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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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von Theophrasti Paracelsi lehre.
[Spaltenumbruch] und aber was ihme nöthig seye/ wie einem engel/
dasselbe hat er ihme auff die welt gegeben/ also
daß er ein leiblicher engel. Sündiget er und ist
hoffärtig/ so wird er nicht vom himmel gestos-
sen/ sondern von der welt; dann aus dem him-
mel stösset GOtt niemand mehr/ dann einmal
und kein mahl mehr: einmal ist er gebohren und
nimmermehr/ einmal gestorben/ und nimmer-
mehr/ alles auff eine zahl/ ein urtheil/ ein ja/ ein
nein. Darum so hat er/ damit sein him-
mel erfüllet würde/ die welt geschaffen/ und
den menschen nicht in himmel/ sondern in die
welt/ auff daß nichts im himmel arges weiter
entstünde/ und daß das perlein aus der zahl der
menschen außgeklaubet würde. Darum hat
er ihme ein besonderes reich erschaffen/ und ihn
in selbigem gantz gemacht/ nicht grob/ nicht un-
geschickt/ nicht unverständig: sondern die weiß-
heit hat er dem menschen gegeben/ klar/ rein/
pur. Und wie ein mensch grob ist an gliedmas-
sen und ein anderer subtil an gliedmassen/
welches unter denen zweyen ist zu loben oder zu
schelten? Keines: dann sie haben beyde ma-
gen/ hertz/ roth blut/ rothes fleisch/ weisse bein/
marck/ haar: Also im verstand ist die Potentz/
aber nicht die klugheit/ die klugheit ist ein fremd
thierisch und viehisches ding/ darum man nicht
nach dem wohlstand urtheilen solt/ sondern alle
menschen in ehren haben. Dann bey allen ists/
was in dir ist/ in einem jeglichen liegt/ was in dir
liegt. Wie einem armen gleich so wohl wächst
das seine im garten als dem reichen: Alsoauch
im menschen liegen alle handwercker/ alle
künste/ aber nicht alle offenbahr/ in dem das/
und vom andern allen nichts mehr; in dem ein
anders und weiter auch nichts mehr; und sind
doch alle in ihme/ und hat sie alle; das auffwe-
cken/ das da geschicht/ dasselbige bringts her-
für/ so weit auffgewecket wird. Lernen von
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schen/ allein ists zu erwecken und ermahnen. Dann
als wenig du magst ein holtz lernen dantzen ma-
chen/ einen hund reden: also wenig magstu ei-
nen schüler lernen aus dir/ dann es ist im hund
nicht/ im holtz nicht/ das im schüler ist. Dar-
um ist ein kind ein ambiguum, darnach du es
würckest/ darnach hast du es. Erweckest du es
mit einem schuster/ so ist er ein schuster; erweckest
du es mit einem steinmetzen/ so ist er ein stein-
metz; erweckest du es mit einem gelehrten/ so
wird er gelehrt. Darum wird es also/ daß al-
le dinge in ihme sind/ welches du erweckest in
ihme/ das gehet herfür/ die andern bleiben
schlaffen. Wären sie nicht mit dem fleisch und
blut gebohren/ nimmermehr würdest du es in sie
bringen/ das du kanst. Darum du mit ihnen ein
schüler bist/ du weckest die schüler/ und sie dich
auff: das ist/ ein anderer mag dich lehren und
auch erwecken in einem andern/ das bey dir
schläfft/ gleich so wohl als bey den schülern und
kindern.

13. Von dem sitz der weißheit/ dem
menschlichen gemüth/ setzet er
p. 309. Es
ist ein solch groß ding umb des menschen ge-
müth/ also daß es niemand möglich ist außzu-
sprechen: und wie GOtt selbst/ und prima ma-
teria,
und der himmel/ diese drey/ ewig und un-
zergänglich sind: also ist auch das gemüth des
menschen. Darum wird der mensch selig durch
und mit seinem gemüth/ das ist/ er lebt ewig/
[Spaltenumbruch] und stirbt nimmermehr/ als wenig als Enoch
und Elias/ die auch ihr gemüth recht erkennt
haben. Und wann wir menschen unser ge-
müth recht erkenneten/ so wäre uns nichts un-
müglich auff erden. Wie aber dasselbige recht
zu erkennen seye/ wann es in seiner exaltation ist/
so wisse/ daß das gemüth in ihm selbst ist versun-
cken und ertruncken/ das ist/ der mensch ist mit
sehenden augen blind/ mit hörenden ohren hör-
loß/ mit seiner nasen schmäcket er nichts/ mit
seinen händen betastet und greiffet er nichts/ sein
leib empfindet nichts. Das ist nun also zu-
verstehen: Er siehet wohl/ weiß aber nicht
was er siehet: Er höret wohlreden/ verste-
het aber nichts; hat wohl den thon und hall
eines jeden dinges/ weiß aber nicht/ was es
ist/ verstehet es nicht. Also; Er schmäcket
wohl/ weiß aber nicht was er schmäcket. Er
greifft wohl/ weiß aber nicht was er greifft;
dann er hat sich allein an dem ding/ so ihm in
seinem gemüth liegt/ ersehen und vergafft/
wie ein affe in einem spiegel/ oder wie ein
kind an einem schönen kragen/ oder wie ein
narr an einem gemählde. Dann ein mensch/
der in solchen tieffen gedancken ist/ und in sei-
nem gemüth also ertruncken/ der ist gleich/
als hätte er seine fünff sinnen verlohren/ und
für der welt vor den grösten stock-narren gehal-
ten wird; ist aber bey GOTT der allerweise-
ste mensch/ dem er seine heimlichkeit wissen läst/
und in das verborgene hinein sehen läst/ mehr
dann alle welt-weise.

Darum sollt ihr auch wissen/ daß die perfe-
cte imagination,
die von den astris kommt/
entspringet in dem gemüth/ in dem alle a-
stra
verborgen liegen: Und das gemüth/ der
glaube und die imagination, sind drey ding zu
rechnen; dann die namen sind unterschiedlich/
haben aber gleiche krafft und stärcke/ dann es
kommt eins aus dem andern. Und kan ich die
nicht anders vergleichen/ dann der Trinitati
DEI.
Dann durch das gemüth kommen wir
zu GOTT/ durch den glauben zu CHri-
sto/ durch die imagination empfahen wir
den Heiligen Geist: Darum auch diesen
dreyen/ wie der Trinitati DEI, nichts unmög-
lich ist.

So wir nun also auff erden mit unserm ge-
müth zu GOTT kommen/ durch den glauben
zu Christo/ und durch die imagination den
Heiligen Geist empfahen: so werden wir gleich
denen Aposteln/ wir fürchten weder den tod
noch gefängnis/ weder marter noch pein/ ar-
beit/ armuth/ hunger noch anders derglei-
chen. Jtem/ wir können den teuffel außtrei-
ben/ krancken gesund machen/ todte lebendig
machen/ berge versetzen/ wie dann wir de Dei
Trinitate
schreiben. Ein exempel haben wir
an der speculation: Dann wir sehen einen/
der da speculirt/ und hat deren dingen einen
verstand/ darinn er speculirt: Läst er nun nicht
darvon ab/ und ihme ernstlich angelegen
seyn/ so erfindet er in solcher speculation die
practick. Dann keiner kan zu der practick
kommen anderst/ als allein durch die theo-
ri
ck und speculation, es muß erstlich nur al-
les erspeculirt seyn. Dann auch alle hand-
wercke und künste haben ihren ursprung aus
der speculation und aus der theorick. Und
das ist hie auch zu wissen/ daß allemahl bey

der
A. K. H. Vierter Theil. T

von Theophraſti Paracelſi lehre.
[Spaltenumbruch] uñ aber was ihme noͤthig ſeye/ wie einem engel/
daſſelbe hat er ihme auff die welt gegeben/ alſo
daß er ein leiblicher engel. Suͤndiget er und iſt
hoffaͤrtig/ ſo wird er nicht vom himmel geſtoſ-
ſen/ ſondern von der welt; dann aus dem him-
mel ſtoͤſſet GOtt niemand mehr/ dann einmal
und kein mahl mehr: einmal iſt er gebohren und
nimmermehr/ einmal geſtorben/ und nimmer-
mehr/ alles auff eine zahl/ ein urtheil/ ein ja/ ein
nein. Darum ſo hat er/ damit ſein him-
mel erfuͤllet wuͤrde/ die welt geſchaffen/ und
den menſchen nicht in himmel/ ſondern in die
welt/ auff daß nichts im himmel arges weiter
entſtuͤnde/ und daß das perlein aus der zahl der
menſchen außgeklaubet wuͤrde. Darum hat
er ihme ein beſonderes reich erſchaffen/ und ihn
in ſelbigem gantz gemacht/ nicht grob/ nicht un-
geſchickt/ nicht unverſtaͤndig: ſondern die weiß-
heit hat er dem menſchen gegeben/ klar/ rein/
pur. Und wie ein menſch grob iſt an gliedmaſ-
ſen und ein anderer ſubtil an gliedmaſſen/
welches unter denen zweyen iſt zu loben oder zu
ſchelten? Keines: dann ſie haben beyde ma-
gen/ hertz/ roth blut/ rothes fleiſch/ weiſſe bein/
marck/ haar: Alſo im verſtand iſt die Potentz/
aber nicht die klugheit/ die klugheit iſt ein fremd
thieriſch und viehiſches ding/ darum man nicht
nach dem wohlſtand urtheilen ſolt/ ſondern alle
menſchen in ehren haben. Dann bey allen iſts/
was in dir iſt/ in einem jeglichen liegt/ was in dir
liegt. Wie einem armen gleich ſo wohl waͤchſt
das ſeine im garten als dem reichen: Alſoauch
im menſchen liegen alle handwercker/ alle
kuͤnſte/ aber nicht alle offenbahr/ in dem das/
und vom andern allen nichts mehr; in dem ein
anders und weiter auch nichts mehr; und ſind
doch alle in ihme/ und hat ſie alle; das auffwe-
cken/ das da geſchicht/ daſſelbige bringts her-
fuͤr/ ſo weit auffgewecket wird. Lernen von
menſchen iſt kein lernen/ es iſt vorhin im men-
ſchen/ allein iſts zu erwecken uñ ermahnen. Dañ
als wenig du magſt ein holtz lernen dantzen ma-
chen/ einen hund reden: alſo wenig magſtu ei-
nen ſchuͤler lernen aus dir/ dann es iſt im hund
nicht/ im holtz nicht/ das im ſchuͤler iſt. Dar-
um iſt ein kind ein ambiguum, darnach du es
wuͤrckeſt/ darnach haſt du es. Erweckeſt du es
mit einem ſchuſter/ ſo iſt er ein ſchuſter; erweckeſt
du es mit einem ſteinmetzen/ ſo iſt er ein ſtein-
metz; erweckeſt du es mit einem gelehrten/ ſo
wird er gelehrt. Darum wird es alſo/ daß al-
le dinge in ihme ſind/ welches du erweckeſt in
ihme/ das gehet herfuͤr/ die andern bleiben
ſchlaffen. Waͤren ſie nicht mit dem fleiſch und
blut gebohren/ nimmermehr wuͤrdeſt du es in ſie
bringen/ das du kanſt. Darum du mit ihnen ein
ſchuͤler biſt/ du weckeſt die ſchuͤler/ und ſie dich
auff: das iſt/ ein anderer mag dich lehren und
auch erwecken in einem andern/ das bey dir
ſchlaͤfft/ gleich ſo wohl als bey den ſchuͤlern und
kindern.

13. Von dem ſitz der weißheit/ dem
menſchlichen gemuͤth/ ſetzet er
p. 309. Es
iſt ein ſolch groß ding umb des menſchen ge-
muͤth/ alſo daß es niemand moͤglich iſt außzu-
ſprechen: und wie GOtt ſelbſt/ und prima ma-
teria,
und der himmel/ dieſe drey/ ewig und un-
zergaͤnglich ſind: alſo iſt auch das gemuͤth des
menſchen. Darum wird der menſch ſelig durch
und mit ſeinem gemuͤth/ das iſt/ er lebt ewig/
[Spaltenumbruch] und ſtirbt nimmermehr/ als wenig als Enoch
und Elias/ die auch ihr gemuͤth recht erkennt
haben. Und wann wir menſchen unſer ge-
muͤth recht erkenneten/ ſo waͤre uns nichts un-
muͤglich auff erden. Wie aber daſſelbige recht
zu erkennen ſeye/ wann es in ſeiner exaltation iſt/
ſo wiſſe/ daß das gemuͤth in ihm ſelbſt iſt verſun-
cken und ertruncken/ das iſt/ der menſch iſt mit
ſehenden augen blind/ mit hoͤrenden ohren hoͤr-
loß/ mit ſeiner naſen ſchmaͤcket er nichts/ mit
ſeinen haͤnden betaſtet uñ greiffet er nichts/ ſein
leib empfindet nichts. Das iſt nun alſo zu-
verſtehen: Er ſiehet wohl/ weiß aber nicht
was er ſiehet: Er hoͤret wohlreden/ verſte-
het aber nichts; hat wohl den thon und hall
eines jeden dinges/ weiß aber nicht/ was es
iſt/ verſtehet es nicht. Alſo; Er ſchmaͤcket
wohl/ weiß aber nicht was er ſchmaͤcket. Er
greifft wohl/ weiß aber nicht was er greifft;
dann er hat ſich allein an dem ding/ ſo ihm in
ſeinem gemuͤth liegt/ erſehen und vergafft/
wie ein affe in einem ſpiegel/ oder wie ein
kind an einem ſchoͤnen kragen/ oder wie ein
narr an einem gemaͤhlde. Dann ein menſch/
der in ſolchen tieffen gedancken iſt/ und in ſei-
nem gemuͤth alſo ertruncken/ der iſt gleich/
als haͤtte er ſeine fuͤnff ſinnen verlohren/ und
fuͤr der welt vor den groͤſten ſtock-narren gehal-
ten wird; iſt aber bey GOTT der allerweiſe-
ſte menſch/ dem er ſeine heimlichkeit wiſſen laͤſt/
und in das verborgene hinein ſehen laͤſt/ mehr
dann alle welt-weiſe.

Darum ſollt ihr auch wiſſen/ daß die perfe-
cte imagination,
die von den aſtris kommt/
entſpringet in dem gemuͤth/ in dem alle a-
ſtra
verborgen liegen: Und das gemuͤth/ der
glaube und die imagination, ſind drey ding zu
rechnen; dann die namen ſind unterſchiedlich/
haben aber gleiche krafft und ſtaͤrcke/ dann es
kommt eins aus dem andern. Und kan ich die
nicht anders vergleichen/ dann der Trinitati
DEI.
Dann durch das gemuͤth kommen wir
zu GOTT/ durch den glauben zu CHri-
ſto/ durch die imagination empfahen wir
den Heiligen Geiſt: Darum auch dieſen
dreyen/ wie der Trinitati DEI, nichts unmoͤg-
lich iſt.

So wir nun alſo auff erden mit unſerm ge-
muͤth zu GOTT kommen/ durch den glauben
zu Chriſto/ und durch die imagination den
Heiligen Geiſt empfahen: ſo werden wir gleich
denen Apoſteln/ wir fuͤrchten weder den tod
noch gefaͤngnis/ weder marter noch pein/ ar-
beit/ armuth/ hunger noch anders derglei-
chen. Jtem/ wir koͤnnen den teuffel außtrei-
ben/ krancken geſund machen/ todte lebendig
machen/ berge verſetzen/ wie dann wir de Dei
Trinitate
ſchreiben. Ein exempel haben wir
an der ſpeculation: Dann wir ſehen einen/
der da ſpeculirt/ und hat deren dingen einen
verſtand/ darinn er ſpeculirt: Laͤſt er nun nicht
darvon ab/ und ihme ernſtlich angelegen
ſeyn/ ſo erfindet er in ſolcher ſpeculation die
practick. Dann keiner kan zu der practick
kommen anderſt/ als allein durch die theo-
ri
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les erſpeculirt ſeyn. Dann auch alle hand-
wercke und kuͤnſte haben ihren urſprung aus
der ſpeculation und aus der theorick. Und
das iſt hie auch zu wiſſen/ daß allemahl bey

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[145/0441] von Theophraſti Paracelſi lehre. uñ aber was ihme noͤthig ſeye/ wie einem engel/ daſſelbe hat er ihme auff die welt gegeben/ alſo daß er ein leiblicher engel. Suͤndiget er und iſt hoffaͤrtig/ ſo wird er nicht vom himmel geſtoſ- ſen/ ſondern von der welt; dann aus dem him- mel ſtoͤſſet GOtt niemand mehr/ dann einmal und kein mahl mehr: einmal iſt er gebohren und nimmermehr/ einmal geſtorben/ und nimmer- mehr/ alles auff eine zahl/ ein urtheil/ ein ja/ ein nein. Darum ſo hat er/ damit ſein him- mel erfuͤllet wuͤrde/ die welt geſchaffen/ und den menſchen nicht in himmel/ ſondern in die welt/ auff daß nichts im himmel arges weiter entſtuͤnde/ und daß das perlein aus der zahl der menſchen außgeklaubet wuͤrde. Darum hat er ihme ein beſonderes reich erſchaffen/ und ihn in ſelbigem gantz gemacht/ nicht grob/ nicht un- geſchickt/ nicht unverſtaͤndig: ſondern die weiß- heit hat er dem menſchen gegeben/ klar/ rein/ pur. Und wie ein menſch grob iſt an gliedmaſ- ſen und ein anderer ſubtil an gliedmaſſen/ welches unter denen zweyen iſt zu loben oder zu ſchelten? Keines: dann ſie haben beyde ma- gen/ hertz/ roth blut/ rothes fleiſch/ weiſſe bein/ marck/ haar: Alſo im verſtand iſt die Potentz/ aber nicht die klugheit/ die klugheit iſt ein fremd thieriſch und viehiſches ding/ darum man nicht nach dem wohlſtand urtheilen ſolt/ ſondern alle menſchen in ehren haben. Dann bey allen iſts/ was in dir iſt/ in einem jeglichen liegt/ was in dir liegt. Wie einem armen gleich ſo wohl waͤchſt das ſeine im garten als dem reichen: Alſoauch im menſchen liegen alle handwercker/ alle kuͤnſte/ aber nicht alle offenbahr/ in dem das/ und vom andern allen nichts mehr; in dem ein anders und weiter auch nichts mehr; und ſind doch alle in ihme/ und hat ſie alle; das auffwe- cken/ das da geſchicht/ daſſelbige bringts her- fuͤr/ ſo weit auffgewecket wird. Lernen von menſchen iſt kein lernen/ es iſt vorhin im men- ſchen/ allein iſts zu erwecken uñ ermahnen. Dañ als wenig du magſt ein holtz lernen dantzen ma- chen/ einen hund reden: alſo wenig magſtu ei- nen ſchuͤler lernen aus dir/ dann es iſt im hund nicht/ im holtz nicht/ das im ſchuͤler iſt. Dar- um iſt ein kind ein ambiguum, darnach du es wuͤrckeſt/ darnach haſt du es. Erweckeſt du es mit einem ſchuſter/ ſo iſt er ein ſchuſter; erweckeſt du es mit einem ſteinmetzen/ ſo iſt er ein ſtein- metz; erweckeſt du es mit einem gelehrten/ ſo wird er gelehrt. Darum wird es alſo/ daß al- le dinge in ihme ſind/ welches du erweckeſt in ihme/ das gehet herfuͤr/ die andern bleiben ſchlaffen. Waͤren ſie nicht mit dem fleiſch und blut gebohren/ nimmermehr wuͤrdeſt du es in ſie bringen/ das du kanſt. Darum du mit ihnen ein ſchuͤler biſt/ du weckeſt die ſchuͤler/ und ſie dich auff: das iſt/ ein anderer mag dich lehren und auch erwecken in einem andern/ das bey dir ſchlaͤfft/ gleich ſo wohl als bey den ſchuͤlern und kindern. 13. Von dem ſitz der weißheit/ dem menſchlichen gemuͤth/ ſetzet er p. 309. Es iſt ein ſolch groß ding umb des menſchen ge- muͤth/ alſo daß es niemand moͤglich iſt außzu- ſprechen: und wie GOtt ſelbſt/ und prima ma- teria, und der himmel/ dieſe drey/ ewig und un- zergaͤnglich ſind: alſo iſt auch das gemuͤth des menſchen. Darum wird der menſch ſelig durch und mit ſeinem gemuͤth/ das iſt/ er lebt ewig/ und ſtirbt nimmermehr/ als wenig als Enoch und Elias/ die auch ihr gemuͤth recht erkennt haben. Und wann wir menſchen unſer ge- muͤth recht erkenneten/ ſo waͤre uns nichts un- muͤglich auff erden. Wie aber daſſelbige recht zu erkennen ſeye/ wann es in ſeiner exaltation iſt/ ſo wiſſe/ daß das gemuͤth in ihm ſelbſt iſt verſun- cken und ertruncken/ das iſt/ der menſch iſt mit ſehenden augen blind/ mit hoͤrenden ohren hoͤr- loß/ mit ſeiner naſen ſchmaͤcket er nichts/ mit ſeinen haͤnden betaſtet uñ greiffet er nichts/ ſein leib empfindet nichts. Das iſt nun alſo zu- verſtehen: Er ſiehet wohl/ weiß aber nicht was er ſiehet: Er hoͤret wohlreden/ verſte- het aber nichts; hat wohl den thon und hall eines jeden dinges/ weiß aber nicht/ was es iſt/ verſtehet es nicht. Alſo; Er ſchmaͤcket wohl/ weiß aber nicht was er ſchmaͤcket. Er greifft wohl/ weiß aber nicht was er greifft; dann er hat ſich allein an dem ding/ ſo ihm in ſeinem gemuͤth liegt/ erſehen und vergafft/ wie ein affe in einem ſpiegel/ oder wie ein kind an einem ſchoͤnen kragen/ oder wie ein narr an einem gemaͤhlde. Dann ein menſch/ der in ſolchen tieffen gedancken iſt/ und in ſei- nem gemuͤth alſo ertruncken/ der iſt gleich/ als haͤtte er ſeine fuͤnff ſinnen verlohren/ und fuͤr der welt vor den groͤſten ſtock-narren gehal- ten wird; iſt aber bey GOTT der allerweiſe- ſte menſch/ dem er ſeine heimlichkeit wiſſen laͤſt/ und in das verborgene hinein ſehen laͤſt/ mehr dann alle welt-weiſe. Darum ſollt ihr auch wiſſen/ daß die perfe- cte imagination, die von den aſtris kommt/ entſpringet in dem gemuͤth/ in dem alle a- ſtra verborgen liegen: Und das gemuͤth/ der glaube und die imagination, ſind drey ding zu rechnen; dann die namen ſind unterſchiedlich/ haben aber gleiche krafft und ſtaͤrcke/ dann es kommt eins aus dem andern. Und kan ich die nicht anders vergleichen/ dann der Trinitati DEI. Dann durch das gemuͤth kommen wir zu GOTT/ durch den glauben zu CHri- ſto/ durch die imagination empfahen wir den Heiligen Geiſt: Darum auch dieſen dreyen/ wie der Trinitati DEI, nichts unmoͤg- lich iſt. So wir nun alſo auff erden mit unſerm ge- muͤth zu GOTT kommen/ durch den glauben zu Chriſto/ und durch die imagination den Heiligen Geiſt empfahen: ſo werden wir gleich denen Apoſteln/ wir fuͤrchten weder den tod noch gefaͤngnis/ weder marter noch pein/ ar- beit/ armuth/ hunger noch anders derglei- chen. Jtem/ wir koͤnnen den teuffel außtrei- ben/ krancken geſund machen/ todte lebendig machen/ berge verſetzen/ wie dann wir de Dei Trinitate ſchreiben. Ein exempel haben wir an der ſpeculation: Dann wir ſehen einen/ der da ſpeculirt/ und hat deren dingen einen verſtand/ darinn er ſpeculirt: Laͤſt er nun nicht darvon ab/ und ihme ernſtlich angelegen ſeyn/ ſo erfindet er in ſolcher ſpeculation die practick. Dann keiner kan zu der practick kommen anderſt/ als allein durch die theo- rick und ſpeculation, es muß erſtlich nur al- les erſpeculirt ſeyn. Dann auch alle hand- wercke und kuͤnſte haben ihren urſprung aus der ſpeculation und aus der theorick. Und das iſt hie auch zu wiſſen/ daß allemahl bey der A. K. H. Vierter Theil. T

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/441>, abgerufen am 29.11.2024.