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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XXXVII. Apologia David Joris wider Emmium, &c.
[Spaltenumbruch] sen berühmung nun wahrhafftiger sey/ die
ihre/ oder des Davids/ wird GOtt schon
urtheilen/ und zu seiner zeit ans licht brin-
gen. Daß du aber sagest/ er setze sich über
CHRistum und seine Apostel/ das ist eine
unwahrheit; denn er verneinet solches auß-
drücklich mit außgedruckten worten an die
Gräffin von Embden in seiner kurtzen ent-
schuldigung in der 9ten verantwortung/ da
er außdrücklich saget/ daß er CHRistum
vor seinen HErrn und Haupt halte: Mich
"lüstert (spricht er) nicht nach meiner/ son-
"dern nach seiner stimme/ wie ich das
"ewige/ allmächtige/ geistliche wort der
"krafft bestens beleben/ ihm nachfolgen/ und
"ohne unterlaß thun möge/ und dasselbe
"rathe ich einen andern so wol als mir etc.

Wenn du nun gleich diese entschuldigung
gerne woltest krafftloß machen/ als obs sei-
ne meinung nicht wäre/ so gilt doch dein
geschwätz darwider bey dem verständigen und
unpartheyischen leser überall nichts/ weil ja
ein jeder selbst der beste außleger seiner wor-
te zu seyn pfleget/ wie gesagt ist. Doch daß
"dir gnug geschehe/ so ließ den tractat/ ge-
"nant: Eine gute vermahnung an alle/ die
"sich CHRisti rühmen/ da wirstu Lit. f. 4
"diese worte finden: CHRistus ist der trost/
"die seligkeit aller menschen/ dazu von dem
"Vater von oben gesandt/ und gebohren zur
"erlösung/ und gegeben zur erhaltung; ja
"er ist unsere überwindung/ unsere weißheit/
"unsere stärcke/ unsere krafft/ ohne welchen
"wir überall nichts vermögen. Wie? sol-
"ten wir einen solchen könig/ eine solche ga-
"be und lust des lebens nicht auffnehmen/
"solten wir uns eines solchen HErrn schä-
"men/ ihme nicht glauben noch liebha-
"ben? Wer solte uns denn bey dem Va-
"ter vertreten/ versöhnen/ heilen/ gesund-
"machen/ und in das verlohrne leben wie-
"der zur gloriosen herrlichen freyheit brin-
"gen/ dessen wir durch das fleisch von dem
"Teuffel beraubt sind/ muß es nicht alles
"durch den Heil saamen oder wort gesche-
"hen/ durch welches alle dinge geschaffen
"und gesund gemachet sind/ welches auch
"von anbeginn verheissen war/ daß es des
"feindes kopff zertreten solte? etc. Ließ fer-
ner/ so wirstu finden/ was er von CHristo
gehalten/ und auch sonst in allen seinen
schrifften. Und wo du nicht muthwillens
blind bist (wie es doch scheinet) wirstu wol
sehen/ daß er sich nicht über CHRistum/
noch auch CHRisto gleich zu seyn gestellet.
So du dennoch wilst sagen: Er lehret aber
CHRistum in der andern geburth des
Glaubens oder Geistes nachzujagen mit
gantzem hertzen/ mit andern sinnen/ und
ihm gleich zu werden/ fleisch von seinem
fleisch/ und bein von seinen beinen: So wis-
se/ nachdem du diß nicht glaubest/ daß es
hier auff diese welt geschehen möge/ das
doch den geboten und verheissungen GOt-
tes/ so offt und vielmals in der H. Schrifft
gedacht/ nicht entgegen stehet/ daß es dir
auch kein ernst sey darnach zu streben. Und
daher kommts auch/ daß du alles/ was recht
und wol geschrieben ist/ durch deinen schie-
lichten brill übel und unrecht liesest/ und ver-
[Spaltenumbruch] kehrt urtheilest. Darum ich auch diß nicht
vornemlich vor dich schreibe/ der du selbst
sprichst die schrifften Davids nicht anders/
noch auch in einer andern meynung gelesen
zu haben/ denn nur die mangelhafften und
schlimmsten stellen auszusuchen/ nicht aber
das gute zu behalten/ und nachzufolgen;
sondern ich begehre/ daß die gutwilligen le-
ser/ denen es ein ernst ist den willen GOt-
tes zu thun/ die stellen/ von dir angewiesen/
wollen nachsuchen und ohne partheyligkeit
lesen/ so werden sie deine verkehrte von dir
erdichtete und außgegrübelte deutungen wol
sehen. Der unterscheid aber von CHRisto
und Christi David/ wie dus beschreibest/
und auff die person David Joris zehest/ und
verkehrt zum bösen deutest/ ist so grob/ daß
ichs unnöthig achte/ nur ein eintzig wort noch
darwider zu sagen/ denn deine grobheit in
diesem stück ist so groß/ und so verkehrt/ daß
ich mich nicht gnug drüber verwundern kan.

Damit aber der einfältige und gutwil-David Jo-
ris sinn
von Chri-
sto.

lige leser wissen möge/ was er von CHristo
halte/ wil ich dirs noch summarischer weise
sagen: JESUM CHRistum hält er vor"
den einigen HERRN und Heyland der"
welt/ vor welchen sich alle knie im him-"
mel und auff erden/ und unter der erden/"
das ist/ in der höllen beugen müssen/ ja al-"
les was hoch/ klein und groß ist; Daß er"
ist wahrhafftiger GOtt und Mensch/ nicht"
von unten/ sondern von dem Heil. Himmel"
oben aus des Vaters schoos hernieder kom-"
men in die welt/ nemlich der allerhöchste"
GOTT ist den Menschen gleich/ ja der"
allerverachteste worden/ auff daß er die un-"
tersten der höllen/ oder niedrigsten in der er-"
den in der aufsfarth mit ihm erhöhen oder"
erheben möchte/ das ist: Daß er/ der ober-"
ste/ von oben hernieder in das niedrigste ge-"
stiegen zur seligkeit der menschen/ deßwe-"
gen er seinen brüdern gleich worden/ auff daß"
er ihre kranckheiten empfindlich tragen helffe/"
und ihre ungerechtigkeiten/ sünden oder schul-"
den wegnehmen möchte durch seine unschul-"
dige gerechtigkeit und heiligkeit/ welche er vor"
sie setzet und mildiglich hingibt; sie ihme gleich"
zu machen stellet er sich selber dazu an ihre stel-"
le/ darum er auch leib und leben GOtte zur"
versöhnung gegeben hat zu einem süssen ge-"
ruch/ angenehmen freywilligen opffer und"
wercke der liebe. Durch welche reine liebe die"
feindschaft weggenommen/ und der tod in den"
sieg verschlungen wird in allen/ die durch ihn"
wahrhafftig an Gott glauben und vertrauen."
Daß er ist das brod des lebens/ der Sohn"
Gottes/ die liebe und weißheit des Vaters/"
das haupt aller wahren gläubigen/ der ei-"
nige mittler zwischen GOTT und Men-"
schen/ der sein volck selig/ frey und gesund"
machet von sünden/ summa/ daß er alles in"
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trost und der tröster/ der lehrmeister und"
lehrer/ die gnade und der gnädige/ die"
liebe und der liebhaber/ die versöhnung"
und der versöhner/ die aufferstehung und"
der erste aufferstandene/ der weg und der"
vorgänger/ die warheit und das leben/ in wel-"
chem alles/ was einen lebendigen athem hat"
oder licht zum verstande empfangen und be-"

hal-
M m 3

Th. IV. Sect. II. Num. XXXVII. Apologia David Joris wider Emmium, &c.
[Spaltenumbruch] ſen beruͤhmung nun wahrhafftiger ſey/ die
ihre/ oder des Davids/ wird GOtt ſchon
urtheilen/ und zu ſeiner zeit ans licht brin-
gen. Daß du aber ſageſt/ er ſetze ſich uͤber
CHRiſtum und ſeine Apoſtel/ das iſt eine
unwahrheit; denn er verneinet ſolches auß-
druͤcklich mit außgedruckten worten an die
Graͤffin von Embden in ſeiner kurtzen ent-
ſchuldigung in der 9ten verantwortung/ da
er außdruͤcklich ſaget/ daß er CHRiſtum
vor ſeinen HErrn und Haupt halte: Mich
„luͤſtert (ſpricht er) nicht nach meiner/ ſon-
„dern nach ſeiner ſtimme/ wie ich das
„ewige/ allmaͤchtige/ geiſtliche wort der
„krafft beſtens beleben/ ihm nachfolgen/ und
„ohne unterlaß thun moͤge/ und daſſelbe
„rathe ich einen andern ſo wol als mir ꝛc.

Wenn du nun gleich dieſe entſchuldigung
gerne wolteſt krafftloß machen/ als obs ſei-
ne meinung nicht waͤre/ ſo gilt doch dein
geſchwaͤtz darwider bey dem verſtaͤndigen und
unpartheyiſchen leſer uͤberall nichts/ weil ja
ein jeder ſelbſt der beſte außleger ſeiner wor-
te zu ſeyn pfleget/ wie geſagt iſt. Doch daß
„dir gnug geſchehe/ ſo ließ den tractat/ ge-
„nant: Eine gute vermahnung an alle/ die
„ſich CHRiſti ruͤhmen/ da wirſtu Lit. f. 4
„dieſe worte finden: CHRiſtus iſt der troſt/
„die ſeligkeit aller menſchen/ dazu von dem
„Vater von oben geſandt/ und gebohren zur
„erloͤſung/ und gegeben zur erhaltung; ja
„er iſt unſere uͤberwindung/ unſere weißheit/
„unſere ſtaͤrcke/ unſere krafft/ ohne welchen
„wir uͤberall nichts vermoͤgen. Wie? ſol-
„ten wir einen ſolchen koͤnig/ eine ſolche ga-
„be und luſt des lebens nicht auffnehmen/
„ſolten wir uns eines ſolchen HErrn ſchaͤ-
„men/ ihme nicht glauben noch liebha-
„ben? Wer ſolte uns denn bey dem Va-
„ter vertreten/ verſoͤhnen/ heilen/ geſund-
„machen/ und in das verlohrne leben wie-
„der zur glorioſen herrlichen freyheit brin-
„gen/ deſſen wir durch das fleiſch von dem
„Teuffel beraubt ſind/ muß es nicht alles
„durch den Heil ſaamen oder wort geſche-
„hen/ durch welches alle dinge geſchaffen
„und geſund gemachet ſind/ welches auch
„von anbeginn verheiſſen war/ daß es des
„feindes kopff zertreten ſolte? ꝛc. Ließ fer-
ner/ ſo wirſtu finden/ was er von CHriſto
gehalten/ und auch ſonſt in allen ſeinen
ſchrifften. Und wo du nicht muthwillens
blind biſt (wie es doch ſcheinet) wirſtu wol
ſehen/ daß er ſich nicht uͤber CHRiſtum/
noch auch CHRiſto gleich zu ſeyn geſtellet.
So du dennoch wilſt ſagen: Er lehret aber
CHRiſtum in der andern geburth des
Glaubens oder Geiſtes nachzujagen mit
gantzem hertzen/ mit andern ſinnen/ und
ihm gleich zu werden/ fleiſch von ſeinem
fleiſch/ und bein von ſeinen beinen: So wiſ-
ſe/ nachdem du diß nicht glaubeſt/ daß es
hier auff dieſe welt geſchehen moͤge/ das
doch den geboten und verheiſſungen GOt-
tes/ ſo offt und vielmals in der H. Schrifft
gedacht/ nicht entgegen ſtehet/ daß es dir
auch kein ernſt ſey darnach zu ſtreben. Und
daher kom̃ts auch/ daß du alles/ was recht
und wol geſchrieben iſt/ durch deinen ſchie-
lichten brill uͤbel und unrecht lieſeſt/ und ver-
[Spaltenumbruch] kehrt urtheileſt. Darum ich auch diß nicht
vornemlich vor dich ſchreibe/ der du ſelbſt
ſprichſt die ſchrifften Davids nicht anders/
noch auch in einer andern meynung geleſen
zu haben/ denn nur die mangelhafften und
ſchlim̃ſten ſtellen auszuſuchen/ nicht aber
das gute zu behalten/ und nachzufolgen;
ſondern ich begehre/ daß die gutwilligen le-
ſer/ denen es ein ernſt iſt den willen GOt-
tes zu thun/ die ſtellen/ von dir angewieſen/
wollen nachſuchen und ohne partheyligkeit
leſen/ ſo werden ſie deine verkehrte von dir
erdichtete und außgegruͤbelte deutungen wol
ſehen. Der unterſcheid aber von CHRiſto
und Chriſti David/ wie dus beſchreibeſt/
und auff die perſon David Joris zeheſt/ und
verkehrt zum boͤſen deuteſt/ iſt ſo grob/ daß
ichs unnoͤthig achte/ nur ein eintzig wort noch
darwider zu ſagen/ denn deine grobheit in
dieſem ſtuͤck iſt ſo groß/ und ſo verkehrt/ daß
ich mich nicht gnug druͤber verwundern kan.

Damit aber der einfaͤltige und gutwil-David Jo-
ris ſinn
von Chri-
ſto.

lige leſer wiſſen moͤge/ was er von CHriſto
halte/ wil ich dirs noch ſummariſcher weiſe
ſagen: JESUM CHRiſtum haͤlt er vor“
den einigen HERRN und Heyland der“
welt/ vor welchen ſich alle knie im him-“
mel und auff erden/ und unter der erden/“
das iſt/ in der hoͤllen beugen muͤſſen/ ja al-“
les was hoch/ klein und groß iſt; Daß er“
iſt wahrhafftiger GOtt und Menſch/ nicht“
von unten/ ſondern von dem Heil. Himmel“
oben aus des Vaters ſchoos hernieder kom-“
men in die welt/ nemlich der allerhoͤchſte“
GOTT iſt den Menſchen gleich/ ja der“
allerverachteſte worden/ auff daß er die un-“
terſten der hoͤllen/ oder niedrigſten in der er-“
den in der aufſfarth mit ihm erhoͤhen oder“
erheben moͤchte/ das iſt: Daß er/ der ober-“
ſte/ von oben hernieder in das niedrigſte ge-“
ſtiegen zur ſeligkeit der menſchen/ deßwe-“
gen er ſeinen bruͤdern gleich worden/ auff daß“
er ihre kranckheiten empfindlich tragen helffe/“
und ihre ungerechtigkeiten/ ſuͤnden oder ſchul-“
den wegnehmen moͤchte durch ſeine unſchul-“
dige gerechtigkeit und heiligkeit/ welche er vor“
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le/ darum er auch leib und leben GOtte zur“
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wercke der liebe. Durch welche reine liebe die“
feindſchaft weggenommen/ und der tod in den“
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wahrhafftig an Gott glauben und vertrauen.“
Daß er iſt das brod des lebens/ der Sohn“
Gottes/ die liebe und weißheit des Vaters/“
das haupt aller wahren glaͤubigen/ der ei-“
nige mittler zwiſchen GOTT und Men-“
ſchen/ der ſein volck ſelig/ frey und geſund“
machet von ſuͤnden/ ſumma/ daß er alles in“
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troſt und der troͤſter/ der lehrmeiſter und“
lehrer/ die gnade und der gnaͤdige/ die“
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[277/0573] Th. IV. Sect. II. Num. XXXVII. Apologia David Joris wider Emmium, &c. ſen beruͤhmung nun wahrhafftiger ſey/ die ihre/ oder des Davids/ wird GOtt ſchon urtheilen/ und zu ſeiner zeit ans licht brin- gen. Daß du aber ſageſt/ er ſetze ſich uͤber CHRiſtum und ſeine Apoſtel/ das iſt eine unwahrheit; denn er verneinet ſolches auß- druͤcklich mit außgedruckten worten an die Graͤffin von Embden in ſeiner kurtzen ent- ſchuldigung in der 9ten verantwortung/ da er außdruͤcklich ſaget/ daß er CHRiſtum vor ſeinen HErrn und Haupt halte: Mich „luͤſtert (ſpricht er) nicht nach meiner/ ſon- „dern nach ſeiner ſtimme/ wie ich das „ewige/ allmaͤchtige/ geiſtliche wort der „krafft beſtens beleben/ ihm nachfolgen/ und „ohne unterlaß thun moͤge/ und daſſelbe „rathe ich einen andern ſo wol als mir ꝛc. Wenn du nun gleich dieſe entſchuldigung gerne wolteſt krafftloß machen/ als obs ſei- ne meinung nicht waͤre/ ſo gilt doch dein geſchwaͤtz darwider bey dem verſtaͤndigen und unpartheyiſchen leſer uͤberall nichts/ weil ja ein jeder ſelbſt der beſte außleger ſeiner wor- te zu ſeyn pfleget/ wie geſagt iſt. Doch daß „dir gnug geſchehe/ ſo ließ den tractat/ ge- „nant: Eine gute vermahnung an alle/ die „ſich CHRiſti ruͤhmen/ da wirſtu Lit. f. 4 „dieſe worte finden: CHRiſtus iſt der troſt/ „die ſeligkeit aller menſchen/ dazu von dem „Vater von oben geſandt/ und gebohren zur „erloͤſung/ und gegeben zur erhaltung; ja „er iſt unſere uͤberwindung/ unſere weißheit/ „unſere ſtaͤrcke/ unſere krafft/ ohne welchen „wir uͤberall nichts vermoͤgen. Wie? ſol- „ten wir einen ſolchen koͤnig/ eine ſolche ga- „be und luſt des lebens nicht auffnehmen/ „ſolten wir uns eines ſolchen HErrn ſchaͤ- „men/ ihme nicht glauben noch liebha- „ben? Wer ſolte uns denn bey dem Va- „ter vertreten/ verſoͤhnen/ heilen/ geſund- „machen/ und in das verlohrne leben wie- „der zur glorioſen herrlichen freyheit brin- „gen/ deſſen wir durch das fleiſch von dem „Teuffel beraubt ſind/ muß es nicht alles „durch den Heil ſaamen oder wort geſche- „hen/ durch welches alle dinge geſchaffen „und geſund gemachet ſind/ welches auch „von anbeginn verheiſſen war/ daß es des „feindes kopff zertreten ſolte? ꝛc. Ließ fer- ner/ ſo wirſtu finden/ was er von CHriſto gehalten/ und auch ſonſt in allen ſeinen ſchrifften. Und wo du nicht muthwillens blind biſt (wie es doch ſcheinet) wirſtu wol ſehen/ daß er ſich nicht uͤber CHRiſtum/ noch auch CHRiſto gleich zu ſeyn geſtellet. So du dennoch wilſt ſagen: Er lehret aber CHRiſtum in der andern geburth des Glaubens oder Geiſtes nachzujagen mit gantzem hertzen/ mit andern ſinnen/ und ihm gleich zu werden/ fleiſch von ſeinem fleiſch/ und bein von ſeinen beinen: So wiſ- ſe/ nachdem du diß nicht glaubeſt/ daß es hier auff dieſe welt geſchehen moͤge/ das doch den geboten und verheiſſungen GOt- tes/ ſo offt und vielmals in der H. Schrifft gedacht/ nicht entgegen ſtehet/ daß es dir auch kein ernſt ſey darnach zu ſtreben. Und daher kom̃ts auch/ daß du alles/ was recht und wol geſchrieben iſt/ durch deinen ſchie- lichten brill uͤbel und unrecht lieſeſt/ und ver- kehrt urtheileſt. Darum ich auch diß nicht vornemlich vor dich ſchreibe/ der du ſelbſt ſprichſt die ſchrifften Davids nicht anders/ noch auch in einer andern meynung geleſen zu haben/ denn nur die mangelhafften und ſchlim̃ſten ſtellen auszuſuchen/ nicht aber das gute zu behalten/ und nachzufolgen; ſondern ich begehre/ daß die gutwilligen le- ſer/ denen es ein ernſt iſt den willen GOt- tes zu thun/ die ſtellen/ von dir angewieſen/ wollen nachſuchen und ohne partheyligkeit leſen/ ſo werden ſie deine verkehrte von dir erdichtete und außgegruͤbelte deutungen wol ſehen. Der unterſcheid aber von CHRiſto und Chriſti David/ wie dus beſchreibeſt/ und auff die perſon David Joris zeheſt/ und verkehrt zum boͤſen deuteſt/ iſt ſo grob/ daß ichs unnoͤthig achte/ nur ein eintzig wort noch darwider zu ſagen/ denn deine grobheit in dieſem ſtuͤck iſt ſo groß/ und ſo verkehrt/ daß ich mich nicht gnug druͤber verwundern kan. Damit aber der einfaͤltige und gutwil- lige leſer wiſſen moͤge/ was er von CHriſto halte/ wil ich dirs noch ſummariſcher weiſe ſagen: JESUM CHRiſtum haͤlt er vor“ den einigen HERRN und Heyland der“ welt/ vor welchen ſich alle knie im him-“ mel und auff erden/ und unter der erden/“ das iſt/ in der hoͤllen beugen muͤſſen/ ja al-“ les was hoch/ klein und groß iſt; Daß er“ iſt wahrhafftiger GOtt und Menſch/ nicht“ von unten/ ſondern von dem Heil. Himmel“ oben aus des Vaters ſchoos hernieder kom-“ men in die welt/ nemlich der allerhoͤchſte“ GOTT iſt den Menſchen gleich/ ja der“ allerverachteſte worden/ auff daß er die un-“ terſten der hoͤllen/ oder niedrigſten in der er-“ den in der aufſfarth mit ihm erhoͤhen oder“ erheben moͤchte/ das iſt: Daß er/ der ober-“ ſte/ von oben hernieder in das niedrigſte ge-“ ſtiegen zur ſeligkeit der menſchen/ deßwe-“ gen er ſeinen bruͤdern gleich worden/ auff daß“ er ihre kranckheiten empfindlich tragen helffe/“ und ihre ungerechtigkeiten/ ſuͤnden oder ſchul-“ den wegnehmen moͤchte durch ſeine unſchul-“ dige gerechtigkeit und heiligkeit/ welche er vor“ ſie ſetzet und mildiglich hingibt; ſie ihme gleich“ zu machen ſtellet er ſich ſelber dazu an ihre ſtel-“ le/ darum er auch leib und leben GOtte zur“ verſoͤhnung gegeben hat zu einem ſuͤſſen ge-“ ruch/ angenehmen freywilligen opffer und“ wercke der liebe. Durch welche reine liebe die“ feindſchaft weggenommen/ und der tod in den“ ſieg verſchlungen wird in allen/ die durch ihn“ wahrhafftig an Gott glauben und vertrauen.“ Daß er iſt das brod des lebens/ der Sohn“ Gottes/ die liebe und weißheit des Vaters/“ das haupt aller wahren glaͤubigen/ der ei-“ nige mittler zwiſchen GOTT und Men-“ ſchen/ der ſein volck ſelig/ frey und geſund“ machet von ſuͤnden/ ſumma/ daß er alles in“ allen iſt/ die ſeligkeit und der ſeligmacher/ der“ troſt und der troͤſter/ der lehrmeiſter und“ lehrer/ die gnade und der gnaͤdige/ die“ liebe und der liebhaber/ die verſoͤhnung“ und der verſoͤhner/ die aufferſtehung und“ der erſte aufferſtandene/ der weg und der“ vorgaͤnger/ die warheit und das leben/ in wel-“ chem alles/ was einen lebendigen athem hat“ oder licht zum verſtande empfangen und be-“ hal- David Jo- ris ſinn von Chri- ſto. M m 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/573>, abgerufen am 22.12.2024.