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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgischer Streit mit dem Ministerio.
[Spaltenumbruch] strafft verlästert wird. Dann auch (b) in an-
sehung so vieler 1000. seelen/ die wegen ihrer
unwissenheit und sünden ewig müssen verloh-
ren gehen. Und dann endlich (c) in ansehung
E. E. Minist. daß dasselbe seine ehre und wür-
de durch erweisung ihrer getreuen und sorg-
fältigen aufsicht/ auf die mit dem blut JEsu
theuer-erkauffte heerde Christi/ so ihnen zu
weyden anbefohlen/ erhalten und durch ver-
saumnüß nicht verlästert machen möchte/ man
auch hinführo den Lästerern das maul stopf-
fen könte.

§. 8. Als nun St. Dohren diese rede
vollendet/ fieng der Herr Pastor zu S. Nicolai
M. Chesius an: Sie hätten unser vorbringen
vernommen/ wäre aber das was Stephanus
vor wenig stunden in seinem hause kürtzer vor-
gebracht. Was nun E. E. Ministerium, hier-
auff beschlossen/ würde sein Herr Collega uns
andeuten: Darauff hub Herr von Petkum
Diaconus zu S. Peter an E. E. Ministerium
hätte ihnen ein solch Decissum uns anzumel-
den hinterlassen. [NB. Hie siehet man/ daß
wir vom gantzen Ministerio schon sind verdammt
worden/ ehe wir kaum von dem 5ten theil recht
gehöret worden.] Nach dem wir E. E. Mini-
sterium
bey den leuten bißher cavilliret und zu
dessen verachtung anlaß gegeben/ und nun-
mehr uns unterstanden sie samptlich selbst zu
erinnern/ auch in den häusern winckel-predig-
ten gehalten/ so begehrte E. E. Minister. daß
wir solche verbrechen erkennen/ bereuen und
abbitten solten/ darneben auch angeloben/ daß
wir ausser unsern 4. Pfälen niemand mehr
belehren/ unterrichten oder bestraffen wolten:
Jm widrigen/ hätte E. E. Ministerium be-
schlossen/ daß wir von dem heiligen abendmahl
solten ausgeschlossen seyn/ und würden sie das
Brachium seculare bey die hand nehmen/ und
uns ein anders weisen. Daran fügte Herr
Saurland/ Dohrens beicht-vatter/ dieses:
Wir hätten auch verdächtige bücher/ als
Brecklings/ Pelky und Großgebauers
schrifften/ die solten wir angeloben abzu-
schaffen. Begehrten darauff/ wir solten uns
alsbald mit ja oder nein resolviren/ dann sie
mit uns nicht lang disputiren wolten/ stelleten
sich auch/ als wolten sie auffsteben und wegge-
ben. Da sprach Stephanus, die ehrw. Herrn
Deputirte wolten ohne verdruß nur kürtzlich
unsere antwort auf die 3. vorgebrachte be-
schuldigungen hören. Was (a) die Cavillen be-
trifft/ haben wir E. E. Ministerium nicht ca-
villi
ret/ soll uns auch von keinem menschen mit
wahr heit bewiesen werden; haben wir aber
sonst vor diesem einige klag-reden/ wegen des
jämmerlichen zustandes unserer Kirchen wieder
sie geführet/ so hätten wir darinnen nichts wei-
ter gethan/ als was der seel. D. Lütkemann in
seiner apostolischen aufmunterung Dom. 3.
Adventus
allen frommen Christen frey giebet/
daß sie nemlich über die gegenwärtige greuel
untereinander mögen seuffzen/ damit sie sich
nicht frembder sünden theilhafftig machen:
Wofern aber bey solchen klagen ein- oder an-
derm dann und wann ein hartes wort entfah-
ren/ ist unser jedem dasselbe vor seine person
leyd/ auch schon längst durch das blut JESU
bey GOtt ausgesöhnet. [NB. Massen dann
auch Stephanus, nach dem er einsmahls ein
[Spaltenumbruch] hartes wort wider seinen beicht-vatter gere-
det/ ihm selbst im beichtstul solches sampt al-
len andern abgebeten.] (b) Gegenwärtige
erinnerung aber wäre nicht das Ministerium
zu cavilliren angesehen/ sondern/ wie GOtt
wüste/ allein sie hertzlich weh- und demüthig zu
bitten/ mit mehrerm fleiß und ernst/ als bißhe-
ro geschehen/ vor aller und jeder seelen selia-
keit zu wachen/ zu sorgen und zu arbeiten. (c)
Winckel-Predigten haben wir/ sprach Stepha-
nus
ferner/ nie gehalten/ sondern nur mit geist-
hungrigen seelen und auch sonst andern hertzen
Christliche gespräche geführet/ an statt der un-
nützen eytelen Discursen/ uns untereinander
zuerbauen/ auf daß also/ nach der vermah-
nung Pauli das wort Christi reichlich unter
uns wohnen möchte/ daß er/ St. Dohren/ aber
etlichen einfältigen seelen den Catechismum
Lutheri
mit der Franckfurther Lutherischen
Theologen schönen herrlichen und nützlichen
erklärung/ zu Wittenberg gedruckt/ vorgele-
sen/ und den Verstand der fragen einfältig
und deutlich gezeiget/ dazu hätten ihn etliche
seelen/ welche sich öffters bey der lang und
hochangefochtenen Frauen Anna Schelhorns
in ihrer grossen noth und trübsal eingesunden/
und seinen gesprächen mit ihr zugehöret (durch
welche/ nach der frauen eigenem mündlichem
und ihres mannes schrifftlichem zeugnüß/ sie
auch nechst Göttlicher hülffe/ als welche eigent-
lich zuförderst zuerkennen/ errettet worden)
höchlich gebeten/ welcher bitte er ohne verle-
tzung der liebe und seines gewissens nicht hätte
ausschlagen können/ sonderlich weil keine an-
dere da waren/ die es abwarten konten. [NB.
Solte aber Stephanus hieran so hoch gesün-
diget und dem Ministerio in ihr Ampt (wie
mans mit der zeit auslegen wil) gegriffen ha-
ben/ so wäre ja billich gewest/ daß er von dem
gantzen Ministerio hierüber zu rede gestel-
let/ und seines vermeynten verbrechens er-
innert worden wäre/ bevorab solche Catechi-
sation
ein gantzes jahr gedauret/ und da er von
Hn. Saurland der Herren Prediger unwillen/
auch bedrauung/ daß sie ihn würden citiren las-
sen/ verstanden/ er Stephanus vor Herrn Saur-
land von hertzen gewünschet/ daß solches ge-
schehen möchte] (d) Was die bücher betreffen/
sprach Stephanus ferner/ hat uns ja Paulus
selbst alles zu lesen und zu prüfen zugelassen/
und das gute zu behalten ernstlich befohlen/ se-
hen auch nicht/ was für verdächtige dinge da-
rinn sind/ sonderlich in Großgebauers herrli-
chem buche die Wächter-Stimme genant. Da
sprach Herr Fürsen: Ob er (St. Döhren)
in allem mit Herrn Großgebauer einig/ E. g.
von der kinder-tauffe? da sprach Stephanus, es
wäre ihm entfallen/ was der seel. Herr Groß-
gebauer davon statuirte/ (weil er lange nicht
in seinem buche gelesen) was er aber vor seine
person davon halte/ wolte er sagen: Nemlich
die tauffe sey den kindern ein kräfftig mittel
zur wiedergeburth/ als durch welche sie in den
ewigen gnaden-bund GOttes auffgenommen/
und mit aller seligkeit begnadet würden; doch
sofern/ daß sie/ wann sie erwachsen/ der tauffe
krafft in tödtung des alten- und erweckung
des neuen menschens an ihnen mercken liessen/
sonsten wäre ihnen die tauffe vergeblich erthei-
let/ würde ihnen auch nicht helffen/ daß sie ge-

taufft
A. K. H. Vierter Theil. Pp pp 2

Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio.
[Spaltenumbruch] ſtrafft verlaͤſtert wird. Dann auch (b) in an-
ſehung ſo vieler 1000. ſeelen/ die wegen ihrer
unwiſſenheit und ſuͤnden ewig muͤſſen verloh-
ren gehen. Und dann endlich (c) in anſehung
E. E. Miniſt. daß daſſelbe ſeine ehre und wuͤr-
de durch erweiſung ihrer getreuen und ſorg-
faͤltigen aufſicht/ auf die mit dem blut JEſu
theuer-erkauffte heerde Chriſti/ ſo ihnen zu
weyden anbefohlen/ erhalten und durch ver-
ſaumnuͤß nicht verlaͤſtert machen moͤchte/ man
auch hinfuͤhro den Laͤſterern das maul ſtopf-
fen koͤnte.

§. 8. Als nun St. Dohren dieſe rede
vollendet/ fieng der Herꝛ Paſtor zu S. Nicolai
M. Cheſius an: Sie haͤtten unſer vorbringen
vernommen/ waͤre aber das was Stephanus
vor wenig ſtunden in ſeinem hauſe kuͤrtzer vor-
gebracht. Was nun E. E. Miniſterium, hier-
auff beſchloſſen/ wuͤrde ſein Herꝛ Collega uns
andeuten: Darauff hub Herꝛ von Petkum
Diaconus zu S. Peter an E. E. Miniſterium
haͤtte ihnen ein ſolch Deciſſum uns anzumel-
den hinterlaſſen. [NB. Hie ſiehet man/ daß
wir vom gantzen Miniſterio ſchon ſind verdam̃t
worden/ ehe wir kaum von dem 5ten theil recht
gehoͤret worden.] Nach dem wir E. E. Mini-
ſterium
bey den leuten bißher cavilliret und zu
deſſen verachtung anlaß gegeben/ und nun-
mehr uns unterſtanden ſie ſamptlich ſelbſt zu
erinnern/ auch in den haͤuſern winckel-predig-
ten gehalten/ ſo begehrte E. E. Miniſter. daß
wir ſolche verbrechen erkennen/ bereuen und
abbitten ſolten/ darneben auch angeloben/ daß
wir auſſer unſern 4. Pfaͤlen niemand mehr
belehren/ unterrichten oder beſtraffen wolten:
Jm widrigen/ haͤtte E. E. Miniſterium be-
ſchloſſen/ daß wir von dem heiligen abendmahl
ſolten ausgeſchloſſen ſeyn/ und wuͤrden ſie das
Brachium ſeculare bey die hand nehmen/ und
uns ein anders weiſen. Daran fuͤgte Herꝛ
Saurland/ Dohrens beicht-vatter/ dieſes:
Wir haͤtten auch verdaͤchtige buͤcher/ als
Brecklings/ Pelky und Großgebauers
ſchrifften/ die ſolten wir angeloben abzu-
ſchaffen. Begehrten darauff/ wir ſolten uns
alsbald mit ja oder nein reſolviren/ dann ſie
mit uns nicht lang diſputiren wolten/ ſtelleten
ſich auch/ als wolten ſie auffſteben und wegge-
ben. Da ſprach Stephanus, die ehrw. Herꝛn
Deputirte wolten ohne verdruß nur kuͤrtzlich
unſere antwort auf die 3. vorgebrachte be-
ſchuldigungen hoͤren. Was (a) die Cavillen be-
trifft/ haben wir E. E. Miniſterium nicht ca-
villi
ret/ ſoll uns auch von keinem menſchen mit
wahr heit bewieſen werden; haben wir aber
ſonſt vor dieſem einige klag-reden/ wegen des
jaͤm̃erlichen zuſtandes unſerer Kirchen wieder
ſie gefuͤhret/ ſo haͤtten wir darinnen nichts wei-
ter gethan/ als was der ſeel. D. Luͤtkemann in
ſeiner apoſtoliſchen aufmunterung Dom. 3.
Adventus
allen frommen Chriſten frey giebet/
daß ſie nemlich uͤber die gegenwaͤrtige greuel
untereinander moͤgen ſeuffzen/ damit ſie ſich
nicht frembder ſuͤnden theilhafftig machen:
Wofern aber bey ſolchen klagen ein- oder an-
derm dann und wann ein hartes wort entfah-
ren/ iſt unſer jedem daſſelbe vor ſeine perſon
leyd/ auch ſchon laͤngſt durch das blut JESU
bey GOtt ausgeſoͤhnet. [NB. Maſſen dann
auch Stephanus, nach dem er einsmahls ein
[Spaltenumbruch] hartes wort wider ſeinen beicht-vatter gere-
det/ ihm ſelbſt im beichtſtul ſolches ſampt al-
len andern abgebeten.] (b) Gegenwaͤrtige
erinnerung aber waͤre nicht das Miniſterium
zu cavilliren angeſehen/ ſondern/ wie GOtt
wuͤſte/ allein ſie hertzlich weh- und demuͤthig zu
bitten/ mit mehrerm fleiß und ernſt/ als bißhe-
ro geſchehen/ vor aller und jeder ſeelen ſelia-
keit zu wachen/ zu ſorgen und zu arbeiten. (c)
Winckel-Predigten haben wir/ ſprach Stepha-
nus
ferner/ nie gehalten/ ſondern nur mit geiſt-
hungrigen ſeelen und auch ſonſt andern hertzẽ
Chriſtliche geſpraͤche gefuͤhret/ an ſtatt der un-
nuͤtzen eytelen Diſcurſen/ uns untereinander
zuerbauen/ auf daß alſo/ nach der vermah-
nung Pauli das wort Chriſti reichlich unter
uns wohnen moͤchte/ daß er/ St. Dohren/ aber
etlichen einfaͤltigen ſeelen den Catechiſmum
Lutheri
mit der Franckfurther Lutheriſchen
Theologen ſchoͤnen herꝛlichen und nuͤtzlichen
erklaͤrung/ zu Wittenberg gedruckt/ vorgele-
ſen/ und den Verſtand der fragen einfaͤltig
und deutlich gezeiget/ dazu haͤtten ihn etliche
ſeelen/ welche ſich oͤffters bey der lang und
hochangefochtenen Frauen Anna Schelhorns
in ihrer groſſen noth und truͤbſal eingeſunden/
und ſeinen geſpraͤchen mit ihr zugehoͤret (durch
welche/ nach der frauen eigenem muͤndlichem
und ihres mannes ſchrifftlichem zeugnuͤß/ ſie
auch nechſt Goͤttlicher huͤlffe/ als welche eigent-
lich zufoͤrderſt zuerkennen/ errettet worden)
hoͤchlich gebeten/ welcher bitte er ohne verle-
tzung der liebe und ſeines gewiſſens nicht haͤtte
ausſchlagen koͤnnen/ ſonderlich weil keine an-
dere da waren/ die es abwarten konten. [NB.
Solte aber Stephanus hieran ſo hoch geſuͤn-
diget und dem Miniſterio in ihr Ampt (wie
mans mit der zeit auslegen wil) gegriffen ha-
ben/ ſo waͤre ja billich geweſt/ daß er von dem
gantzen Miniſterio hieruͤber zu rede geſtel-
let/ und ſeines vermeynten verbrechens er-
innert worden waͤre/ bevorab ſolche Catechi-
ſation
ein gantzes jahr gedauret/ und da er von
Hn. Saurland der Herren Predigeꝛ unwillen/
auch bedrauung/ daß ſie ihn wuͤꝛden citiren laſ-
ſen/ verſtanden/ er Stephanus vor Herꝛn Saur-
land von hertzen gewuͤnſchet/ daß ſolches ge-
ſchehen moͤchte] (d) Was die buͤcher betreffen/
ſprach Stephanus ferner/ hat uns ja Paulus
ſelbſt alles zu leſen und zu pruͤfen zugelaſſen/
und das gute zu behalten ernſtlich befohlen/ ſe-
hen auch nicht/ was fuͤr verdaͤchtige dinge da-
rinn ſind/ ſonderlich in Großgebauers herꝛli-
chem buche die Waͤchter-Stimme genant. Da
ſprach Herꝛ Fuͤrſen: Ob er (St. Doͤhren)
in allem mit Herꝛn Großgebauer einig/ E. g.
von der kinder-tauffe? da ſprach Stephanus, es
waͤre ihm entfallen/ was der ſeel. Herꝛ Groß-
gebauer davon ſtatuirte/ (weil er lange nicht
in ſeinem buche geleſen) was er aber vor ſeine
perſon davon halte/ wolte er ſagen: Nemlich
die tauffe ſey den kindern ein kraͤfftig mittel
zur wiedergeburth/ als durch welche ſie in den
ewigen gnaden-bund GOttes auffgenommen/
und mit aller ſeligkeit begnadet wuͤrden; doch
ſofern/ daß ſie/ wann ſie erwachſen/ der tauffe
krafft in toͤdtung des alten- und erweckung
des neuen menſchens an ihnen mercken lieſſen/
ſonſten waͤre ihnen die tauffe vergeblich erthei-
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taufft
A. K. H. Vierter Theil. Pp pp 2
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[667/0975] Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio. ſtrafft verlaͤſtert wird. Dann auch (b) in an- ſehung ſo vieler 1000. ſeelen/ die wegen ihrer unwiſſenheit und ſuͤnden ewig muͤſſen verloh- ren gehen. Und dann endlich (c) in anſehung E. E. Miniſt. daß daſſelbe ſeine ehre und wuͤr- de durch erweiſung ihrer getreuen und ſorg- faͤltigen aufſicht/ auf die mit dem blut JEſu theuer-erkauffte heerde Chriſti/ ſo ihnen zu weyden anbefohlen/ erhalten und durch ver- ſaumnuͤß nicht verlaͤſtert machen moͤchte/ man auch hinfuͤhro den Laͤſterern das maul ſtopf- fen koͤnte. §. 8. Als nun St. Dohren dieſe rede vollendet/ fieng der Herꝛ Paſtor zu S. Nicolai M. Cheſius an: Sie haͤtten unſer vorbringen vernommen/ waͤre aber das was Stephanus vor wenig ſtunden in ſeinem hauſe kuͤrtzer vor- gebracht. Was nun E. E. Miniſterium, hier- auff beſchloſſen/ wuͤrde ſein Herꝛ Collega uns andeuten: Darauff hub Herꝛ von Petkum Diaconus zu S. Peter an E. E. Miniſterium haͤtte ihnen ein ſolch Deciſſum uns anzumel- den hinterlaſſen. [NB. Hie ſiehet man/ daß wir vom gantzen Miniſterio ſchon ſind verdam̃t worden/ ehe wir kaum von dem 5ten theil recht gehoͤret worden.] Nach dem wir E. E. Mini- ſterium bey den leuten bißher cavilliret und zu deſſen verachtung anlaß gegeben/ und nun- mehr uns unterſtanden ſie ſamptlich ſelbſt zu erinnern/ auch in den haͤuſern winckel-predig- ten gehalten/ ſo begehrte E. E. Miniſter. daß wir ſolche verbrechen erkennen/ bereuen und abbitten ſolten/ darneben auch angeloben/ daß wir auſſer unſern 4. Pfaͤlen niemand mehr belehren/ unterrichten oder beſtraffen wolten: Jm widrigen/ haͤtte E. E. Miniſterium be- ſchloſſen/ daß wir von dem heiligen abendmahl ſolten ausgeſchloſſen ſeyn/ und wuͤrden ſie das Brachium ſeculare bey die hand nehmen/ und uns ein anders weiſen. Daran fuͤgte Herꝛ Saurland/ Dohrens beicht-vatter/ dieſes: Wir haͤtten auch verdaͤchtige buͤcher/ als Brecklings/ Pelky und Großgebauers ſchrifften/ die ſolten wir angeloben abzu- ſchaffen. Begehrten darauff/ wir ſolten uns alsbald mit ja oder nein reſolviren/ dann ſie mit uns nicht lang diſputiren wolten/ ſtelleten ſich auch/ als wolten ſie auffſteben und wegge- ben. Da ſprach Stephanus, die ehrw. Herꝛn Deputirte wolten ohne verdruß nur kuͤrtzlich unſere antwort auf die 3. vorgebrachte be- ſchuldigungen hoͤren. Was (a) die Cavillen be- trifft/ haben wir E. E. Miniſterium nicht ca- villiret/ ſoll uns auch von keinem menſchen mit wahr heit bewieſen werden; haben wir aber ſonſt vor dieſem einige klag-reden/ wegen des jaͤm̃erlichen zuſtandes unſerer Kirchen wieder ſie gefuͤhret/ ſo haͤtten wir darinnen nichts wei- ter gethan/ als was der ſeel. D. Luͤtkemann in ſeiner apoſtoliſchen aufmunterung Dom. 3. Adventus allen frommen Chriſten frey giebet/ daß ſie nemlich uͤber die gegenwaͤrtige greuel untereinander moͤgen ſeuffzen/ damit ſie ſich nicht frembder ſuͤnden theilhafftig machen: Wofern aber bey ſolchen klagen ein- oder an- derm dann und wann ein hartes wort entfah- ren/ iſt unſer jedem daſſelbe vor ſeine perſon leyd/ auch ſchon laͤngſt durch das blut JESU bey GOtt ausgeſoͤhnet. [NB. Maſſen dann auch Stephanus, nach dem er einsmahls ein hartes wort wider ſeinen beicht-vatter gere- det/ ihm ſelbſt im beichtſtul ſolches ſampt al- len andern abgebeten.] (b) Gegenwaͤrtige erinnerung aber waͤre nicht das Miniſterium zu cavilliren angeſehen/ ſondern/ wie GOtt wuͤſte/ allein ſie hertzlich weh- und demuͤthig zu bitten/ mit mehrerm fleiß und ernſt/ als bißhe- ro geſchehen/ vor aller und jeder ſeelen ſelia- keit zu wachen/ zu ſorgen und zu arbeiten. (c) Winckel-Predigten haben wir/ ſprach Stepha- nus ferner/ nie gehalten/ ſondern nur mit geiſt- hungrigen ſeelen und auch ſonſt andern hertzẽ Chriſtliche geſpraͤche gefuͤhret/ an ſtatt der un- nuͤtzen eytelen Diſcurſen/ uns untereinander zuerbauen/ auf daß alſo/ nach der vermah- nung Pauli das wort Chriſti reichlich unter uns wohnen moͤchte/ daß er/ St. Dohren/ aber etlichen einfaͤltigen ſeelen den Catechiſmum Lutheri mit der Franckfurther Lutheriſchen Theologen ſchoͤnen herꝛlichen und nuͤtzlichen erklaͤrung/ zu Wittenberg gedruckt/ vorgele- ſen/ und den Verſtand der fragen einfaͤltig und deutlich gezeiget/ dazu haͤtten ihn etliche ſeelen/ welche ſich oͤffters bey der lang und hochangefochtenen Frauen Anna Schelhorns in ihrer groſſen noth und truͤbſal eingeſunden/ und ſeinen geſpraͤchen mit ihr zugehoͤret (durch welche/ nach der frauen eigenem muͤndlichem und ihres mannes ſchrifftlichem zeugnuͤß/ ſie auch nechſt Goͤttlicher huͤlffe/ als welche eigent- lich zufoͤrderſt zuerkennen/ errettet worden) hoͤchlich gebeten/ welcher bitte er ohne verle- tzung der liebe und ſeines gewiſſens nicht haͤtte ausſchlagen koͤnnen/ ſonderlich weil keine an- dere da waren/ die es abwarten konten. [NB. Solte aber Stephanus hieran ſo hoch geſuͤn- diget und dem Miniſterio in ihr Ampt (wie mans mit der zeit auslegen wil) gegriffen ha- ben/ ſo waͤre ja billich geweſt/ daß er von dem gantzen Miniſterio hieruͤber zu rede geſtel- let/ und ſeines vermeynten verbrechens er- innert worden waͤre/ bevorab ſolche Catechi- ſation ein gantzes jahr gedauret/ und da er von Hn. Saurland der Herren Predigeꝛ unwillen/ auch bedrauung/ daß ſie ihn wuͤꝛden citiren laſ- ſen/ verſtanden/ er Stephanus vor Herꝛn Saur- land von hertzen gewuͤnſchet/ daß ſolches ge- ſchehen moͤchte] (d) Was die buͤcher betreffen/ ſprach Stephanus ferner/ hat uns ja Paulus ſelbſt alles zu leſen und zu pruͤfen zugelaſſen/ und das gute zu behalten ernſtlich befohlen/ ſe- hen auch nicht/ was fuͤr verdaͤchtige dinge da- rinn ſind/ ſonderlich in Großgebauers herꝛli- chem buche die Waͤchter-Stimme genant. Da ſprach Herꝛ Fuͤrſen: Ob er (St. Doͤhren) in allem mit Herꝛn Großgebauer einig/ E. g. von der kinder-tauffe? da ſprach Stephanus, es waͤre ihm entfallen/ was der ſeel. Herꝛ Groß- gebauer davon ſtatuirte/ (weil er lange nicht in ſeinem buche geleſen) was er aber vor ſeine perſon davon halte/ wolte er ſagen: Nemlich die tauffe ſey den kindern ein kraͤfftig mittel zur wiedergeburth/ als durch welche ſie in den ewigen gnaden-bund GOttes auffgenommen/ und mit aller ſeligkeit begnadet wuͤrden; doch ſofern/ daß ſie/ wann ſie erwachſen/ der tauffe krafft in toͤdtung des alten- und erweckung des neuen menſchens an ihnen mercken lieſſen/ ſonſten waͤre ihnen die tauffe vergeblich erthei- let/ wuͤrde ihnen auch nicht helffen/ daß ſie ge- taufft A. K. H. Vierter Theil. Pp pp 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/975>, abgerufen am 22.12.2024.