Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.Th. IV. Sect. II. Num. XXII. Von der Magia. [Spaltenumbruch]
"verborgen ist. Und ferner schreibet er von den"geheimnüssen in der schöpffung/ wie sie denen "gläubigen noch immer offen stehen/ folgender "massen im XI. cap. p. 61. u. f. Das auge GOt- "tes ist in Mose und in den kindern der Heili- "gen gewesen/ sie haben im Geiste GOttes ge- "sehen und geredet/ und haben gleichwol nicht "das schauen der geistlichen geburth gehabt/ als "nur zu zeiten/ wenn GOtt hat wollen wun- "der würcken/ als beym Mose/ als er die wun- "der in Egypten thäte/ da stund ihm Magia di- "vina offen/ auff art und weise/ wie in der schöpf- "fung. Und das ist auch eben der fall Lucifers "gewesen/ daß er wolte ein GOtt der natur "seyn/ und in der verwandelung leben. Und dieses "ist auch eben der Heiden abgötterey gewesen/ "in deme sie die Magische geburt verstunden/ "fielen sie von dem einigen GOtt auff die Ma- "gische geburt der natur/ und erwehlten ihnen "aus den kräfften der natur abgötter. Um dessen "willen ist die schöpffung also dunckel geblieben/ "und hat GOtt seine kinder/ in denen das wah- "re licht geschienen/ mit trübsal verdeckt/ daß sie "ihnen nicht sind selber offenbar worden. Alldie- "weil Adam auch nach derselben lust Magiam zu "erkennen und zuprüffen immaginirte, und "wolte seyn als GOTT/ so ließ es ihm doch "GOtt zu/ daß er sein himmlisches bild mit der "eitelkeit der natur füllte und gantz finster und "irrdisch machte/ wie Lucifer auch thät mit dem "centro der natur/ da er aus einem Engel einen "teuffel machte. So will ich denn den leser "dieses gewarnet haben: daß er die Magiam recht "brauche/ als in einem rechte glauben und demuth "gegen Gott; und Turbam magnam nicht berüh- "re auff Magische art/ es gelange denn zu Gottes "ehre/ und menschlichem heil zu gute. Denn wir "können mit wahrheit sagen: daß das verbum fiat "noch heute im schaffen sey: ob es wol nicht sterne "und erde schafft/ so würcket es doch noch in der- "selben eigenschafft/ formet und coagulirt; "der natur ist alles möglich/ gleichwie ihr im "anfange ist möglich gewesen/ steine und erde zu "gebähren/ so wol sternen und 4. elemente/ und "solche aus einem einigen grunde ausgeführet "hat; Also ists noch heute/ durch die starcke be- "gierde (welche der Magische grund ist) mag "alles vollbracht werden/ so man die natur in "ihrer ordnung zu einem wercke braucht. Alle "wesen stehen in den 7. eigenschafften: Wer "nun das wesen erkennt/ der kan es durch den- "selben geist derselben essentz/ daraus es ein we- "sen worden ist/ in eine andere form transmu- "tiren. auch in ein ander wesen einführen/ und "also aus einem guten ein böses/ und aus ei- "nem bösen ein gutes machen. Alle dinge zu ver- "ändern/ muß durch die gleichheit als durch sein "eigenes geschehen: denn das fremde ist sein feind/ "gleichwie die menschheit muß durch die gleich- "heit in seiner verlohrne heiligkeit der Göttl. we- "sen heitwieder durch Göttliche wesenheit in der "gleichheit neugebore werde. Und wie der falsche "Magus den menschen durch die incantation mit "der gleichheit beschädiget/ und ihm böses in sein "böses (als in der gleichheit) durch die begierde "einführet: Und wie der rechte heilige glaub oder "Göttliche begierd auch in die gleichheit einge- "het/ und den menschen dafür beschirmet/ daß die "falsche begierde nicht hafftet. Also stehet al- "les in der gleichheit/ ein jedes ding mag in sei- "ne gleichheit eingeführet werden: Und so es [Spaltenumbruch] in seine gleichheit kommt/ so freuet es sich in" seiner gleichheit/ es sey böses oder gut/ und" hebet an zu qualisiciren: Wie man das am" bösen und guten siehet. Jch setze ein exempel:" Es nehme einer ein klein bißlein gifft ein/ so" wird sich das gifft im leibe/ welches zu vor ge-" ruhet/ alsobald mit grosser begierde anneh-" men/ und sich darinnen stärcken und anfahen" zu qualisiciren/ und das wiedrige als das gu-" te verderben und zerstören. Und was nun" das böse in seiner eigenschafft thun kan/ das" kan auch das gute in seiner eigenschafft thun;" wenn das vom grimm erlöset wird/ so mags" seine gleichheit auch in die rechte wahre freude" einführen. Endlich im gründlichen bericht vom Göttli-" und
Th. IV. Sect. II. Num. XXII. Von der Magia. [Spaltenumbruch]
„verborgen iſt. Und ferner ſchreibet er von den„geheimnuͤſſen in der ſchoͤpffung/ wie ſie denen „glaͤubigen noch immer offen ſtehen/ folgender „maſſen im XI. cap. p. 61. u. f. Das auge GOt- „tes iſt in Moſe und in den kindern der Heili- „gen geweſen/ ſie haben im Geiſte GOttes ge- „ſehen und geredet/ und haben gleichwol nicht „das ſchauen der geiſtlichen geburth gehabt/ als „nur zu zeiten/ wenn GOtt hat wollen wun- „der wuͤrcken/ als beym Moſe/ als er die wun- „der in Egypten thaͤte/ da ſtund ihm Magia di- „vina offen/ auff art und weiſe/ wie in der ſchoͤpf- „fung. Und das iſt auch eben der fall Lucifers „geweſen/ daß er wolte ein GOtt der natur „ſeyn/ und in der veꝛwandelung leben. Und dieſes „iſt auch eben der Heiden abgoͤtterey geweſen/ „in deme ſie die Magiſche geburt verſtunden/ „fielen ſie von dem einigen GOtt auff die Ma- „giſche geburt der natur/ und erwehlten ihnen „aus den kraͤfften der natur abgoͤtter. Um deſſen „willen iſt die ſchoͤpffung alſo dunckel geblieben/ „und hat GOtt ſeine kinder/ in denen das wah- „re licht geſchienen/ mit truͤbſal verdeckt/ daß ſie „ihnen nicht ſind ſelber offenbar worden. Alldie- „weil Adam auch nach deꝛſelben luſt Magiam zu „erkennen und zupruͤffen immaginirte, und „wolte ſeyn als GOTT/ ſo ließ es ihm doch „GOtt zu/ daß er ſein himmliſches bild mit der „eitelkeit der natur fuͤllte und gantz finſter und „irꝛdiſch machte/ wie Lucifer auch thaͤt mit dem „centro der natur/ da er aus einem Engel einen „teuffel machte. So will ich denn den leſer „dieſes gewarnet haben: daß er die Magiam recht „bꝛauche/ als in einem rechtē glauben uñ demuth „gegen Gott; und Turbam magnam nicht beruͤh- „re auff Magiſche art/ es gelange denn zu Gottes „ehre/ und menſchlichem heil zu gute. Denn wir „koͤñen mit wahrheit ſagen: daß das verbum fiat „noch heute im ſchaffen ſey: ob es wol nicht ſteꝛnē „und erde ſchafft/ ſo wuͤrcket es doch noch in der- „ſelben eigenſchafft/ formet und coagulirt; „der natur iſt alles moͤglich/ gleichwie ihr im „anfange iſt moͤglich geweſen/ ſteine und erde zu „gebaͤhren/ ſo wol ſternen und 4. elemente/ und „ſolche aus einem einigen grunde ausgefuͤhret „hat; Alſo iſts noch heute/ durch die ſtarcke be- „gierde (welche der Magiſche grund iſt) mag „alles vollbracht werden/ ſo man die natur in „ihrer ordnung zu einem wercke braucht. Alle „weſen ſtehen in den 7. eigenſchafften: Wer „nun das weſen erkennt/ der kan es durch den- „ſelben geiſt derſelben eſſentz/ daraus es ein we- „ſen worden iſt/ in eine andere form transmu- „tiren. auch in ein ander weſen einfuͤhren/ und „alſo aus einem guten ein boͤſes/ und aus ei- „nem boͤſen ein gutes machen. Alle dinge zu ver- „aͤndern/ muß durch die gleichheit als duꝛch ſein „eigenes geſchehen: deñ das fremde iſt ſein feind/ „gleichwie die menſchheit muß durch die gleich- „heit in ſeiner verlohrnē heiligkeit deꝛ Goͤttl. we- „ſen heitwieder durch Goͤttliche weſenheit in der „gleichheit neugeborē werdē. Und wie der falſche „Magus den menſchen durch die incantation mit „der gleichheit beſchaͤdiget/ und ihm boͤſes in ſein „boͤſes (als in der gleichheit) durch die begierde „einfuͤhret: Und wie der rechte heilige glaub oder „Goͤttliche begierd auch in die gleichheit einge- „het/ und den menſchen dafuͤr beſchiꝛmet/ daß die „falſche begierde nicht hafftet. Alſo ſtehet al- „les in der gleichheit/ ein jedes ding mag in ſei- „ne gleichheit eingefuͤhret werden: Und ſo es [Spaltenumbruch] in ſeine gleichheit kommt/ ſo freuet es ſich in“ ſeiner gleichheit/ es ſey boͤſes oder gut/ und“ hebet an zu qualiſiciren: Wie man das am“ boͤſen und guten ſiehet. Jch ſetze ein exempel:“ Es nehme einer ein klein bißlein gifft ein/ ſo“ wird ſich das gifft im leibe/ welches zu vor ge-“ ruhet/ alſobald mit groſſer begierde anneh-“ men/ und ſich darinnen ſtaͤrcken und anfahen“ zu qualiſiciren/ und das wiedrige als das gu-“ te verderben und zerſtoͤren. Und was nun“ das boͤſe in ſeiner eigenſchafft thun kan/ das“ kan auch das gute in ſeiner eigenſchafft thun;“ wenn das vom grimm erloͤſet wird/ ſo mags“ ſeine gleichheit auch in die rechte wahre freude“ einfuͤhren. Endlich im gruͤndlichen bericht vom Goͤttli-“ und
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Text. <hi rendition="#aq">p. 101.</hi>“<lb/> Alſo ſehen wir jetzt den urſprung zweyer reli-“<lb/> gionen/ daraus Babel eine Abgoͤttin iſt er-“<lb/> bohren/ und das an den Heiden und Juden.“<lb/> Denn in beyden iſt Babel/ und ſeynd zwey ge-“<lb/> ſchlecht in einem: Eines/ welches aus ſeiner“<lb/> vernunfft (als aus dem natur-leben und gei-“<lb/> ſte) fuͤr ſich gehet/ und ſuchet ſich ſelber zu er-“<lb/> hoͤhen/ das machet ihm einen weg in ſeinem“<lb/> weſen/ denn ſein wille geht aus ſeiner eigenen“<lb/> ſucht/ und ſuchet ſeine <hi rendition="#aq">magiam,</hi> als eine groſſe“<lb/> zahl zu ſeinem regiment/ eine vielheit/ und ge-“<lb/> het ſchlechts aus ſich/ vor ſich hin; ſein wille“<lb/> bleibet in ſeiner vielheit/ und iſt ſeiner vielheit“<lb/> GOtt und fuͤhrer. Und ob ihm der freye wil-“<lb/> le GOttes entgegen tritt und ſtraffet/ ſo heu-“<lb/> chelt der abgott doch nur dem freyen willen/“<lb/> als dem geiſte GOttes mit dem munde/ und“<lb/> ehret ſeinen eigenen willen in der zahl der viel-“<lb/> heit: Denn derſelbe wille iſt aus ſeinem ſchatz“<lb/> und aus ſeiner <hi rendition="#aq">Magia</hi> erboren/ er begreiffet“<lb/> nicht den freyen willen GOttes/ und darum“<lb/> iſt er aus fleiſch und blut aus ſeiner eigenen“<lb/> natur geboren/ und iſt ein kind dieſer welt/ und“<lb/> haͤlt ſeinen ſchatz vor ſeine liebe; alſo iſt er jetzt“<lb/> ein heuchler/ und eine verwirrete Babel: Denn“<lb/> die zahl der vielheit/ als ſeine eigene <hi rendition="#aq">Magia</hi> ver-“<lb/> wirren ihn/ daß er einer zahl ausgehet in viel;“<lb/> jetzt iſt die vielheit eine verwirrete Babel/ und“<lb/> ſein heuchliſcher mund/ damit er dem geiſte der“<lb/> einigkeit gute worte giebt/ und viel gelobet/ ein“<lb/> Antichriſt und luͤgner: Dañ anders redet er/ uñ“<lb/> anders thut er/ ſein heꝛtz iſt eine ſucht/ und ſeines“<lb/> hertzens geiſt hat ſich in die ſucht eingewendet.“<lb/> Alſo iſt der <hi rendition="#aq">Magus</hi> der vielheit jetzt ein ſtol-“<lb/> tzer/ hoffaͤrtiger/ geitziger/ boßhafftiger/ freſ-“<lb/> fer und ein geiſt aus der gebehrenden vielheit/“<lb/> und iſt ein falſcher Abgoͤtter: er hanget nicht“<lb/> dem freyen willen der natur an/ der da die“<lb/> macht der wunder in ſeiner gewalt hat/ und“<lb/> hat keinen verſtand in dem Goͤttlichen <hi rendition="#aq">Myſte-“<lb/> rio:</hi> Denn er hanget demſelben geiſte nicht“<lb/> mit ſeinem willen an/ ſonſt ſo ſein wille in die“<lb/> freyheit gewendet waͤre/ ſo eroͤffnete der geiſt“<lb/> GOttes ſein <hi rendition="#aq">Magi</hi>ſch <hi rendition="#aq">Myſterium,</hi> und ſtuͤn-“<lb/> den ſeine wunder und wercke mit ſeinem willen“<lb/> in GOtt. So aber ſie nun aus ſich ausgehen/“<lb/> ſo ſuchet der anfang das ende/ und das“<lb/> mittel iſt die <hi rendition="#aq">Turba.</hi> Denn es ſtehet nicht im“<lb/> freyen willen GOttes/ ſondern es waͤchſet aus“<lb/> ſich ſelber/ und erhoͤhet ſich als ein ſtoltzer baum.“<lb/> Und ſo dann GOtt nur einig im willen iſt/“<lb/> und in der ewigen begierde/ als in der ewigen“<lb/><hi rendition="#aq">Magia</hi> einig iſt/ daß ſich die ſucht der ewigen“<lb/><hi rendition="#aq">Magiæ</hi> alſo nun in den ewigen willen ergiebt/“<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0462]
Th. IV. Sect. II. Num. XXII. Von der Magia.
„verborgen iſt. Und ferner ſchreibet er von den
„geheimnuͤſſen in der ſchoͤpffung/ wie ſie denen
„glaͤubigen noch immer offen ſtehen/ folgender
„maſſen im XI. cap. p. 61. u. f. Das auge GOt-
„tes iſt in Moſe und in den kindern der Heili-
„gen geweſen/ ſie haben im Geiſte GOttes ge-
„ſehen und geredet/ und haben gleichwol nicht
„das ſchauen der geiſtlichen geburth gehabt/ als
„nur zu zeiten/ wenn GOtt hat wollen wun-
„der wuͤrcken/ als beym Moſe/ als er die wun-
„der in Egypten thaͤte/ da ſtund ihm Magia di-
„vina offen/ auff art und weiſe/ wie in der ſchoͤpf-
„fung. Und das iſt auch eben der fall Lucifers
„geweſen/ daß er wolte ein GOtt der natur
„ſeyn/ und in der veꝛwandelung leben. Und dieſes
„iſt auch eben der Heiden abgoͤtterey geweſen/
„in deme ſie die Magiſche geburt verſtunden/
„fielen ſie von dem einigen GOtt auff die Ma-
„giſche geburt der natur/ und erwehlten ihnen
„aus den kraͤfften der natur abgoͤtter. Um deſſen
„willen iſt die ſchoͤpffung alſo dunckel geblieben/
„und hat GOtt ſeine kinder/ in denen das wah-
„re licht geſchienen/ mit truͤbſal verdeckt/ daß ſie
„ihnen nicht ſind ſelber offenbar worden. Alldie-
„weil Adam auch nach deꝛſelben luſt Magiam zu
„erkennen und zupruͤffen immaginirte, und
„wolte ſeyn als GOTT/ ſo ließ es ihm doch
„GOtt zu/ daß er ſein himmliſches bild mit der
„eitelkeit der natur fuͤllte und gantz finſter und
„irꝛdiſch machte/ wie Lucifer auch thaͤt mit dem
„centro der natur/ da er aus einem Engel einen
„teuffel machte. So will ich denn den leſer
„dieſes gewarnet haben: daß er die Magiam recht
„bꝛauche/ als in einem rechtē glauben uñ demuth
„gegen Gott; und Turbam magnam nicht beruͤh-
„re auff Magiſche art/ es gelange denn zu Gottes
„ehre/ und menſchlichem heil zu gute. Denn wir
„koͤñen mit wahrheit ſagen: daß das verbum fiat
„noch heute im ſchaffen ſey: ob es wol nicht ſteꝛnē
„und erde ſchafft/ ſo wuͤrcket es doch noch in der-
„ſelben eigenſchafft/ formet und coagulirt;
„der natur iſt alles moͤglich/ gleichwie ihr im
„anfange iſt moͤglich geweſen/ ſteine und erde zu
„gebaͤhren/ ſo wol ſternen und 4. elemente/ und
„ſolche aus einem einigen grunde ausgefuͤhret
„hat; Alſo iſts noch heute/ durch die ſtarcke be-
„gierde (welche der Magiſche grund iſt) mag
„alles vollbracht werden/ ſo man die natur in
„ihrer ordnung zu einem wercke braucht. Alle
„weſen ſtehen in den 7. eigenſchafften: Wer
„nun das weſen erkennt/ der kan es durch den-
„ſelben geiſt derſelben eſſentz/ daraus es ein we-
„ſen worden iſt/ in eine andere form transmu-
„tiren. auch in ein ander weſen einfuͤhren/ und
„alſo aus einem guten ein boͤſes/ und aus ei-
„nem boͤſen ein gutes machen. Alle dinge zu ver-
„aͤndern/ muß durch die gleichheit als duꝛch ſein
„eigenes geſchehen: deñ das fremde iſt ſein feind/
„gleichwie die menſchheit muß durch die gleich-
„heit in ſeiner verlohrnē heiligkeit deꝛ Goͤttl. we-
„ſen heitwieder durch Goͤttliche weſenheit in der
„gleichheit neugeborē werdē. Und wie der falſche
„Magus den menſchen durch die incantation mit
„der gleichheit beſchaͤdiget/ und ihm boͤſes in ſein
„boͤſes (als in der gleichheit) durch die begierde
„einfuͤhret: Und wie der rechte heilige glaub oder
„Goͤttliche begierd auch in die gleichheit einge-
„het/ und den menſchen dafuͤr beſchiꝛmet/ daß die
„falſche begierde nicht hafftet. Alſo ſtehet al-
„les in der gleichheit/ ein jedes ding mag in ſei-
„ne gleichheit eingefuͤhret werden: Und ſo es
in ſeine gleichheit kommt/ ſo freuet es ſich in“
ſeiner gleichheit/ es ſey boͤſes oder gut/ und“
hebet an zu qualiſiciren: Wie man das am“
boͤſen und guten ſiehet. Jch ſetze ein exempel:“
Es nehme einer ein klein bißlein gifft ein/ ſo“
wird ſich das gifft im leibe/ welches zu vor ge-“
ruhet/ alſobald mit groſſer begierde anneh-“
men/ und ſich darinnen ſtaͤrcken und anfahen“
zu qualiſiciren/ und das wiedrige als das gu-“
te verderben und zerſtoͤren. Und was nun“
das boͤſe in ſeiner eigenſchafft thun kan/ das“
kan auch das gute in ſeiner eigenſchafft thun;“
wenn das vom grimm erloͤſet wird/ ſo mags“
ſeine gleichheit auch in die rechte wahre freude“
einfuͤhren.
Endlich im gruͤndlichen bericht vom Goͤttli-“
chen und irꝛdiſchen Myſterio im 8. Text. p. 101.“
Alſo ſehen wir jetzt den urſprung zweyer reli-“
gionen/ daraus Babel eine Abgoͤttin iſt er-“
bohren/ und das an den Heiden und Juden.“
Denn in beyden iſt Babel/ und ſeynd zwey ge-“
ſchlecht in einem: Eines/ welches aus ſeiner“
vernunfft (als aus dem natur-leben und gei-“
ſte) fuͤr ſich gehet/ und ſuchet ſich ſelber zu er-“
hoͤhen/ das machet ihm einen weg in ſeinem“
weſen/ denn ſein wille geht aus ſeiner eigenen“
ſucht/ und ſuchet ſeine magiam, als eine groſſe“
zahl zu ſeinem regiment/ eine vielheit/ und ge-“
het ſchlechts aus ſich/ vor ſich hin; ſein wille“
bleibet in ſeiner vielheit/ und iſt ſeiner vielheit“
GOtt und fuͤhrer. Und ob ihm der freye wil-“
le GOttes entgegen tritt und ſtraffet/ ſo heu-“
chelt der abgott doch nur dem freyen willen/“
als dem geiſte GOttes mit dem munde/ und“
ehret ſeinen eigenen willen in der zahl der viel-“
heit: Denn derſelbe wille iſt aus ſeinem ſchatz“
und aus ſeiner Magia erboren/ er begreiffet“
nicht den freyen willen GOttes/ und darum“
iſt er aus fleiſch und blut aus ſeiner eigenen“
natur geboren/ und iſt ein kind dieſer welt/ und“
haͤlt ſeinen ſchatz vor ſeine liebe; alſo iſt er jetzt“
ein heuchler/ und eine verwirrete Babel: Denn“
die zahl der vielheit/ als ſeine eigene Magia ver-“
wirren ihn/ daß er einer zahl ausgehet in viel;“
jetzt iſt die vielheit eine verwirrete Babel/ und“
ſein heuchliſcher mund/ damit er dem geiſte der“
einigkeit gute worte giebt/ und viel gelobet/ ein“
Antichriſt und luͤgner: Dañ anders redet er/ uñ“
anders thut er/ ſein heꝛtz iſt eine ſucht/ und ſeines“
hertzens geiſt hat ſich in die ſucht eingewendet.“
Alſo iſt der Magus der vielheit jetzt ein ſtol-“
tzer/ hoffaͤrtiger/ geitziger/ boßhafftiger/ freſ-“
fer und ein geiſt aus der gebehrenden vielheit/“
und iſt ein falſcher Abgoͤtter: er hanget nicht“
dem freyen willen der natur an/ der da die“
macht der wunder in ſeiner gewalt hat/ und“
hat keinen verſtand in dem Goͤttlichen Myſte-“
rio: Denn er hanget demſelben geiſte nicht“
mit ſeinem willen an/ ſonſt ſo ſein wille in die“
freyheit gewendet waͤre/ ſo eroͤffnete der geiſt“
GOttes ſein Magiſch Myſterium, und ſtuͤn-“
den ſeine wunder und wercke mit ſeinem willen“
in GOtt. So aber ſie nun aus ſich ausgehen/“
ſo ſuchet der anfang das ende/ und das“
mittel iſt die Turba. Denn es ſtehet nicht im“
freyen willen GOttes/ ſondern es waͤchſet aus“
ſich ſelber/ und erhoͤhet ſich als ein ſtoltzer baum.“
Und ſo dann GOtt nur einig im willen iſt/“
und in der ewigen begierde/ als in der ewigen“
Magia einig iſt/ daß ſich die ſucht der ewigen“
Magiæ alſo nun in den ewigen willen ergiebt/“
und
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Zitationshilfe: | Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/462>, abgerufen am 16.07.2024. |