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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XXVII. Schrifft der Münsterischen Wiedertäuffer.
[Spaltenumbruch] de und worten recht vergleichen und auslegen/ so ist
es uns dißmahl nicht möglich/ denn es würde viel
zu lang seyn zu schreiben/ doch die fürnehmsten stü-
cke wollen wir anweisen; die andern einem jeden an-
befehlen/ daß er selber des schlüssels gebrauche/ aus-
schliesse/ und sie zu handen nehme.

Nun vornehmlich wird die hütte in drey theile
getheilet/ nemlich den vorhoff/ das heilige und das
allerheiligste/ und diese dreyerley sind und werden
auch so bescheidentlich in Christo als dem rechten
wesen verstanden/ gleich als sie figürlich in der hüt-
ten abgemahlet und conterfeyet sind/ als Paulus
sagt; es ist jenen allerdings in bildern wiederfahren/
der leib aber/ oder das rechte wesen/ das ist Christi/
und in demselben wohnet die vollkommene Gott-
heit leibhafftig/ welches auch in wahrem verlauff
in allen theilen der hütten/ und was in der hütten
ist abgebildet/ den menschen Christum durch seinen
unterthänigen gehorsam wieder ins allerherrlich-
ste/ und allerheiligste/ darinnen er von ewigkeit/
ehe denn der welt grund geleget worden/ gewesen
war/ erhöhet und wiederbracht hat.

Hier solstu denn nun mercken/ daß du den ver-
kauf und begriff der hütten/ vom anfang der mensch-
werdung Christi des Sohnes Gottes ansehen/
und mit Christo dem rechte wesen vergleichen muste/
und das ordentlich/ damit du das eine nicht unter
das andere vermengest/ nemlich was in den vor-
hoff gehöret/ daß du das nicht ins heilige/ oder um-
gekehrt trägest; denn ein jedes ding mustu ordent-
lich in seiner rechten stätte ansehen und bleiben las-
sen/ denn so schrecklich als es dem Usia gieng/ daß
er frembd feuer einbrachte/ und auch/ da er die la-
de wolte halten/ also ist es auch gantz gefährlich/
Gottes wort unrecht von einander schneiden/ und
seinen verstand vortragen.

Alsdenn nun Christus d[er] Sohn Gottes mensch
geworden/ eines knechtes gestalt hat angenommen/ im
gleichnis eines sündliche knechts/ uns in allem gleich/
und wiewol er nicht gesündiget hatte/ noch betrug in
seinem munde gefunde worden ist/ so ist er doch die
sünde/ ja der fluch der sünde um unsert willen worde/
und er hat an sich den lauff aller kranckheit und ver-
suchungen des leidens müssen vollbringen/ und also
wiederum in seine herrlichkeit kommen. Solches
gehört alles in den vorhoff/ biß daß er sich gantz hat
aufgeopffert; und also müssen wir ihm folgen/ wie
er das Gesetz und die hütte vollbracht/ daß wir ihm
also gleichförmig und in ihm vollkommen seyn. Der-
halben hoch von nöthen/ daß wir wohl zusehen/ daß
wir rechtschaffen in Christo seyn/ und ihm recht fol-
gen/ acht haben auf unsere tritte/ daß wir nicht
meinen/ wir sind da/ wo wir noch lange nicht hin
sind; denn wie die hütte ein vorbild ist auf Chri-
stum/ daß Christus der wahre tabernackel ist/ in wel-
chem die Gottheit leibhafftig wohnet/ und hat müs-
sen in allem versucht werden/ und von dem gering-
sten zu dem grösten kommen/ damit er also dann
in seine eigene herrlichkeit/ das ist das allerheiligste
wieder kommen möchte; also ist nun Christus ein
vorbild seiner gläubigen/ daß sie in allem müssen
seinen fußstapfen folgen/ und ihm gleichförmig wer-
den/ wollen sie anders seine herrlichkeit besitzen.
Derohalben hat sich nun Christus hoch erfreuet/
und wie ein tapfferer Held und Riese den weg zu
lauffen lust gehabt/ damit er den gläubigen den weg
bahnte/ und denselben einen sichern zugang und
eingang durch sein fleisch und blut bereitete.

Demnach was in der hütten bildlicher weise
verordnet und zugerüstet ist/ das kleine eben so wohl
als das grosse/ das ist allzumahl wahrhafftig und
[Spaltenumbruch] wesentlich in Christo erschienen/ und es ist Christus
selber/ und was in Christo ist/ das ist/ allzumahl ein
vorbild auf den leib Christi/ das ist auf die heilige
gläubige und recht getauffte gemeine Christi/ und
also/ worzu die gläubigen hier im geist zu dem ver-
heissenen durch kämpffen und kommen/ einen rechten
Tabernackel von ihren leichnamen machen/ gleich
als Petrus seinen leichnam einen Tabernackel nen-
net/ das sollen sie hernachmals an jene tage gewiß-
lich und wahrhafftig empfangen. Gal. VI. 1. Cor. V.

Es ist zuvor gesagt/ wie die hütte vornemlich in
drey theil getheilet werde/ nemlich in den vorhoff/
das heilige und das heilige der heiligen. Nun diese
dreyerley haben jegliches ihr eigenthum und zube-
hör/ denn es ist vor allen dreyen einerley vorhang/
welches ist das fleisch Christi. Aber das geschirr in ei-
nem jeglichen ist unterschieden beyde in materien
und der gestalt: Jn dem vorhoff ist ehern geschirr
mit etlichen silbernen/ in dem heiligen ist gold und
silber/ im allerheiligsten ist eitelgold/ und das ist auch
die lade des bundes und der gnadenstuhl &c. wie
man im andern buch Mosis lieset. Doch von dem
geschirr der hütten wollen wir dißmal nicht sagen/
allein wollen wir die drey vornemste stücke in Chri-
sto anweisen/ das andere geben wir einem jeden
selber zu bedencken.

Demnach wie die hütte drey principal-theile hat/
also bezeuget auch Cbristus von sich dreyerley/ und
spricht: Jch bin der weg/ die wahrheit und das le-
ben. Welcher nun verstehen kan/ und diejenige weiß-
heit seiner verborgenheit erlanget hat/ daß er der
hütten verborgenheit begreiffen kan/ der hat leicht-
lich abzunehmen/ daß hiermit der Herr Christus das
wesen der hütten in sich selber angewiesen hat/ und
den rechte weg in das gelobte Land geweiset/ also ist
er es/ ihm müssen alle gläubigen nachwandern/ und
in ihm dasselbe erlangen/ dazu er gekommen ist/ wel-
ches ist hinter dem vorhang/ dahin der vorläuffer
JEsus in ewigkeit ist vorher eingegangen/ nach der
ordnung Melchisedech ein Hoherpriester gewor-
den. Nun wir wollen die hütte nach diesen worten
mit Christo etwas vergleichen/ so wird man diß ver-
nehmen. Demnach das erste in der hütten ist der
vorhoff/ und der vorhoff ist eigentlich anders nichts/
denn in welcher die lust und begierden des fleisches
mit wahrhafftiger busse gecreutziget/ und auf dem
ehernen altar geopffert werden/ und der weg der ge-
bote GOttes gelauffen wird &c. Christus hat den
weg gewandert/ und ist seinem Vater gehorsam ge-
wesen biß in den tod/ ja den tod des creutzes; also
müssen wir auch nun in Christo recht wandern in
dem wege der gerechtigkeit/ welche das erste und
vornemste ist/ ehe dann man die wahrheit Christi in
vollkommener versicherung des hertzens überkom-
men mag; diß ist der weg/ darauf der mensch tritt
durch die Tauffe; der da glaubet/ daß Christus der
lebendige GOTTes Sohn/ und wird darauf in
seinem namen getaufft/ der wird in den vorhoff/ in
den einigen leib Christi eingelassen/ daß er fortan auf
dem ehernen altar seinen leib und gliedmassen auf-
opffere/ halte alle das jenige/ was Christus befohlen
hat. Derowegen befiehlt auch Christus seinen post-
botten/ die er in die gantze welt gesandt hat/ und
spricht: Gehet hin und lehret alle völcker/ das ist/
unterrichtet sie von allem ihrem unwesen zu mir/
darnach/ die sich lehren lassen/ die tauffet in dem na-
men Gottes &c. das ist/ daß sie abgewaschen von
der unreinigkeit dieser welt/ eingelassen werden in
den leib Christi/ und aufgerichtet auf den weg der
gerechtigkeit; darum folget/ und lehret sie halten
alles/ das ich euch befohlen habe.

Also

Th. IV. Sect. II. Num. XXVII. Schrifft der Muͤnſteriſchen Wiedertaͤuffer.
[Spaltenumbruch] de und worten recht vergleichen und auslegen/ ſo iſt
es uns dißmahl nicht moͤglich/ denn es wuͤrde viel
zu lang ſeyn zu ſchreiben/ doch die fuͤrnehmſten ſtuͤ-
cke wollen wir anweiſen; die andern einem jeden an-
befehlen/ daß er ſelber des ſchluͤſſels gebrauche/ auſ-
ſchlieſſe/ und ſie zu handen nehme.

Nun vornehmlich wird die huͤtte in drey theile
getheilet/ nemlich den vorhoff/ das heilige und das
allerheiligſte/ und dieſe dreyerley ſind und werden
auch ſo beſcheidentlich in Chriſto als dem rechten
weſen verſtanden/ gleich als ſie figuͤrlich in der huͤt-
ten abgemahlet und conterfeyet ſind/ als Paulus
ſagt; es iſt jenen allerdings in bildern wiederfahren/
der leib aber/ oder das rechte weſen/ das iſt Chriſti/
und in demſelben wohnet die vollkommene Gott-
heit leibhafftig/ welches auch in wahrem verlauff
in allen theilen der huͤtten/ und was in der huͤtten
iſt abgebildet/ den menſchen Chriſtum durch ſeinen
unterthaͤnigen gehorſam wieder ins allerherrlich-
ſte/ und allerheiligſte/ darinnen er von ewigkeit/
ehe denn der welt grund geleget worden/ geweſen
war/ erhoͤhet und wiederbracht hat.

Hier ſolſtu denn nun mercken/ daß du den ver-
kauf und begriff der huͤtten/ vom anfang der menſch-
werdung Chriſti des Sohnes Gottes anſehen/
und mit Chriſto dem rechtē weſen vergleichen muſte/
und das ordentlich/ damit du das eine nicht unter
das andere vermengeſt/ nemlich was in den vor-
hoff gehoͤret/ daß du das nicht ins heilige/ oder um-
gekehrt traͤgeſt; denn ein jedes ding muſtu ordent-
lich in ſeiner rechten ſtaͤtte anſehen und bleiben laſ-
ſen/ denn ſo ſchrecklich als es dem Uſia gieng/ daß
er frembd feuer einbrachte/ und auch/ da er die la-
de wolte halten/ alſo iſt es auch gantz gefaͤhrlich/
Gottes wort unrecht von einander ſchneiden/ und
ſeinen verſtand vortragen.

Alsdenn nun Chriſtus d[er] Sohn Gottes menſch
geworden/ eines knechtes geſtalt hat angenom̃en/ im
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und wiewol er nicht geſuͤndiget hatte/ noch betrug in
ſeinem munde gefundē worden iſt/ ſo iſt er doch die
ſuͤnde/ ja der fluch der ſuͤndē um unſert willen wordē/
und er hat an ſich den lauff aller kranckheit und ver-
ſuchungen des leidens muͤſſen vollbringen/ und alſo
wiederum in ſeine herrlichkeit kommen. Solches
gehoͤrt alles in den vorhoff/ biß daß er ſich gantz hat
aufgeopffert; und alſo muͤſſen wir ihm folgen/ wie
er das Geſetz und die huͤtte vollbracht/ daß wir ihm
alſo gleichfoͤrmig und in ihm vollkom̃en ſeyn. Der-
halben hoch von noͤthen/ daß wir wohl zuſehen/ daß
wir rechtſchaffen in Chriſto ſeyn/ und ihm recht fol-
gen/ acht haben auf unſere tritte/ daß wir nicht
meinen/ wir ſind da/ wo wir noch lange nicht hin
ſind; denn wie die huͤtte ein vorbild iſt auf Chri-
ſtum/ daß Chriſtus der wahre tabernackel iſt/ in wel-
chem die Gottheit leibhafftig wohnet/ und hat muͤſ-
ſen in allem verſucht werden/ und von dem gering-
ſten zu dem groͤſten kommen/ damit er alſo dann
in ſeine eigene herrlichkeit/ das iſt das allerheiligſte
wieder kommen moͤchte; alſo iſt nun Chriſtus ein
vorbild ſeiner glaͤubigen/ daß ſie in allem muͤſſen
ſeinen fußſtapfen folgen/ und ihm gleichfoͤrmig wer-
den/ wollen ſie anders ſeine herrlichkeit beſitzen.
Derohalben hat ſich nun Chriſtus hoch erfreuet/
und wie ein tapfferer Held und Rieſe den weg zu
lauffen luſt gehabt/ damit er den glaͤubigen den weg
bahnte/ und denſelben einen ſichern zugang und
eingang durch ſein fleiſch und blut bereitete.

Demnach was in der huͤtten bildlicher weiſe
verordnet und zugeruͤſtet iſt/ das kleine eben ſo wohl
als das groſſe/ das iſt allzumahl wahrhafftig und
[Spaltenumbruch] weſentlich in Chriſto erſchienen/ und es iſt Chriſtus
ſelber/ und was in Chriſto iſt/ das iſt/ allzumahl ein
vorbild auf den leib Chriſti/ das iſt auf die heilige
glaͤubige und recht getauffte gemeine Chriſti/ und
alſo/ worzu die glaͤubigen hier im geiſt zu dem ver-
heiſſenen durch kaͤmpffen und kommen/ einen rechten
Tabernackel von ihren leichnamen machen/ gleich
als Petrus ſeinen leichnam einen Tabernackel nen-
net/ das ſollen ſie hernachmals an jenē tage gewiß-
lich und wahrhafftig empfangen. Gal. VI. 1. Cor. V.

Es iſt zuvor geſagt/ wie die huͤtte vornemlich in
drey theil getheilet werde/ nemlich in den vorhoff/
das heilige und das heilige der heiligen. Nun dieſe
dreyerley haben jegliches ihr eigenthum und zube-
hoͤr/ denn es iſt vor allen dreyen einerley vorhang/
welches iſt das fleiſch Chriſti. Aber das geſchirr in ei-
nem jeglichen iſt unterſchieden beyde in materien
und der geſtalt: Jn dem vorhoff iſt ehern geſchirr
mit etlichen ſilbernen/ in dem heiligen iſt gold und
ſilber/ im allerheiligſten iſt eitelgold/ und das iſt auch
die lade des bundes und der gnadenſtuhl &c. wie
man im andern buch Moſis lieſet. Doch von dem
geſchirr der huͤtten wollen wir dißmal nicht ſagen/
allein wollen wir die drey vornemſte ſtuͤcke in Chri-
ſto anweiſen/ das andere geben wir einem jeden
ſelber zu bedencken.

Demnach wie die huͤtte drey principal-theile hat/
alſo bezeuget auch Cbriſtus von ſich dreyerley/ und
ſpricht: Jch bin der weg/ die wahrheit und das le-
ben. Welcher nun verſtehen kan/ und diejenige weiß-
heit ſeiner verborgenheit erlanget hat/ daß er der
huͤtten verborgenheit begreiffen kan/ der hat leicht-
lich abzunehmen/ daß hiermit der Herr Chriſtus das
weſen der huͤtten in ſich ſelber angewieſen hat/ und
den rechtē weg in das gelobte Land geweiſet/ alſo iſt
er es/ ihm muͤſſen alle glaͤubigen nachwandern/ und
in ihm daſſelbe erlangen/ dazu er gekommen iſt/ wel-
ches iſt hinter dem vorhang/ dahin der vorlaͤuffer
JEſus in ewigkeit iſt vorher eingegangen/ nach der
ordnung Melchiſedech ein Hoherprieſter gewor-
den. Nun wir wollen die huͤtte nach dieſen worten
mit Chriſto etwas vergleichen/ ſo wird man diß ver-
nehmen. Demnach das erſte in der huͤtten iſt der
vorhoff/ und der vorhoff iſt eigentlich anders nichts/
denn in welcher die luſt und begierden des fleiſches
mit wahrhafftiger buſſe gecreutziget/ und auf dem
ehernen altar geopffert werden/ und der weg der ge-
bote GOttes gelauffen wird &c. Chriſtus hat den
weg gewandert/ und iſt ſeinem Vater gehorſam ge-
weſen biß in den tod/ ja den tod des creutzes; alſo
muͤſſen wir auch nun in Chriſto recht wandern in
dem wege der gerechtigkeit/ welche das erſte und
vornemſte iſt/ ehe dann man die wahrheit Chriſti in
vollkommener verſicherung des hertzens uͤberkom-
men mag; diß iſt der weg/ darauf der menſch tritt
durch die Tauffe; der da glaubet/ daß Chriſtus der
lebendige GOTTes Sohn/ und wird darauf in
ſeinem namen getaufft/ der wird in den vorhoff/ in
den einigen leib Chriſti eingelaſſen/ daß er fortan auf
dem ehernen altar ſeinen leib und gliedmaſſen auf-
opffere/ halte alle das jenige/ was Chriſtus befohlen
hat. Derowegen befiehlt auch Chriſtus ſeinen poſt-
botten/ die er in die gantze welt geſandt hat/ und
ſpricht: Gehet hin und lehret alle voͤlcker/ das iſt/
unterrichtet ſie von allem ihrem unweſen zu mir/
darnach/ die ſich lehren laſſen/ die tauffet in dem na-
men Gottes &c. das iſt/ daß ſie abgewaſchen von
der unreinigkeit dieſer welt/ eingelaſſen werden in
den leib Chriſti/ und aufgerichtet auf den weg der
gerechtigkeit; darum folget/ und lehret ſie halten
alles/ das ich euch befohlen habe.

Alſo
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[208/0504] Th. IV. Sect. II. Num. XXVII. Schrifft der Muͤnſteriſchen Wiedertaͤuffer. de und worten recht vergleichen und auslegen/ ſo iſt es uns dißmahl nicht moͤglich/ denn es wuͤrde viel zu lang ſeyn zu ſchreiben/ doch die fuͤrnehmſten ſtuͤ- cke wollen wir anweiſen; die andern einem jeden an- befehlen/ daß er ſelber des ſchluͤſſels gebrauche/ auſ- ſchlieſſe/ und ſie zu handen nehme. Nun vornehmlich wird die huͤtte in drey theile getheilet/ nemlich den vorhoff/ das heilige und das allerheiligſte/ und dieſe dreyerley ſind und werden auch ſo beſcheidentlich in Chriſto als dem rechten weſen verſtanden/ gleich als ſie figuͤrlich in der huͤt- ten abgemahlet und conterfeyet ſind/ als Paulus ſagt; es iſt jenen allerdings in bildern wiederfahren/ der leib aber/ oder das rechte weſen/ das iſt Chriſti/ und in demſelben wohnet die vollkommene Gott- heit leibhafftig/ welches auch in wahrem verlauff in allen theilen der huͤtten/ und was in der huͤtten iſt abgebildet/ den menſchen Chriſtum durch ſeinen unterthaͤnigen gehorſam wieder ins allerherrlich- ſte/ und allerheiligſte/ darinnen er von ewigkeit/ ehe denn der welt grund geleget worden/ geweſen war/ erhoͤhet und wiederbracht hat. Hier ſolſtu denn nun mercken/ daß du den ver- kauf und begriff der huͤtten/ vom anfang der menſch- werdung Chriſti des Sohnes Gottes anſehen/ und mit Chriſto dem rechtē weſen vergleichen muſte/ und das ordentlich/ damit du das eine nicht unter das andere vermengeſt/ nemlich was in den vor- hoff gehoͤret/ daß du das nicht ins heilige/ oder um- gekehrt traͤgeſt; denn ein jedes ding muſtu ordent- lich in ſeiner rechten ſtaͤtte anſehen und bleiben laſ- ſen/ denn ſo ſchrecklich als es dem Uſia gieng/ daß er frembd feuer einbrachte/ und auch/ da er die la- de wolte halten/ alſo iſt es auch gantz gefaͤhrlich/ Gottes wort unrecht von einander ſchneiden/ und ſeinen verſtand vortragen. Alsdenn nun Chriſtus der Sohn Gottes menſch geworden/ eines knechtes geſtalt hat angenom̃en/ im gleichnis eines ſuͤndlichē knechts/ uns in allem gleich/ und wiewol er nicht geſuͤndiget hatte/ noch betrug in ſeinem munde gefundē worden iſt/ ſo iſt er doch die ſuͤnde/ ja der fluch der ſuͤndē um unſert willen wordē/ und er hat an ſich den lauff aller kranckheit und ver- ſuchungen des leidens muͤſſen vollbringen/ und alſo wiederum in ſeine herrlichkeit kommen. Solches gehoͤrt alles in den vorhoff/ biß daß er ſich gantz hat aufgeopffert; und alſo muͤſſen wir ihm folgen/ wie er das Geſetz und die huͤtte vollbracht/ daß wir ihm alſo gleichfoͤrmig und in ihm vollkom̃en ſeyn. Der- halben hoch von noͤthen/ daß wir wohl zuſehen/ daß wir rechtſchaffen in Chriſto ſeyn/ und ihm recht fol- gen/ acht haben auf unſere tritte/ daß wir nicht meinen/ wir ſind da/ wo wir noch lange nicht hin ſind; denn wie die huͤtte ein vorbild iſt auf Chri- ſtum/ daß Chriſtus der wahre tabernackel iſt/ in wel- chem die Gottheit leibhafftig wohnet/ und hat muͤſ- ſen in allem verſucht werden/ und von dem gering- ſten zu dem groͤſten kommen/ damit er alſo dann in ſeine eigene herrlichkeit/ das iſt das allerheiligſte wieder kommen moͤchte; alſo iſt nun Chriſtus ein vorbild ſeiner glaͤubigen/ daß ſie in allem muͤſſen ſeinen fußſtapfen folgen/ und ihm gleichfoͤrmig wer- den/ wollen ſie anders ſeine herrlichkeit beſitzen. Derohalben hat ſich nun Chriſtus hoch erfreuet/ und wie ein tapfferer Held und Rieſe den weg zu lauffen luſt gehabt/ damit er den glaͤubigen den weg bahnte/ und denſelben einen ſichern zugang und eingang durch ſein fleiſch und blut bereitete. Demnach was in der huͤtten bildlicher weiſe verordnet und zugeruͤſtet iſt/ das kleine eben ſo wohl als das groſſe/ das iſt allzumahl wahrhafftig und weſentlich in Chriſto erſchienen/ und es iſt Chriſtus ſelber/ und was in Chriſto iſt/ das iſt/ allzumahl ein vorbild auf den leib Chriſti/ das iſt auf die heilige glaͤubige und recht getauffte gemeine Chriſti/ und alſo/ worzu die glaͤubigen hier im geiſt zu dem ver- heiſſenen durch kaͤmpffen und kommen/ einen rechten Tabernackel von ihren leichnamen machen/ gleich als Petrus ſeinen leichnam einen Tabernackel nen- net/ das ſollen ſie hernachmals an jenē tage gewiß- lich und wahrhafftig empfangen. Gal. VI. 1. Cor. V. Es iſt zuvor geſagt/ wie die huͤtte vornemlich in drey theil getheilet werde/ nemlich in den vorhoff/ das heilige und das heilige der heiligen. Nun dieſe dreyerley haben jegliches ihr eigenthum und zube- hoͤr/ denn es iſt vor allen dreyen einerley vorhang/ welches iſt das fleiſch Chriſti. Aber das geſchirr in ei- nem jeglichen iſt unterſchieden beyde in materien und der geſtalt: Jn dem vorhoff iſt ehern geſchirr mit etlichen ſilbernen/ in dem heiligen iſt gold und ſilber/ im allerheiligſten iſt eitelgold/ und das iſt auch die lade des bundes und der gnadenſtuhl &c. wie man im andern buch Moſis lieſet. Doch von dem geſchirr der huͤtten wollen wir dißmal nicht ſagen/ allein wollen wir die drey vornemſte ſtuͤcke in Chri- ſto anweiſen/ das andere geben wir einem jeden ſelber zu bedencken. Demnach wie die huͤtte drey principal-theile hat/ alſo bezeuget auch Cbriſtus von ſich dreyerley/ und ſpricht: Jch bin der weg/ die wahrheit und das le- ben. Welcher nun verſtehen kan/ und diejenige weiß- heit ſeiner verborgenheit erlanget hat/ daß er der huͤtten verborgenheit begreiffen kan/ der hat leicht- lich abzunehmen/ daß hiermit der Herr Chriſtus das weſen der huͤtten in ſich ſelber angewieſen hat/ und den rechtē weg in das gelobte Land geweiſet/ alſo iſt er es/ ihm muͤſſen alle glaͤubigen nachwandern/ und in ihm daſſelbe erlangen/ dazu er gekommen iſt/ wel- ches iſt hinter dem vorhang/ dahin der vorlaͤuffer JEſus in ewigkeit iſt vorher eingegangen/ nach der ordnung Melchiſedech ein Hoherprieſter gewor- den. Nun wir wollen die huͤtte nach dieſen worten mit Chriſto etwas vergleichen/ ſo wird man diß ver- nehmen. Demnach das erſte in der huͤtten iſt der vorhoff/ und der vorhoff iſt eigentlich anders nichts/ denn in welcher die luſt und begierden des fleiſches mit wahrhafftiger buſſe gecreutziget/ und auf dem ehernen altar geopffert werden/ und der weg der ge- bote GOttes gelauffen wird &c. Chriſtus hat den weg gewandert/ und iſt ſeinem Vater gehorſam ge- weſen biß in den tod/ ja den tod des creutzes; alſo muͤſſen wir auch nun in Chriſto recht wandern in dem wege der gerechtigkeit/ welche das erſte und vornemſte iſt/ ehe dann man die wahrheit Chriſti in vollkommener verſicherung des hertzens uͤberkom- men mag; diß iſt der weg/ darauf der menſch tritt durch die Tauffe; der da glaubet/ daß Chriſtus der lebendige GOTTes Sohn/ und wird darauf in ſeinem namen getaufft/ der wird in den vorhoff/ in den einigen leib Chriſti eingelaſſen/ daß er fortan auf dem ehernen altar ſeinen leib und gliedmaſſen auf- opffere/ halte alle das jenige/ was Chriſtus befohlen hat. Derowegen befiehlt auch Chriſtus ſeinen poſt- botten/ die er in die gantze welt geſandt hat/ und ſpricht: Gehet hin und lehret alle voͤlcker/ das iſt/ unterrichtet ſie von allem ihrem unweſen zu mir/ darnach/ die ſich lehren laſſen/ die tauffet in dem na- men Gottes &c. das iſt/ daß ſie abgewaſchen von der unreinigkeit dieſer welt/ eingelaſſen werden in den leib Chriſti/ und aufgerichtet auf den weg der gerechtigkeit; darum folget/ und lehret ſie halten alles/ das ich euch befohlen habe. Alſo

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/504>, abgerufen am 22.12.2024.