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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XII. Pantel Trappens lehr und schrifften.
[Spaltenumbruch] nen ausbrechen. Dieses Gesetze ver-
härtet/ verstocket/
gibt in einen ver-
verkehrten sinn dahin/ verläst/ weichet aus/
wird ein geruch zum zeitlichen und ewigen tod/
denen so es verlästern/ verschmähen/ muthwil-
lig wiederstreben/ betrüben/ in sich creutzigen
für einen spott halten/ und also sich gantz und
gar nicht wollen den geist GOttes straffen/ re-
gieren und züchtigen lassen. Wann nun im ge-
setz-ofen die seele recht geläutert/ probieret/ be-
währet und versiegelt ist/ so quillet das liebli-
che freuden-öl des ewigen Evangelii
oder der geist der unaussprechlichen lie-
be
herfür/ tröstet zu rechter zeit als ein Hoher-
priester
die seele/ und spricht: Sey getrost/ dir
seynd deine sünden vergeben. Erfüllet sie als
ein Prophet mit himmlischer weißheit/ erkänt-
niß/ verständniß/ offenbahrung oder mitthei-
lung seiner gnaden-gaben/ mit versöhnung/
vertrettung und vorbitte/ weil die seele noch vie-
len schwachheiten in der irrdischen hütten un-
terworffen ist. Beschützet sie als ein König
mit errettung aus der geistlichen und leiblichen
noth/ alldieweil sie in dem kampff ist und blei-
bet/ solange sie in der irrdischen hütten stehet.
Als machet der geist Christi innerlich todt und
lebendig/ führet in die hölle und in himmel/ und
würcket alles in allen in dem innerlichen gna-
den-reiche GOttes in und bey den gnaden-kin-
dern/ daß sie in der wahrheit sagen und beken-
nen müssen/ umsonst ohne mein zu thun habe
ichs empfangen/ darum will ich es umsonst
gerne wieder mittheilen/ das ist die rechte
schule und
Universität CHristi/ da er selber
profitiret und welche zubereitet/ zu Aposteln/
Propheten/ Lehrern/ Regierern/ etc. Wer
nicht in dieser schule erzogen/ sondern von aussen
zu gelehret/ und durch menschen zu einem mei-
ster gemachet ist/ der ist ein miedling und kennet
CHristi stimme nicht/ sondern verfolget diesel-
be vielmehr. Aeusserlich offenbaret sich
nun auch das reich CHristi
durch die in-
nerliche krafft/ so er in seinem leibe austheilet/ und
sie davon zu zeugen treibet/ zu Priestern und
Bischoffen/
zu Aeltesten oder Regenten;
zu Priestern/
als den gantzen leib und gemei-
ne der Heiligen/ als durch seinen geist vereinigte
glieder/ so im bande der liebe sich tragen/ auff-
nehmen/ dadurch das gesetz erfüllen/ und un-
ter sich in geistlicher freyheit ohne menschen-sa-
tzungen und gebot leben. Zu Bischoffen/ so
durch höhere gaben ausgerüstet werden/ an-
dern mitzutheilen/ und sie auffzumunterndurch
lehr und leben in CHristo gleichförmiger ähn-
ligkeit/ denn lehr und leben müssen gleich
seyn/ oder es ist beedes falsch. Zu Ael-
testen oder Regierern
in liebe/ gnade und
barmhertzigkeit/ oder bestraffung/ nach dem
geist des gerichts rache und straffe/ dann wie der
geist CHristi die leute im A. Testament gefüh-
ret und getrieben hat/ so ist er noch unverän-
dert/ darum sich niemand an dem geist des ge-
richts stossen oder ärgern muß.

Eine treuhertzige vermahnung an
die zancksüchtige Disputanten/ so et-
wa bey lesung dieses durch die galle
zu ausköchlung eines verkehrten
urtheils entzündet werden mögen.

Lieber mensch/ der du alles auff deine fleisch-
liche Disputir-sucht stellest/ und damit die
[Spaltenumbruch] wahrheit zu unterdrucken dir vom teuffel in
scheinheiliger gestalt lässest einbilden; beden-
cke doch erstlich/ daß alle disputir-kunst aus
dem teuffel ihren ursprung gewonnen/ und in
Adam ein geführet worden/ dadurch sie in allen
seinen natürlichen vernünfftigen kindern propa-
gir
et/ und als ein natur-licht sich dem ewigen licht
opponiret habe/ und daß du dahero schuldig bist
wider dich/ deine vernunfft/ deine willen/ deinen
verstand/ deine wissenschafft/ und alles was na-
türlich ist/ also lange erst zu disputiren/ ha-
dern und zu streiten/ biß du dich gar zu einem
kinde/ narren/ thoren und nichtigen/ elenden/
würmlein darnieder für GOTTes angesicht
disputirest/ so da liegt in seiner finsternis/ noth
und seelen-tod/ und in der allertieffsten miß-
fälligkeit alles seines thuns/ weil es nur greuel
und scheuel für GOTT ist/ biß es von GOtt
in gnaden angesehen/ aufgerichtet oder erneuet
wird. O lieber mensch/ es ist ja gar nicht so
bald geübet als gesaget/ sich selber verläug-
nen/ alles/ was natur und creatur ist/ verlassen/
sich hassen/ sein lebe zu verlieren suchen/ das heil-
same creutz Christi innerlich und äusserlich
aufnehmen/ und damit wieder die vernunfft/
als ein narr/ esel/ thier und phantaste/ Christo
nachfolgen. Prüfe dich/ lieber Disputant/ ob
du dich zu ehren oder von ehren wilt disputi-
ren/ von eigener liebe zu haß und spott/ von ei-
genem nutz und gewinn zum gemeinen diener
und fußwascher/ und ob all dein thun dahin
gerichtet/ daß du in dir und für der welt wilt
zu schanden werden/ damit Christus allein al-
les in allem dir seyn und bleiben möge/ wenn
du diß recht in der wahrheit hast durch- und
ausge disputiret/ so komm/ und laß uns mit furcht
und zittern vom glauben und allen seinen ei-
genschafften disputiren/ oder die gaben des
glaubens unter einander conferiren/ denn du
wirst nicht aus einer wissenschafft/ sondern
aus der lebendigen erfahrung oder geist oder
wahrheit zeugen/ und recht erkennen und beken-
nen/ wie das reich der finsternis im eigenen
willen in dir scheinheilig gewesen/ und wie das
reich GOTTes aus lauter gnade und barm-
hertzigkeit (damit sich kein fleisch oder natur
etwas rühmen möge) sich in dir offenbaret/
das reich der finsternis in einen schweren an-
fechtungs-kampff zerstöret/ und dich also zu
einem rechten und echten lichtskind/ Doctore
Theologiae, Juris & Medicinae
gemacht. Dann
wenn Christus anhebet in dir zu profitiren/ so
wirstu ein rechter Gottesgelahrter; dahin Jo-
hann Arndt
im 3. buch zielet/ welches buch
darum den natürlichen Schrifftgelehrten ein
brand im hertzen/ und dorn in den augen ist/
darum sie es gerne verwürffen/ wenn sie sich
für dem volcke nicht fürchteten. Wenn die
Sonne der gerechtigkeit in dir aufgehet/ so
verschwindet das nebel- oder naturrecht/ und
decidiret alles die gerechtigkeit/ so für GOtt
gilt/ welche bey denen/ so sich Christen nen-
nen/ allein floriren und herrschen solte; O wie
würden die Heydnische Processe denn zerstäu-
ben/ und in liebe/ glauben und gerechtigkeit ei-
ner mit dem andern Proceß führen/ da-
mit er einen jeden durch wohlthun überwin-
den möge. O wie würde der himmlische Me-
dicus
nach der seelen-cur so herrlich die natur
segnen/ und alles wol machen/ und also überall

bewei-
M m m m 3

Th. IV. Sect. III. Num. XII. Pantel Trappens lehr und ſchrifften.
[Spaltenumbruch] nen ausbrechen. Dieſes Geſetze ver-
haͤrtet/ verſtocket/
gibt in einen ver-
verkehrten ſinn dahin/ verlaͤſt/ weichet aus/
wird ein geruch zum zeitlichen und ewigen tod/
denen ſo es verlaͤſtern/ verſchmaͤhen/ muthwil-
lig wiederſtreben/ betruͤben/ in ſich creutzigen
fuͤr einen ſpott halten/ und alſo ſich gantz und
gar nicht wollen den geiſt GOttes ſtraffen/ re-
gieren und zuͤchtigen laſſen. Wann nun im ge-
ſetz-ofen die ſeele recht gelaͤutert/ probieret/ be-
waͤhret und verſiegelt iſt/ ſo quillet das liebli-
che freuden-oͤl des ewigen Evangelii
oder der geiſt der unausſprechlichen lie-
be
herfuͤr/ troͤſtet zu rechter zeit als ein Hoher-
prieſter
die ſeele/ und ſpricht: Sey getroſt/ dir
ſeynd deine ſuͤnden vergeben. Erfuͤllet ſie als
ein Prophet mit himmliſcher weißheit/ erkaͤnt-
niß/ verſtaͤndniß/ offenbahrung oder mitthei-
lung ſeiner gnaden-gaben/ mit verſoͤhnung/
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len ſchwachheiten in der irꝛdiſchen huͤtten un-
terworffen iſt. Beſchuͤtzet ſie als ein Koͤnig
mit errettung aus der geiſtlichen und leiblichen
noth/ alldieweil ſie in dem kampff iſt und blei-
bet/ ſolange ſie in der irꝛdiſchen huͤtten ſtehet.
Als machet der geiſt Chriſti innerlich todt und
lebendig/ fuͤhret in die hoͤlle und in himmel/ und
wuͤrcket alles in allen in dem innerlichen gna-
den-reiche GOttes in und bey den gnaden-kin-
dern/ daß ſie in der wahrheit ſagen und beken-
nen muͤſſen/ umſonſt ohne mein zu thun habe
ichs empfangen/ darum will ich es umſonſt
gerne wieder mittheilen/ das iſt die rechte
ſchule und
Univerſitaͤt CHriſti/ da er ſelber
profitiret und welche zubereitet/ zu Apoſteln/
Propheten/ Lehrern/ Regierern/ ꝛc. Wer
nicht in dieſer ſchule erzogen/ ſondern von auſſen
zu gelehret/ und durch menſchen zu einem mei-
ſter gemachet iſt/ der iſt ein miedling und kennet
CHriſti ſtimme nicht/ ſondern verfolget dieſel-
be vielmehr. Aeuſſerlich offenbaret ſich
nun auch das reich CHriſti
durch die in-
nerliche krafft/ ſo er in ſeinem leibe austheilet/ uñ
ſie davon zu zeugen treibet/ zu Prieſtern und
Biſchoffen/
zu Aelteſten oder Regenten;
zu Prieſtern/
als den gantzen leib und gemei-
ne der Heiligen/ als durch ſeinen geiſt vereinigte
glieder/ ſo im bande der liebe ſich tragen/ auff-
nehmen/ dadurch das geſetz erfuͤllen/ und un-
ter ſich in geiſtlicher freyheit ohne menſchen-ſa-
tzungen und gebot leben. Zu Biſchoffen/ ſo
durch hoͤhere gaben ausgeruͤſtet werden/ an-
dern mitzutheilen/ und ſie auffzumunterndurch
lehr und leben in CHriſto gleichfoͤrmiger aͤhn-
ligkeit/ denn lehr und leben muͤſſen gleich
ſeyn/ oder es iſt beedes falſch. Zu Ael-
teſten oder Regierern
in liebe/ gnade und
barmhertzigkeit/ oder beſtraffung/ nach dem
geiſt des gerichts rache und ſtraffe/ dann wie der
geiſt CHriſti die leute im A. Teſtament gefuͤh-
ret und getrieben hat/ ſo iſt er noch unveraͤn-
dert/ darum ſich niemand an dem geiſt des ge-
richts ſtoſſen oder aͤrgern muß.

Eine treuhertzige vermahnung an
die zanckſuͤchtige Diſputanten/ ſo et-
wa bey leſung dieſes durch die galle
zu auskoͤchlung eines verkehrten
urtheils entzuͤndet werden moͤgen.

Lieber menſch/ der du alles auff deine fleiſch-
liche Diſputir-ſucht ſtelleſt/ und damit die
[Spaltenumbruch] wahrheit zu unterdrucken dir vom teuffel in
ſcheinheiliger geſtalt laͤſſeſt einbilden; beden-
cke doch erſtlich/ daß alle diſputir-kunſt aus
dem teuffel ihren urſprung gewonnen/ und in
Adam ein gefuͤhret worden/ dadurch ſie in allen
ſeinen natuͤꝛlichen vernuͤnfftigen kindern propa-
gir
et/ uñ als ein natuꝛ-licht ſich dem ewigen licht
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wider dich/ deine vernunfft/ deinē willen/ deinen
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tuͤrlich iſt/ alſo lange erſt zu diſputiren/ ha-
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und ſeelen-tod/ und in der allertieffſten miß-
faͤlligkeit alles ſeines thuns/ weil es nur greuel
und ſcheuel fuͤr GOTT iſt/ biß es von GOtt
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wird. O lieber menſch/ es iſt ja gar nicht ſo
bald geuͤbet als geſaget/ ſich ſelber verlaͤug-
nen/ alles/ was natur und creatur iſt/ verlaſſen/
ſich haſſen/ ſein lebē zu verlieren ſuchen/ das heil-
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aufnehmen/ und damit wieder die vernunfft/
als ein narr/ eſel/ thier und phantaſte/ Chriſto
nachfolgen. Pruͤfe dich/ lieber Diſputant/ ob
du dich zu ehren oder von ehren wilt diſputi-
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genem nutz und gewinn zum gemeinen diener
und fußwaſcher/ und ob all dein thun dahin
gerichtet/ daß du in dir und fuͤr der welt wilt
zu ſchanden werden/ damit Chriſtus allein al-
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du diß recht in der wahrheit haſt durch- und
ausge diſputiret/ ſo kom̃/ und laß uns mit furcht
und zittern vom glauben und allen ſeinen ei-
genſchafften diſputiren/ oder die gaben des
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wirſt nicht aus einer wiſſenſchafft/ ſondern
aus der lebendigen erfahrung oder geiſt oder
wahrheit zeugen/ und recht erkennen und beken-
nen/ wie das reich der finſternis im eigenen
willen in dir ſcheinheilig geweſen/ und wie das
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etwas ruͤhmen moͤge) ſich in dir offenbaret/
das reich der finſternis in einen ſchweren an-
fechtungs-kampff zerſtoͤret/ und dich alſo zu
einem rechten und echten lichtskind/ Doctore
Theologiæ, Juris & Medicinæ
gemacht. Dann
wenn Chriſtus anhebet in dir zu profitiren/ ſo
wirſtu ein rechter Gottesgelahrter; dahin Jo-
hann Arndt
im 3. buch zielet/ welches buch
darum den natuͤrlichen Schrifftgelehrten ein
brand im hertzen/ und dorn in den augen iſt/
darum ſie es gerne verwuͤrffen/ wenn ſie ſich
fuͤr dem volcke nicht fuͤrchteten. Wenn die
Sonne der gerechtigkeit in dir aufgehet/ ſo
verſchwindet das nebel- oder naturrecht/ und
decidiret alles die gerechtigkeit/ ſo fuͤr GOtt
gilt/ welche bey denen/ ſo ſich Chriſten nen-
nen/ allein floriren und herrſchen ſolte; O wie
wuͤrden die Heydniſche Proceſſe denn zerſtaͤu-
ben/ und in liebe/ glauben und gerechtigkeit ei-
ner mit dem andern Proceß fuͤhren/ da-
mit er einen jeden durch wohlthun uͤberwin-
den moͤge. O wie wuͤrde der himmliſche Me-
dicus
nach der ſeelen-cur ſo herrlich die natur
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[645/0953] Th. IV. Sect. III. Num. XII. Pantel Trappens lehr und ſchrifften. nen ausbrechen. Dieſes Geſetze ver- haͤrtet/ verſtocket/ gibt in einen ver- verkehrten ſinn dahin/ verlaͤſt/ weichet aus/ wird ein geruch zum zeitlichen und ewigen tod/ denen ſo es verlaͤſtern/ verſchmaͤhen/ muthwil- lig wiederſtreben/ betruͤben/ in ſich creutzigen fuͤr einen ſpott halten/ und alſo ſich gantz und gar nicht wollen den geiſt GOttes ſtraffen/ re- gieren und zuͤchtigen laſſen. Wann nun im ge- ſetz-ofen die ſeele recht gelaͤutert/ probieret/ be- waͤhret und verſiegelt iſt/ ſo quillet das liebli- che freuden-oͤl des ewigen Evangelii oder der geiſt der unausſprechlichen lie- be herfuͤr/ troͤſtet zu rechter zeit als ein Hoher- prieſter die ſeele/ und ſpricht: Sey getroſt/ dir ſeynd deine ſuͤnden vergeben. Erfuͤllet ſie als ein Prophet mit himmliſcher weißheit/ erkaͤnt- niß/ verſtaͤndniß/ offenbahrung oder mitthei- lung ſeiner gnaden-gaben/ mit verſoͤhnung/ vertrettung und vorbitte/ weil die ſeele noch vie- len ſchwachheiten in der irꝛdiſchen huͤtten un- terworffen iſt. Beſchuͤtzet ſie als ein Koͤnig mit errettung aus der geiſtlichen und leiblichen noth/ alldieweil ſie in dem kampff iſt und blei- bet/ ſolange ſie in der irꝛdiſchen huͤtten ſtehet. Als machet der geiſt Chriſti innerlich todt und lebendig/ fuͤhret in die hoͤlle und in himmel/ und wuͤrcket alles in allen in dem innerlichen gna- den-reiche GOttes in und bey den gnaden-kin- dern/ daß ſie in der wahrheit ſagen und beken- nen muͤſſen/ umſonſt ohne mein zu thun habe ichs empfangen/ darum will ich es umſonſt gerne wieder mittheilen/ das iſt die rechte ſchule und Univerſitaͤt CHriſti/ da er ſelber profitiret und welche zubereitet/ zu Apoſteln/ Propheten/ Lehrern/ Regierern/ ꝛc. Wer nicht in dieſer ſchule erzogen/ ſondern von auſſen zu gelehret/ und durch menſchen zu einem mei- ſter gemachet iſt/ der iſt ein miedling und kennet CHriſti ſtimme nicht/ ſondern verfolget dieſel- be vielmehr. Aeuſſerlich offenbaret ſich nun auch das reich CHriſti durch die in- nerliche krafft/ ſo er in ſeinem leibe austheilet/ uñ ſie davon zu zeugen treibet/ zu Prieſtern und Biſchoffen/ zu Aelteſten oder Regenten; zu Prieſtern/ als den gantzen leib und gemei- ne der Heiligen/ als durch ſeinen geiſt vereinigte glieder/ ſo im bande der liebe ſich tragen/ auff- nehmen/ dadurch das geſetz erfuͤllen/ und un- ter ſich in geiſtlicher freyheit ohne menſchen-ſa- tzungen und gebot leben. Zu Biſchoffen/ ſo durch hoͤhere gaben ausgeruͤſtet werden/ an- dern mitzutheilen/ und ſie auffzumunterndurch lehr und leben in CHriſto gleichfoͤrmiger aͤhn- ligkeit/ denn lehr und leben muͤſſen gleich ſeyn/ oder es iſt beedes falſch. Zu Ael- teſten oder Regierern in liebe/ gnade und barmhertzigkeit/ oder beſtraffung/ nach dem geiſt des gerichts rache und ſtraffe/ dann wie der geiſt CHriſti die leute im A. Teſtament gefuͤh- ret und getrieben hat/ ſo iſt er noch unveraͤn- dert/ darum ſich niemand an dem geiſt des ge- richts ſtoſſen oder aͤrgern muß. Eine treuhertzige vermahnung an die zanckſuͤchtige Diſputanten/ ſo et- wa bey leſung dieſes durch die galle zu auskoͤchlung eines verkehrten urtheils entzuͤndet werden moͤgen. Lieber menſch/ der du alles auff deine fleiſch- liche Diſputir-ſucht ſtelleſt/ und damit die wahrheit zu unterdrucken dir vom teuffel in ſcheinheiliger geſtalt laͤſſeſt einbilden; beden- cke doch erſtlich/ daß alle diſputir-kunſt aus dem teuffel ihren urſprung gewonnen/ und in Adam ein gefuͤhret worden/ dadurch ſie in allen ſeinen natuͤꝛlichen vernuͤnfftigen kindern propa- giret/ uñ als ein natuꝛ-licht ſich dem ewigen licht opponiret habe/ uñ daß du dahero ſchuldig biſt wider dich/ deine vernunfft/ deinē willen/ deinen verſtand/ deine wiſſenſchafft/ und alles was na- tuͤrlich iſt/ alſo lange erſt zu diſputiren/ ha- dern und zu ſtreiten/ biß du dich gar zu einem kinde/ narren/ thoren und nichtigen/ elenden/ wuͤrmlein darnieder fuͤr GOTTes angeſicht diſputireſt/ ſo da liegt in ſeiner finſternis/ noth und ſeelen-tod/ und in der allertieffſten miß- faͤlligkeit alles ſeines thuns/ weil es nur greuel und ſcheuel fuͤr GOTT iſt/ biß es von GOtt in gnaden angeſehen/ aufgerichtet oder erneuet wird. O lieber menſch/ es iſt ja gar nicht ſo bald geuͤbet als geſaget/ ſich ſelber verlaͤug- nen/ alles/ was natur und creatur iſt/ verlaſſen/ ſich haſſen/ ſein lebē zu verlieren ſuchen/ das heil- ſame creutz Chriſti innerlich und aͤuſſerlich aufnehmen/ und damit wieder die vernunfft/ als ein narr/ eſel/ thier und phantaſte/ Chriſto nachfolgen. Pruͤfe dich/ lieber Diſputant/ ob du dich zu ehren oder von ehren wilt diſputi- ren/ von eigener liebe zu haß und ſpott/ von ei- genem nutz und gewinn zum gemeinen diener und fußwaſcher/ und ob all dein thun dahin gerichtet/ daß du in dir und fuͤr der welt wilt zu ſchanden werden/ damit Chriſtus allein al- les in allem dir ſeyn und bleiben moͤge/ wenn du diß recht in der wahrheit haſt durch- und ausge diſputiret/ ſo kom̃/ und laß uns mit furcht und zittern vom glauben und allen ſeinen ei- genſchafften diſputiren/ oder die gaben des glaubens unter einander conferiren/ denn du wirſt nicht aus einer wiſſenſchafft/ ſondern aus der lebendigen erfahrung oder geiſt oder wahrheit zeugen/ und recht erkennen und beken- nen/ wie das reich der finſternis im eigenen willen in dir ſcheinheilig geweſen/ und wie das reich GOTTes aus lauter gnade und barm- hertzigkeit (damit ſich kein fleiſch oder natur etwas ruͤhmen moͤge) ſich in dir offenbaret/ das reich der finſternis in einen ſchweren an- fechtungs-kampff zerſtoͤret/ und dich alſo zu einem rechten und echten lichtskind/ Doctore Theologiæ, Juris & Medicinæ gemacht. Dann wenn Chriſtus anhebet in dir zu profitiren/ ſo wirſtu ein rechter Gottesgelahrter; dahin Jo- hann Arndt im 3. buch zielet/ welches buch darum den natuͤrlichen Schrifftgelehrten ein brand im hertzen/ und dorn in den augen iſt/ darum ſie es gerne verwuͤrffen/ wenn ſie ſich fuͤr dem volcke nicht fuͤrchteten. Wenn die Sonne der gerechtigkeit in dir aufgehet/ ſo verſchwindet das nebel- oder naturrecht/ und decidiret alles die gerechtigkeit/ ſo fuͤr GOtt gilt/ welche bey denen/ ſo ſich Chriſten nen- nen/ allein floriren und herrſchen ſolte; O wie wuͤrden die Heydniſche Proceſſe denn zerſtaͤu- ben/ und in liebe/ glauben und gerechtigkeit ei- ner mit dem andern Proceß fuͤhren/ da- mit er einen jeden durch wohlthun uͤberwin- den moͤge. O wie wuͤrde der himmliſche Me- dicus nach der ſeelen-cur ſo herrlich die natur ſegnen/ und alles wol machen/ und alſo uͤberall bewei- M m m m 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/953>, abgerufen am 18.05.2024.