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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgischer Streit mit dem Ministerio.
[Spaltenumbruch] um ein oder anderer geringer sünde willen dieses
gewaget haben) wir wissen auch noch zur zeit kei-
nen bessern weg oder mittel/ unsernin grosser see-
len-gefahr schwebenden mitgliedern brüdern und
schwestern/ zuhelffen/ und unsers lieben Vaters
im himmel und bruders JEsu Christi ehre (welche
durch das böse leben der Christen und unachtsa-
me außspendung der Absolution und Heiligen
Abendmahls gelästert und geschändet wird)
zu retten/ und dem mißbrauch seines allerheilig-
sten namens zu widerstehen/ als eben durch dieses;
drum haben wir auch auff diese weise im namen
GOttes es versuchet/ gleichsam als geringe
schiffjungen euch schifflich zuruffen und erin-
nern wollen/ daß das schiff dieser gantzen ge-
meine in grosser gefahr stehe/ und euch zugleich
demüthig bitten/ daß ihr dasselbe doch bald
(nam periculum multarum animaru & ultio-
nis divinae est in mora)
so viel möglich erretten
wollet.

III.

So gehen je diese Gebote GOttes alle men-
schen an/ Levit. 19. Du solt deinen nächsten
straffen auff daß du nicht seinet halben schuld
tragen müstest/ Prov. 9. Straffe den weisen/ er
wird dich lieben/ Matth. 18. sündiget dein bru-
der an dir so straffe ihn zwischen dir und ihm
allein. Nun sündiget ihr ja an uns/ wenn
ihr unserer mitglieder seligkeit/ und unsers Va-
ters und Herrn ehre verwahrloset/ drum so
dürffen wir es ja nicht lassen/ euch demüthig
zuermahnen und zu bitten/ daß ihr doch unse-
rer mitbrüder und unsers GOttes Ehre euch
besser annehmen wollet. Wir haben zwar selbst
eine zeitlang gemeinet/ eine privat-person
dürffe eine im öffentlichen amt sitzende person/
sonderlich im geistlichen amt/ nicht straffen/
aber endlich hat uns unser eigen gewissen auff
die generalität der gebote geweiset/ daß da ja
kein stand außgenommen werde. Darinn uns
auch gestärcket D. Hulsemans herrliche schrifft
de corrept. fraterna darinn er erweiset:
Teneri omnes inferiores ad corrigendos su-
periotes in casu Necessitatis. Imo inferiores
tanto magis teneri ad corripiendum supe-
riorem, quanto proprior, & subordinatio est
inferioris ad cavendum superioris damnum,
prae damno aequalis & proximi, quanto magis
tenetur ad liberanda anima Patris, quam servi,
si necessitates horum concurrant, p.
34. sonder-
lich auch Lutheri reden an vielen ortern/ als
unter andern Tom. 1. Ien. Germ. in der andern
schrifft wieder Sylvestrum Prieriatem, Anno
1518. da er spricht: daß der Pabst/ wenn
er gleich auß Göttlichem recht seine gewalt hät-
te/ dennoch so er wieder eines der gebote GOttes/
fürnemlich der ersten dreyen/ sündiget/ er einem
jeden Christglaubigen unterworffen sey/ daß
er ihn kan er mahnen und straffen/ laut der wor-
te Christi Matth. 18. & seq. Jn der Sermon von
guten werckenin der außlegung des 4. Gebots
num. 13. Die geistliche gewaltist gar ein über-
schwenglich groß gut/ und viel zu köstlich von
ihm geacht/ daß der allergeringste Christen-
mensch solte leyden und schweigen/ wo sie ein
haarbreit von ihrem eigenen amt tritt.

IV.

Hat uns hierzu getrieben unsere eigene
noth und gewissens-angst/ denn das gewis-
sen hat unser etliche eine geraume zeit schon nicht
wenig gemartert und geplaget mit den 3. vor-
[Spaltenumbruch] hingesetzten Argumenten, so offt wir haben
beten wollen/ oder mit einer kindlichen zuver-
sicht durch die wunden JEsu Christi in un-
sers liebreichen Vaters hertze ruhe suchen wol-
len/ sind wir von unserm gewissen gestraffet
worden/ warum wir nicht besser die ehre GOt-
tes retteten/ die lebe des nächsten übeten/ und
dem gebote GOttes von der brüderlichen straffe
nachkämen? Ob das der danck wäre dafür/
daß GOTT mit semem blute uns erlöset/ ja
für so viel 1000. andern zur reinen Evangeli-
schen lehre gebracht hätte/ daß wir unsere ehre/
freundschafft/ menschen-gunst/ gute Hospi-
tia,
ruhige tage lieber haben wolten/ als
GOttes ehre/ Christi gebot und unserer neben-
Christen seligkeit? welche gedancken wir als
auffrichtige Kinder in Christlicher einfalt euch
unsern Vätern zu offenbahren keinen scheu
tragen/ um desto eher gnade für euch zu fin-
den. Wollen wir nun dieses unser priesterli-
ches amt 1. Pet. 2. verrichten/ um hoffart/
geitz/ fluchen/ haß und andere sünde unsern
nächsten freund|. straffen/ so befinden wir/
daß der grund des Christenthums nicht da ist/
das volck weiß nicht/ daß solch ein brüderlich
ermahnen unter den Christen müsse vorgehen/
brummen und murren darwider/ und wenn
sie ja keine außflüchte mehr wissen/ so spre-
chen sie: Unsere Prediger haben ja auch ein
gewissen/ wenn das Christliche leben so seyn
müste/ wann dis oder jenes sünde wäre/ sie
würden wohl anders darüber halten/ thut es
doch unser Pastor selbst/ hat mir doch mein
beicht-vater immer davon gesaget? Ey wie
offt habe ich dieses wohl gesaget/ da der Do-
ctor
beygesessen/ hat mir aber nichts davon
gesagt etc. Dencket nicht/ daß wir diese formu-
len
euch zu beschimpssen/ sondern unsers begin-
nens billigkeit desto besser vorzumahlen hieher
setzen/ haben also abermahl kein ander mit-
tel gewust/ als dieses/ damit wir desto bessere
bahn haben mögten unserm irrendem neben-
Christen beyzukommen und zu ermahnen/ auch
daß solche straffe mit desto besserm nutzen gesche-
hen mögte/ und also unser gewissen von dieser
hierob erregten angst befreyet würde/ doch
hätten wir diesem gewissens trieb nicht gefolget/
wenn er nicht mit GOttes wort übereinstimmet.

V. Auß solcher furcht denn uns bange ist/ wo nicht bald
ein Pinehas über die offenbahre flucher/ die hier in Ham-
burg alle augenbl cktäg und nacht gehöret werden/ offen-
bahrlich eyffert/ GOtt diese Stadt schrecklich straffen
werde/ beyde Thäter und stillschweigende Zuhörer/
die die flucher und Sabbat schänder nicht angeben nach
art der heil. kirchen/ als Levit. 24. II. Num. 15. 33. auch
darum daß das Heiligthum Christi verunheiliget wird/
denn wie solches GOtt räche und straffe/ ist auß des
alten Testaments typis, sprüchen und Exempeln zusehen.

Darum so haben wir auff unserer seite so viel thun
wollen/ als wir durch GOttes gnade gekönnt/ werdet
ihr zu Pinehen und eyffert bald darüber öffentlich/ denn
es stehet euch am besten an/ damit es nicht welche thun
müssen/ denen es vielleicht so wohl nicht anstehen würde.
Dencket an den spruch lerem. 6. II Jch bin des Herrn
dräuen so voll/ das ichs nicht lassen kan/ schutte auß
beyde über die kinder auff der gassen/ und über die mann-
schafft im Rath.

Dieses find die ursachen/ so uns zu diesem suppliciren
genöthiget haben/ welche/ wenn ihr sie recht betrach-
tet/ eure gemüter uns gnädig machen werden/ daß ihr
unsern wunsch/ verlangen undbitte erfüllet. Sehet nicht
an/ wie schlechte junge geringe leute wir sind/ sehet auch
nicht darauffwas für mühe/ arbeit/ schmach/ verfolgug
darauff sitze/ sondern sehet darauff/ daß es euer amt ist/

die
A. K. H. Vierter Theil. Oooo 2

Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio.
[Spaltenumbruch] um ein oder anderer geringer ſuͤnde willen dieſes
gewaget haben) wir wiſſen auch noch zur zeit kei-
nen beſſern weg oder mittel/ unſernin groſſer ſee-
len-gefahr ſchwebendẽ mitgliedern bruͤdern uñ
ſchweſtern/ zuhelffen/ und unſers lieben Vaters
im him̃el und bruders JEſu Chriſti ehre (welche
durch das boͤſe leben der Chriſten und unachtſa-
me außſpendung der Abſolution und Heiligen
Abendmahls gelaͤſtert und geſchaͤndet wird)
zu retten/ und dem mißbrauch ſeines allerheilig-
ſten namens zu widerſtehẽ/ als eben durch dieſes;
drum haben wir auch auff dieſe weiſe im namen
GOttes es verſuchet/ gleichſam als geringe
ſchiffjungen euch ſchifflich zuruffen und erin-
nern wollen/ daß das ſchiff dieſer gantzen ge-
meine in groſſer gefahr ſtehe/ und euch zugleich
demuͤthig bitten/ daß ihr daſſelbe doch bald
(nam periculum multarum animarũ & ultio-
nis divinæ eſt in mora)
ſo viel moͤglich erretten
wollet.

III.

So gehen je dieſe Gebote GOttes alle men-
ſchen an/ Levit. 19. Du ſolt deinen naͤchſten
ſtraffen auff daß du nicht ſeinet halben ſchuld
tragen muͤſteſt/ Prov. 9. Straffe den weiſen/ er
wird dich lieben/ Matth. 18. ſuͤndiget dein bru-
der an dir ſo ſtraffe ihn zwiſchen dir und ihm
allein. Nun ſuͤndiget ihr ja an uns/ wenn
ihr unſerer mitglieder ſeligkeit/ und unſers Va-
ters und Herrn ehre verwahrloſet/ drum ſo
duͤrffen wir es ja nicht laſſen/ euch demuͤthig
zuermahnen und zu bitten/ daß ihr doch unſe-
rer mitbruͤder und unſers GOttes Ehre euch
beſſer annehmen wollet. Wir haben zwar ſelbſt
eine zeitlang gemeinet/ eine privat-perſon
duͤrffe eine im oͤffentlichen amt ſitzende perſon/
ſonderlich im geiſtlichen amt/ nicht ſtraffen/
aber endlich hat uns unſer eigen gewiſſen auff
die generalitaͤt der gebote geweiſet/ daß da ja
kein ſtand außgenommen werde. Darinn uns
auch geſtaͤrcket D. Hulſemans herrliche ſchrifft
de corrept. fraterna darinn er erweiſet:
Teneri omnes inferiores ad corrigendos ſu-
periotes in caſu Neceſſitatis. Imo inferiores
tanto magis teneri ad corripiendum ſupe-
riorem, quantò proprior, & ſubordinatio eſt
inferioris ad cavendum ſuperioris damnum,
præ damno æqualis & proximi, quanto magis
tenetur ad liberandã animã Patris, quam ſervi,
ſi neceſſitates horum concurrant, p.
34. ſonder-
lich auch Lutheri reden an vielen ortern/ als
unter andern Tom. 1. Ien. Germ. in der andern
ſchrifft wieder Sylveſtrum Prieriatem, Anno
1518. da er ſpricht: daß der Pabſt/ wenn
er gleich auß Goͤttlichem recht ſeine gewalt haͤt-
te/ deñoch ſo er wieder eines der gebote GOttes/
fuͤrnemlich der erſten dreyen/ ſuͤndiget/ er einem
jeden Chriſtglaubigen unterworffen ſey/ daß
er ihn kan er mahnen und ſtraffen/ laut der wor-
te Chriſti Matth. 18. & ſeq. Jn der Sermon von
guten werckenin der außlegung des 4. Gebots
num. 13. Die geiſtliche gewaltiſt gar ein uͤber-
ſchwenglich groß gut/ und viel zu koͤſtlich von
ihm geacht/ daß der allergeringſte Chriſten-
menſch ſolte leyden und ſchweigen/ wo ſie ein
haarbreit von ihrem eigenen amt tritt.

IV.

Hat uns hierzu getrieben unſere eigene
noth und gewiſſens-angſt/ denn das gewiſ-
ſen hat unſer etliche eine geraume zeit ſchon nicht
wenig gemartert und geplaget mit den 3. vor-
[Spaltenumbruch] hingeſetzten Argumenten, ſo offt wir haben
beten wollen/ oder mit einer kindlichen zuver-
ſicht durch die wunden JEſu Chriſti in un-
ſers liebreichen Vaters hertze ruhe ſuchen wol-
len/ ſind wir von unſerm gewiſſen geſtraffet
worden/ warum wir nicht beſſer die ehre GOt-
tes retteten/ die lebe des naͤchſten uͤbeten/ und
dem gebote GOttes von der bruͤderlichen ſtraffe
nachkaͤmen? Ob das der danck waͤre dafuͤr/
daß GOTT mit ſemem blute uns erloͤſet/ ja
fuͤr ſo viel 1000. andern zur reinen Evangeli-
ſchen lehre gebracht haͤtte/ daß wir unſere ehre/
freundſchafft/ menſchen-gunſt/ gute Hoſpi-
tia,
ruhige tage lieber haben wolten/ als
GOttes ehre/ Chriſti gebot und unſerer neben-
Chriſten ſeligkeit? welche gedancken wir als
auffrichtige Kinder in Chriſtlicher einfalt euch
unſern Vaͤtern zu offenbahren keinen ſcheu
tragen/ um deſto eher gnade fuͤr euch zu fin-
den. Wollen wir nun dieſes unſer prieſterli-
ches amt 1. Pet. 2. verrichten/ um hoffart/
geitz/ fluchen/ haß und andere ſuͤnde unſern
naͤchſten freund|. ſtraffen/ ſo befinden wir/
daß der grund des Chriſtenthums nicht da iſt/
das volck weiß nicht/ daß ſolch ein bruͤderlich
ermahnen unter den Chriſten muͤſſe vorgehen/
brummen und murren darwider/ und wenn
ſie ja keine außfluͤchte mehr wiſſen/ ſo ſpre-
chen ſie: Unſere Prediger haben ja auch ein
gewiſſen/ wenn das Chriſtliche leben ſo ſeyn
muͤſte/ wann dis oder jenes ſuͤnde waͤre/ ſie
wuͤrden wohl anders daruͤber halten/ thut es
doch unſer Paſtor ſelbſt/ hat mir doch mein
beicht-vater immer davon geſaget? Ey wie
offt habe ich dieſes wohl geſaget/ da der Do-
ctor
beygeſeſſen/ hat mir aber nichts davon
geſagt ꝛc. Dencket nicht/ daß wir dieſe formu-
len
euch zu beſchimpſſen/ ſondern unſers begin-
nens billigkeit deſto beſſer vorzumahlen hieher
ſetzen/ haben alſo abermahl kein ander mit-
tel gewuſt/ als dieſes/ damit wir deſto beſſere
bahn haben moͤgten unſerm irrendem neben-
Chriſten beyzukommen und zu ermahnen/ auch
daß ſolche ſtraffe mit deſto beſſerm nutzen geſche-
hen moͤgte/ und alſo unſer gewiſſen von dieſer
hierob erregten angſt befreyet wuͤrde/ doch
haͤtten wir dieſem gewiſſens trieb nicht gefolget/
wenn er nicht mit GOttes wort uͤbereinſtim̃et.

V. Auß ſolcher furcht denn uns bange iſt/ wo nicht bald
ein Pinehas uͤber die offenbahre flucher/ die hier in Ham-
burg alle augenbl cktaͤg und nacht gehoͤret werdẽ/ offen-
bahrlich eyffert/ GOtt dieſe Stadt ſchrecklich ſtraffen
werde/ beyde Thaͤter und ſtillſchweigende Zuhoͤrer/
die die flucher und Sabbat ſchaͤnder nicht angeben nach
art der heil. kirchen/ als Levit. 24. II. Num. 15. 33. auch
darum daß das Heiligthum Chriſti verunheiliget wird/
denn wie ſolches GOtt raͤche und ſtraffe/ iſt auß des
alten Teſtaments typis, ſpruͤchen und Exempeln zuſehen.

Darum ſo haben wir auff unſerer ſeite ſo viel thun
wollen/ als wir durch GOttes gnade gekoͤnnt/ werdet
ihr zu Pinehen und eyffert bald daruͤber oͤffentlich/ denn
es ſtehet euch am beſten an/ damit es nicht welche thun
muͤſſen/ denen es vielleicht ſo wohl nicht anſtehẽ wuͤrde.
Dencket an den ſpruch lerem. 6. II Jch bin des Herrn
draͤuen ſo voll/ das ichs nicht laſſen kan/ ſchutte auß
beyde uͤber die kinder auff der gaſſen/ und uͤber die mañ-
ſchafft im Rath.

Dieſes find die urſachen/ ſo uns zu dieſem ſuppliciren
genoͤthiget haben/ welche/ wenn ihr ſie recht betrach-
tet/ eure gemuͤter uns gnaͤdig machen werden/ daß ihr
unſern wunſch/ verlangẽ uñbitte erfuͤllet. Sehet nicht
an/ wie ſchlechte junge geringe leute wir ſind/ ſehet auch
nicht darauffwas fuͤr muͤhe/ arbeit/ ſchmach/ verfolgũg
darauff ſitze/ ſondern ſehet darauff/ daß es euer amt iſt/

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A. K. H. Vierter Theil. Oooo 2
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[659/0967] Th. IV. Sect. III. Num. XIV. Hamburgiſcher Streit mit dem Miniſterio. um ein oder anderer geringer ſuͤnde willen dieſes gewaget haben) wir wiſſen auch noch zur zeit kei- nen beſſern weg oder mittel/ unſernin groſſer ſee- len-gefahr ſchwebendẽ mitgliedern bruͤdern uñ ſchweſtern/ zuhelffen/ und unſers lieben Vaters im him̃el und bruders JEſu Chriſti ehre (welche durch das boͤſe leben der Chriſten und unachtſa- me außſpendung der Abſolution und Heiligen Abendmahls gelaͤſtert und geſchaͤndet wird) zu retten/ und dem mißbrauch ſeines allerheilig- ſten namens zu widerſtehẽ/ als eben durch dieſes; drum haben wir auch auff dieſe weiſe im namen GOttes es verſuchet/ gleichſam als geringe ſchiffjungen euch ſchifflich zuruffen und erin- nern wollen/ daß das ſchiff dieſer gantzen ge- meine in groſſer gefahr ſtehe/ und euch zugleich demuͤthig bitten/ daß ihr daſſelbe doch bald (nam periculum multarum animarũ & ultio- nis divinæ eſt in mora) ſo viel moͤglich erretten wollet. III. So gehen je dieſe Gebote GOttes alle men- ſchen an/ Levit. 19. Du ſolt deinen naͤchſten ſtraffen auff daß du nicht ſeinet halben ſchuld tragen muͤſteſt/ Prov. 9. Straffe den weiſen/ er wird dich lieben/ Matth. 18. ſuͤndiget dein bru- der an dir ſo ſtraffe ihn zwiſchen dir und ihm allein. Nun ſuͤndiget ihr ja an uns/ wenn ihr unſerer mitglieder ſeligkeit/ und unſers Va- ters und Herrn ehre verwahrloſet/ drum ſo duͤrffen wir es ja nicht laſſen/ euch demuͤthig zuermahnen und zu bitten/ daß ihr doch unſe- rer mitbruͤder und unſers GOttes Ehre euch beſſer annehmen wollet. Wir haben zwar ſelbſt eine zeitlang gemeinet/ eine privat-perſon duͤrffe eine im oͤffentlichen amt ſitzende perſon/ ſonderlich im geiſtlichen amt/ nicht ſtraffen/ aber endlich hat uns unſer eigen gewiſſen auff die generalitaͤt der gebote geweiſet/ daß da ja kein ſtand außgenommen werde. Darinn uns auch geſtaͤrcket D. Hulſemans herrliche ſchrifft de corrept. fraterna darinn er erweiſet: Teneri omnes inferiores ad corrigendos ſu- periotes in caſu Neceſſitatis. Imo inferiores tanto magis teneri ad corripiendum ſupe- riorem, quantò proprior, & ſubordinatio eſt inferioris ad cavendum ſuperioris damnum, præ damno æqualis & proximi, quanto magis tenetur ad liberandã animã Patris, quam ſervi, ſi neceſſitates horum concurrant, p. 34. ſonder- lich auch Lutheri reden an vielen ortern/ als unter andern Tom. 1. Ien. Germ. in der andern ſchrifft wieder Sylveſtrum Prieriatem, Anno 1518. da er ſpricht: daß der Pabſt/ wenn er gleich auß Goͤttlichem recht ſeine gewalt haͤt- te/ deñoch ſo er wieder eines der gebote GOttes/ fuͤrnemlich der erſten dreyen/ ſuͤndiget/ er einem jeden Chriſtglaubigen unterworffen ſey/ daß er ihn kan er mahnen und ſtraffen/ laut der wor- te Chriſti Matth. 18. & ſeq. Jn der Sermon von guten werckenin der außlegung des 4. Gebots num. 13. Die geiſtliche gewaltiſt gar ein uͤber- ſchwenglich groß gut/ und viel zu koͤſtlich von ihm geacht/ daß der allergeringſte Chriſten- menſch ſolte leyden und ſchweigen/ wo ſie ein haarbreit von ihrem eigenen amt tritt. IV. Hat uns hierzu getrieben unſere eigene noth und gewiſſens-angſt/ denn das gewiſ- ſen hat unſer etliche eine geraume zeit ſchon nicht wenig gemartert und geplaget mit den 3. vor- hingeſetzten Argumenten, ſo offt wir haben beten wollen/ oder mit einer kindlichen zuver- ſicht durch die wunden JEſu Chriſti in un- ſers liebreichen Vaters hertze ruhe ſuchen wol- len/ ſind wir von unſerm gewiſſen geſtraffet worden/ warum wir nicht beſſer die ehre GOt- tes retteten/ die lebe des naͤchſten uͤbeten/ und dem gebote GOttes von der bruͤderlichen ſtraffe nachkaͤmen? Ob das der danck waͤre dafuͤr/ daß GOTT mit ſemem blute uns erloͤſet/ ja fuͤr ſo viel 1000. andern zur reinen Evangeli- ſchen lehre gebracht haͤtte/ daß wir unſere ehre/ freundſchafft/ menſchen-gunſt/ gute Hoſpi- tia, ruhige tage lieber haben wolten/ als GOttes ehre/ Chriſti gebot und unſerer neben- Chriſten ſeligkeit? welche gedancken wir als auffrichtige Kinder in Chriſtlicher einfalt euch unſern Vaͤtern zu offenbahren keinen ſcheu tragen/ um deſto eher gnade fuͤr euch zu fin- den. Wollen wir nun dieſes unſer prieſterli- ches amt 1. Pet. 2. verrichten/ um hoffart/ geitz/ fluchen/ haß und andere ſuͤnde unſern naͤchſten freund|. ſtraffen/ ſo befinden wir/ daß der grund des Chriſtenthums nicht da iſt/ das volck weiß nicht/ daß ſolch ein bruͤderlich ermahnen unter den Chriſten muͤſſe vorgehen/ brummen und murren darwider/ und wenn ſie ja keine außfluͤchte mehr wiſſen/ ſo ſpre- chen ſie: Unſere Prediger haben ja auch ein gewiſſen/ wenn das Chriſtliche leben ſo ſeyn muͤſte/ wann dis oder jenes ſuͤnde waͤre/ ſie wuͤrden wohl anders daruͤber halten/ thut es doch unſer Paſtor ſelbſt/ hat mir doch mein beicht-vater immer davon geſaget? Ey wie offt habe ich dieſes wohl geſaget/ da der Do- ctor beygeſeſſen/ hat mir aber nichts davon geſagt ꝛc. Dencket nicht/ daß wir dieſe formu- len euch zu beſchimpſſen/ ſondern unſers begin- nens billigkeit deſto beſſer vorzumahlen hieher ſetzen/ haben alſo abermahl kein ander mit- tel gewuſt/ als dieſes/ damit wir deſto beſſere bahn haben moͤgten unſerm irrendem neben- Chriſten beyzukommen und zu ermahnen/ auch daß ſolche ſtraffe mit deſto beſſerm nutzen geſche- hen moͤgte/ und alſo unſer gewiſſen von dieſer hierob erregten angſt befreyet wuͤrde/ doch haͤtten wir dieſem gewiſſens trieb nicht gefolget/ wenn er nicht mit GOttes wort uͤbereinſtim̃et. V. Auß ſolcher furcht denn uns bange iſt/ wo nicht bald ein Pinehas uͤber die offenbahre flucher/ die hier in Ham- burg alle augenbl cktaͤg und nacht gehoͤret werdẽ/ offen- bahrlich eyffert/ GOtt dieſe Stadt ſchrecklich ſtraffen werde/ beyde Thaͤter und ſtillſchweigende Zuhoͤrer/ die die flucher und Sabbat ſchaͤnder nicht angeben nach art der heil. kirchen/ als Levit. 24. II. Num. 15. 33. auch darum daß das Heiligthum Chriſti verunheiliget wird/ denn wie ſolches GOtt raͤche und ſtraffe/ iſt auß des alten Teſtaments typis, ſpruͤchen und Exempeln zuſehen. Darum ſo haben wir auff unſerer ſeite ſo viel thun wollen/ als wir durch GOttes gnade gekoͤnnt/ werdet ihr zu Pinehen und eyffert bald daruͤber oͤffentlich/ denn es ſtehet euch am beſten an/ damit es nicht welche thun muͤſſen/ denen es vielleicht ſo wohl nicht anſtehẽ wuͤrde. Dencket an den ſpruch lerem. 6. II Jch bin des Herrn draͤuen ſo voll/ das ichs nicht laſſen kan/ ſchutte auß beyde uͤber die kinder auff der gaſſen/ und uͤber die mañ- ſchafft im Rath. Dieſes find die urſachen/ ſo uns zu dieſem ſuppliciren genoͤthiget haben/ welche/ wenn ihr ſie recht betrach- tet/ eure gemuͤter uns gnaͤdig machen werden/ daß ihr unſern wunſch/ verlangẽ uñbitte erfuͤllet. Sehet nicht an/ wie ſchlechte junge geringe leute wir ſind/ ſehet auch nicht darauffwas fuͤr muͤhe/ arbeit/ ſchmach/ verfolgũg darauff ſitze/ ſondern ſehet darauff/ daß es euer amt iſt/ die A. K. H. Vierter Theil. Oooo 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 659. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/967>, abgerufen am 22.12.2024.