Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklärung. [Spaltenumbruch]
gleichwol jetzt der gemeine Christliche glaube/ unddie erzehlung der 12. gemeinen artickel des glau- bens genennet/ welches aber viel billicher ein er- käntniß der artickel des Christlichen glaubens/ denn der rechte Christliche glaube möchte genen- net werden; weil er ohne dem innerlichen wahren einigen glauben des hertzens/ damit sich der mensch durch CHristum mit GOtt in treue und liebe verbindet/ so fern nicht nützlich ist/ daß er von Paulo 1. Tim. l. ein gefärbter oder gedich- ter glaube/ von Jacobo ein todter glaube genen- net/ den auch die bösen geister/ wie er sagt in sei- ner Epistel/ haben mögen/ und sonst überall in H. Schrifft wird dieser glaube allein verworffen und verdammt. Daher kömmts daß etliche aus unverstand des Mysterii und der art des wahren glaubens gemeinet haben/ der glaube wäre nicht gnug zur seligkeit/ und es ist also auch wahr/ daß dieser äusserliche gedichte gefärbte glaube ohne dem innerlichen hertzliche glaube/ eben also wenig als die gleißnerische menschliche gerechtigkeit/ ohne die innerliche Göttliche gerechtigkeit (wel- che CHristus selbs ist) für Gott etwas vermag auszurichten; wenn aber Paulus und die Apo- steln/ ja auch der Herr Christus selbst vom wah- ren glauben reden/ so wird das gantze Mysteri- um, die Göttliche einwirckende krafft/ art/ na- tur und gehorsam des glaubens mit eingeschlos- sen/ davon Gal. V. Jn CHristo JEsu gilt we- der beschneidung noch vorhaut etwas/ sondern der glaube durch die liebe wirckend; das will auch Paulus/ wenn er zun Römern von der gerech- tigkeit des glaubens schreibet und spricht: So schliessen wir nun/ daß der mensch durch den glau- ben gerechtfertiget werde/ ohne die wercke des ge- setzes/ Rom. III. Jst nichts anders geredt/ denn daß wir durch den glauben in CHristo JEsu (nicht in wercken des gesetzes Mose) die wahre gerechtigkeit/ vom gesetz erfordert/ das ist/ des ge- setzes CHristi 1. Cor. IX. und aller guten wercke erfüllung/ friede des gewissens/ das leben und ewige seligkeit suchen/ holen und einnehmen müs- sen. Demnach/ so spricht der HErr CHristus selbs: wer in mich glaubet/ der hat das ewige le- ben/ Joh. VI. welcher spruch auch bald hernach beym rechten glauben weiter wird eingeführt und ausgelegt. Solcher unterscheid des äusserlichen mensch- Auff solche historische weise hat etwan der Auff solche gedichte weise glauben wir heut buchsta-
Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklaͤrung. [Spaltenumbruch]
gleichwol jetzt der gemeine Chriſtliche glaube/ uñdie erzehlung der 12. gemeinen artickel des glau- bens genennet/ welches aber viel billicher ein er- kaͤntniß der artickel des Chriſtlichen glaubens/ denn der rechte Chriſtliche glaube moͤchte genen- net werden; weil er ohne dem innerlichen wahren einigen glauben des hertzens/ damit ſich der menſch durch CHriſtum mit GOtt in treue und liebe verbindet/ ſo fern nicht nuͤtzlich iſt/ daß er von Paulo 1. Tim. l. ein gefaͤrbter odeꝛ gedich- ter glaube/ von Jacobo ein todter glaube genen- net/ den auch die boͤſen geiſter/ wie er ſagt in ſei- neꝛ Epiſtel/ haben moͤgen/ und ſonſt uͤbeꝛall in H. Schrifft wird dieſer glaube allein verworffen und verdammt. Daher koͤmmts daß etliche aus unverſtand des Myſterii und der art des wahren glaubens gemeinet haben/ der glaube waͤre nicht gnug zur ſeligkeit/ und es iſt alſo auch wahr/ daß dieſer aͤuſſerliche gedichte gefaͤrbte glaube ohne dem iñerlichen hertzlichē glaubē/ eben alſo wenig als die gleißneriſche menſchliche gerechtigkeit/ ohne die innerliche Goͤttliche gerechtigkeit (wel- che CHriſtus ſelbs iſt) fuͤr Gott etwas vermag auszurichten; wenn aber Paulus und die Apo- ſteln/ ja auch der Herꝛ Chriſtus ſelbſt vom wah- ren glauben reden/ ſo wird das gantze Myſteri- um, die Goͤttliche einwirckende krafft/ art/ na- tur und gehorſam des glaubens mit eingeſchloſ- ſen/ davon Gal. V. Jn CHriſto JEſu gilt we- der beſchneidung noch vorhaut etwas/ ſondern deꝛ glaube duꝛch die liebe wiꝛckend; das will auch Paulus/ wenn er zun Roͤmern von der gerech- tigkeit des glaubens ſchreibet und ſpricht: So ſchlieſſen wiꝛ nun/ daß deꝛ menſch duꝛch den glau- ben gerechtfertiget werde/ ohne die wercke des ge- ſetzes/ Rom. III. Jſt nichts anders geredt/ denn daß wir durch den glauben in CHriſto JEſu (nicht in wercken des geſetzes Moſe) die wahre gerechtigkeit/ vom geſetz erfordert/ das iſt/ des ge- ſetzes CHriſti 1. Cor. IX. und aller guten wercke erfuͤllung/ friede des gewiſſens/ das leben und ewige ſeligkeit ſuchen/ holen und eiñehmen muͤſ- ſen. Demnach/ ſo ſpricht der HErꝛ CHriſtus ſelbs: wer in mich glaubet/ der hat das ewige le- ben/ Joh. VI. welcher ſpruch auch bald hernach beym rechten glauben weiter wird eingefuͤhrt und ausgelegt. Solcher unterſcheid des aͤuſſerlichen menſch- Auff ſolche hiſtoriſche weiſe hat etwan der Auff ſolche gedichte weiſe glauben wir heut buchſta-
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Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklaͤrung.
gleichwol jetzt der gemeine Chriſtliche glaube/ uñ
die erzehlung der 12. gemeinen artickel des glau-
bens genennet/ welches aber viel billicher ein er-
kaͤntniß der artickel des Chriſtlichen glaubens/
denn der rechte Chriſtliche glaube moͤchte genen-
net werden; weil er ohne dem innerlichen
wahren einigen glauben des hertzens/ damit ſich
der menſch durch CHriſtum mit GOtt in treue
und liebe verbindet/ ſo fern nicht nuͤtzlich iſt/ daß
er von Paulo 1. Tim. l. ein gefaͤrbter odeꝛ gedich-
ter glaube/ von Jacobo ein todter glaube genen-
net/ den auch die boͤſen geiſter/ wie er ſagt in ſei-
neꝛ Epiſtel/ haben moͤgen/ und ſonſt uͤbeꝛall in H.
Schrifft wird dieſer glaube allein verworffen
und verdammt. Daher koͤmmts daß etliche aus
unverſtand des Myſterii und der art des wahren
glaubens gemeinet haben/ der glaube waͤre nicht
gnug zur ſeligkeit/ und es iſt alſo auch wahr/ daß
dieſer aͤuſſerliche gedichte gefaͤrbte glaube ohne
dem iñerlichen hertzlichē glaubē/ eben alſo wenig
als die gleißneriſche menſchliche gerechtigkeit/
ohne die innerliche Goͤttliche gerechtigkeit (wel-
che CHriſtus ſelbs iſt) fuͤr Gott etwas vermag
auszurichten; wenn aber Paulus und die Apo-
ſteln/ ja auch der Herꝛ Chriſtus ſelbſt vom wah-
ren glauben reden/ ſo wird das gantze Myſteri-
um, die Goͤttliche einwirckende krafft/ art/ na-
tur und gehorſam des glaubens mit eingeſchloſ-
ſen/ davon Gal. V. Jn CHriſto JEſu gilt we-
der beſchneidung noch vorhaut etwas/ ſondern
deꝛ glaube duꝛch die liebe wiꝛckend; das will auch
Paulus/ wenn er zun Roͤmern von der gerech-
tigkeit des glaubens ſchreibet und ſpricht: So
ſchlieſſen wiꝛ nun/ daß deꝛ menſch duꝛch den glau-
ben gerechtfertiget werde/ ohne die wercke des ge-
ſetzes/ Rom. III. Jſt nichts anders geredt/ denn
daß wir durch den glauben in CHriſto JEſu
(nicht in wercken des geſetzes Moſe) die wahre
gerechtigkeit/ vom geſetz erfordert/ das iſt/ des ge-
ſetzes CHriſti 1. Cor. IX. und aller guten wercke
erfuͤllung/ friede des gewiſſens/ das leben und
ewige ſeligkeit ſuchen/ holen und eiñehmen muͤſ-
ſen. Demnach/ ſo ſpricht der HErꝛ CHriſtus
ſelbs: wer in mich glaubet/ der hat das ewige le-
ben/ Joh. VI. welcher ſpruch auch bald hernach
beym rechten glauben weiter wird eingefuͤhrt
und ausgelegt.
Solcher unterſcheid des aͤuſſerlichen menſch-
lichen/ und innerlichen Goͤttl. glaubens wird bey
den Samaritern in der hiſtorie vom Heidniſchē
weibe Joh. IV. klaͤrlich angezeigt/ da ſtehet alſo
geſchrieben: Es glaubten aber an ihn (vernimm
Jeſum) viel der Samariter aus derſelbigen
ſtadt um des weibes rede willen/ welches da zeu-
gete/ er hat mir geſaget alles/ was ich gethan
habe/ als nun die Samariter zu ihm kamen/ ba-
ten ſie ihn/ daß er bey ihnen bliebe/ und er bliebe
zween tage da/ und viel mehr glaubten um ſeines
wortes willen (merck/ was das fuͤr ein wort ge-
weſt ſey/ das bey ihnen bleibet/ nemlich der Goͤtt-
liche ſame im hertzen) und ſprachen zum weibe:
wir glauben nun forthin nicht um deiner rede
willen/ (da wird deꝛ aͤuſſeꝛliche menſchliche glau-
be klar abgeſchlagen/ wenn der Goͤttliche auff-
gehet) wir haben ſelber gehoͤrt und erkennet/
daß du biſt CHriſtus der ſohn des lebendigen
GOttes; alſo haben auch die Juͤnger CHriſti
nach ſeiner auffeꝛſtehung nicht allein deꝛ Schrift
geglaubt/ ſondern auch dem wort/ das JEſus
zu ihnen hatte geſagt/ Joh. II. denn CHriſtus iſt
das wort ſelbſt/ das da iſt fleiſch worden/ und
hat in ihrem hertzen durch den glaubẽ gewohnet.
Joh. I. Eph. III. Darum wird das aͤuſſerliche er-
kaͤntniß des worts der H. Schrifft/ ja auch Got-
tes willens (ohne das Myſterium, ohne das in-
nerliche erkaͤntniß im worte des lebens und ohne
dem geiſt GOttes/ der das hertze neu gebieret/
eꝛleuchtet und reiniget) vielmehꝛ ein wahn/ ſchein
und gleißnerey geachtet/ dadurch ſich das fleiſch
mit einem gedichten ſchein des glaubens beklei-
det/ fuͤr glaubig und wiſſend in GOttes ſachen
ausgiebt/ denn daß es einigerley weiſe ein wah-
rer Chriſtlicher glaube moͤchte genant werden.
Auff ſolche hiſtoriſche weiſe hat etwan der
Koͤnig Saul/ uñ mit ihm viel andere mehr Got-
tes wort geglaubet/ aber der ausgang/ ende und
ungehorſam Gottes beweiſet ebē ſo wol als jetzt
mit vielen/ ſo aus unverſtand das wort/ den leib
CHriſti/ im brod glauben/ daß es kein rechter
glaube geweſt ſey: denn der einfaͤltige glaube laͤſt
ſich nicht ſtuͤcken oder theilen/ daß er an einem
orte gantz/ an andern aber halb/ an einem orte
recht/ an andern aber falſch/ ja daß glaube und
unglaube an GOtt und JEſum CHriſtum in
einem hertzen bey einander ſtehen moͤchten. Alſo
hat auch Simon der zauberer im Phariſeiſchen
ſcheine geglaubet. Act. IIX. denn da er ſahe die
thaten und zeichen/ die da geſchahen/ verwun-
derte er ſich/ glaubte und ließ ſich tauffen; es
ſtraffte ihn aber der H. Geiſt durch Petrum um
die ſuͤnde/ daß er voll bittere gallen war/ ver-
knuͤpfft mit ungerechtigkeit/ in ſumma es war
ſein hertz nicht auffrichtig vor GOtt/ er wolte
die gaben GOttes ums geld kauffen/ und durchs
aͤuſſerliche den H. Geiſt erlangen/ darum ſo hat
er auch keinen rechten glauben haben koͤnnen. Al-
ſo glauben auch etliche/ die das wort ihrer gele-
genheit nach mit freuden annehmen/ von wel-
chem der Herꝛ im Luca ſagt: eine zeitlang glau-
ben ſie/ aber zur zeit der anfechtung fallen ſie ab/
warum? denn ſie haben nicht wurtzel/ ſpricht der
HErꝛ/ das iſt/ ſie haben nicht den innerlichen
heꝛtzlichen glauben/ es ſeynd eben die/ ſo zuꝛ hoch-
zeit des him̃liſchen braͤutigams Chriſti/ ja zum
Nachtmahl des HErꝛn ohne ein hochzeit kleid/
das iſt ohne die pꝛoba und fuͤꝛbeꝛeitung des glau-
bens eingehen/ uͤbeꝛreden ſich/ ſie glauben/ wollen
ihren glauben ſtaͤrcken oder damit bezeugen/ und
haben doch iñerlich gar keinen rechten glauben/
da werden ſie denn in das aͤuſſerſte finſterniß/ in
alle blindheit/ vermeſſenheit/ und endlich in alles
elend geworffen/ davon Matth. XXII.
Auff ſolche gedichte weiſe glauben wir heut
alleſamt in gemein/ daß wir arme ſuͤnder ſind/
daß wir von natur nichts gutes thun koͤnnen/
daß die maledeyung und handſchrifft des ſatans
in unſer hertz eingeſchrieben/ das glauben wir/
nemlich wie wirs aus den buchſtaben gehoͤret/
gefaſſet und gelernet haben; wir fuͤhlen aber da-
bey nicht unſere toͤdtliche kranckheit/ den ernſten
zorn GOttes und ſolche eingeſchriebene male-
deyung weſentlich im heꝛtzen/ darum wollen wir
auch den artzt der ſeelen/ den einigen verſoͤhner
und Heiland Jeſum Chriſtum im ernſt nicht ſu-
chen noch lieben; ob wir nun auch gleich etwas
unſers boͤſen gewiſſens zu fuͤhlen anheben/ da
durch wir moͤchten huͤlffe und rath bey CHriſto
zu holen beweget werden/ ſo reiſt uns der boͤſe
geiſt (das wir forthin wenig wahrnehmen)
ſolches bald wieder aus/ betreugt uns mit dem
buchſta-
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