegen langen verzugs faſt zweifelten/ daß wir
wuͤrden eingefordert werden/ da kompt M.
Muͤller des Herꝛn Senioren ſohn heraus/
welchem M. Volſch ſagte/ wann es E. E. Mi-
niſterio
beliebt haͤtte/ uns vorzulaſſen/ ſolte es
uns ſehr lieb ſeyn/ wo aber nit/ wolten mir geꝛn
warten/ biß auf eine andere Zeit/ da es E. E.
Miniſterio gefiele/ nur daß wir nit zu lange hie
gehalten wuͤrden. Darauff gieng M. Muͤller
hinein/ kam aber bald wieder heraus/ und for-
deꝛte M. Volſchen beyſeits/ ihn bey deꝛ hand faſ-
ſende/ ſagte er/ er haͤtte in geheim und vertrau-
en etwas mit ihm zu reden. Darauff ſprach ſo
fort M. Volſch/ Hr Magiſter, ich laſſe mich diß-
mal von dieſen beyden St. Dohren und J. C.
Holtzhauſen nicht trennen: ſahe damit ſich
umb/ und ward gewahr/ daß die Herren Pre-
diger voneinander giengen/ vermeynende
demnach/ daß nun auß der voꝛforderung nichts
werden wuͤrde/ folgete er Herꝛn M. Muͤllern/
mit vorher gehender Bitte jemand an die bey-
den Studioſos zu ſenden/ daß er nicht zu ihnen
kommen koͤnte/ aus hoffnung/ ſelbige wuͤrden
ſich alſobald auch bey ihm einfinden. Unter-
deſſen gehen die meiſten Prediger weg/ heiſ-
ſen Dohren und Holtzhauſen/ warten umb
den beſchluß und beſcheid zu vernehmen.

§. 7. So bald ſie hinab/ kompt Herꝛ M.
Elmenhorſt und noͤthiget uns (St. Dohren
und J. C. Holtzhauſen) alsbald in den kir-
chen-ſaal S. M. Magdalenaͤ hinein zu kom-
[Spaltenumbruch] men/ und gehet darauf weg. Da giengen wir
(St. Dohren und Holtzhauſen) hinein/ funden
5. Deputirte vom Miniſterio/ als Hn. M. Cheſi-
um,
Hn. D. Mauritium, Hn. M. von Petkum/
Hn. M. Saurland und Hn. Furſen/ und weil
ſolche keine rede uns angeboten/ fieng St. Doͤh-
ren ſeine rede ohngefaͤhr mit dieſen worten an:
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ſcheinung wiſſend ſeyn/ nemlich/ daß wir nun-
mehro auff ihre eygene verguͤnſtigung/ war-
umb wir durch ihrer etliche anſuchung gethan/
kom̃en E. E. Miniſterium freundl. und bittlich
zu erſuchẽ/ das jetzige gegenwaͤrtige verfallene
Chriſtenthum und groſſen allgemeinen ſeelen-
jammer/ daruͤber ſo viele hertzen ſeuffzeten und
klagten/ in hertzliche conſideration zu ziehen/
und darauf bedacht zu ſeyn/ alle muͤglichſte
mittel nebſt denen/ ſo bißhero ſonſt recht ge-
brauchet/ vor die hand zu nehmen/ umb dem-
ſelben zu wehren. Sintemahl es ja hell
gnug vor augen/ wie ſo eine groſſe unwiſſen-
heit aus mangel ſattſamen unterrichts/ und
greuliche offenbahre boßheit aus mangel
ernſtlicher kirchen-diſciplin unter den meiſten
menſchen dieſes orts (leyder) im ſchwang
gieng/ daher dann eygentlich aller ſeelen-jam-
mer entſtuͤnde: Welcher unausſprechlicher
ſeelen-jammer nebſt taͤglicher ſchaͤndung und
verunehrung des heil. namens GOttes/ uns/
und vielen from̃en ſeelen billich zu hertzen gan-
gen: deßwegen wir zwar befliſſen geweſen/ an
unſerer ſeiten mit uͤbung unſers geiſtl. Prie-
ſterthums [NB. Welches wie es Lutherus in
Tractatu de inſtituendis Miniſtris Eccleſiæ
Tom. 2. Lat. p. 548. b. & ſeqq.
ausfuͤhret/ alle
ſolche Chriſtenthums-wercke/ als das wort leh-
ren/ den nechſten unterrichten/ vermahnen/
abſolviren/ troͤſten/ ſtraffen und binden/ ꝛc. in
ſich begreifft] alles an unſern nechſten privatim
zu verſuchen/ (zumahl es hin und wieder von
uns iſt begehret worden) weil wir aber mit den
wenigſten converſirten/ darzu auch die Leute
gar nicht diſponirt befunden/ die bruͤderliche
erinnerung fruchtbarlich anzunehmen/ daͤch-
ten wir wenig auszurichten/ wo nicht das Mi-
niſterium
ſelbſt/ als welches das meiſte in dieſer
ſache thun koͤnte/ vor allen alle mittel der
verbeſſerung an die hand nehme: Weswegen
wir weder ruhe noch friede in unſerm hertzen
und gewiſſen haben/ nicht laͤnger mit kind-
licher zuverſicht beten koͤnnen/ ehe und bevor
wir anfangs abſonderlich mit etlichen Miniſte-
rii Membris
hiervon geredet/ und durch ſelbige
von allen und jeden hieruͤber gehoͤret zu wer-
den/ demuͤthig und inſtaͤndig angehalten.
Wann demnach nunmehr wir auf eigen belie-
ben E. Miniſterii (wiewol leyder nicht alle 3.
zuſammen/ auch nicht vor dem gantzen Mini-
ſterio,
wie wir ſehen) vorkommen/ als ſind wir
nun da/ daſſelbe hertzlich/ theils kindlich/ theils
bruͤderlich bittweiſe zuerſuchen/ nicht etwa aus
eygenem vorwitz/ unbedachtſamkeit oder ver-
meſſenheit/ auch nicht animo reformandi oder
ſonſt einigẽ falſchen grund/ ſondeꝛn allein vor-
nehmlich (a) in anſehung des allerheiligſten
GOttes/ deſſen nahme taͤglich und ohn unter-
laß durch allerhand offenbahꝛliche ſuͤnden-
greuel/ ſonderlich aber durch das erſchreckliche
fluchen und mißbrauch des heiligen namens
GOttes und JESU ungeſcheuet und unge-

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[666/0974] Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio. ſelben nach gewiſſen beypflichten/ und unſert- halben/ damit wir in der Liebe von einem gan- tzen Miniſterio moͤchten gehoͤret/ unſer bitt- liches erſuchen ſelbſt erkant und wol ponde- riret werde freundlich anſuchung thun wol- ten/ in hoffnung/ wann wir vor ein gantzes E. Miniſt. in GOttes ſache gehoͤret/ wuͤrden un- ter 25. haͤuptern noch einer oder andere nicht alle/ in ſich gehen/ die ſache nach GOttes ſinn uͤberlegen/ und alſo unſerer Chriſtl. intention und heylſamen begehren beypflichten. Haben derowegen mit etlichen davon geredet und ge- beten/ daß ſolch unſer ſuchen dem gantzen Mi- niſterio moͤchte vorgetragen werden. [NB. Da wir dann das jenige/ was wir mit denen gere- det/ die gar vertraulich ſich gegen uns in dieſer ſachen herauß gelaſſen/ auch unſere meynung von anfang biß zu ende gehoͤret/ gepruͤfet und gut geheiffen/ unentdecket bleiben laſſen; das jenige aber/ was wir mit andern geredt/ die un- ſer vorbringen anders/ als wir gehoffet/ aufge- nommen/ ja wol gar ſich beſchwehret/ als haͤt- ten wirs bey ihnen zu grob gemacht/ daſſelbe wollen wir theils in erzehlung dieſer ſache/ theils zu ende ausfuͤhren/ damit ein jeder unpartheyiſcher rechtſchaffener Chriſt/ ſein Chriſtlich urtheil ſelbſt daruͤber faͤllen koͤnne. §. 6. Ward demnach ſo fern unſer be- gehren angeſehen/ das E. E. Miniſterium den 18. Septembr. Hieruͤber zuſammen kam: Da wir denn noch denſelben morgen zuvor mit ei- nem oder andern redeten/ umb unſere vor- ſorderung inſtaͤndig baten/ auch verſprochen in der Kirchen zu S. Mariaͤ Magdal. zu war- ten/ wann ſie uns etwa ſprechen wolten. Als wir nun faſt 2. ſtunden in der Kirchen gewar- tet/ giengen wir auf das kloſter hinauf/ damit wir ihnen deſto naͤher waͤren/ wann ſie uns et- wa noch einruffen wuͤrden. Jndem wir nun wegen langen verzugs faſt zweifelten/ daß wir wuͤrden eingefordert werden/ da kompt M. Muͤller des Herꝛn Senioren ſohn heraus/ welchem M. Volſch ſagte/ wann es E. E. Mi- niſterio beliebt haͤtte/ uns vorzulaſſen/ ſolte es uns ſehr lieb ſeyn/ wo aber nit/ wolten mir geꝛn warten/ biß auf eine andere Zeit/ da es E. E. Miniſterio gefiele/ nur daß wir nit zu lange hie gehalten wuͤrden. Darauff gieng M. Muͤller hinein/ kam aber bald wieder heraus/ und for- deꝛte M. Volſchen beyſeits/ ihn bey deꝛ hand faſ- ſende/ ſagte er/ er haͤtte in geheim und vertrau- en etwas mit ihm zu reden. Darauff ſprach ſo fort M. Volſch/ Hr Magiſter, ich laſſe mich diß- mal von dieſen beyden St. Dohren und J. C. Holtzhauſen nicht trennen: ſahe damit ſich umb/ und ward gewahr/ daß die Herren Pre- diger voneinander giengen/ vermeynende demnach/ daß nun auß der voꝛforderung nichts werden wuͤrde/ folgete er Herꝛn M. Muͤllern/ mit vorher gehender Bitte jemand an die bey- den Studioſos zu ſenden/ daß er nicht zu ihnen kommen koͤnte/ aus hoffnung/ ſelbige wuͤrden ſich alſobald auch bey ihm einfinden. Unter- deſſen gehen die meiſten Prediger weg/ heiſ- ſen Dohren und Holtzhauſen/ warten umb den beſchluß und beſcheid zu vernehmen. §. 7. So bald ſie hinab/ kompt Herꝛ M. Elmenhorſt und noͤthiget uns (St. Dohren und J. C. Holtzhauſen) alsbald in den kir- chen-ſaal S. M. Magdalenaͤ hinein zu kom- men/ und gehet darauf weg. Da giengen wir (St. Dohren und Holtzhauſen) hinein/ funden 5. Deputirte vom Miniſterio/ als Hn. M. Cheſi- um, Hn. D. Mauritium, Hn. M. von Petkum/ Hn. M. Saurland und Hn. Furſen/ und weil ſolche keine rede uns angeboten/ fieng St. Doͤh- ren ſeine rede ohngefaͤhr mit dieſen worten an: Jhnen wuͤrde ohne zweifel die urſach unſer er- ſcheinung wiſſend ſeyn/ nemlich/ daß wir nun- mehro auff ihre eygene verguͤnſtigung/ war- umb wir durch ihrer etliche anſuchung gethan/ kom̃en E. E. Miniſterium freundl. und bittlich zu erſuchẽ/ das jetzige gegenwaͤrtige verfallene Chriſtenthum und groſſen allgemeinen ſeelen- jammer/ daruͤber ſo viele hertzen ſeuffzeten und klagten/ in hertzliche conſideration zu ziehen/ und darauf bedacht zu ſeyn/ alle muͤglichſte mittel nebſt denen/ ſo bißhero ſonſt recht ge- brauchet/ vor die hand zu nehmen/ umb dem- ſelben zu wehren. Sintemahl es ja hell gnug vor augen/ wie ſo eine groſſe unwiſſen- heit aus mangel ſattſamen unterrichts/ und greuliche offenbahre boßheit aus mangel ernſtlicher kirchen-diſciplin unter den meiſten menſchen dieſes orts (leyder) im ſchwang gieng/ daher dann eygentlich aller ſeelen-jam- mer entſtuͤnde: Welcher unausſprechlicher ſeelen-jammer nebſt taͤglicher ſchaͤndung und verunehrung des heil. namens GOttes/ uns/ und vielen from̃en ſeelen billich zu hertzen gan- gen: deßwegen wir zwar befliſſen geweſen/ an unſerer ſeiten mit uͤbung unſers geiſtl. Prie- ſterthums [NB. Welches wie es Lutherus in Tractatu de inſtituendis Miniſtris Eccleſiæ Tom. 2. Lat. p. 548. b. & ſeqq. ausfuͤhret/ alle ſolche Chriſtenthums-wercke/ als das wort leh- ren/ den nechſten unterrichten/ vermahnen/ abſolviren/ troͤſten/ ſtraffen und binden/ ꝛc. in ſich begreifft] alles an unſern nechſten privatim zu verſuchen/ (zumahl es hin und wieder von uns iſt begehret worden) weil wir aber mit den wenigſten converſirten/ darzu auch die Leute gar nicht diſponirt befunden/ die bruͤderliche erinnerung fruchtbarlich anzunehmen/ daͤch- ten wir wenig auszurichten/ wo nicht das Mi- niſterium ſelbſt/ als welches das meiſte in dieſer ſache thun koͤnte/ vor allen alle mittel der verbeſſerung an die hand nehme: Weswegen wir weder ruhe noch friede in unſerm hertzen und gewiſſen haben/ nicht laͤnger mit kind- licher zuverſicht beten koͤnnen/ ehe und bevor wir anfangs abſonderlich mit etlichen Miniſte- rii Membris hiervon geredet/ und durch ſelbige von allen und jeden hieruͤber gehoͤret zu wer- den/ demuͤthig und inſtaͤndig angehalten. Wann demnach nunmehr wir auf eigen belie- ben E. Miniſterii (wiewol leyder nicht alle 3. zuſammen/ auch nicht vor dem gantzen Mini- ſterio, wie wir ſehen) vorkommen/ als ſind wir nun da/ daſſelbe hertzlich/ theils kindlich/ theils bruͤderlich bittweiſe zuerſuchen/ nicht etwa aus eygenem vorwitz/ unbedachtſamkeit oder ver- meſſenheit/ auch nicht animo reformandi oder ſonſt einigẽ falſchen grund/ ſondeꝛn allein vor- nehmlich (a) in anſehung des allerheiligſten GOttes/ deſſen nahme taͤglich und ohn unter- laß durch allerhand offenbahꝛliche ſuͤnden- greuel/ ſonderlich aber durch das erſchreckliche fluchen und mißbrauch des heiligen namens GOttes und JESU ungeſcheuet und unge- ſtrafft

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/974>, abgerufen am 22.12.2024.