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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XLVI. Dav. Jor. schrifft von Gott. u. des mensch. erkänt.
[Spaltenumbruch] lassen müssen/ die zu CHristi sinn und GOttes
willen ins Reich Gottes und ins leben der ewig-
keit kommen wollen.

Sehet/ meine allerliebste/ diese vereinigung
oder versammlung ist nicht irrdisch/ wie mann
oder weib äusserlich oder die kriegs-heere leib-
lich sind/ sondern eine geistliche Göttliche ver-
sammlung der hertzen in Christo sich mit GOtt
zu vereinigen und zu leben in ewigkeit. So
kommt nun her ihr/ die ihr in diesem hause Got-
tes/ oder in der rechten wahren hertzlichen ge-
meine CHristi seyn wollet: bringet eure freywil-
lige geschencke und liberale gaben aus gantzer
seelen dem HErrn eurem GOTT ein heilig-
thumb zu machen/ aus dem schatz eurer hertzen
hervor/ und lasset sehen/ was ihr vor glauben/
hoffnung und liebe zu dem allerhöchsten und
schönsten habt/ den ihr euren HERRN und
König nennet. Mercket einmal recht/ wie lieb
und werth vonhertzen er euch ist/ ob ihr ihn auch
über alle menschen und engel anhangen/ ehren/
lieben/ zu willen/ gefällig und eins mit ihm seyn
wollet und vor euren einigen HErrn und meister
haltet. Und dieß muß sich so befinden in der
wahrheit/ das sag ich/ denn mit sagen ists nicht
gnug/ mit der hand und mund wirds nicht aus-
gerichtet/ sondern es muß mit gantzem hertzen be-
wiesen seyn/ daß es wahrhafftig so ist. Denn
mit händen und füssen kan man nicht zu GOtt
nahen oder leiblich wohlgefallen/ und vielweni-
ger mit dem mund/ sondern mit glaubigen her-
tzen/ sag ich/ d. i. mit geist und wahrheit. Wo
aber dasselbe rechtschaffen ist/ da ist das innwen-
dige auge oder gedancken oder alle sinnen mit
lust/ willen und begierde dabey/ ja der gantze leib/
wie er vermag. Und sehet/ ein mehrers fordert
GOTT nicht/ auch der Teuffel nicht/ denn
ein mehrers oder völligers kan der mensch nicht/
als mit dem willen seines hertzens. Was
aber daraus nicht kommt/ das gilt und nutzet
nichts.

Darumb bedenckt euch wohl und sehet zu/ ob
ihr in euren hertzen dem HERRN williglich zu
seinem willen mit gantzen hertzen bereit und ge-
lassen stehet. Sehet es ein/ denn es ist nicht
NB.
Was ge-
lassen ste-
hen sey.
leicht auszudencken/ schweige zu sagen. Denn
dem HERRN freywillig bereit und gelassen
stehen/ ist seinen selbst eigenen oder des menschen
sinn und willen ohne murmeln nimmermehr
thun/ sondern gantz davon ausgehen und GOtt
dem HErrn alleine leben/ nicht ihme selbst/ d. i.
nicht thun/ was ihm-sondern dem HErrn gut-
düncket/ noch nach seinem vorsatz oder vorneh-
men wandeln oder sein eigen wort reden und
seinen eigenen sinn oder willen thun/ sintemal
derselbe durch und durch gantz böse/ verfüh-
risch/ mörderisch und verderblich ist. Dar-
umb kehret euer angesichte fern von euren eigen-
sinn und willen/ und von allen bösen lüsten und
begierden/ nemlich wendet eure augen ab von
eurem eigenem angesichte oder eigen-liebe/ denn
ihr habt kein betrieglicher oder mehr abziehen-
des wesen/ das euch mehr als das antastet.
Sehet vor euch/ ich sags euch/ wo ihr nicht
muthwillens und wissentlich in die äusserste fin-
sternis/ in den abgrund der höllen mit dem Lu-
cifer fallen wollet; ich will unschuldig seyn an
eurer verdammnis. Darum seyd allewege aufmer-
ckende begierig nach dem gütigen wort Gottes;
nehmet den geist an und verläugnet seine krafft
[Spaltenumbruch] nicht: die zeugnisse inwendig in eurem hertzen
nehmet wahr: thut nicht wider euer gewissen:
haltet dasselbe immer frey und unbefleckt/ d. i.
bleibet beständig in einem guten willen und
wahrhafften urtheil/ wollet ihr von eurem ge-
wissen verschonet und nicht beschuldiget seyn.
So lasset euch denn durch kein ding der welt
umbwenden: eurer Göttlichen hertzen gedan-
cken nicht verändern noch von GOTTES
willen und gutem vorsatz oder tugendhafftem
vornehmen nicht abziehen und die wahrheit
nicht zu lügen machen: Glaubt GOTT und
keinem menschen/ der nicht wiedergebohren und
gutwillig ist: wehet nicht mit allen winden:
Setzet eure hertzen fest und unbeweglich auff
den grund der ewigkeit: und lasset euch wahr-
heit und treue allezeit begleiten: gerechtigkeit
und friede immer mehr und mehr bey euch seyn/
wie es denn seyn muß und soll. Und so ihr mit
der ewigen weißheit umbgehet und eure her-
tzens lust an GOTTES erkäntnis und ver-
stand habt/ wer kan euch alsdann beschädi-
gen?

Wer aber gutwillig ist/ und sich selbst wohl
und nicht übel will/ der bitte alle wege umb gute
sinnen/ und sonderlich/ wenn die bösen an euch
wollen und euch anfechten oder versuchen/ so
stehet zu der zeit feste/ liebt und erwehlet als-
dann nichts als das gute/ bedenckets auch und
überlegts ja nicht anders und berathschlaget
euch deswegen nicht/ oder ihr seyd schon gefan-
gen und des Reiches GOTTES unwurdig.
Diß muß williglich bewiesen und dargethan
werden von allen/ die mit CHristo im Reiche
der himmeln theil haben wollen. Denn da ist
kein guter rath/ kein guter sinn oder wille/ als
allein in GOTT durch CHRISTUM zu
erkriegen. Darumb so höret seine und nicht
eure stimme; Er ists/ und du nicht: Er muß
wachsen/ ihr abnehmen: Er muß oben/ ihr
unter/ aus und zu nichte gehen in allein was
ihr seyd oder seyn wollet. Denn eigen-weiß-
heit muß unter/ das ist der beschluß in ewigkeit.
Nehmets zu hertzen. So neiget denn eure oh-
ren und begebt euer hertze williglich mit freu-
den zu des HERRN eures GOTTES her-
tze/ und euren sinn und willen in CHRISTI
hand. Lasset ihn euch machen/ wenden/ setzen
und kehren/ leiten und lehren als euer haubt/
hirten/ König und HERRN: Sehet zu/ daß
ihr keinen ungehorsam oder wiederspenstigkeit
wider ihre oder sein wort mit euren hertzen oder
gedancken beweist. Nehmet ihr euch aber sol-
ches nicht ohne unterlaß vor/ es alle wege zu
thun/ er mache es mit euch/ wie er wolle/ se-
het/ so berühmet euch seiner nicht oder unter
der seligkeit zu stehen/ sondern unter der ver-
dammnis/ allwo ihr den Tod und die hölle alle
wege zu erwarten habt und alle augenblickli-
che zeit drauff dencken müsset/ angesehen ihr
ausser CHRISTO nicht sicher noch frey da-
von seyd.

Wenn es aber geschehe/ daß ihr wohl al-
lewege einen guten vorsatz hättet und in einem
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bringen fühletet: so sollet ihr deswegen an
GOTT nicht verzagen/ sondern nur an euch
selbst/ als die ihr euch eurer selbst begeben oder
von euch ausgehen müsset. Denn so ihrs mäch-
tig wäret zu thun/ ehe ihr eure ohnmacht voll-

kömm-

Th. IV. Sect. II. Num. XLVI. Dav. Jor. ſchrifft von Gott. u. des menſch. erkaͤnt.
[Spaltenumbruch] laſſen muͤſſen/ die zu CHriſti ſinn und GOttes
willen ins Reich Gottes und ins leben der ewig-
keit kommen wollen.

Sehet/ meine allerliebſte/ dieſe vereinigung
oder verſammlung iſt nicht irrdiſch/ wie mañ
oder weib aͤuſſerlich oder die kriegs-heere leib-
lich ſind/ ſondern eine geiſtliche Goͤttliche ver-
ſammlung der hertzen in Chriſto ſich mit GOtt
zu vereinigen und zu leben in ewigkeit. So
kommt nun her ihr/ die ihr in dieſem hauſe Got-
tes/ oder in der rechten wahren hertzlichen ge-
meine CHriſti ſeyn wollet: bringet eure freywil-
lige geſchencke und liberale gaben aus gantzer
ſeelen dem HErrn eurem GOTT ein heilig-
thumb zu machen/ aus dem ſchatz eurer hertzen
hervor/ und laſſet ſehen/ was ihr vor glauben/
hoffnung und liebe zu dem allerhoͤchſten und
ſchoͤnſten habt/ den ihr euren HERRN und
Koͤnig nennet. Mercket einmal recht/ wie lieb
und werth vonhertzen er euch iſt/ ob ihr ihn auch
uͤber alle menſchen und engel anhangen/ ehren/
lieben/ zu willen/ gefaͤllig und eins mit ihm ſeyn
wollet und vor euren einigen HErꝛn und meiſter
haltet. Und dieß muß ſich ſo befinden in der
wahrheit/ das ſag ich/ denn mit ſagen iſts nicht
gnug/ mit der hand und mund wirds nicht aus-
gerichtet/ ſondern es muß mit gantzem hertzen be-
wieſen ſeyn/ daß es wahrhafftig ſo iſt. Denn
mit haͤnden und fuͤſſen kan man nicht zu GOtt
nahen oder leiblich wohlgefallen/ und vielweni-
ger mit dem mund/ ſondern mit glaubigen her-
tzen/ ſag ich/ d. i. mit geiſt und wahrheit. Wo
aber daſſelbe rechtſchaffen iſt/ da iſt das innwen-
dige auge oder gedancken oder alle ſinnen mit
luſt/ willen und begierde dabey/ ja der gantze leib/
wie er vermag. Und ſehet/ ein mehrers fordert
GOTT nicht/ auch der Teuffel nicht/ denn
ein mehrers oder voͤlligers kan der menſch nicht/
als mit dem willen ſeines hertzens. Was
aber daraus nicht kommt/ das gilt und nutzet
nichts.

Darumb bedenckt euch wohl und ſehet zu/ ob
ihr in euren hertzen dem HERRN williglich zu
ſeinem willen mit gantzen hertzen bereit und ge-
laſſen ſtehet. Sehet es ein/ denn es iſt nicht
NB.
Was ge-
laſſen ſte-
hen ſey.
leicht auszudencken/ ſchweige zu ſagen. Denn
dem HERRN freywillig bereit und gelaſſen
ſtehen/ iſt ſeinen ſelbſt eigenen oder des menſchen
ſinn und willen ohne murmeln nimmermehr
thun/ ſondern gantz davon ausgehen und GOtt
dem HErrn alleine leben/ nicht ihme ſelbſt/ d. i.
nicht thun/ was ihm-ſondern dem HErrn gut-
duͤncket/ noch nach ſeinem vorſatz oder vorneh-
men wandeln oder ſein eigen wort reden und
ſeinen eigenen ſinn oder willen thun/ ſintemal
derſelbe durch und durch gantz boͤſe/ verfuͤh-
riſch/ moͤrderiſch und verderblich iſt. Dar-
umb kehret euer angeſichte fern von euren eigen-
ſinn und willen/ und von allen boͤſen luͤſten und
begierden/ nemlich wendet eure augen ab von
eurem eigenem angeſichte oder eigen-liebe/ denn
ihr habt kein betrieglicher oder mehr abziehen-
des weſen/ das euch mehr als das antaſtet.
Sehet vor euch/ ich ſags euch/ wo ihr nicht
muthwillens und wiſſentlich in die aͤuſſerſte fin-
ſternis/ in den abgrund der hoͤllen mit dem Lu-
cifer fallen wollet; ich will unſchuldig ſeyn an
eurer verdam̃nis. Darum ſeyd allewege aufmer-
ckende begierig nach dem guͤtigen wort Gottes;
nehmet den geiſt an und verlaͤugnet ſeine krafft
[Spaltenumbruch] nicht: die zeugniſſe inwendig in eurem hertzen
nehmet wahr: thut nicht wider euer gewiſſen:
haltet daſſelbe immer frey und unbefleckt/ d. i.
bleibet beſtaͤndig in einem guten willen und
wahrhafften urtheil/ wollet ihr von eurem ge-
wiſſen verſchonet und nicht beſchuldiget ſeyn.
So laſſet euch denn durch kein ding der welt
umbwenden: eurer Goͤttlichen hertzen gedan-
cken nicht veraͤndern noch von GOTTES
willen und gutem vorſatz oder tugendhafftem
vornehmen nicht abziehen und die wahrheit
nicht zu luͤgen machen: Glaubt GOTT und
keinem menſchen/ der nicht wiedergebohren und
gutwillig iſt: wehet nicht mit allen winden:
Setzet eure hertzen feſt und unbeweglich auff
den grund der ewigkeit: und laſſet euch wahr-
heit und treue allezeit begleiten: gerechtigkeit
und friede immer mehr und mehr bey euch ſeyn/
wie es denn ſeyn muß und ſoll. Und ſo ihr mit
der ewigen weißheit umbgehet und eure her-
tzens luſt an GOTTES erkaͤntnis und ver-
ſtand habt/ wer kan euch alsdann beſchaͤdi-
gen?

Wer aber gutwillig iſt/ und ſich ſelbſt wohl
und nicht uͤbel will/ der bitte alle wege umb gute
ſinnen/ und ſonderlich/ wenn die boͤſen an euch
wollen und euch anfechten oder verſuchen/ ſo
ſtehet zu der zeit feſte/ liebt und erwehlet als-
dann nichts als das gute/ bedenckets auch und
uͤberlegts ja nicht anders und berathſchlaget
euch deswegen nicht/ oder ihr ſeyd ſchon gefan-
gen und des Reiches GOTTES unwurdig.
Diß muß williglich bewieſen und dargethan
werden von allen/ die mit CHriſto im Reiche
der himmeln theil haben wollen. Denn da iſt
kein guter rath/ kein guter ſinn oder wille/ als
allein in GOTT durch CHRISTUM zu
erkriegen. Darumb ſo hoͤret ſeine und nicht
eure ſtimme; Er iſts/ und du nicht: Er muß
wachſen/ ihr abnehmen: Er muß oben/ ihr
unter/ aus und zu nichte gehen in allein was
ihr ſeyd oder ſeyn wollet. Denn eigen-weiß-
heit muß unter/ das iſt der beſchluß in ewigkeit.
Nehmets zu hertzen. So neiget denn eure oh-
ren und begebt euer hertze williglich mit freu-
den zu des HERRN eures GOTTES her-
tze/ und euren ſinn und willen in CHRISTI
hand. Laſſet ihn euch machen/ wenden/ ſetzen
und kehren/ leiten und lehren als euer haubt/
hirten/ Koͤnig und HERRN: Sehet zu/ daß
ihr keinen ungehorſam oder wiederſpenſtigkeit
wider ihre oder ſein wort mit euren hertzen oder
gedancken beweiſt. Nehmet ihr euch aber ſol-
ches nicht ohne unterlaß vor/ es alle wege zu
thun/ er mache es mit euch/ wie er wolle/ ſe-
het/ ſo beruͤhmet euch ſeiner nicht oder unter
der ſeligkeit zu ſtehen/ ſondern unter der ver-
dammnis/ allwo ihr den Tod und die hoͤlle alle
wege zu erwarten habt und alle augenblickli-
che zeit drauff dencken muͤſſet/ angeſehen ihr
auſſer CHRISTO nicht ſicher noch frey da-
von ſeyd.

Wenn es aber geſchehe/ daß ihr wohl al-
lewege einen guten vorſatz haͤttet und in einem
gutem willen ſtuͤndet/ aber keine krafft zu voll-
bringen fuͤhletet: ſo ſollet ihr deswegen an
GOTT nicht verzagen/ ſondern nur an euch
ſelbſt/ als die ihr euch eurer ſelbſt begeben oder
von euch ausgehen muͤſſet. Deñ ſo ihrs maͤch-
tig waͤret zu thun/ ehe ihr eure ohnmacht voll-

koͤmm-
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[354/0650] Th. IV. Sect. II. Num. XLVI. Dav. Jor. ſchrifft von Gott. u. des menſch. erkaͤnt. laſſen muͤſſen/ die zu CHriſti ſinn und GOttes willen ins Reich Gottes und ins leben der ewig- keit kommen wollen. Sehet/ meine allerliebſte/ dieſe vereinigung oder verſammlung iſt nicht irrdiſch/ wie mañ oder weib aͤuſſerlich oder die kriegs-heere leib- lich ſind/ ſondern eine geiſtliche Goͤttliche ver- ſammlung der hertzen in Chriſto ſich mit GOtt zu vereinigen und zu leben in ewigkeit. So kommt nun her ihr/ die ihr in dieſem hauſe Got- tes/ oder in der rechten wahren hertzlichen ge- meine CHriſti ſeyn wollet: bringet eure freywil- lige geſchencke und liberale gaben aus gantzer ſeelen dem HErrn eurem GOTT ein heilig- thumb zu machen/ aus dem ſchatz eurer hertzen hervor/ und laſſet ſehen/ was ihr vor glauben/ hoffnung und liebe zu dem allerhoͤchſten und ſchoͤnſten habt/ den ihr euren HERRN und Koͤnig nennet. Mercket einmal recht/ wie lieb und werth vonhertzen er euch iſt/ ob ihr ihn auch uͤber alle menſchen und engel anhangen/ ehren/ lieben/ zu willen/ gefaͤllig und eins mit ihm ſeyn wollet und vor euren einigen HErꝛn und meiſter haltet. Und dieß muß ſich ſo befinden in der wahrheit/ das ſag ich/ denn mit ſagen iſts nicht gnug/ mit der hand und mund wirds nicht aus- gerichtet/ ſondern es muß mit gantzem hertzen be- wieſen ſeyn/ daß es wahrhafftig ſo iſt. Denn mit haͤnden und fuͤſſen kan man nicht zu GOtt nahen oder leiblich wohlgefallen/ und vielweni- ger mit dem mund/ ſondern mit glaubigen her- tzen/ ſag ich/ d. i. mit geiſt und wahrheit. Wo aber daſſelbe rechtſchaffen iſt/ da iſt das innwen- dige auge oder gedancken oder alle ſinnen mit luſt/ willen und begierde dabey/ ja der gantze leib/ wie er vermag. Und ſehet/ ein mehrers fordert GOTT nicht/ auch der Teuffel nicht/ denn ein mehrers oder voͤlligers kan der menſch nicht/ als mit dem willen ſeines hertzens. Was aber daraus nicht kommt/ das gilt und nutzet nichts. Darumb bedenckt euch wohl und ſehet zu/ ob ihr in euren hertzen dem HERRN williglich zu ſeinem willen mit gantzen hertzen bereit und ge- laſſen ſtehet. Sehet es ein/ denn es iſt nicht leicht auszudencken/ ſchweige zu ſagen. Denn dem HERRN freywillig bereit und gelaſſen ſtehen/ iſt ſeinen ſelbſt eigenen oder des menſchen ſinn und willen ohne murmeln nimmermehr thun/ ſondern gantz davon ausgehen und GOtt dem HErrn alleine leben/ nicht ihme ſelbſt/ d. i. nicht thun/ was ihm-ſondern dem HErrn gut- duͤncket/ noch nach ſeinem vorſatz oder vorneh- men wandeln oder ſein eigen wort reden und ſeinen eigenen ſinn oder willen thun/ ſintemal derſelbe durch und durch gantz boͤſe/ verfuͤh- riſch/ moͤrderiſch und verderblich iſt. Dar- umb kehret euer angeſichte fern von euren eigen- ſinn und willen/ und von allen boͤſen luͤſten und begierden/ nemlich wendet eure augen ab von eurem eigenem angeſichte oder eigen-liebe/ denn ihr habt kein betrieglicher oder mehr abziehen- des weſen/ das euch mehr als das antaſtet. Sehet vor euch/ ich ſags euch/ wo ihr nicht muthwillens und wiſſentlich in die aͤuſſerſte fin- ſternis/ in den abgrund der hoͤllen mit dem Lu- cifer fallen wollet; ich will unſchuldig ſeyn an eurer verdam̃nis. Darum ſeyd allewege aufmer- ckende begierig nach dem guͤtigen wort Gottes; nehmet den geiſt an und verlaͤugnet ſeine krafft nicht: die zeugniſſe inwendig in eurem hertzen nehmet wahr: thut nicht wider euer gewiſſen: haltet daſſelbe immer frey und unbefleckt/ d. i. bleibet beſtaͤndig in einem guten willen und wahrhafften urtheil/ wollet ihr von eurem ge- wiſſen verſchonet und nicht beſchuldiget ſeyn. So laſſet euch denn durch kein ding der welt umbwenden: eurer Goͤttlichen hertzen gedan- cken nicht veraͤndern noch von GOTTES willen und gutem vorſatz oder tugendhafftem vornehmen nicht abziehen und die wahrheit nicht zu luͤgen machen: Glaubt GOTT und keinem menſchen/ der nicht wiedergebohren und gutwillig iſt: wehet nicht mit allen winden: Setzet eure hertzen feſt und unbeweglich auff den grund der ewigkeit: und laſſet euch wahr- heit und treue allezeit begleiten: gerechtigkeit und friede immer mehr und mehr bey euch ſeyn/ wie es denn ſeyn muß und ſoll. Und ſo ihr mit der ewigen weißheit umbgehet und eure her- tzens luſt an GOTTES erkaͤntnis und ver- ſtand habt/ wer kan euch alsdann beſchaͤdi- gen? NB. Was ge- laſſen ſte- hen ſey. Wer aber gutwillig iſt/ und ſich ſelbſt wohl und nicht uͤbel will/ der bitte alle wege umb gute ſinnen/ und ſonderlich/ wenn die boͤſen an euch wollen und euch anfechten oder verſuchen/ ſo ſtehet zu der zeit feſte/ liebt und erwehlet als- dann nichts als das gute/ bedenckets auch und uͤberlegts ja nicht anders und berathſchlaget euch deswegen nicht/ oder ihr ſeyd ſchon gefan- gen und des Reiches GOTTES unwurdig. Diß muß williglich bewieſen und dargethan werden von allen/ die mit CHriſto im Reiche der himmeln theil haben wollen. Denn da iſt kein guter rath/ kein guter ſinn oder wille/ als allein in GOTT durch CHRISTUM zu erkriegen. Darumb ſo hoͤret ſeine und nicht eure ſtimme; Er iſts/ und du nicht: Er muß wachſen/ ihr abnehmen: Er muß oben/ ihr unter/ aus und zu nichte gehen in allein was ihr ſeyd oder ſeyn wollet. Denn eigen-weiß- heit muß unter/ das iſt der beſchluß in ewigkeit. Nehmets zu hertzen. So neiget denn eure oh- ren und begebt euer hertze williglich mit freu- den zu des HERRN eures GOTTES her- tze/ und euren ſinn und willen in CHRISTI hand. Laſſet ihn euch machen/ wenden/ ſetzen und kehren/ leiten und lehren als euer haubt/ hirten/ Koͤnig und HERRN: Sehet zu/ daß ihr keinen ungehorſam oder wiederſpenſtigkeit wider ihre oder ſein wort mit euren hertzen oder gedancken beweiſt. Nehmet ihr euch aber ſol- ches nicht ohne unterlaß vor/ es alle wege zu thun/ er mache es mit euch/ wie er wolle/ ſe- het/ ſo beruͤhmet euch ſeiner nicht oder unter der ſeligkeit zu ſtehen/ ſondern unter der ver- dammnis/ allwo ihr den Tod und die hoͤlle alle wege zu erwarten habt und alle augenblickli- che zeit drauff dencken muͤſſet/ angeſehen ihr auſſer CHRISTO nicht ſicher noch frey da- von ſeyd. Wenn es aber geſchehe/ daß ihr wohl al- lewege einen guten vorſatz haͤttet und in einem gutem willen ſtuͤndet/ aber keine krafft zu voll- bringen fuͤhletet: ſo ſollet ihr deswegen an GOTT nicht verzagen/ ſondern nur an euch ſelbſt/ als die ihr euch eurer ſelbſt begeben oder von euch ausgehen muͤſſet. Deñ ſo ihrs maͤch- tig waͤret zu thun/ ehe ihr eure ohnmacht voll- koͤmm-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/650>, abgerufen am 22.12.2024.