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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklärung.
[Spaltenumbruch] hülff meinem glauben/ denn was ist anders des
jetzigen zancks/ fleischlichen eiffers/ hochmuths/
verachtung/ zwiespaltigkeit und wüterey schuld/
denn daß überall kein rechter glaube/ ja auch kei-
ne wahre liebe oder furcht Gottes für augen ist?
sonst würde man sich in vielen stücke und fürneh-
men wol weiter bedencken/ und umsehen/ und es
ist auch gewiß/ so lange der mensch seine finster-
nis für ein licht hält/ und den unglauben seines
hertzens im ernst nicht erkennet/ deme ists unmög-
lich zum wahren rechten glauben immermehr zu
kommen. Von welchem wir nun weiter sagen
wollen.

Der rechte wahre glaube ist eine himmlische
gabe/ und Göttliche krafft von oben herab/ da-
durch wir verwandelt/ neu geboren/ erleuchtet/
und zur seligkeit bewahret werden/ es ist der glau-
be ein geistlicher verstand/ erkäntnis und em-
pfängnis der Göttlichen ewigen warheit (all-
hie bey einem jeglichen auserwehlten/ nach dem
maß der gabe Christi) darinnen für Gott stehet
das gantze leben des gerechten. Von solchem
geistlichen glaube/ und sonst von keinem andern/
redet der Herr Christus: daß alle dinge möglich
seynd dem/ der da glaubet/ und wie der glaube in
der ordnung der geistlichen unsichtigen himmli-
schendingen stehet/ und Göttlicher natur ist/ so
ist alle seine art und eigenschafft auch geistlich/
von den elementen dieser welt ordentlich unter-
schieden/ deßhalben kan er sich auf kein äusserlich
leiblich ding richten/ daran hafften/ oder sich
darauf verlassen/ vielweniger wil er die seligkeit
und das leben darinn suchen (wie der gedichte
vernunfft-glaube zu thun pflegt) sondern es
muß sein object, anblick oder gegenwurff/ wie
mans nennen soll/ das ist dasjenige/ was er war-
hafftig ergreiffen/ daran er wesentlich hafften
soll/ auch seiner art Göttlich und geistlich (nicht
leiblich/ noch etwas dieser ordnung und wesens
dazwischen vermischet) seyn. Der anblick und
gegenwurff des glaubens ist allein Gott und das
jenige/ damit er bey Gott handelt; ist der Herr
Christus das ewige allmächtige wort des Va-
ters nun im himmel/ da müssen wir durch den
geist des glaubens alles bey GOtt suchen/ ho-
len und empfahen/ was uns zur seligkeit von-
nöthen seyn will/ wie denn auch in CHristo al-
le schätze der erkäntnis Göttlicher weißheit/ geist-
licher güter und des ewigen lebens verborgen lie-
gen; drum sagt der Herr im Johanne/ wie gehöret:
wer in mich glaubet/ der hat das ewige leben; wer
in mich gläubet/ spricht Gott im fleische/ das ist
eben so viel gesagt/ als wer mich (der ich bin das
ewige wort des himmlischen Vaters/ das leben/
der geist und Gott selbst) im worte und in der
warheit ergreiffet/ durch Göttliche krafft/ die
der glaube ist/ der hat die seligkeit/ den himmel
und das ewige leben ergriffen. Also ermahnet
auch Paulus den Timotheum/ auff daß er
kämpffe einen guten kampff des glaubens/ und
ergreiffe das ewige leben.

Jm himmel aber/ und sonst nirgend anderswo/
muß der wahre glaube Christum Jesum unser le-
ben und seligkeit suchen/ und ohne alle äusserliche
mittel auch beym brauche des H. Sacraments
daselbst ergreiffen/ da führet er denn also durch
Christum weiter zu Gott dem Vater ins himm-
lische wesen/ nicht unter sich ins sichtige brod/
noch in irgend eine andere creatur auff erden/
und das ists auch/ das der Herr sagt vom glau-
[Spaltenumbruch] ben/ da er spricht: Wer in mich glaubt/ der
glaubet nicht in mich/ sondern in den/ der mich
gesandt hat/ damit weiset der Hr. Christus alle-
wege über sich auff den Vater/ von welchem er
war ins fleisch ausgesendet/ nicht daß er nicht
wahrer Gott mit dem Vater im wesen gleich
wäre/ sondern allein darum/ auff daß er das ge-
müth im glauben vom äusserlichen/ sichtigen/
auff ein ewiges unsichtiges über sich führte/ also
sagt auch S. Paulus in der andern Epistel zun
Corinthern/ da er spricht: Wir sehen nicht
auff das sichtbare/ sondern auff die dinge/ die da
unsichtbar sind; denn was sichtbar ist/ das ist
zeitlich/ was unsichtbar ist/ das ist ewig. Was
ist aber das sehen hie anders? Denn die erleuch-
teten augen des innerlichen neuen menschens im
geiste des glaubens erheben/ und allein auff
Christum im himmel/ und durch ihn auff Gott
den Vater als auff das ewige gut/ ausser-
halb aller äusserlichen mittel/ zeit/ stelle und zu-
fall dieses wesens richten/ und daran mit dem
hertzen in wahrheit hafften; dabey bedencke nun
männiglich ferner/ was diß für ein glaube seyn
möge/ der Christum im sichtigen brode/ oder
unter der gestalt des brodes hie und da leiblich
zu suchen/ sich also mit himmlischem trost/ stärcke/
und gnaden in den creaturen zu füllen vermei-
net/ oder ob nicht vielmehr bey solchem glauben
des wahren rechten trostes der geistlichen nie-
sung/ und lieblichen süßigkeit Göttlicher gna-
den/ ja auch der benedeyung des Vaters im
himmlischen wesen. Eph. I. dieser gestalt wird ver-
fehlet/ dieweil man sich unterstehet/ diß bey den
irrdischen creaturen in zeit und stelle zu suchen/
das doch alleine von Gott/ ausser aller zeit und
stelle durch Jesum Christum solte gewartet und
empfangen werden im H. Geiste. Aber von die-
sem möchte man ferner mit anmerckung das er-
ste capitel der ersten Epistel Petri lesen/ da hat
S. Petrus klar gnug angezeigt/ wie es um den
rechten glauben/ und um ein Christlich hertz ge-
gen Christo im glauben stehe und gethan sey.

Solcher glaube/ der mit Gott handeln soll/
nachdem er ohne mittel aus Gott durch das in-
nerliche gehör seines ewigen wortes herkömmt/
(derhalben auch Gottes wort/ Christus/ ein
wort des glaubens in der schrifft genennet wird)
so kan er nirgend anderswo seine wohnung ha-
ben denn im geistlichen hertzen des neugebornen
menschen/ welches Gott auch offt durch seine
vorgehende gnade im augenblick zubereitet/ daß
es der himmlischen gabe des rechten wahren
glaubens (darum wirden H. Geist täglich bit-
ten sollen) empfänglich und gewahr werde.
Daraus denn abereins folget/ daß die dinge/
die der glaube begreiffen/ und daran er hangen
soll/ geistlich seynd/ und ins hertz kommen müs-
sen/ welches aber weder das brod noch kein äus-
serlich element thun kan; drum mag es auch in
glauben keines weges mit eingeschlossen wer-
den/ es wäre denn/ daß man durch vernunfft
und mit gedancken ein Phantasma für die wahr-
heit/ und also schein für das wesen ins hertz setzen/
oder einzubilden gedächte/ und daß man dassel-
bige vermeinete/ für einen anblick des glaubens/
ja auch für ein geistlich essen zu halten/ und denn
darauf einen gedichten verstand-glauben bauen
und gründen wolte; was solches aber für Gott
gelten möge/ ist nun leicht zu ermessen. Aber
aus dem rechten wahren glauben/ davon gesagt

ist wor-

Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklaͤrung.
[Spaltenumbruch] huͤlff meinem glauben/ denn was iſt anders des
jetzigen zancks/ fleiſchlichen eiffers/ hochmuths/
verachtung/ zwieſpaltigkeit und wuͤterey ſchuld/
denn daß uͤberall kein rechter glaube/ ja auch kei-
ne wahre liebe oder furcht Gottes fuͤr augen iſt?
ſonſt wuͤrde man ſich in vielen ſtuͤckē und fuͤrneh-
men wol weiter bedencken/ und umſehen/ und es
iſt auch gewiß/ ſo lange der menſch ſeine finſter-
nis fuͤr ein licht haͤlt/ und den unglauben ſeines
hertzens im ernſt nicht erkeñet/ deme iſts unmoͤg-
lich zum wahren rechten glauben immermehr zu
kommen. Von welchem wir nun weiter ſagen
wollen.

Der rechte wahre glaube iſt eine himmliſche
gabe/ und Goͤttliche krafft von oben herab/ da-
durch wir verwandelt/ neu geboren/ erleuchtet/
und zur ſeligkeit bewahret werden/ es iſt der glau-
be ein geiſtlicher verſtand/ erkaͤntnis und em-
pfaͤngnis der Goͤttlichen ewigen warheit (all-
hie bey einem jeglichen auserwehlten/ nach dem
maß der gabe Chriſti) darinnen fuͤr Gott ſtehet
das gantze leben des gerechten. Von ſolchem
geiſtlichen glaubē/ und ſonſt von keinem andeꝛn/
redet der Herr Chriſtus: daß alle dinge moͤglich
ſeynd dem/ der da glaubet/ und wie der glaube in
der ordnung der geiſtlichen unſichtigen himmli-
ſchendingen ſtehet/ und Goͤttlicher natur iſt/ ſo
iſt alle ſeine art und eigenſchafft auch geiſtlich/
von den elementen dieſer welt ordentlich unter-
ſchieden/ deßhalben kan er ſich auf kein aͤuſſerlich
leiblich ding richten/ daran hafften/ oder ſich
darauf verlaſſen/ vielweniger wil er die ſeligkeit
und das leben darinn ſuchen (wie der gedichte
vernunfft-glaube zu thun pflegt) ſondern es
muß ſein object, anblick oder gegenwurff/ wie
mans nennen ſoll/ das iſt dasjenige/ was er war-
hafftig ergreiffen/ daran er weſentlich hafften
ſoll/ auch ſeiner art Goͤttlich und geiſtlich (nicht
leiblich/ noch etwas dieſer ordnung und weſens
dazwiſchen vermiſchet) ſeyn. Der anblick und
gegenwurff des glaubens iſt allein Gott und das
jenige/ damit er bey Gott handelt; iſt der Herꝛ
Chriſtus das ewige allmaͤchtige wort des Va-
ters nun im himmel/ da muͤſſen wir durch den
geiſt des glaubens alles bey GOtt ſuchen/ ho-
len und empfahen/ was uns zur ſeligkeit von-
noͤthen ſeyn will/ wie denn auch in CHriſto al-
le ſchaͤtze der erkaͤntnis Goͤttlicher weißheit/ geiſt-
licher guͤter und des ewigen lebens verborgen lie-
gen; drum ſagt der Herꝛ im Johañe/ wie gehoͤret:
wer in mich glaubet/ der hat das ewige leben; wer
in mich glaͤubet/ ſpricht Gott im fleiſche/ das iſt
eben ſo viel geſagt/ als wer mich (der ich bin das
ewige wort des himmliſchen Vaters/ das leben/
der geiſt und Gott ſelbſt) im worte und in der
warheit ergreiffet/ durch Goͤttliche krafft/ die
der glaube iſt/ der hat die ſeligkeit/ den himmel
und das ewige leben ergriffen. Alſo ermahnet
auch Paulus den Timotheum/ auff daß er
kaͤmpffe einen guten kampff des glaubens/ und
ergreiffe das ewige leben.

Jm him̃el aber/ und ſonſt nirgend anderswo/
muß der wahre glaube Chriſtum Jeſum unſeꝛ le-
ben und ſeligkeit ſuchen/ und ohne alle aͤuſſeꝛliche
mittel auch beym brauche des H. Sacraments
daſelbſt ergreiffen/ da fuͤhret er denn alſo durch
Chriſtum weiter zu Gott dem Vater ins himm-
liſche weſen/ nicht unter ſich ins ſichtige brod/
noch in irgend eine andere creatur auff erden/
und das iſts auch/ das der Herꝛ ſagt vom glau-
[Spaltenumbruch] ben/ da er ſpricht: Wer in mich glaubt/ der
glaubet nicht in mich/ ſondern in den/ der mich
geſandt hat/ damit weiſet der Hr. Chriſtus alle-
wege uͤber ſich auff den Vater/ von welchem er
war ins fleiſch ausgeſendet/ nicht daß er nicht
wahrer Gott mit dem Vater im weſen gleich
waͤre/ ſondern allein darum/ auff daß er das ge-
muͤth im glauben vom aͤuſſerlichen/ ſichtigen/
auff ein ewiges unſichtiges uͤber ſich fuͤhrte/ alſo
ſagt auch S. Paulus in der andern Epiſtel zun
Corinthern/ da er ſpricht: Wir ſehen nicht
auff das ſichtbare/ ſondern auff die dinge/ die da
unſichtbar ſind; denn was ſichtbar iſt/ das iſt
zeitlich/ was unſichtbar iſt/ das iſt ewig. Was
iſt aber das ſehen hie anders? Denn die erleuch-
teten augen des innerlichen neuen menſchens im
geiſte des glaubens erheben/ und allein auff
Chriſtum im himmel/ und durch ihn auff Gott
den Vater als auff das ewige gut/ auſſer-
halb aller aͤuſſerlichen mittel/ zeit/ ſtelle und zu-
fall dieſes weſens richten/ und daran mit dem
hertzen in wahrheit hafften; dabey bedencke nun
maͤnniglich ferner/ was diß fuͤr ein glaube ſeyn
moͤge/ der Chriſtum im ſichtigen brode/ oder
unter der geſtalt des brodes hie und da leiblich
zu ſuchen/ ſich alſo mit him̃liſchem troſt/ ſtaͤrcke/
und gnaden in den creaturen zu fuͤllen vermei-
net/ oder ob nicht vielmehr bey ſolchem glauben
des wahren rechten troſtes der geiſtlichen nie-
ſung/ und lieblichen ſuͤßigkeit Goͤttlicher gna-
den/ ja auch der benedeyung des Vaters im
him̃liſchen weſen. Eph. I. dieſer geſtalt wird ver-
fehlet/ dieweil man ſich unterſtehet/ diß bey den
irꝛdiſchen creaturen in zeit und ſtelle zu ſuchen/
das doch alleine von Gott/ auſſer aller zeit und
ſtelle durch Jeſum Chriſtum ſolte gewartet und
empfangen werden im H. Geiſte. Aber von die-
ſem moͤchte man ferner mit anmerckung das er-
ſte capitel der erſten Epiſtel Petri leſen/ da hat
S. Petrus klar gnug angezeigt/ wie es um den
rechten glauben/ und um ein Chriſtlich hertz ge-
gen Chriſto im glauben ſtehe und gethan ſey.

Solcher glaube/ der mit Gott handeln ſoll/
nachdem er ohne mittel aus Gott durch das in-
nerliche gehoͤr ſeines ewigen wortes herkoͤmmt/
(derhalben auch Gottes wort/ Chriſtus/ ein
wort des glaubens in der ſchrifft genennet wird)
ſo kan er nirgend anderswo ſeine wohnung ha-
ben deñ im geiſtlichen hertzen des neugebornen
menſchen/ welches Gott auch offt durch ſeine
vorgehende gnade im augenblick zubereitet/ daß
es der himmliſchen gabe des rechten wahren
glaubens (darum wirden H. Geiſt taͤglich bit-
ten ſollen) empfaͤnglich und gewahr werde.
Daraus denn abereins folget/ daß die dinge/
die der glaube begreiffen/ und daran er hangen
ſoll/ geiſtlich ſeynd/ und ins hertz kommen muͤſ-
ſen/ welches aber weder das brod noch kein aͤuſ-
ſerlich element thun kan; drum mag es auch in
glauben keines weges mit eingeſchloſſen wer-
den/ es waͤre denn/ daß man durch vernunfft
und mit gedancken ein Phantaſma fuͤr die wahr-
heit/ und alſo ſchein fuͤr das weſen ins hertz ſetzen/
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bige vermeinete/ fuͤr einen anblick des glaubens/
ja auch fuͤr ein geiſtlich eſſen zu halten/ und denn
darauf einen gedichten verſtand-glauben bauen
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aus dem rechten wahren glauben/ davon geſagt

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              <p>Solcher glaube/ der mit Gott handeln &#x017F;oll/<lb/>
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[180/0476] Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklaͤrung. huͤlff meinem glauben/ denn was iſt anders des jetzigen zancks/ fleiſchlichen eiffers/ hochmuths/ verachtung/ zwieſpaltigkeit und wuͤterey ſchuld/ denn daß uͤberall kein rechter glaube/ ja auch kei- ne wahre liebe oder furcht Gottes fuͤr augen iſt? ſonſt wuͤrde man ſich in vielen ſtuͤckē und fuͤrneh- men wol weiter bedencken/ und umſehen/ und es iſt auch gewiß/ ſo lange der menſch ſeine finſter- nis fuͤr ein licht haͤlt/ und den unglauben ſeines hertzens im ernſt nicht erkeñet/ deme iſts unmoͤg- lich zum wahren rechten glauben immermehr zu kommen. Von welchem wir nun weiter ſagen wollen. Der rechte wahre glaube iſt eine himmliſche gabe/ und Goͤttliche krafft von oben herab/ da- durch wir verwandelt/ neu geboren/ erleuchtet/ und zur ſeligkeit bewahret werden/ es iſt der glau- be ein geiſtlicher verſtand/ erkaͤntnis und em- pfaͤngnis der Goͤttlichen ewigen warheit (all- hie bey einem jeglichen auserwehlten/ nach dem maß der gabe Chriſti) darinnen fuͤr Gott ſtehet das gantze leben des gerechten. Von ſolchem geiſtlichen glaubē/ und ſonſt von keinem andeꝛn/ redet der Herr Chriſtus: daß alle dinge moͤglich ſeynd dem/ der da glaubet/ und wie der glaube in der ordnung der geiſtlichen unſichtigen himmli- ſchendingen ſtehet/ und Goͤttlicher natur iſt/ ſo iſt alle ſeine art und eigenſchafft auch geiſtlich/ von den elementen dieſer welt ordentlich unter- ſchieden/ deßhalben kan er ſich auf kein aͤuſſerlich leiblich ding richten/ daran hafften/ oder ſich darauf verlaſſen/ vielweniger wil er die ſeligkeit und das leben darinn ſuchen (wie der gedichte vernunfft-glaube zu thun pflegt) ſondern es muß ſein object, anblick oder gegenwurff/ wie mans nennen ſoll/ das iſt dasjenige/ was er war- hafftig ergreiffen/ daran er weſentlich hafften ſoll/ auch ſeiner art Goͤttlich und geiſtlich (nicht leiblich/ noch etwas dieſer ordnung und weſens dazwiſchen vermiſchet) ſeyn. Der anblick und gegenwurff des glaubens iſt allein Gott und das jenige/ damit er bey Gott handelt; iſt der Herꝛ Chriſtus das ewige allmaͤchtige wort des Va- ters nun im himmel/ da muͤſſen wir durch den geiſt des glaubens alles bey GOtt ſuchen/ ho- len und empfahen/ was uns zur ſeligkeit von- noͤthen ſeyn will/ wie denn auch in CHriſto al- le ſchaͤtze der erkaͤntnis Goͤttlicher weißheit/ geiſt- licher guͤter und des ewigen lebens verborgen lie- gen; drum ſagt der Herꝛ im Johañe/ wie gehoͤret: wer in mich glaubet/ der hat das ewige leben; wer in mich glaͤubet/ ſpricht Gott im fleiſche/ das iſt eben ſo viel geſagt/ als wer mich (der ich bin das ewige wort des himmliſchen Vaters/ das leben/ der geiſt und Gott ſelbſt) im worte und in der warheit ergreiffet/ durch Goͤttliche krafft/ die der glaube iſt/ der hat die ſeligkeit/ den himmel und das ewige leben ergriffen. Alſo ermahnet auch Paulus den Timotheum/ auff daß er kaͤmpffe einen guten kampff des glaubens/ und ergreiffe das ewige leben. Jm him̃el aber/ und ſonſt nirgend anderswo/ muß der wahre glaube Chriſtum Jeſum unſeꝛ le- ben und ſeligkeit ſuchen/ und ohne alle aͤuſſeꝛliche mittel auch beym brauche des H. Sacraments daſelbſt ergreiffen/ da fuͤhret er denn alſo durch Chriſtum weiter zu Gott dem Vater ins himm- liſche weſen/ nicht unter ſich ins ſichtige brod/ noch in irgend eine andere creatur auff erden/ und das iſts auch/ das der Herꝛ ſagt vom glau- ben/ da er ſpricht: Wer in mich glaubt/ der glaubet nicht in mich/ ſondern in den/ der mich geſandt hat/ damit weiſet der Hr. Chriſtus alle- wege uͤber ſich auff den Vater/ von welchem er war ins fleiſch ausgeſendet/ nicht daß er nicht wahrer Gott mit dem Vater im weſen gleich waͤre/ ſondern allein darum/ auff daß er das ge- muͤth im glauben vom aͤuſſerlichen/ ſichtigen/ auff ein ewiges unſichtiges uͤber ſich fuͤhrte/ alſo ſagt auch S. Paulus in der andern Epiſtel zun Corinthern/ da er ſpricht: Wir ſehen nicht auff das ſichtbare/ ſondern auff die dinge/ die da unſichtbar ſind; denn was ſichtbar iſt/ das iſt zeitlich/ was unſichtbar iſt/ das iſt ewig. Was iſt aber das ſehen hie anders? Denn die erleuch- teten augen des innerlichen neuen menſchens im geiſte des glaubens erheben/ und allein auff Chriſtum im himmel/ und durch ihn auff Gott den Vater als auff das ewige gut/ auſſer- halb aller aͤuſſerlichen mittel/ zeit/ ſtelle und zu- fall dieſes weſens richten/ und daran mit dem hertzen in wahrheit hafften; dabey bedencke nun maͤnniglich ferner/ was diß fuͤr ein glaube ſeyn moͤge/ der Chriſtum im ſichtigen brode/ oder unter der geſtalt des brodes hie und da leiblich zu ſuchen/ ſich alſo mit him̃liſchem troſt/ ſtaͤrcke/ und gnaden in den creaturen zu fuͤllen vermei- net/ oder ob nicht vielmehr bey ſolchem glauben des wahren rechten troſtes der geiſtlichen nie- ſung/ und lieblichen ſuͤßigkeit Goͤttlicher gna- den/ ja auch der benedeyung des Vaters im him̃liſchen weſen. Eph. I. dieſer geſtalt wird ver- fehlet/ dieweil man ſich unterſtehet/ diß bey den irꝛdiſchen creaturen in zeit und ſtelle zu ſuchen/ das doch alleine von Gott/ auſſer aller zeit und ſtelle durch Jeſum Chriſtum ſolte gewartet und empfangen werden im H. Geiſte. Aber von die- ſem moͤchte man ferner mit anmerckung das er- ſte capitel der erſten Epiſtel Petri leſen/ da hat S. Petrus klar gnug angezeigt/ wie es um den rechten glauben/ und um ein Chriſtlich hertz ge- gen Chriſto im glauben ſtehe und gethan ſey. Solcher glaube/ der mit Gott handeln ſoll/ nachdem er ohne mittel aus Gott durch das in- nerliche gehoͤr ſeines ewigen wortes herkoͤmmt/ (derhalben auch Gottes wort/ Chriſtus/ ein wort des glaubens in der ſchrifft genennet wird) ſo kan er nirgend anderswo ſeine wohnung ha- ben deñ im geiſtlichen hertzen des neugebornen menſchen/ welches Gott auch offt durch ſeine vorgehende gnade im augenblick zubereitet/ daß es der himmliſchen gabe des rechten wahren glaubens (darum wirden H. Geiſt taͤglich bit- ten ſollen) empfaͤnglich und gewahr werde. Daraus denn abereins folget/ daß die dinge/ die der glaube begreiffen/ und daran er hangen ſoll/ geiſtlich ſeynd/ und ins hertz kommen muͤſ- ſen/ welches aber weder das brod noch kein aͤuſ- ſerlich element thun kan; drum mag es auch in glauben keines weges mit eingeſchloſſen wer- den/ es waͤre denn/ daß man durch vernunfft und mit gedancken ein Phantaſma fuͤr die wahr- heit/ und alſo ſchein fuͤr das weſen ins hertz ſetzen/ oder einzubilden gedaͤchte/ und daß man daſſel- bige vermeinete/ fuͤr einen anblick des glaubens/ ja auch fuͤr ein geiſtlich eſſen zu halten/ und denn darauf einen gedichten verſtand-glauben bauen und gruͤnden wolte; was ſolches aber fuͤr Gott gelten moͤge/ iſt nun leicht zu ermeſſen. Aber aus dem rechten wahren glauben/ davon geſagt iſt wor-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/476>, abgerufen am 28.11.2024.