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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. IV. Von Esaia Stiefeln
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
CHristus ist nicht um des alten men-
schens willen kommen/ ist auch nicht im
alten befleckten fleische mensch worden/
sondern in der bildniß
essentz/ daß ein neuer
mensch soll aus dem alten geboren wer-
den/ und der im alten wohne/ aber nicht
im dritten
principio in dieser äussern welt/
sondern im andern/ im himmel/ in
GOtt und GOtt in ihm.
Unterdessen ur-
theilet Böhme von ihm/ daß er ihn vor einen
wiedergebornen Christen erkenne/ und
daß er wol möge ein frommer neugebor-
ner und in CHristo mit seiner neuen ge-
burt und neuem menschen heilig seyn we-
gen CHristi einwohnung: Wie denn die
wesendliche einwohnung der schrifft
durchaus gemäß sey/ als er solches auch
hoch bewähre/ und habe er in dasselbe
wieder ihn keine einrede. Er rede auch
gar recht von der gantz fleischlichen Chri-
stenheit/ welche nicht mehr als nur den
namen im munde führte/ da das hertz
und gemüth nur ein spötter des namens
Christi vor Gott erkannt werde/ etc.
Siehe
1. c. p. 5. 7. 22. 24. und 31. und eben daselbst
die gantze Apologie von dieser sache. Jch
schliesse aber hier diese historie/ wenn ich
nur zu dem obigen Wittenbergischen judi-
cio
noch ein anders von einem Academi-
schen Theologo werde gesetzet haben/ nemlich
von Johanne Hornbeckio, der Stiefeln auch
entschuldiget/ und schreibet: Er wäre vie-
leicht durch seine
speculationes betrogen/ und
habe vielmehr nur harte und ungereimte
worte gebraucht/ als kätzereyen.
L. VI.
summae controvers. p.
462. Zu wünschen wäre
es/ daß dergleichen billiche und der Christlichen
liebe und bescheidenheit gantz gemässe aussprü-
che bey Paradoxen meinungen von denen or-
thodox
en allezeit geschehen wären/ so würde
nicht manche schwereverantwortung/ sondern
auch unzehliche anders unruhe/ blutvergies-
sen/ schaden und gefahr allenthalben unterblie-
ben seyn. Doch vieleicht ist die zeit vorhan-
den/ darinne keine andere als dergleichen Christ-
liche und friedfertige consilia statt finden
möchten.

60. Bey dieser materie wollen wir noch ei-
nige exempel hinzu fügen/ von solchen personen
aus dem siebenzehenden Seculo, die etwa aus
einem irrigen wahn sich ebenfalls vor eine
Göttliche person gehalten und ausgegeben/
und weil die Clerisey entweder aus unver-
stand und ungeschicklichkeit/ oder auch aus un-
gestümmigkeit und blutgierigkeit sie des todes
schuldig gehalten/ deswegen öffentlich ums le-
ben gebracht worden/ an statt/ daß man sie mit
sanfftmuth wieder zu recht bringen/ oder ihre
veränderung mit gedult hätte sollen erwar-
Andere
exempel
derer/ die
sich vor
Göttlich
ausgege-
ben.
ten. Jm Theatro Europaeo T. III. p. 632. u. f.
Item bey Christophoro Hartknochen im
andern buch der Preußischen Kirchenhistorie
am 9. cap. pag. 585. wie auch bey Johann
Ludwig Gottfrieden
in der Historischen
Chronicka/ und bey andern mehr wird folgen-
Zu Kö-
nigsberg.
de tragoedie erzehlet. Es fand sich zu Königs-
berg ein mann Anno 1636. bürtig aus der ge-
gend bey Elbingen/ eines Priesters unehelicher
sohn/ der in seiner jugend wol studieret/ und
sonderlich die sprachen wol verstund und re-
[Spaltenumbruch] den konte. Wie er auch allezeit ein GriechischJahr
MDC.
biß
MDCC.

und Lateinisch N. Testament bey sich führte/
und in der Bibel so belesen war/ daß er auch
die versicul anzuziehen wuste. Dieser machte/
wo er hinkam/ ein aufsehen/ weil er sehr elend und
verächtlich aufzog/ und zu Königsberg|vorgab:
Daß er für drey jahren nahe bey Thoren
seinen grossen tag der erleuchtung ge-
habt/ da ihm sieben Engel bey einem
höltzernen
Crucifix am wege stehend die
Offenbarung vom himmel gebracht/ er
solte die person GOttes des Vaters auf
erden leiblich
repraesentiren/ und alles
böse aus der welt thun/ auch die obrig-
keit mit eisern ruthen stäupen.

61. Deswegen führete er ein groß breit sie-
gel/ und gab sich folgenden titul: Wir Jo-
hann Albrecht Adelgreiff/ Syrdoß/ Ama-
da/ Canamata/ Kikis/ Schmalkilimun-
dis/ Elioris Uber-Ertz-Hohepriester/ Kay-
ser/ des H. Göttlichen Keichs König/ der
gantzen welt Friede-Fürst/ Richter der
lebendigen und der todten/ GOtt und
Vater/ in welches herrlichkeit Christus
kommen soll zum jüngsten gericht/ Herr
aller Herren/ und König aller Könige.

Die puncte seines vorgebens hat man/ wie
Hartknoch meldet/ dem gemeinen mann nicht
in die hände kommen lassen/ mit dem vor-
wand/ es wären Gotteslästerungen und ande-
re sachen darinnen. Weil man aber gleichwol
die abgeschmackte/ und eben so wol ärgerli-
che dinge mit fleiß publiciret/ so solte man fast
vermuthen/ dieser mensch hätte etwan solche
dinge vorgebracht/ die das Mysterium iniqui-
tatis
in politischen oder kirchlichen sachen zu
sehr entdecket. Jndessen ist doch seltsam/ daß
man von ihm als gewiß erzehlet: Er hätte
die Sonne an unterschiedlichen orten
sichtbarlich heissen in die runde lauffen/
auch die sterne hin und wieder sich em-
por heben/ welches auch auf sein wort
wircklich geschehen wäre/ wie es viele
leute gesehen.
Deswegen hat man ihn als
einen zauberer verdammt/ und zugleich beschul-
diget/ wie er gestanden hätte/ er wäre in Sie-
benbürgen um ehebruchs willen ausgestäupet
worden.

62. Die Prediger haben nach ihrer art ihn
bekehren wollen/ aber ohne efsect, und soll er
ihnen geantwortet haben: Er bedürffte keiner
seeligkeit/ der Sohn Gottes/ der Heilige Geist/
die Engel und teuffel müsten ihm unterthan
seyn. Nachdem er nun auf die tortur gebracht
(welche ohne zweiffel auch zur bekehrung helf-
fen sollen/ wie Hartknoch pag. 584. ausdrück-
lich setzet/ daß auch die tortur nichts zur
bekehrung wircken mögen/
) hat man ihn
endlich verurtheilet/ daß ihm die zunge aus
dem halß gerissen/ der kopff abgehauen/ und
der leib verbrant werden solte. Der proceß
wird also beschrieben: Ersagte/ er wisse gewiß/
daß sein leib am dritten tage aus der aschen wie-
derum lebendig werden solte/ und hat bitter-
lich angefangen zu weinen: Als ihn aber Geor-
gius Colbius
gefragt/ warum er weine? hat er
geantwortet: über aller menschen sünde und
boßheit/ auch deßwegen/ daß sich die welt un-
terstehen dürffte ihn zutödten. Worauff als
ihm hinwider geantwortet/ er solte über seine

sunde

Th. III. C. IV. Von Eſaia Stiefeln
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
CHriſtus iſt nicht um des alten men-
ſchens willen kommen/ iſt auch nicht im
alten befleckten fleiſche menſch worden/
ſondeꝛn in der bildniß
eſſentz/ daß ein neuer
menſch ſoll aus dem alten geboren wer-
den/ und der im alten wohne/ aber nicht
im dritten
principio in dieſer aͤuſſern welt/
ſondern im andern/ im himmel/ in
GOtt und GOtt in ihm.
Unterdeſſen ur-
theilet Boͤhme von ihm/ daß er ihn vor einen
wiedergebornen Chriſten erkenne/ und
daß er wol moͤge ein frommer neugebor-
ner und in CHriſto mit ſeiner neuen ge-
burt und neuem menſchen heilig ſeyn we-
gen CHriſti einwohnung: Wie denn die
weſendliche einwohnung der ſchrifft
durchaus gemaͤß ſey/ als er ſolches auch
hoch bewaͤhre/ und habe er in daſſelbe
wieder ihn keine einrede. Er rede auch
gar recht von der gantz fleiſchlichen Chri-
ſtenheit/ welche nicht mehr als nur den
namen im munde fuͤhrte/ da das hertz
und gemuͤth nur ein ſpoͤtter des namens
Chriſti vor Gott erkannt werde/ ꝛc.
Siehe
1. c. p. 5. 7. 22. 24. und 31. und eben daſelbſt
die gantze Apologie von dieſer ſache. Jch
ſchlieſſe aber hier dieſe hiſtorie/ wenn ich
nur zu dem obigen Wittenbergiſchen judi-
cio
noch ein anders von einem Academi-
ſchen Theologo werde geſetzet haben/ nemlich
von Johanne Hornbeckio, der Stiefeln auch
entſchuldiget/ und ſchreibet: Er waͤre vie-
leicht duꝛch ſeine
ſpeculationes betꝛogen/ uñ
habe vielmehr nur harte und ungereimte
worte gebraucht/ als kaͤtzereyen.
L. VI.
ſummæ controvers. p.
462. Zu wuͤnſchen waͤre
es/ daß dergleichen billiche und der Chriſtlichen
liebe und beſcheidenheit gantz gemaͤſſe ausſpruͤ-
che bey Paradoxen meinungen von denen or-
thodox
en allezeit geſchehen waͤren/ ſo wuͤrde
nicht manche ſchwereverantwortung/ ſondern
auch unzehliche anders unruhe/ blutvergieſ-
ſen/ ſchaden und gefahr allenthalben unterblie-
ben ſeyn. Doch vieleicht iſt die zeit vorhan-
den/ darinne keine andere als dergleichen Chriſt-
liche und friedfertige conſilia ſtatt finden
moͤchten.

60. Bey dieſer materie wollen wir noch ei-
nige exempel hinzu fuͤgen/ von ſolchen perſonen
aus dem ſiebenzehenden Seculo, die etwa aus
einem irrigen wahn ſich ebenfalls vor eine
Goͤttliche perſon gehalten und ausgegeben/
und weil die Cleriſey entweder aus unver-
ſtand und ungeſchicklichkeit/ oder auch aus un-
geſtuͤmmigkeit und blutgierigkeit ſie des todes
ſchuldig gehalten/ deswegen oͤffentlich ums le-
ben gebracht worden/ an ſtatt/ daß man ſie mit
ſanfftmuth wieder zu recht bringen/ oder ihre
veraͤnderung mit gedult haͤtte ſollen erwar-
Andere
exempel
derer/ die
ſich vor
Goͤttlich
ausgege-
ben.
ten. Jm Theatro Europæo T. III. p. 632. u. f.
Item bey Chriſtophoro Hartknochen im
andern buch der Preußiſchen Kirchenhiſtorie
am 9. cap. pag. 585. wie auch bey Johann
Ludwig Gottfrieden
in der Hiſtoriſchen
Chronicka/ und bey andern mehr wird folgen-
Zu Koͤ-
nigsberg.
de tragœdie erzehlet. Es fand ſich zu Koͤnigs-
berg ein mann Anno 1636. buͤrtig aus der ge-
gend bey Elbingen/ eines Prieſters unehelicher
ſohn/ der in ſeiner jugend wol ſtudieret/ und
ſonderlich die ſprachen wol verſtund und re-
[Spaltenumbruch] den konte. Wie er auch allezeit ein GriechiſchJahr
MDC.
biß
MDCC.

und Lateiniſch N. Teſtament bey ſich fuͤhrte/
und in der Bibel ſo beleſen war/ daß er auch
die verſicul anzuziehen wuſte. Dieſer machte/
wo er hinkam/ ein aufſehen/ weil er ſehr elend und
veraͤchtlich aufzog/ und zu Koͤnigsberg|vorgab:
Daß er fuͤr drey jahren nahe bey Thoren
ſeinen groſſen tag der erleuchtung ge-
habt/ da ihm ſieben Engel bey einem
hoͤltzernen
Crucifix am wege ſtehend die
Offenbarung vom himmel gebracht/ er
ſolte die perſon GOttes des Vaters auf
erden leiblich
repræſentiren/ und alles
boͤſe aus der welt thun/ auch die obrig-
keit mit eiſern ruthen ſtaͤupen.

61. Deswegen fuͤhrete er ein groß breit ſie-
gel/ und gab ſich folgenden titul: Wir Jo-
hann Albrecht Adelgreiff/ Syrdoß/ Ama-
da/ Canamata/ Kikis/ Schmalkilimun-
dis/ Elioris Uber-Ertz-Hoheprieſter/ Kay-
ſer/ des H. Goͤttlichen Keichs Koͤnig/ der
gantzen welt Friede-Fuͤrſt/ Richter der
lebendigen und der todten/ GOtt und
Vater/ in welches herrlichkeit Chriſtus
kommen ſoll zum juͤngſten gericht/ Herr
aller Herren/ und Koͤnig aller Koͤnige.

Die puncte ſeines vorgebens hat man/ wie
Hartknoch meldet/ dem gemeinen mann nicht
in die haͤnde kommen laſſen/ mit dem vor-
wand/ es waͤren Gotteslaͤſterungen und ande-
re ſachen darinnen. Weil man aber gleichwol
die abgeſchmackte/ und eben ſo wol aͤrgerli-
che dinge mit fleiß publiciret/ ſo ſolte man faſt
vermuthen/ dieſer menſch haͤtte etwan ſolche
dinge vorgebracht/ die das Myſterium iniqui-
tatis
in politiſchen oder kirchlichen ſachen zu
ſehr entdecket. Jndeſſen iſt doch ſeltſam/ daß
man von ihm als gewiß erzehlet: Er haͤtte
die Sonne an unterſchiedlichen orten
ſichtbarlich heiſſen in die runde lauffen/
auch die ſterne hin und wieder ſich em-
por heben/ welches auch auf ſein wort
wircklich geſchehen waͤre/ wie es viele
leute geſehen.
Deswegen hat man ihn als
einen zauberer verdammt/ und zugleich beſchul-
diget/ wie er geſtanden haͤtte/ er waͤre in Sie-
benbuͤrgen um ehebruchs willen ausgeſtaͤupet
worden.

62. Die Prediger haben nach ihrer art ihn
bekehren wollen/ aber ohne efſect, und ſoll er
ihnen geantwortet haben: Er beduͤrffte keiner
ſeeligkeit/ der Sohn Gottes/ der Heilige Geiſt/
die Engel und teuffel muͤſten ihm unterthan
ſeyn. Nachdem er nun auf die tortur gebracht
(welche ohne zweiffel auch zur bekehrung helf-
fen ſollen/ wie Hartknoch pag. 584. ausdruͤck-
lich ſetzet/ daß auch die tortur nichts zur
bekehrung wircken moͤgen/
) hat man ihn
endlich verurtheilet/ daß ihm die zunge aus
dem halß geriſſen/ der kopff abgehauen/ und
der leib verbrant werden ſolte. Der proceß
wird alſo beſchrieben: Erſagte/ er wiſſe gewiß/
daß ſein leib am dritten tage aus der aſchen wie-
derum lebendig werden ſolte/ und hat bitter-
lich angefangen zu weinen: Als ihn aber Geor-
gius Colbius
gefragt/ warum er weine? hat er
geantwortet: uͤber aller menſchen ſuͤnde und
boßheit/ auch deßwegen/ daß ſich die welt un-
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[50/0062] Th. III. C. IV. Von Eſaia Stiefeln CHriſtus iſt nicht um des alten men- ſchens willen kommen/ iſt auch nicht im alten befleckten fleiſche menſch worden/ ſondeꝛn in der bildniß eſſentz/ daß ein neuer menſch ſoll aus dem alten geboren wer- den/ und der im alten wohne/ aber nicht im dritten principio in dieſer aͤuſſern welt/ ſondern im andern/ im himmel/ in GOtt und GOtt in ihm. Unterdeſſen ur- theilet Boͤhme von ihm/ daß er ihn vor einen wiedergebornen Chriſten erkenne/ und daß er wol moͤge ein frommer neugebor- ner und in CHriſto mit ſeiner neuen ge- burt und neuem menſchen heilig ſeyn we- gen CHriſti einwohnung: Wie denn die weſendliche einwohnung der ſchrifft durchaus gemaͤß ſey/ als er ſolches auch hoch bewaͤhre/ und habe er in daſſelbe wieder ihn keine einrede. Er rede auch gar recht von der gantz fleiſchlichen Chri- ſtenheit/ welche nicht mehr als nur den namen im munde fuͤhrte/ da das hertz und gemuͤth nur ein ſpoͤtter des namens Chriſti vor Gott erkannt werde/ ꝛc. Siehe 1. c. p. 5. 7. 22. 24. und 31. und eben daſelbſt die gantze Apologie von dieſer ſache. Jch ſchlieſſe aber hier dieſe hiſtorie/ wenn ich nur zu dem obigen Wittenbergiſchen judi- cio noch ein anders von einem Academi- ſchen Theologo werde geſetzet haben/ nemlich von Johanne Hornbeckio, der Stiefeln auch entſchuldiget/ und ſchreibet: Er waͤre vie- leicht duꝛch ſeine ſpeculationes betꝛogen/ uñ habe vielmehr nur harte und ungereimte worte gebraucht/ als kaͤtzereyen. L. VI. ſummæ controvers. p. 462. Zu wuͤnſchen waͤre es/ daß dergleichen billiche und der Chriſtlichen liebe und beſcheidenheit gantz gemaͤſſe ausſpruͤ- che bey Paradoxen meinungen von denen or- thodoxen allezeit geſchehen waͤren/ ſo wuͤrde nicht manche ſchwereverantwortung/ ſondern auch unzehliche anders unruhe/ blutvergieſ- ſen/ ſchaden und gefahr allenthalben unterblie- ben ſeyn. Doch vieleicht iſt die zeit vorhan- den/ darinne keine andere als dergleichen Chriſt- liche und friedfertige conſilia ſtatt finden moͤchten. Jahr MDC. biß MDCC. 60. Bey dieſer materie wollen wir noch ei- nige exempel hinzu fuͤgen/ von ſolchen perſonen aus dem ſiebenzehenden Seculo, die etwa aus einem irrigen wahn ſich ebenfalls vor eine Goͤttliche perſon gehalten und ausgegeben/ und weil die Cleriſey entweder aus unver- ſtand und ungeſchicklichkeit/ oder auch aus un- geſtuͤmmigkeit und blutgierigkeit ſie des todes ſchuldig gehalten/ deswegen oͤffentlich ums le- ben gebracht worden/ an ſtatt/ daß man ſie mit ſanfftmuth wieder zu recht bringen/ oder ihre veraͤnderung mit gedult haͤtte ſollen erwar- ten. Jm Theatro Europæo T. III. p. 632. u. f. Item bey Chriſtophoro Hartknochen im andern buch der Preußiſchen Kirchenhiſtorie am 9. cap. pag. 585. wie auch bey Johann Ludwig Gottfrieden in der Hiſtoriſchen Chronicka/ und bey andern mehr wird folgen- de tragœdie erzehlet. Es fand ſich zu Koͤnigs- berg ein mann Anno 1636. buͤrtig aus der ge- gend bey Elbingen/ eines Prieſters unehelicher ſohn/ der in ſeiner jugend wol ſtudieret/ und ſonderlich die ſprachen wol verſtund und re- den konte. Wie er auch allezeit ein Griechiſch und Lateiniſch N. Teſtament bey ſich fuͤhrte/ und in der Bibel ſo beleſen war/ daß er auch die verſicul anzuziehen wuſte. Dieſer machte/ wo er hinkam/ ein aufſehen/ weil er ſehr elend und veraͤchtlich aufzog/ und zu Koͤnigsberg|vorgab: Daß er fuͤr drey jahren nahe bey Thoren ſeinen groſſen tag der erleuchtung ge- habt/ da ihm ſieben Engel bey einem hoͤltzernen Crucifix am wege ſtehend die Offenbarung vom himmel gebracht/ er ſolte die perſon GOttes des Vaters auf erden leiblich repræſentiren/ und alles boͤſe aus der welt thun/ auch die obrig- keit mit eiſern ruthen ſtaͤupen. Andere exempel derer/ die ſich vor Goͤttlich ausgege- ben. Zu Koͤ- nigsberg. Jahr MDC. biß MDCC. 61. Deswegen fuͤhrete er ein groß breit ſie- gel/ und gab ſich folgenden titul: Wir Jo- hann Albrecht Adelgreiff/ Syrdoß/ Ama- da/ Canamata/ Kikis/ Schmalkilimun- dis/ Elioris Uber-Ertz-Hoheprieſter/ Kay- ſer/ des H. Goͤttlichen Keichs Koͤnig/ der gantzen welt Friede-Fuͤrſt/ Richter der lebendigen und der todten/ GOtt und Vater/ in welches herrlichkeit Chriſtus kommen ſoll zum juͤngſten gericht/ Herr aller Herren/ und Koͤnig aller Koͤnige. Die puncte ſeines vorgebens hat man/ wie Hartknoch meldet/ dem gemeinen mann nicht in die haͤnde kommen laſſen/ mit dem vor- wand/ es waͤren Gotteslaͤſterungen und ande- re ſachen darinnen. Weil man aber gleichwol die abgeſchmackte/ und eben ſo wol aͤrgerli- che dinge mit fleiß publiciret/ ſo ſolte man faſt vermuthen/ dieſer menſch haͤtte etwan ſolche dinge vorgebracht/ die das Myſterium iniqui- tatis in politiſchen oder kirchlichen ſachen zu ſehr entdecket. Jndeſſen iſt doch ſeltſam/ daß man von ihm als gewiß erzehlet: Er haͤtte die Sonne an unterſchiedlichen orten ſichtbarlich heiſſen in die runde lauffen/ auch die ſterne hin und wieder ſich em- por heben/ welches auch auf ſein wort wircklich geſchehen waͤre/ wie es viele leute geſehen. Deswegen hat man ihn als einen zauberer verdammt/ und zugleich beſchul- diget/ wie er geſtanden haͤtte/ er waͤre in Sie- benbuͤrgen um ehebruchs willen ausgeſtaͤupet worden. 62. Die Prediger haben nach ihrer art ihn bekehren wollen/ aber ohne efſect, und ſoll er ihnen geantwortet haben: Er beduͤrffte keiner ſeeligkeit/ der Sohn Gottes/ der Heilige Geiſt/ die Engel und teuffel muͤſten ihm unterthan ſeyn. Nachdem er nun auf die tortur gebracht (welche ohne zweiffel auch zur bekehrung helf- fen ſollen/ wie Hartknoch pag. 584. ausdruͤck- lich ſetzet/ daß auch die tortur nichts zur bekehrung wircken moͤgen/) hat man ihn endlich verurtheilet/ daß ihm die zunge aus dem halß geriſſen/ der kopff abgehauen/ und der leib verbrant werden ſolte. Der proceß wird alſo beſchrieben: Erſagte/ er wiſſe gewiß/ daß ſein leib am dritten tage aus der aſchen wie- derum lebendig werden ſolte/ und hat bitter- lich angefangen zu weinen: Als ihn aber Geor- gius Colbius gefragt/ warum er weine? hat er geantwortet: uͤber aller menſchen ſuͤnde und boßheit/ auch deßwegen/ daß ſich die welt un- terſtehen duͤrffte ihn zutoͤdten. Worauff als ihm hinwider geantwortet/ er ſolte uͤber ſeine ſunde

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/62>, abgerufen am 11.05.2024.